Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. 3 StR 355/11

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1510

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 355/11
vom
10. November
2011
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.
4.

wegen
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
hier:
Revision der Angeklagten Y.

[X.]

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führerin und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 10.
November 2011 gemäß §
349 Abs.
2 und
4, §
357 StPO einstimmig be-schlossen:
1.
Auf die Revision der Angeklagten Y.

[X.]

wird das Ur-teil des [X.] vom 16.
Juni 2011 aufgehoben,
a)
soweit es sie und die Mitangeklagten Al.

und A.

M.

betrifft,
b)
den Mitangeklagten M.

[X.]

betreffend,
aa)
soweit er in den Fällen [X.] der Urteilsgründe wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit [X.] in nicht geringer Menge in fünf Fällen verurteilt
worden ist,
bb)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
die jeweiligen Feststellungen werden jedoch aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte Y.

[X.]

wegen banden-mäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen ([X.] der Urteilsgründe) und wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ([X.] 9. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ihre auf die Rüge der Verletzung
formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge teil-weise Erfolg; allerdings bleiben die durch die Gesetzesverletzung nicht be-troffenen bisherigen Feststellungen aufrecht erhalten (§
349 Abs.
2, §
353 Abs.
2 StPO). Das Rechtsmittel führt auch zugunsten der nicht revidierenden Mitangeklagten M.

[X.]

sowie Al.

und A.

M.

zur Aufhe-bung und Zurückverweisung, soweit das [X.] diese Angeklagten in den Fällen [X.]
7. der Urteilsgründe wegen fünffachen bandenmäßigen Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Mitangeklagter [X.]

) bzw. fünffacher Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungs-mitteln in nicht geringer Menge (Mitangeklagte M.

) verurteilt hat.
1. Nach den Feststellungen zu den Taten [X.] der Urteilsgründe lagerte der Mitangeklagte [X.]

in Absprache mit den Mitangeklagten M.

im Zeit-raum zwischen August und Oktober 2010 vier mal 100 Gramm eines Heroin-gemisches mit einem Wirkstoffgehalt von 20
% [X.] und einmal ein Kilogramm eines Gemisches mit Amphetamin (Wirkstoffgehalt 3
%) in [X.] ein. Die Angeklagte, der Mitangeklagte [X.]

und ein

B.

portionierten die Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf, den der Mitangeklagte [X.]

, B.

und ein weiterer "Läufer" besorgten.
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-
Damit ist nicht belegt, dass die vier Angeklagten diese fünf Taten ban-denmäßig begangen haben.
Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich nach der deliktischen Vereinbarung, der sogenannten [X.]. Die Begründung der Mitglied-schaft folgt nicht aus der
Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Beides -
Mitgliedschaft in einer Bande einerseits und bandenmäßige Begehung andererseits -
ist begrifflich voneinander zu trennen. Entsprechend handelt es sich bei dem Tatbestandsmerkmal "als Mitglied einer Bande" -
im Unterschied zum tatbezogenen Mitwirkungserfordernis -
um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des §
28 Abs.
2 StGB ([X.], Beschluss vom 15.
Januar 2002 -
4
StR
499/01, [X.]St
47, 214, 216).
In den Fällen [X.]
7. der Urteilsgründe fehlen Feststellungen zu einer der-artigen vorgelagerten [X.]. Sie muss zwar nicht ausdrücklich getrof-fen werden; es genügt vielmehr jede Form einer stillschweigenden Vereinba-rung, die aus dem wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Per-sonen hergeleitet werden kann ([X.], Beschluss vom 15.
Januar 2002
-
4
StR
499/01, [X.]St
47, 214, 219 f.). Die bloße Schilderung eines wiederhol-ten deliktischen Zusammenwirkens ist
für sich aber nicht
ausreichend, um das Zustandekommen einer [X.] zu belegen. Insbesondere trägt
die Er-wägung des [X.]s nicht, an einer "bandenmäßigen Begehungsweise" bestünden keine Zweifel, da "neben den Eheleuten [X.]

und den Eheleuten M.

noch die gesondert verfolgten [X.]

, E.

und B.

am Betäubungsmit-telhandel beteiligt" gewesen seien. Damit bezeichnete das [X.] nur tat-bezogene Mitwirkungserfordernisse, aber nicht die für das besondere persönli-che Merkmal der Mitgliedschaft in einer Bande konstitutive Vereinbarung, künf-3
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tig zur Begehung einer Mehrzahl im Einzelnen noch unbestimmter einschlägi-ger Delikte zusammenzuwirken.
Der Schuldspruch der Revisionsführerin hat deshalb in den Fällen [X.]
7. der Urteilsgründe keinen Bestand. Da der aufgezeigte Rechtsfehler auch die drei Mitangeklagten betrifft, ist die Aufhebung des Urteils gemäß §
357 Satz
1 StPO insoweit auf sie zu erstrecken.
2. Das Urteil unterliegt weiter der Aufhebung, soweit die Angeklagte im Fall [X.]
9. der Urteilsgründe (Tat vom 4.
Januar 2011) wegen Einfuhr von Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist.
a) Nach den Feststellungen erwarb der Mitangeklagte [X.]

, den die Angeklagte begleitete, am 4.
Januar 2011 in den Niederlanden 25
Gramm ei-nes Heroingemisches mit einem Wirkstoffgehalt von 26,2
% [X.]. Die Angeklagte versteckte die Betäubungsmittel in ihrer Hose. [X.] führten sie und der Mitangeklagte [X.]

die Betäubungsmittel in die [X.] ein.
b) Diese Feststellungen tragen eine Verurteilung der Angeklagten (auch) wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht.
Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten im Betäu-bungsmittelstrafrecht die allgemeinen Grundsätze. Beschränkt sich die [X.] am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des [X.], hier auf den Transport, so kommt es bei der Bestimmung der Betei-ligungsform darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung 6
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im Rahmen des [X.] zukommt ([X.], Urteil vom 28.
Februar 2007
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2
StR
516/06, [X.]St
51, 219, 221
ff.; Urteil vom 5.
Mai 2011 -
3
StR
445/10, StraFo 2011, 332, 333 mwN). Bedeutsam sind insoweit insbesondere der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die [X.] oder wenigstens der Wille dazu, ob also Durchführung und Ausgang der Haupttat zumindest nach der Vorstellung des Tatbeteiligten maßgeblich auch von seinem Beitrag abhängen sollen.
Danach kommt einer Tätigkeit, die sich im bloßen Transport von Betäu-bungsmitteln erschöpft, in der Regel keine täterschaftliche Gestaltungsmöglich-keit zu; auch bei faktischen Handlungsspielräumen hinsichtlich der Art und Weise des Transports wird sie zumeist nur eine untergeordnete Hilfstätigkeit darstellen und deshalb als Beihilfe zu werten sein ([X.], Urteil vom 28.
Februar 2007 -
2
StR
516/06, [X.]St
51, 219, 223; Urteil vom 5.
Mai 2011
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3
StR
445/10, StraFo
2011, 332, 333 mwN). Anderes kann gelten, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An-
und Verkauf der Betäubungsmittel unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des [X.] hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine gleichberechtigt verabre-dete arbeitsteilige Durchführung des [X.] spricht für die Annahme von Mittäterschaft, selbst wenn seine konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung der Betäubungsmittel, von finanziellen Mitteln für den Erwerb oder den Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann auch eine weitgehen-de Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf Art und Menge der zu
transportie-renden Betäubungsmittel sowie auf die Gestaltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am [X.]
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7
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geschäft sprechen ([X.], Urteil vom 5.
Mai 2011 -
3
StR
445/10, StraFo
2011, 332, 333 mwN).
Solche den Vorwurf eines täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge tragenden Umstände hat das [X.] indessen nicht festgestellt. Seine Schilderung des [X.] beschränkt sich, soweit es die Angeklagte betrifft, im Wesentlichen auf den Transport des Hero-ingemischs. Die Feststellungen ergeben daher eine täterschaftliche Mitwirkung der Angeklagten lediglich hinsichtlich der Betäubungsmitteleinfuhr, nicht jedoch bezüglich des [X.].
3. Die bisherigen Feststellungen in den Fällen [X.]
7. und [X.]
9. der Urteils-gründe können bestehen bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen worden sind und es in der neuen Hauptverhandlung lediglich um die Klärung der Frage ge-hen wird, ob darüber hinaus eine [X.] bzw. mittäterschaftliches Han-deln der Angeklagten im Fall [X.]
9. nachweisbar ist. Entsprechende ergänzende Feststellungen dürfen zu den bisherigen aber nicht in Widerspruch treten.
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
a) In den Fällen [X.]
7. der Urteilsgründe wird der neue Tatrichter zu [X.] haben, ob die Angeklagte, die lediglich Betäubungsmittel portionierte, tat-sächlich Mittäterin und nicht bloß Gehilfin eines Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge ist. Für ihre Beteiligung als Gehilfin spricht, dass das [X.] bei der Strafzumessung von einer lediglich "un-tergeordnete[n] Tatbeteiligung" der Angeklagten ausgegangen ist.
b) Bei der Strafzumessung wird sich der neue Tatrichter damit zu [X.] haben, ob die Vorverurteilung der Angeklagten durch das Amtsgericht 12
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Mönchengladbach, die in den vom [X.] angegebenen Tatzeitraum fällt und möglicherweise nach Begehung von einer der unter [X.] der Urteilsgründe bezeichneten Taten erging, Zäsurwirkung mit der Folge entfaltet, dass zwei Gesamtstrafen zu bilden sein werden. Dabei wird er zu beachten haben, dass nach Aufhebung einer Gesamtstrafe in der erneuten Verhandlung eine Ge-samtstrafenbildung gemäß §
55 Abs.
1 Satz
1 StGB grundsätzlich nach [X.] der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Verhandlung vorzu-nehmen ist ([X.], Beschluss vom 7.
April 2006 -
2
StR
63/06, NStZ-RR
2006, 232; Beschluss vom 13.
November 2007 -
3
StR
415/07, NStZ-RR
2008, 72); sie entscheidet über die Zäsurwirkung. Sollte der neue Tatrichter zu dem Er-gebnis gelangen, dass zwei Gesamtstrafen zu bilden sein werden, darf die Summe der beiden Gesamtstrafen wegen §
358 Abs.
2 Satz
1 StPO nicht hö-her sein als die hier ursprünglich verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei [X.] und sechs Monaten.
[X.] Hubert

Mayer Menges

Meta

3 StR 355/11

10.11.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. 3 StR 355/11 (REWIS RS 2011, 1510)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1510

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