Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2012, Az. 1 StR 456/12

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 2517

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 456/12

vom
9. Oktober
2012
in der Strafsache
gegen

wegen
gefährlicher Körperverletzung

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Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 9. Oktober
2012
gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

Die Revision
des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13. April 2012 wird mit der Maßgabe als unbe-gründet verworfen, dass die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt entfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwen-digen Auslagen zu tragen.

Gründe:
Der Angeklagte ist wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbezie-hung einer anderweitig rechtskräftig gewordenen Freiheitsstrafe zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. [X.] ist seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden.
Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zum Weg-fall der Unterbringung, bleibt im Übrigen aber gemäß § 349 Abs. 2 StPO erfolg-los.
1. Nach den Feststellungen des [X.] verbrachte der Angeklagte mit seiner Freundin, deren Vater sowie dessen Lebensgefährtin, der später [X.], den Abend des 10. September 2007 in der Wohnung des Vaters. Nachdem der Angeklagte von der Geschädigten wegen des Altersunterschieds zu seiner Freundin als Kinderschänder beschimpft worden war, verließ er in 1
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den frühen Morgenstunden mit seiner Freundin die Wohnung und begab sich durch das Treppenhaus auf den Heimweg. Jedoch setzte ihm die Geschädigte Pfefferspray mitgenommen, das sie im Treppenhaus versprühte, wodurch aber der Angeklagte und seine Freundin nicht beeinträchtigt wurden, da sie sich schon weiter unten im Treppenhaus befanden. Der Angeklagte versuchte, eine von ihm mitgeführte Bierflasche zu zerschlagen, was ihm zunächst nicht ge-lang. Seine Freundin legte ihr Baby in den
im Flur abgestellten Kinderwagen und verließ das Haus.
Der Angeklagte blieb im Hausflur, wo es ihm nunmehr gelang, die Bierflasche abzuschlagen. Als die Geschädigte das Treppenhaus erreichte und sie dem Angeklagten gegenüberstand, rammte er ihr unvermittelt das Ende der Flasche gegen die Brust, wodurch diese mehrere Stich-
und Schnittwunden erlitt. Dabei war der Angeklagte zwar alkoholbedingt enthemmt, jedoch nicht erheblich in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt.
2. Schuld-
und Strafausspruch sind revisionsrechtlich nicht zu beanstan-den. Entgegen dem [X.] bestand nach dem rechtsfehlerfrei fest-gestellten Sachverhalt kein Anlass, eine Putativnotwehr, einen [X.] oder gar einen Verbotsirrtum zu erörtern, auf deren Voraussetzungen sich auch der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt berufen hat.

3. Jedoch wendet sich die Revision zu Recht gegen die Anordnung der Maßregel. Diese kann nicht bestehen bleiben.
Angesichts der landgerichtlichen Wertung, der Angeklagte sei nur leicht alkoholisiert gewesen und es habe sich um eine von der Provokation durch das spätere Opfer initiierte [X.] gehandelt, versteht sich schon der sympto-matische Zusammenhang zwischen der Tat und dem festgestellten Hang nicht von selbst (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 20. September 2011 -
1 [X.]).
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Ungeachtet dessen ist aber jedenfalls die Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger, auf den Hang zurückgehender Taten durch den Angeklagten nicht belegt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die anzustellende Gefahrprognose ist derjenige der Hauptverhandlung ([X.], Urteil vom 17. November 2010 -
2 [X.], NStZ-RR 2011, 77 mwN). Das Urteil enthält hierzu nur die formelhafte a-rer und erheblicher Taten aus dem Bereich der Körperverletzung/gefährlichen Körpererforderlich ist (vgl. [X.]R StGB § 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 1). Insbesondere angesichts des erheblichen Zeitraums von über viereinhalb Jahren zwischen der [X.] und der Hauptverhandlung versteht sich dies nicht von selbst. Vielmehr bestehen wegen des über Jahre währenden straflosen Verhaltens für den vor allem zwischen 2003 und 2007 straffällig gewordenen Angeklagten [X.] durchgreifende Zweifel.
So ergibt sich aus den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnis-sen, dass der Angeklagte zuletzt am 2. April 2009 straffällig wurde, indem er eine Beleidigung beging. Die vorsätzliche Körperverletzung, wegen der er zu der hier einbezogenen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, hatte der
Ange-klagte wenige Tage vor dem verfahrensgegenständlichen Geschehen began-gen. Die Vollstreckung der deswegen gegen ihn erkannten Freiheitsstrafe war bis zur Einbeziehung in das hiesige Urteil zur Bewährung ausgesetzt. Außer der Beleidigung am 2. April 2009 ist der Angeklagte nach seinem Schlaganfall im [X.] nicht mehr straffällig geworden, obwohl er sich seit dem 27. No-vember 2008 bis zur Inhaftierung in dieser Sache am 19. Januar 2012 auf [X.] Fuß befand.
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4. Der Senat kann ausschließen, dass eine neue Verhandlung [X.] ergeben könnte, die eine vom Angeklagten ausgehende Gefahr im Sin-ne des § 64 StGB belegen und mithin die Anordnung der Unterbringung [X.]. Denn die insoweit relevanten persönlichen Verhältnisse des Angeklag-ten teilt das Urteil vollständig mit. Der Senat erkennt daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf den Wegfall der Maßregel (vgl. [X.], Beschluss vom 15. April 2008 -
1 [X.]).
5. Der Wegfall der Unterbringung in der Entziehungsanstalt gefährdet den für
sich genommen [X.] Strafausspruch nicht. Grundsätzlich besteht zwischen den Rechtsfolgen von Strafe und Maßregel keine Wechsel-wirkung ([X.], Urteil vom 7. Oktober 1992 -
2 StR 374/92, [X.]St 38, 363, 365 mwN). Auch die Urteilsgründe ergeben keinerlei Anhaltspunkte für einen Ein-fluss der Anordnung der Unterbringung auf die Entscheidung über die Höhe der Strafe.
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6. Da die Revision hinsichtlich des Schuld-
und Strafausspruchs erfolglos bleibt, war für die Anwendung des § 473 Abs. 4 StPO kein Raum.
[X.]Wahl Rothfuß

Graf Cirener
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Meta

1 StR 456/12

09.10.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2012, Az. 1 StR 456/12 (REWIS RS 2012, 2517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2517

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 StR 120/11

2 StR 356/10

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