Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2012, Az. I ZR 202/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8408

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
202/10
Verkündet am:
8.
März 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Marktführer Sport
[X.] §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3
Bei dem Verständnis des für die Spitzenstellung maßgeblichen Vergleichs-markts zieht der durchschnittlich verständige Verkehrsteilnehmer [X.] die übrigen Marktteilnehmer nur insoweit in Betracht, als sie ihm in tat-sächlicher Hinsicht mit dem
die Spitzenstellung beanspruchenden Marktteil-nehmer vergleichbar erscheinen.

[X.], Urteil vom 8. März 2012 -
I [X.]/10 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 8.
März 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
[X.] und
die [X.], Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert und Dr.
Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision
der [X.]n wird das Urteil des 29.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 24.
Juli 2008
aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen
Tatbestand:
[X.], die [X.] Warenhaus GmbH,
betreibt in [X.] Warenhäuser. Ihre
Internetseite enthielt
im August 2007 unter der Rubrik Das Unternehmen

die Angabe: [X.] ist Marktführer in den [X.] Mode und Sport.
Die Klägerin, die [X.] tätigen [X.],
hat die Angabe zum [X.] als irreführend [X.]. Die in ihrem Verbund unter dem [X.] auftretenden [X.] hätten im Geschäftsjahr 2005/06 zusammen einen [X.] von 1
Mrd.

bei 440
Mio.

1
2
-
3
-

Die Klägerin hat mit ihrer nach erfolgloser Abmahnung erhobenen Klage beantragt,
der [X.]n unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verbie-ten, im Wettbewerb handelnd mit folgender Aussage zu werben:

[X.] ist Marktführer im [X.].

Ferner hat die Klägerin die Verurteilung der [X.]n zur Zahlung von

[X.] hat die beanstandete Angabe als zutreffend verteidigt, weil sie das umsatzstärkste Einzelunternehmen auf dem [X.] in [X.]
sei. Die in der Klägerin zusammengefassten [X.] würden nicht als einheitlicher Marktteilnehmer angesehen.
Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.]n ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die [X.] weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
[X.] [X.] hat den geltend gemachten Unterlassungsan-spruch als nach §§ 8,
3, 5 Abs.
1 und 2 Nr.
3 [X.] begründet erachtet und der Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten aus §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
Die beanstandete Werbeaussage sei irreführend und damit unlauter. Ein nicht ganz unmaßgeblicher Teil des angesprochenen Verkehrs könne sie da-hingehend verstehen, dass die [X.] mehr Umsätze mache als jede andere Gruppierung von Unternehmen, die gemeinsam auf diesem Markt aufträten. In 3
4
5
6
7
8
-
4
-

dieser [X.] sei die Aussage nach dem unstreitigen Parteivor-bringen unrichtig, weil die in der Klägerin zusammengeschlossenen Unterneh-men gemeinsam einen höheren Gesamtumsatz mit Sportartikeln erzielten als die [X.].
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverwei-sung der Sache an das Berufungsgericht. Die bislang getroffenen Feststellun-gen des Berufungsgerichts tragen nicht seine Annahme, die Aussage der [X.] über ihre Marktführerschaft im [X.] sei irreführend.
1. Der auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtete Unterlas-sungsanspruch ist nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. [X.] muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung -
vorliegend im August 2007 -
wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an der [X.] fehlt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 5.
Mai 2011
-
I
ZR
157/09, [X.], 1153 Rn.
12 = [X.], 1593
-
Creation Lamis, mwN). [X.] kommt es für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Mai 2010
-
I
ZR
140/08, [X.], 1120 Rn.
17 = [X.], 1495
-
Vollmachtsnachweis, mwN).
Im Streitfall ist es nicht erforderlich, zwischen der vor und nach dem 30.
Dezember 2008 geltenden Rechtslage zu unterscheiden. Die von der Klä-gerin beanstandete Angabe der [X.]n erfüllt sowohl die Voraussetzungen einer Wettbewerbshandlung gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 [X.] 2004 als auch dieje-nigen einer geschäftlichen Handlung nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 [X.] in der jetzt [X.] Fassung. Der hier allein in Betracht kommende [X.] 9
10
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-
5
-

der irreführenden unternehmensbezogenen Werbung hat durch die Umsetzung der Richtlinie 2005/29/[X.] ebenfalls keine Änderung erfahren. Sowohl §
5 Abs.
2 Nr.
3 [X.] 2004 als auch §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.] nennen als [X.] für eine Irreführung insbesondere irreführende Angaben über die Eigen-schaften oder die Befähigung des Unternehmers (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Oktober 2009
-
I
ZR
73/07, [X.], 352 Rn.
10 = [X.], 636
-
Hier spiegelt sich Erfahrung).
2. [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin Mitbewerberin der [X.]n im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
3 [X.] ist. Die Klägerin betreibt zwar selbst kein Einzelhandelsunternehmen für Sportarti-kel. Sie fördert aber als Verbundgruppe von [X.]n die berufli-chen Interessen ihrer Mitglieder und bemüht sich damit indirekt um dieselben Abnehmerkreise wie die [X.]. Damit besteht zwischen der Klägerin und der [X.]n ein konkretes Wettbewerbsverhältnis (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Mai 2011
-
I
ZR
147/09, [X.], 74 Rn.
20 = [X.], 77
-
Coaching-News-letter; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 30.
Aufl., §
2 Rn.
96d mwN).
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des [X.], die angesprochenen Verkehrskreise würden durch die bean-standete Werbeaussage, die [X.] sei Marktführerin im [X.], in unlauterer Weise irregeführt.
a) Für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung einer Spitzenoder Alleinstel-lungsbehauptung nach §
5 Abs.
2 Nr.
3 [X.] 2004, §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.] 2008 ist entscheidend, ob das, was in der Werbeaussage nach der [X.] behauptet wird, sachlich richtig ist (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O §
5 Rn.
2.150). Mit der Eigendarstellung in ihrem an die Allgemeinheit gerichteten Internetauftritt wirbt die [X.] für ihr Unternehmen 12
13
14
-
6
-

im Bereich des Einzelhandels mit Sportartikeln. Die Werbung richtet sich mithin an das allgemeine Publikum, das solche Waren regelmäßig nachfragt.
b) [X.] hat angenommen, die Angabe zur [X.] sei mehrdeutig. Sie könne in einer ihrer Bedeutungsvari-anten
von einem nicht unmaßgeblichen Teil des angesprochenen Verkehrs
da-hin verstanden werden, dass die [X.] mehr Umsätze mache als jede [X.] Gruppierung von Unternehmen, die gemeinsam auf diesem Markt aufträten. In dieser [X.] sei die Aussage falsch. Dies rechtfertige die An-nahme einer wettbewerbswidrigen Irreführung, weil es ausreiche, dass ein nicht ganz unmaßgeblicher Teil des angesprochenen Verkehrs die Angabe in einem nicht den objektiven Gegebenheiten entsprechenden Sinn verstehe.
c) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[X.]) [X.] ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Werbende im Fall der Mehrdeutigkeit seiner Werbeaussage die ver-schiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen muss (vgl. [X.], Urteil vom 15.
September 1999
-
I
ZR
131/97, [X.], 436, 438 = [X.], 383
-
Ehemalige Herstellerpreisempfehlung; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O §
5 Rn.
2.111 mwN).
[X.]) Entgegen der Ansicht
des Berufungsgerichts
genügt es für eine wettbewerblich relevante Irreführung aber nicht, dass
die Werbung nur von ei-nem nicht ganz unbeachtlichen Teil des angesprochenen Verkehrs in unrichti-ger Weise verstanden wird.
Der vom Berufungsgericht unter Hinweis auf die Senatsentscheidung [X.]

(Urteil vom 21.
Februar 1991
-
I
ZR
106/89, [X.], 66 = [X.], 473) angelegte Maßstab entstammt einem
überholten 15
16
17
18
19
-
7
-

Verbraucherleitbild, wie es in der bis Anfang der 1990er Jahre verwendeten Formel vom oberflächlichen, flüchtigen Verbraucher zum Ausdruck gebracht wurde. Maßstab ist jedoch
-
worauf der Senat seit 1999 in ständiger Rechtspre-chung hinweist -
der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegen-bringt (vgl. [X.], Urteil vom 20. Oktober 1999 -
I [X.], [X.], 619, 621 = [X.], 517 -
Orient-Teppichmuster; Urteil vom
2.
Oktober 2003
-
I
ZR
150/01, [X.]Z 156, 250, 252
-
Marktführerschaft; Urteil vom 30.
Juni 2011
-
I
ZR
157/10, [X.], 184 Rn.
19 = [X.], 194
-
Branchenbuch Berg). Infolge dessen hat sich der für eine wettbewerblich relevante Irreführung erforderliche Anteil des angesprochenen Verkehrs, der aufgrund der
Werbung einer Fehlvorstellung unterliegt, nach oben verschoben. Eine Werbung ist nur dann irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der [X.] Verkehrskreise irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Be-fähigung des Unternehmers hervorzurufen und die zu treffende Marktentschlie-ßung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Oktober 2003
-
I
ZR
252/01, [X.], 162, 163 = [X.], 225
-
Min-destverzinsung; Urteil vom 29.
März 2007
-
I
ZR
122/04, [X.], 1079 Rn.
38 = [X.], 1346
-
Bundesdruckerei;
Urteil vom 26.
Februar 2009
-
I
ZR
219/06, [X.], 888 Rn.
18 = [X.], 1080
-
Thermoroll; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O §
5 Rn.
2.20
f. und 2.169).
d) Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen nicht erkennen, dass es davon ausgegangen ist, die beanstandete Werbeaussage der [X.]n werde von einem erheblichen Teil der durchschnittlich informierten, verständi-gen und [X.] aufmerksamen Verbraucher dahingehend verstan-den, die [X.] mache mehr Umsätze als jede andere Gruppierung von Un-ternehmen, die gemeinsam auf dem hier in Rede stehenden Markt auftreten. Bei der Beurteilung der Frage, wann ein erheblicher Teil des angesprochenen 20
-
8
-

Verkehrs einer Irreführung unterliegt, ist zwar nicht von festen Prozentsätzen auszugehen, da die hierfür erforderliche normative Bewertung maßgeblich von der Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls abhängt (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O §
5 Rn.
2.105; MünchKomm.[X.]/[X.], §
5 Rn.
174). [X.] hat seiner Beurteilung jedoch ersichtlich eine zu geringe Irreführungsquote zugrunde gelegt, weil es darauf abgestellt hat, dass lediglich ein nicht ganz unmaßgeblicher Teil des angesprochenen [X.] die hier in Rede stehende Angabe in einem nicht den objektiven Gege-benheiten entsprechenden Sinn versteht. Das reicht für die Annahme einer wettbewerblich relevanten Irreführung nicht aus.
4. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§
561 ZPO). Auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und der vom Berufungsgericht
bislang
getroffenen Feststellungen kann die [X.]e Werbebehauptung der [X.]n nicht wegen Irreführung des an-gesprochenen Verkehrs gemäß §
5 Abs.
2 Nr.
3 [X.] 2004, §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.]
2008
untersagt werden.
a) Da sich die Werbung der [X.]n an das allgemeine Publikum rich-tet und das Berufungsgericht seine Würdigung unter Heranziehung der
Le-benserfahrung vorgenommen hat, kann der Senat selbst beurteilen, wie die [X.]e Werbebehauptung von den in Betracht kommenden Verkehrskrei-sen aufgefasst wird (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Mai 2001
-
I
ZR
318/98, [X.], 182, 184 = [X.], 74
-
Das
Beste jeden Morgen). Eine für die breite Öffentlichkeit bestimmte Werbung, die nach ihrem Wortsinn eine Alleoder Spitzenstellung beansprucht, wird dabei gewöhnlich auch von einem erhebli-chen Teil der angesprochenen Verkehrskreise entsprechend diesem Wortsinn verstanden (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Februar 1998
-
I
ZR
110/96, [X.], 951, 952
f. = [X.], 861
-
Die große [X.] Tages-
und Wirtschaftszei-21
22
-
9
-

tung). Dabei ist der Gesamteindruck maßgeblich, den die werbliche Darstellung vermittelt (vgl. [X.], [X.], 352 Rn.
11
-
Hier spiegelt sich Erfahrung).
b) Im Streitfall wird ein erheblicher Teil des Verkehrs die Berühmung als Marktführer

im [X.] nach dem Wortsinn der Angabe so [X.], dass die [X.] unter allen Marktteilnehmern den größten Marktanteil einnimmt. Bezeichnet der Werbende sein Unternehmen als führend

in der Branche, so erwartet der Verkehr zwar oftmals weniger eine quantitative als ei-ne qualitative Alleinstellung (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O §
5 Rn.
5.83; Fezer/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
5 Rn.
389). Bei der hier in Rede ste-henden Werbung wird der angesprochene Verkehr die behauptete [X.] allerdings nicht vorrangig in qualitativer Hinsicht
-
etwa im Hinblick auf das breiteste Warenangebot
-
verstehen. Der Verkehr wird
-
wie auch vom Be-rufungsgericht angenommen
-
darin vielmehr die quantitative Angabe sehen, dass die [X.] den größten Umsatz auf dem [X.] erzielt.
Wie sich aus der Anlage
K
2 ergibt, auf die sowohl das [X.] als auch das Berufungsgericht Bezug genommen haben, hat die [X.] in ihrem Internetauftritt
unter der Rubrik Das Unternehmen

in erster Linie quantitative Merkmale ihres Unternehmens dargestellt. Sie hat unmittelbar vor der Angabe zur Marktführerschaft auf den von ihr im Jahr 2006 insgesamt erwirtschafteten Umsatz von 4,9
Mrd.

e-sprochenen Verkehr den Eindruck, dass die [X.] ihre Spitzenstellungsbe-hauptung auf den von ihr im [X.] erwirtschafteten Umsatz be-zogen hat.
c) Bei dem Verständnis des für die Spitzenstellung maßgeblichen [X.] wird der durchschnittlich verständige Verkehrsteilnehmer [X.] die übrigen Marktteilnehmer nur insoweit in Betracht ziehen,
als 23
24
25
-
10
-

sie ihm in tatsächlicher Hinsicht mit der [X.]n vergleichbar erscheinen, um ihnen das beworbene Leistungsmerkmal in gleicher Weise wie der [X.]n zuordnen zu können. Dass hierzu die in der Klägerin zusammengeschlossenen Unternehmen insgesamt zählen, hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
[X.]) [X.] präsentiert sich in ihrem Internetauftritt als ein Einzel-handelsunternehmen, das 90 große Warenhäuser und 32 [X.] betreibt, einen Marktanteil am [X.]n Kauf-
und Warenhausgeschäft von 38% hat und etwa 32.000
Mitarbeiter beschäftigt. Der Verkehr wird demzufolge als ver-gleichbare Marktteilnehmer nur die auf dem [X.] in [X.] tätigen Einzelunternehmen ansehen. Da sich die [X.] nur als ein Einzel-handelsunternehmen darstellt, wird der Verkehr den Vergleich lediglich mit sol-chen Unternehmen vornehmen, die ihren Umsatz ebenfalls als einzelnes Un-ternehmen erzielen. Erfahrungsgemäß verfügt das von der Werbung angespro-chene allgemeine Publikum allerdings nicht über Kenntnisse hinsichtlich der rechtlichen Organisation solcher Unternehmen, die mit mehreren Verkaufsstät-ten am Markt vertreten sind. Dementsprechend werden die hier angesproche-nen Verkehrskreise in den [X.]
-
neben Unternehmen, die unselb-ständige Zweigniederlassungen betreiben
-
auch solche rechtlich selbständigen Marktteilnehmer einbeziehen, die gemeinsam wie eine wirtschaftliche Einheit am Markt auftreten und so auch wahrgenommen werden. Dagegen wird der angesprochene Verkehr bei Unternehmen, die sich zwar in Teilbereichen zum gemeinsamen Handeln zusammengeschlossen haben, dem Publikum aber wei-terhin als individuelle Marktteilnehmer erscheinen, bei der hier in Rede stehen-den Umsatzerzielung nur das wirtschaftliche Handeln jedes einzelnen [X.] und nicht das der gesamten Gruppe in den Blick nehmen.
26
-
11
-

[X.]) [X.] ist davon ausgegangen, der Verkehr nehme bei der Beurteilung der Marktanteile an, bei den in der Klägerin zusammenge-schlossenen Unternehmen handele es sich um einen einheitlichen Anbieter. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung schon deshalb nicht stand, weil das Berufungsgericht auch insoweit nur auf das Verständnis eines nicht ganz unmaßgeblichen Teils des angesprochenen Verkehrs abgestellt hat. Da eine Werbung aber nur dann als irreführend verboten werden kann, wenn sie bei einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs zu einer Fehlvorstel-lung führt, ist es auch für die Frage, wie der [X.] zu bewerten ist, nicht ausreichend, allein auf die Sicht eines nicht ganz unmaßgeblichen Teils des Verkehrs abzustellen.
[X.]) Die Revision rügt zudem mit Erfolg, dass das Berufungsgericht zur Beurteilung des Verkehrsverständnisses hinsichtlich des Marktauftritts der in der Klägerin zusammengeschlossenen Einzelunternehmen drei Publikationen zum [X.] herangezogen hat. Das Verständnis des Verkehrs vom Marktauftritt der in der Klägerin gruppierten Einzelunternehmen wird [X.] nicht dadurch maßgeblich bestimmt, wie ein
Unternehmen oder eine Unternehmensgruppe in einzelnen Presseberichten dargestellt wird, weil die jeweilige Darstellung vom Kenntnisstand des [X.] und der [X.] der Berichterstattung abhängt. Dies muss nicht mit dem Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-verbrauchers übereinstimmen, an den sich die
-
wie im Streitfall
-
allgemeine Publikumswerbung richtet. Maßgeblich dafür, wie ein Zusammenschluss von Einzelunternehmen vom Verkehr angesehen wird, ist vielmehr der Umstand, wie die einzelnen Unternehmen dem Verkehr auf dem Markt tatsächlich entge-gentreten.
27
28
-
12
-

d) Legt man dies zugrunde, kann die Unrichtigkeit der Spitzenstellungs-behauptung bislang nicht angenommen werden. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die [X.] zum Zeitpunkt der beanstandeten Werbung umsatzstärker als jedes andere Einzelunternehmen auf dem Sportar-tikelmarkt. [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen,
ob
eine sonstige Unternehmensgruppe, die am Markt als wirtschaftliche Einheit wahrgenommen wird, zum maßgeblichen Zeitpunkt umsatzstärker war als die [X.].
II[X.] Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der [X.]n aufzu-heben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision,
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO). Eine eigene abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich, weil Feststellungen dazu zu treffen sind, wie das von der Werbung angespro-chene allgemeine Publikum die in der Klägerin zusammengeschlossenen Un-ternehmen wahrnimmt.
[X.] Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht auch
zu beachten haben, wie
die in dem von der Klägerin als Anlage K
1 vorge-legten [X.] enthaltenen Vorgaben von den
angeschlosse-nen Unternehmen umgesetzt werden.
1. Nach den Vorgaben im [X.] ist vorgesehen, dass die einzelnen [X.] nicht allein unter der gemeinsamen Geschäftsbezeichnung INTERSPORT
auftreten, sondern dass dieser [X.] sowohl in der Werbung als auch bei der Fassadengestaltung und in der Geschäftskorrespondenz jeweils die individuelle Bezeichnung des [X.] beigefügt wird. Diese Vorgaben sind insoweit allerdings nicht auf eine bestimmte Gestaltungsform beschränkt, sondern
geben dem jeweiligen Unter-29
30
31
32
-
13
-

nehmen in gewissem Umfang einen Gestaltungsspielraum in der optisch stärker hervorgehobenen oder aber mehr zurückgenommenen Verwendung der
indivi-duellen Unternehmensbezeichnung gegenüber
der INTERSPORT-[X.].
2.
Bei der Beurteilung, ob
ein erheblicher Teil des angesprochenen
[X.]
die [X.] als wirtschaftliche Einheit oder als eigen-ständig betrachtet, ist ferner zu berücksichtigen, wie
die individuelle Unterneh-mensbezeichnung der [X.] gegenüber dem Verkehr ver-wendet wird.

Der Umstand, dass die in der Klägerin zusammengeschlossenen Unter-nehmen im Rahmen des ihnen eröffneten Gestaltungsspielraums überhaupt ihr individuelles Unternehmenskennzeichen neben der INTERSPORT-[X.] verwenden, ließe für sich genommen allerdings noch nicht die Annahme zu, dass diese Unternehmen generell nur als selbständige Einzelunternehmen wahrgenommen
würden. Dem
Verkehr ist zwar
bekannt, dass sich auch [X.], unabhängige Unternehmen unter Verwendung einer gemeinsamen Be-zeichnung zum gemeinsamen Einkauf oder zur gemeinsamen Werbung [X.], um ihre individuelle Wettbewerbsfähigkeit gerade gegen-über den marktstärkeren Unternehmen zu bewahren. Solange
diese Unterneh-men gegenüber dem allgemeinen Publikum ihre Eigenständigkeit hervorheben, wird der Verkehr daher eher
auf die Verantwortlichkeit jedes einzelnen [X.] für sein wirtschaftliches Handeln schließen und dementsprechend auch den in der Umsatzerzielung zum Ausdruck gebrachten wirtschaftlichen [X.] dem Einzelunternehmen und nicht dem Verbund zuordnen. Das Publikum wird die
Individualisierung und die ihm dadurch vermittelte wirtschaftliche Ei-genständigkeit
jedes Einzelunternehmens aber nur dann in den Blick nehmen, 33
34
-
14
-

wenn die individuelle Unternehmensbezeichnung nicht nur untergeordnet im Hintergrund verbleibt.
[X.]
Pokrant
Büscher

Schaffert
Koch

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.01.2008 -
4 [X.] 18422/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.07.2008 -
29 [X.]

Meta

I ZR 202/10

08.03.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.03.2012, Az. I ZR 202/10 (REWIS RS 2012, 8408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8408

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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