Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2012, Az. I ZR 228/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5683

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

13. Juni 2012

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
[X.] § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
Der durchschnittlich informierte Verbraucher wird regelmäßig annehmen, dass ein Unternehmen, in dessen Firma der Bestandteil "Stadtwerke" enthalten ist, zumindest mehrheitlich in kommunaler Hand ist, sofern dem entgegenstehende Hinweise in
der Unternehmensbezeichnung fehlen. Als aufklärende Hinweise reichen in diesem Zu-sammenhang Bestandteile der geschäftlichen Bezeichnung des Unternehmens nicht aus, die der Verkehr als Phantasiebezeichnungen auffasst und denen er keinen Hin-weis auf einen weiteren Gesellschafter entnimmt.
[X.], Urteil vom 13. Juni 2012 -
I [X.] -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 13.
Juni 2012
durch
die Richter Prof.
Dr.
Büscher, Pokrant, Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Koch und Dr.
Löffler
für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 1.
Dezember 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, die unter "[X.] GmbH & Co. KG" firmiert, erbringt im Großraum [X.] Dienstleistungen im Be-reich Strom, Erdgas, Fernwärme und Wasser. Sie ist ein am 1.
Oktober 2005 entstandenes Gemeinschaftsunternehmen der [X.] und der [X.]. Die [X.], deren Anteile vollständig von der [X.] gehalten werden, ist zu 43% an der Klägerin beteiligt. Die übrigen Anteile hält die [X.], an der die E.

AG mit 69,57%
1
-
3
-
beteiligt ist. An der E.

AG wiederum sind mehr als 100 [X.]n
beteiligt, die insgesamt 34,7% der Aktien halten.
Die Beklagte ist die Stadt [X.], deren kommunaler Eigenbetrieb, die "Stadtwerke [X.]", die Versorgung mit Energie und Wasser anbietet. Sie sieht in der Verwendung der Bezeichnung "Stadtwerke" in der [X.] "[X.] [X.] -
[X.] GmbH & Co.
KG" eine Irreführung der Verbraucher über die geschäftlichen Verhältnisse der Klägerin.
Die Beklagte hat die Klägerin am 22.
Dezember 2009 abgemahnt. [X.] hat die Klägerin eine negative Feststellungsklage erhoben. Sie hat [X.], festzustellen,
dass sie rechtlich nicht gehindert ist, die Firma [X.] GmbH & Co. KG zu führen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung ver-treten, der Begriff "Stadtwerke" dürfe in der Firma eines Unternehmens nur dann geführt werden, wenn die Anteilsmehrheit an dem Unternehmen [X.] überwiegend in kommunaler Hand sei.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zu-gelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung
des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin nach §
3 Abs.
1, §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3, §
8 Abs.
1 Satz
1 2
3
4
5
6
-
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-
[X.] bejaht und die negative Feststellungsklage deshalb für unbegründet er-achtet. Dazu hat es ausgeführt:
Der Firmenbestandteil "[X.]" sei eine irreführende An-gabe über geschäftliche Verhältnisse im Sinne von §
5 Abs.
1 Satz 2 Nr.
3 [X.]. Unter "Stadtwerke" verstehe der durchschnittlich informierte Verbraucher ein kommunales Unternehmen oder zumindest einen gemeindenahen Betrieb, der die Grundversorgung mit Strom, Wasser, Gas und oft auch die Abwasser-versorgung abdecke und dessen Anteilsmehrheit bei der öffentlichen Hand lie-ge. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die [X.] der Klägerin die zusätzlichen Bestandteile "[X.]" und "[X.]" enthalte.
Eine Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand an der Klägerin sei nicht gegeben. Auch von einem bestimmenden Einfluss auf
die Unternehmenspolitik der Klägerin könne nicht ausgegangen werden, weil dieser in der Regel eine Mehrheitsbeteiligung voraussetze. Darauf, dass an der Mehrheitsgesellschafte-rin der [X.], der E.

AG, mehr als 100 kommunale Unter-
nehmen mit
einem Anteil von 34,7% beteiligt seien, komme es nicht an. Dieser Streubesitz erlaube keine direkte Beeinflussung der Geschäftspolitik der Kläge-rin.
Die Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise sei auch wett-bewerbsrechtlich relevant. Der Verbraucher bringe einem Unternehmen, wel-ches sich überwiegend im Besitz der öffentlichen Hand befinde, größeres Ver-trauen entgegen und gehe von einer besonderen Verlässlichkeit und Seriosität aus. Hinzu komme die Erwartung einer ausreichenden Bonität und Insolvenz-festigkeit. Die durch die Firma der Klägerin begründete [X.] sei nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hinzu-nehmen, weil die Fehlvorstellung des Verkehrs nicht lediglich von geringer 7
8
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-
5
-
wettbewerbsrechtlicher Relevanz sei und die Klägerin angesichts ihrer nur we-nige Jahre andauernden Geschäftstätigkeit keinen wertvollen Besitzstand an ihrer Unternehmensbezeichnung erworben habe.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Klägerin steht das erforderli-che Feststellungsinteresse zu.
a)
Das rechtliche Interesse im Sinne von §
256 Abs.
1 ZPO an der als-baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhält-nisses ist Sachurteilsvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens -
auch in der Revisionsinstanz
-
von Amts wegen zu prüfen. Für die -
hier vor-liegende
-
negative Feststellungsklage ist das erforderliche Feststellungsinte-resse gegeben, wenn sie zur Abwehr einer Abmahnung oder sonstigen Rechts-berühmung erhoben ist. Die Klägerin kann dann grundsätzlich gerichtlich fest-stellen lassen, dass die Rechtsberühmung zu Unrecht erfolgt ist und die be-haupteten Ansprüche nicht bestehen (vgl. [X.], Urteil vom 7.
April 2011 -
I
ZR
56/09, [X.], 1117 Rn.
15
= [X.], 1439 -
ICE) oder dass sie an dem beanstandeten Verhalten nicht gehindert ist.
b)
Das Berufungsgericht hat das Feststellungsinteresse der Klägerin zu Recht bejaht. Der wegen eines Wettbewerbsverstoßes Abgemahnte ist grund-sätzlich nicht -
auch nicht zur Vermeidung der Kostenfolge des §
93 ZPO
-
ge-halten, vor der Erhebung einer negativen Feststellungsklage eine Gegenab-mahnung auszusprechen (vgl. [X.],
Urteil vom 29.
April 2004 -
I
ZR
233/01, [X.], 790, 792
= WRP 2004, 1032 -
Gegenabmahnung; Beschluss vom 6.
Oktober 2005 -
I
ZB
37/05, [X.], 168 Rn.
11
= [X.], 106 -
Unberechtigte Abmahnung).
10
11
12
13
-
6
-
2. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die negative Fest-stellungsklage als unbegründet erachtet hat, halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Der Beklagten steht der geltend gemachte [X.] nach §§
3, 5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3, §
8 Abs.
1 Satz
1 [X.] gegen die Klägerin zu. Diese führt die beanstandete Unternehmensbezeichnung unter Verstoß gegen das Irreführungsverbot.
a) Nach §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.], der Art.
6 Abs.
1 Buchst.
f der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken umsetzt, ist eine [X.] Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Eigenschaften des Unternehmers enthält. Der Gebrauch einer geschäftlichen Bezeichnung kann danach irreführend sein, wenn ein Bestandteil der Firmierung geeignet ist, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen
über Eigenschaften des Unternehmens hervorzurufen ([X.], Ur-teil vom 27.
Februar 2003
I
ZR
25/01, [X.], 448, 449 = [X.], 640
Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft; Urteil vom 29.
März 2007

I
ZR
122/04, [X.], 1079 Rn.
24
= [X.], 1346
Bundes-druckerei).
b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die an-gesprochenen Verkehrskreise der Firma der Klägerin "[X.] GmbH & Co. KG" die Aussage entnehmen, die öffentliche Hand halte die Anteilsmehrheit an dem Unternehmen, und dass diese Aussage unwahr ist.
aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Unternehmensbezeichnung [X.] ist, kommt es maßgeblich darauf an, wie sie der angesprochene [X.] versteht. Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Kunden in der Region [X.] mit Stroh, Erdgas, Fernwärme und Wasser versorgt. Die Un-14
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-
7
-
ternehmensbezeichnung richtet sich mithin an das allgemeine Publikum, das solche Dienstleistungen regelmäßig nachfragt.
Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] versteht der durchschnittlich informierte Verbraucher unter einem mit "Stadtwerke" bezeichneten Unternehmen einen kommunalen oder gemein-denahen Versorgungsbetrieb, bei dem die [X.] einen bestimmenden Ein-fluss auf die Unternehmenspolitik hat. Dieser setzt in der Regel eine unmittelba-re oder mittelbare Mehrheitsbeteiligung der [X.] voraus.
Von einer derartigen Mehrheitsbeteiligung -
im Streitfall der Stadt Wolfs-burg
-
geht das allgemeine Publikum auch unter Berücksichtigung der vollstän-digen Firmierung der Klägerin aus. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr werde weder dem Bestandteil "[X.]", der aus den Anfangsbuchstaben der Wörter "[X.]", "Stadtwerke" und "[X.]" gebildet sei, noch der Be-zeichnung "[X.]" einen Hinweis auf einen weiteren Gesellschafter -
hier auf die [X.]
-
entnehmen. Die [X.] sei nur ortskundigen und schon länger in [X.] wohnhaften Verbrauchern bekannt. Die überwiegen-den Teile der Verkehrskreise könnten mit der aus sich heraus nicht verständli-chen Bezeichnung "[X.]" nichts anfangen. Allenfalls werde der Verbraucher einen Hinweis darauf vermuten, dass die Klägerin nicht nur das Stadtgebiet, sondern auch das Umland versorge. Diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Feststellungen des Berufungsgerichts zur Verkehrsauffassung sind nur darauf hin vom Revisionsgericht überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.

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-
8
-
bb) Die Behauptung einer Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand, die der Verkehr der Unternehmensbezeichnung der Klägerin entnimmt, ist [X.] unrichtig. An der Klägerin ist die [X.] über die [X.] nur mit 43% beteiligt, während die [X.] Mehrheitsge-sellschafterin ist. Die öffentliche Hand hat auch keinen bestimmenden Einfluss auf die [X.]. An dieser ist die E.

AG mehrheitlich beteiligt,
an der öffentlich-rechtliche Körperschaften wiederum nur eine Minderheitsbetei-ligung halten.
c) Die Revision macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass bei der Annahme einer Irreführung durch
ob-jektiv richtige Angaben eine höhere Irreführungsquote erforderlich und zudem eine Interessensabwägung vorzunehmen sei.
aa) Allerdings kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn sie beim
Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, das Kaufverhalten oder die Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Dienstleistung durch die angesprochenen Verkehrskreise zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf dem [X.] einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung des §
5 [X.] grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer [X.] mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Inte-ressenabwägung vorzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Mai 1996

I
ZR
76/94, [X.], 985, 986 = [X.], 1156
PVC-frei). An diesen Grundsätzen hat sich durch die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere [X.] nichts geändert ([X.], Urteil vom 18.
März 2010 -
I
ZR
172/08, [X.], 1024 Rn.
25 = WRP 2010, 1390 -
Master of Science Kiefer-orthopädie).
20
21
22
-
9
-
bb) Im Streitfall liegt jedoch keine objektiv richtige Aussage
vor, der der Verkehr -
etwa aufgrund eigener Unkenntnis
-
etwas Unrichtiges entnimmt. Die Unternehmensbezeichnung der Klägerin enthält keine von dem Verständnis des Verkehrs abweichende, objektiv richtige Angabe. Das Berufungsgericht hat vielmehr rechtsfehlerfrei festgestellt, dass durch die angegriffene [X.] beim Publikum eine Fehlvorstellung hervorgerufen wird, weil der Bestandteil "Stadtwerke" auf ein mehrheitlich der öffentlichen Hand gehö-rendes Unternehmen hinweist und die weiteren Zusätze die Irreführung nicht ausschließen. Dagegen
hat es der Unternehmensbezeichnung keine hiervon abweichende objektiv richtige Aussage entnommen. Unerheblich in diesem Zu-sammenhang ist der Umstand, dass der Teil des Verkehrs, der ortskundig ist und schon länger in [X.] wohnt, die [X.] kennen
und in der [X.] einen Hinweis auf diese Gesellschaft sehen mag. Das schließt die Irreführung der übrigen wesentlichen Verkehrskreise nicht aus.
d) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die
Irreführung sei wettbewerbsrechtlich relevant.
aa) Die wettbewerbliche Erheblichkeit ist ein dem Irreführungstatbestand immanentes, spezifisches Relevanzerfordernis, das als eigenständige Bagatell-schwelle eine zusätzliche Erheblichkeitsprüfung nach §
3 [X.] überflüssig macht (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Februar 2009 -
I
ZR
219/06, [X.], 888 Rn.
18
= [X.], 1080 -
Thermoroll; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 30.
Aufl., §
5 Rn.
2.169 i.V.m. Rn.
2.20
f.). Eine geschäftliche Handlung ist nur dann irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der ange-sprochenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen -
vorliegend über Eigenschaf-ten des Unternehmens
-
hervorzurufen und die zutreffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Juli 23
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-
2011 -
I
ZR
173/09, [X.], 208 Rn.
31
= WRP 2012, 311 -
10% Geburts-tags-Rabatt).
bb) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, die wettbewerbs-rechtliche Relevanz folge im Streitfall daraus, dass das Publikum einem Unter-nehmen, welches sich mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand befinde, größeres Vertrauen entgegenbringen und bei ihm von einer besonderen Ver-lässlichkeit und Seriosität ausgehen werde. Hinzu komme die Erwartung einer ausreichenden Bonität und Insolvenzfestigkeit (vgl. auch [X.], [X.], 1079 Rn.
29

Bundesdruckerei). Die Revision hält dem vergeblich entgegen, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die entsprechende Fehl-vorstellung der Verbraucher auf das zugunsten der Elektrizitäts-
und Gaswirt-schaft bis zur Energierechtsform 1998 geltende Recht zurückgehe.

(1) Allerdings kann es im Rahmen der Prüfung einer relevanten Irrefüh-rung zu berücksichtigen sein, dass eine Fehlvorstellung der Verbraucher, die auf ein Monopol zurückgeht und die auch nach einer gesetzlichen Lockerung oder Aufhebung des Monopols noch fortbesteht, hingenommen werden muss, wenn anderenfalls die alte Rechtslage mit Hilfe des Irreführungsverbots perpe-tuiert werden würde ([X.], Urteil vom 12.
Mai 2010 -
I
ZR 214/07, [X.], 166 Rn.
23 = [X.], 59

Rote Briefkästen).
(2) Davon ist im Streitfall aber nicht auszugehen. Die Fehlvorstellung des Verkehrs beruht auf der den Bestandteil "Stadtwerke" beinhaltenden [X.] der Klägerin. Dass das Verständnis des Publikums von der angegriffenen Unternehmensbezeichnung von einem ehemaligen Versor-gungsmonopol der Stadtwerke beeinflusst wird, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne dass die Revision insoweit Vortrag der Klägerin als übergan-gen rügt.
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11
-
cc) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe die unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit vorgenommene Interessenabwä-gung zu Unrecht auf die Prüfung verengt, ob der Klägerin ein wertvoller Besitz-stand an der streitgegenständlichen Bezeichnung zustehe. Es hätte auch das Interesse der Klägerin und derjenigen Verbraucher, die die angegriffene Firmie-rung zutreffend auffassten, berücksichtigen müssen, mit der Information zu werben, dass die [X.] einer ihrer Gesellschafter sei.
Das Berufungsgericht hat die Prüfung der Verhältnismäßigkeit eines Verbots nicht auf die
Frage beschränkt, ob die Klägerin einen wertvollen Besitz-stand an ihrem Unternehmenskennzeichen erworben hat. Es hat vielmehr auch darauf abgestellt, dass die Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise nicht nur von geringer wettbewerbsrechtlicher Relevanz ist und die nur wenige Jahre währende Geschäftstätigkeit unter der angegriffenen Bezeichnung nicht ausreicht, einen Vorrang der
Interessen der Klägerin an der [X.] ihrer Unternehmensbezeichnung vor dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz vor einer Irreführung zu begründen. Diese Beurteilung ist aus revisions-rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
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-
12
-
II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Büscher

Pokrant

Schaffert

Koch

Löffler
Vorinstanzen:
LG
[X.], Entscheidung vom 09.07.2010 -
21 O 341/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 01.12.2010 -
2 U 58/10 -

31

Meta

I ZR 228/10

13.06.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2012, Az. I ZR 228/10 (REWIS RS 2012, 5683)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5683

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 228/10

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