Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.12.2023, Az. B 7 AS 192/23 BH

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Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für die beabsichtigte Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 23. August 2023 - L 7 AS 452/22 WA - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Der Antrag auf Bewilligung von [X.] ist nicht begründet. [X.] ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. [X.] Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.]), das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 [X.] SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des [X.] keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.

2

Der Kläger erstrebt ein [X.] bzw Wiederaufnahmeverfahren (§ 179 SGG iVm §§ 579, 580 ZPO) des mit Urteil vom [X.] abgeschlossenen Verfahrens L 7 AS 69/22. Mit dieser Entscheidung hat das [X.] die Berufung des [X.] gegen den Gerichtsbescheid des [X.] mit der Begründung als unzulässig verworfen, ein statthaftes Rechtsmittel setze die Mitteilung einer Wohn- oder anderen [X.] Anschrift voraus. Eine solche mitzuteilen, weigere sich der Kläger aber. Es ist nicht erkennbar, dass ein Rechtsanwalt mit Erfolg Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu den vom Kläger angestrebten [X.] bzw Nichtigkeitsklagen geltend machen könnte; Entsprechendes gilt für den Zulassungsgrund der Divergenz.

3

Auch Verfahrensfehler wird ein Rechtsanwalt nicht mit Erfolg rügen können. Insbesondere liegt kein beachtlicher Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) darin, dass das [X.] erst zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache den Antrag auf Bewilligung von [X.] für das Verfahren abgelehnt hat. Ein Verfahrensfehler liegt in einem solchen Vorgehen nur dann, wenn bei rechtzeitiger Entscheidung, ausgehend von dem damaligen Sach- und Kenntnisstand, eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu bejahen gewesen wäre (vgl nur [X.] vom 4.12.2007 - B 2 U 165/06 B - [X.] 4-1500 § 62 [X.]). Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Kläger hat sein Rechtsschutzbegehren vor dem [X.] zumindest sinngemäß damit begründet, er habe als Obdachloser gegenüber dem Gericht keine ladungsfähige Anschrift mitteilen müssen, das Gericht hätte daher die Klage nicht als unzulässig behandeln, sondern mit Sachurteil darüber entscheiden müssen und er sei nicht - mittels öffentlicher Zustellung - ordnungsgemäß geladen. Damit sind aber Wiederaufnahmegründe iS des § 579 ZPO, die die Annahme der Erfolgsaussicht im Zeitpunkt der Klageerhebung rechtfertigen könnten, schon nicht dargetan. Anhaltspunkte, die die Erfolgsaussichten einer Restitutionsklage nach § 580 ZPO begründen können, hatte der Kläger ebenfalls nicht vorgetragen und sind auch nicht nach dem Akteninhalt ersichtlich.

4

Schließlich wird ein Rechtsanwalt nicht mit Erfolg einen Verfahrensmangel deshalb rügen können, weil das [X.] erst mit der Entscheidung in der Hauptsache auch über das Ablehnungsgesuch des [X.] entschieden hat. Nach § 60 Abs 1 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Die Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des [X.] und des [X.] erkennt indes zur Verfahrensbeschleunigung und Missbrauchsabwehr eine ungeschriebene Ausnahme von dieser Regel an. Danach kann das Gericht über rechtsmissbräuchliche oder gänzlich untaugliche Ablehnungsgesuche ausnahmsweise in geschäftsplanmäßiger Besetzung unter Beteiligung der abgelehnten [X.] entscheiden. Lehnt ein Beteiligter - wie hier - pauschal den gesamten Spruchkörper ab, ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Befangenheit der abgelehnten [X.] vorzutragen, ist ein solcher Fall anzunehmen (stRspr; zB [X.] vom [X.] AL 13/09 C - [X.] 4-1500 § 60 [X.] RdNr 11).

5

Mit der Ablehnung von [X.] entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der [X.] (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

6

Die vom Kläger ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem [X.] gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Bevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf hat das [X.] den Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160 Abs 4 Satz 1 SGG iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen [X.] durch Beschluss zu verwerfen.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der § 183, § 193 SGG.

        

S. Knickrehm

Dr. Harich

Siefert

Meta

B 7 AS 192/23 BH

20.12.2023

Bundessozialgericht

Beschluss

Sachgebiet: AS

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.12.2023, Az. B 7 AS 192/23 BH (REWIS RS 2023, 10129)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 10129

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