Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. V ZR 154/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 8358

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V [X.]
Verkündet am:
10. Juli 2015
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 167
a)
D
u-rechnende Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten.
b)
Mit Blick auf die Einzahlung des Kostenvorschusses kommt es bei der [X.] der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf an, um wie viele Tage sich der für die Zu-stellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des
[X.] verzögert hat ([X.] an [X.], Urteil vom 10.
Februar 2011 -
[X.] ZR -
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-

185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8 f.; mwN; Aufgabe von Senat, Urteil vom 30. März 2012 -
V [X.], [X.], 643 f. mwN).
c)
Wurde der Kostenvorschuss verfahrenswidrig nicht von der klagenden [X.] selbst, sondern über deren Anwalt angefordert, ist die damit einhergehende
-
der [X.] nicht zuzurechnende -
Verzögerung im Allgemeinen mit drei Werkta-gen zu veranschlagen.
d)
Auch von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten [X.] kann nicht verlangt werden, an Wochenend-
und Feiertagen sowie am [X.] und [X.] für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tra-gen.
[X.], Urteil vom 10. Juli 2015 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
3
-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und [X.]
Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 28. Mai 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.]en bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 2. November 2012 wurden mehrere Beschlüsse gefasst. Mit der am 23. November 2012 eingegangenen Be-schlussmängelklage wenden sich die Kläger gegen das zu dem Tagesord-nungspunkt ([X.]) 6 beschlossene Sanierungskonzept und dessen Finanzie-rung durch Erhebung einer Sonderumlage. Nach Korrespondenz zur vorläufi-gen Streitwertfestsetzung hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 18.
Dezember 2012 die an ihn versandte Aufforderung zur Zahlung des [X.] erhalten. Nach deren Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung der Kläger ist der Vorschuss am 7. Januar 2013 bei der [X.].
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Die am 18. Januar 2013 zugestellte Klage ist in beiden Vorinstanzen er-folglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die An-fechtung der zu [X.] 6 gefassten Beschlüsse weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, mit [X.] seien die Kläger wegen Versäumung der einmonatigen Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ausgeschlossen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus §
167 orden sei. Diese Vor-aussetzung sei nur erfüllt, wenn sich die Verzögerungen in einem hinnehmba-ren Rahmen hielten. Gehe es um die Zahlung des Kostenvorschusses,
sei das nur dann der Fall, wenn dieser nach Anforderung innerhalb eines Zeitraums eingezahlt werde, der sich um zwei Wochen bewege oder nur geringfügig dar-über liege. Besondere Umstände seien erst bei der Frage zu berücksichtigen, ob eine geringfügige Überschreitung des grundsätzlich maßgeblichen [X.] von 14 Tagen hinzunehmen sei.
Gemessen daran liege mit 20 Tagen keine nur geringfügige Überschreitung vor. Das gelte selbst dann, wenn man zugunsten der Kläger berücksichtigte, dass die Anforderung des Kostenvor-schusses entgegen § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 [X.]
nicht diesen
selbst, sondern ihrem Prozessbevollmächtigten zugesandt worden sei
und in dem [X.] gelegen hätten. Schließlich lägen auch keine zur Nichtigkeit der Beschlüsse führenden Gründe vor.
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II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Kläger haben die materielle Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz
2
WEG gewahrt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Zustellung der Klage demnächst im Sinne von § 167 ZPO bewirkt worden.
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt
geht das Berufungsgericht allerdings mit Recht davon aus, dass das Merkmal demnächst

(§ 167 ZPO) nur erfüllt ist, wenn sich die der [X.] zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmba-ren Rahmen halten. Dabei wird eine der [X.] zuzurechnende Zustellungsver-zögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen (vgl. nur Senat,
Urteil vom 12. Januar 1996 -
V [X.], NJW 1996, 1060, 1061 [insoweit in [X.]Z 131, 376 nicht abgedruckt]; [X.], Urteil vom 1. Dezember 1993
-
XII [X.], NJW 1994, 1073, 1074;
jeweils mwN), um eine Überforderung des [X.] sicher auszuschließen.
2. Darüber hinaus sieht das Berufungsgericht richtig, dass der Senat in der typisierbaren Fallgruppe des nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskos-tenvorschusses
eine hinnehmbare Verzögerung bejaht hat, wenn dieser nach
30.
März 2012 -
V [X.], [X.], 643 f.; Urteil vom 17.
September
2010 -
V ZR 5/10, NJW 2010, 3376, 3377 Rn. 7; Urteil vom 3.
Februar 2012
-
V [X.], NJW-RR 2012, 527 Rn. 7; Urteil vom 16.
Januar
2009
-
V [X.], [X.]Z 179, 230, 235 f., Rn. 16; vgl. auch jeweils obiter [X.], Urteil vom 15. November 1985 -
II ZR 236/84, NJW 1986, 1347, 1348; Urteil vom 12. November 2009 -
III ZR 113/09, juris Rn. 21
f.; insoweit in NJW 2010, 333
ff. nicht abgedruckt). Dabei hat der Senat einen Zeitraum von 14 Tagen für unschädlich erachtet. Die Hinnehmbarkeit darüber hinausgehen-der Verzögerungen hat er dagegen vom Vorliegen besonderer Umstände und 4
5
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6
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dem Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände abhängig gemacht (vgl. nur Senat, Urteil vom 30.
März 2012 -
V [X.], [X.], 643, 644). Demgegenüber belässt es der [X.]. Zivilsenat auch in dieser Konstel-lation bei den allgemeinen Grundsätzen, was dazu führt, dass bei der [X.] der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeit-spanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und
de-ren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abgestellt wird, um wieviele
Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infol-ge der Nachlässigkeit des [X.] verzögert hat ([X.], Urteil vom 10. Februar 2011
-
[X.] [X.], NJW 2011, 1227 Rn. 8 f.; Urteil vom 20. April 2000
-
[X.] ZR 116/99, [X.], 2282; Urteil vom 27. Mai 1999 -
[X.] ZR 24/98, NJW 1999, 3125; vgl. auch Urteil vom 25.
Februar 1971 -
[X.] ZR 181/69, NJW 1971, 891
f.). Dieser Rechtsauffassung schließt sich
der Senat nunmehr aus Gründen der Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und zur Herstel-lung eines einheitlichen -
für
sämtliche Fallgruppen geltenden -
Maßstabes an.
3. Gemessen daran ist die bewirkt
worden. Eine den Klägern vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen liegt nicht vor.
a) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kostenvorschuss ver-fahrenswidrig (§ 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 [X.] aF) nicht von der [X.] selbst, sondern
über deren Anwalt angefordert worden ist (Abgrenzung zu [X.], Urteil vom 30. März 2012 -
V [X.], [X.], 643, 644; Urteil vom 3. Februar 2012 -
V [X.], NJW-RR 2012, 527 Rn. 11). Die damit einherge-hende
-
der [X.] nicht zuzurechnende
-
Verzögerung ist nach Auffassung des Senats im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen
unter Ausklamme-rung des Eingangstages und von Wochenendtagen. Innerhalb einer solchen Zeitspanne kann auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien eine Kenntnisnah-me, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Post-7
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7
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laufzeiten auch der Eingang bei der [X.] selbst erwartet werden. Da die Kos-tenanforderung
dem Prozessbevollmächtigten am 18.
Dezember 2012 (Diens-tag) zugegangen ist, führt dies dazu, dass die Kläger so zu stellen sind, wie sie stünden, wenn ihnen selbst die Anforderung erst am 21. Dezember 2012 ([X.]) zugegangen wäre.
b) Sodann ist in Rechnung zu stellen, dass von einer auf die Wahrung ih-rer prozessualen Obliegenheiten bedachten [X.] nicht verlangt werden kann, an Wochenend-
und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen (vgl. auch [X.], Urteil vom 14. April 2011
-
I-2 [X.], juris Rn. 22; KG, BeckRS 2010, 03466; von dem Senat mangels Entscheidungserheblichkeit bislang offen gelassen, vgl. Urteil vom 30.
März
2012 -
V [X.], [X.], 643, 644); ebenso ist bei der gebote-nen typisierenden Betrachtungsweise mit dem 24. und 31. Dezember ([X.] und [X.]) zu verfahren,
weil an diesen Tagen vielfach überhaupt nicht oder doch nur eingeschränkt gearbeitet wird. Da die Kläger danach [X.] am 27.
Dezember 2012
(Donnerstag)
hätten tätig werden müssen
und der Kostenvorschuss tatsächlich am 7.
Januar 2013 bei der [X.] ist, liegt selbst ohne Berücksichtigung des für die Überweisung durch die Bank erforderlichen Zeitraums keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.
9
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III.
Nach allem unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für eine Endentscheidung notwendigen Feststellungen getroffen werden können (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Stresemann

[X.]

Brückner

Weinland

Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.06.2013 -
774 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 28.05.2014 -
85 [X.]/13 WEG -

10

Meta

V ZR 154/14

10.07.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. V ZR 154/14 (REWIS RS 2015, 8358)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8358

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