Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. V ZR 2/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 8361

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

V ZR 2/14
Verkündet am:
10. Juli 2015
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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2
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner und Weinland und [X.]
Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin
wird das Urteil der Zivilkam-mer
85 des [X.] vom 17. September 2013 auf-gehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die [X.]en bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 16. Juni 2011 wurden mehrere [X.] gefasst. Mit der am 18. Juli 2011 (Montag) eingegangenen [X.] wendet sich die Klägerin -
soweit hier noch von Interesse -
gegen die
zu dem Tagesordnungspunkt ([X.]) 10 beschlossene Entlastung der Ver-waltungsbeiräte und der Hausverwaltung. Nachdem die Klägerin nach Aufforde-rung des Gerichts innerhalb der hierzu gesetzten Frist zur Berechnung des [X.] erforderliche Unterlagen eingereicht hatte, ihr Prozessbevoll-mächtigter am 31. August 2011 die an ihn versandte Aufforderung zur Zahlung 1
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des Vorschusses erhalten und er diese an die Rechtsschutzversicherung der Klägerin weitergeleitet hatte, ist der Vorschuss am 19. September 2011 bei der [X.] eingegangen.
Die am 11. Oktober 2011 zugestellte Klage ist in beiden Vorinstanzen er-folglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die An-fechtung der zu [X.] 10 gefassten Beschlüsse weiter. Die [X.] die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage wegen Versäumung der einmonati-gen
Anfechtungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 [X.] für unbegründet.
Etwas [X.] ergebe sich auch nicht aus §
167 ZPO, wezugestellt worden sei. Diese Voraussetzung sei nur erfüllt, wenn sich die [X.] in einem hinnehmbaren Rahmen hielten. Gehe es um die Zahlung des Kostenvorschusses, sei das nur dann der Fall, wenn dieser nach Anforde-rung innerhalb eines Zeitraums eingezahlt werde, der sich um zwei Wochen bewege oder nur geringfügig darüber liege. Besondere Umstände seien bei der Frage zu berücksichtigen, ob eine geringfügige Überschreitung des [X.] maßgeblichen Zeitraums von 14
Tagen hinzunehmen sei. Gemessen daran liege keine 14 Tage nur geringfügig überschreitende Verzögerung vor. Das gel-te selbst dann, wenn man zugunsten der Klägerin berücksichtigte, dass die [X.] des Kostenvorschusses entgegen § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2
[X.] nicht dieser selbst, sondern ihrem Prozessbevollmächtigten zugesandt worden sei.
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II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klägerin
hat
die materielle Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz
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[X.] gewahrt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Zustellung der Klage demnächst im Sinne von § 167 ZPO bewirkt worden.
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht allerdings mit
wenn sich die der [X.] zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmba-ren Rahmen halten. Dabei wird eine der [X.] zuzurechnende Zustellungsver-zögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen (vgl. nur Senat,
Urteil vom 12. Januar 1996 -
V [X.], NJW 1996, 1060, 1061 [insoweit in [X.], 376 nicht abgedruckt]; [X.], Urteil vom 1. Dezember 1993
-
XII [X.], NJW 1994, 1073, 1074; jeweils mwN), um eine Überforderung des [X.] sicher auszuschließen.
2. Darüber
hinaus sieht das Berufungsgericht richtig, dass der Senat in der typisierbaren Fallgruppe des nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskos-tenvorschusses
eine hinnehmbare Verzögerung bejaht hat, wenn dieser nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitrau
30.
März 2012 -
V [X.], [X.], 643 f.; Urteil vom 17.
September
2010 -
V ZR 5/10, NJW 2010, 3376, 3377 Rn. 7; Urteil vom 3.
Februar 2012
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V ZR 44/11, NJW-RR 2012, 527 Rn. 7; Urteil vom 16.
Januar
2009 -
V [X.], [X.]Z 179, 230, 235 f., Rn. 16; vgl. auch jeweils obiter [X.], Urteil vom 15. November 1985 -
II ZR 236/84, NJW 1986, 1347, 1348; Urteil vom 12. November 2009 -
III ZR 113/09, juris Rn. 21
f.; insoweit in NJW 2010, 333 ff. nicht abgedruckt). Dabei hat der Senat einen Zeitraum von 14 Tagen für unschädlich erachtet. Die Hinnehmbarkeit darüber hinausgehen-der Verzögerungen hat er dagegen vom Vorliegen besonderer Umstände und 4
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dem Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände abhängig gemacht (vgl. nur Senat, Urteil vom 30. März 2012 -
V [X.], [X.], 643, 644). Demgegenüber belässt es der [X.]. Zivilsenat auch in dieser Konstel-lation bei den allgemeinen Grundsätzen, was dazu führt, dass bei der [X.] der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeit-spanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und de-ren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abgestellt wird, um wieviele
Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infol-ge der Nachlässigkeit des [X.] verzögert hat ([X.], Urteil vom 10. Februar 2011 -
[X.] ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8 f.; Urteil vom 20. April 2000
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[X.] [X.], [X.], 2282; Urteil vom 27. Mai 1999 -
[X.] ZR 24/98, NJW 1999, 3125; vgl. auch Urteil vom 25.
Februar 1971 -
[X.] ZR 181/69, NJW 1971, 891
f.). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat nunmehr aus Gründen der Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und zur Herstel-lung eines einheitlichen -
für sämtliche Fallgruppen geltenden -
Maßstabes an.
3. Gemessen daran ist die worden. Eine der
Klägerin vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen liegt nicht vor.
Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Kostenvorschuss verfahrens-widrig (§ 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 [X.] aF) nicht von der [X.] selbst, sondern über deren Anwalt angefordert worden ist (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 30. März 2012 -
V [X.], [X.], 643, 644; Urteil vom 3.
Februar
2012 -
V ZR 44/11, NJW-RR 2012, 527 Rn. 11). Die damit einherge-hende -
der [X.] nicht zuzurechnende -
Verzögerung ist nach Auffassung des Senats im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen
unter
Ausklamme-rung des Eingangstages und von Wochenendtagen. Innerhalb einer solchen Zeitspanne kann auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien eine Kenntnisnah-me, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Post-7
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laufzeiten auch der Eingang bei
der [X.] selbst erwartet werden. Vorliegend ist die Kostenanforderung dem Prozessbevollmächtigten am 31. August 2011 (Mittwoch) zugegangen. Dies führt dazu, dass die Klägerin
so zu stellen ist, wie sie stünde, wenn ihr
selbst die Anforderung erst am 5. September 2012 ([X.])
zugegangen wäre. Da die Klägerin
frühestens am nächsten Tag hätte tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 19. September 2011 bei der [X.] eingegangen ist, liegt selbst ohne Berücksichtigung des für die Überweisung durch die Bank erforderlichen Zeitraums keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.
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III.
Nach allem unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für eine Endentscheidung notwendigen Feststellungen getroffen werden können (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Stresemann

[X.]

Brückner

Weinland

Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.08.2012 -
770 C 53/11 [X.] -

LG Berlin, Entscheidung vom 17.09.2013 -
85 [X.]/12 [X.] -

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Meta

V ZR 2/14

10.07.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2015, Az. V ZR 2/14 (REWIS RS 2015, 8361)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8361

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 2/14

V ZR 148/11

V ZR 5/10

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VII ZR 185/07

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