Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2011, Az. 5 StR 236/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 1874

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5 [X.]/11

BUNDESGERICHTSHOF

IM [X.] DES VOLKES

URTEIL

vom 27. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen

wegen schwerer Vergewaltigung u.a.

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Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 27. Okto-ber
2011, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender [X.] Basdorf,

[X.] Dr. Raum,
[X.] [X.],
[X.] Prof. Dr. König,
[X.] Bellay

als beisitzende [X.],

Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin
der [X.],

Rechtsanwalt R.

als Verteidiger,

Rechtsanwalt B.

als [X.],

[X.]

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

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für Recht erkannt:

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläge-rin gegen das Urteil des [X.] (Oder) vom 2. November 2010 werden verworfen.

Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft sowie die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen not-wendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Die Nebenklägerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Von Rechts wegen

[X.] n d e

Das [X.] hat den Angeklagten von dem Vorwurf freigespro-chen, seine Ehefrau dreimal vergewaltigt und einmal sexuell genötigt zu ha-ben. Gegen die Freisprüche richten sich die

von der [X.] vertretene

Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision der Neben-klägerin. Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I.

1. Dem Angeklagten liegt zur Last, im Zeitraum zwischen 2005 und dem 21. April 2010 folgende Handlungen begangen zu haben:

[X.] soll der Angeklagte die Nebenklägerin dazu überredet haben, sich von ihm mit einem Geschenkband fesseln zu lassen. Sodann 1
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habe er ihr eine Schlinge um den Hals gebunden und diese mit ihren Fuß-
und Handgelenken verknotet. Ihr Flehen, die Fesselung zu lösen,
habe er missachtet, sie nunmehr beschimpft und gegen ihren Willen den Beischlaf vollzogen.

Nachdem der Angeklagte und die Nebenklägerin sich im Februar 2010 zur Trennung entschlossen, aber weiterhin in der gemeinsamen Ehewoh-nung gelebt hätten, sei es zu folgenden drei Taten gekommen:

Am 2. April 2010 habe sich der Angeklagte im Ehebett neben die Ne-benklägerin gelegt, dieser gegen ihren Willen den Slip nach unten gezogen, sie an den Oberarmen festgehalten und den vaginalen Beischlaf bis zum Samenerguss vollzogen. Danach habe er sich auf ihren Brustkorb gesetzt, mit seinen Knien gegen ihre Oberarme gedrückt und bis zum Samenerguss onaniert.

Am 20. April 2010 habe sich der Angeklagte erneut im Ehebett neben die Nebenklägerin gelegt, sie auf den Rücken
gedreht und sich dann auf sie gesetzt. Weil die Nebenklägerin sich wehrte, habe er ihre Arme festgehalten und bis zum Samenerguss masturbiert.

Nach etwa fünf Minuten sei der Angeklagte in das Schlafzimmer zu-rückgekehrt und habe der noch auf dem Bett liegenden Nebenklägerin [X.] die Handgelenke hinter dem Rücken mit Klebeband aneinander ge-fesselt. Nachdem es ihr gelungen sei, das Band zu zerreißen, habe der An-geklagte ihr an den Hals gegriffen und ihren Kopf bis zum Endpunkt zur Seite gedreht und ge
vergewaltigt. Danach habe er sie vom Bett ins Wohnzimmer gezerrt, wobei er sowohl das Paketband auf der Rolle, als auch jenes,
von dem sie sich gelöst habe, mitgenommen habe. In der Folge habe sie ihn oral befriedigen müssen und sei dann nochmals in verschiedenen Stellungen vergewaltigt worden.
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2. Der Angeklagte, der sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen hat,
hatte in seiner polizeilichen Vernehmung die Tatvorwürfe bestritten. Zwischen ihm und der Nebenklägerin sei es trotz der [X.] weiterhin zu sexuellem Verkehr gekommen. Er habe dabei aber kei-nen Zwang angewendet. Bei gelegentlich ausprobierten Fesselspielen sei kein Klebeband benutzt worden.

Den belastenden Angaben der Nebenklägerin ist das [X.] nicht gefolgt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Schilderungen der Nebenklägerin zum Tatablauf in den entscheidenden Passagen, nämlich hinsichtlich der Gewaltanwendung durch den Angeklag-ten und ihres insoweit entgegenstehenden Willens vielfach auffällig blass, farblos und unkonkret gewesen seien oder sich logisch nicht konsistent oder von fehlender [X.] gezeigt hätten. Überdies sei das Verhalten der Ne-benklägerin zum Angeklagten ambivalent gewesen, da sie auch noch nach dem Vorfall vom 2. April 2010 wieder jede Nacht im Ehebett neben dem [X.] geschlafen habe. Schließlich ergäben sich aus der Entstehungs-geschichte der Aussage und dem [X.] der Nebenklägerin in der Hauptverhandlung Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage.

II.

1. Die von der Nebenklägerin erhobenen Verfahrensrügen bleiben er-folglos. Die Rüge einer
Verletzung des § 244 Abs. 4 und Abs. 2 [X.] schei-tert jedenfalls an den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des [X.] zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussagen erwachse-ner Zeugen (vgl. die Nachweise bei [X.], [X.], 54. Aufl., § 244 Rn. 74). Die weitere Rüge scheitert an § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Gleiches gilt, sofern die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Sachrüge auch
Verletzun-gen von Verfahrensrecht rügen wollte.

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2. Die Freisprüche halten der sachlich-rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das angefochtene Urteil enthält keinen Darstellungsmangel.

Entgegen der Auffassung der Revisionen bedurfte es hier keiner zu-sätzlichen Feststellungen zu den jeweiligen [X.]. Dem nicht schema-tisch anzuwenden Grundsatz, dass das [X.] bei [X.] Ur-teilen zunächst die Umstände feststellen muss, die es für erwiesen hält,
und dazu die Begründung so abzufassen hat, dass dem Revisionsgericht eine Überprüfung ermöglicht wird ([X.], Urteil vom 26. September 1989

1 [X.], [X.]R [X.] § 267 Abs. 5 Freispruch 2; vgl. dazu ferner [X.], Urteile vom 6. April 2005

5 [X.], [X.], 211; vom 27.
Januar 2011

4 StR 487/10, NStZ-RR
2011, 275; [X.] aaO §
267 Rn. 33), ist hier genügt. Die [X.] hat die Vorgeschichte und die
Begleitumstände der dem Angeklagten zur Last liegenden Taten [X.], konnte jedoch zu den Anklagevorwürfen keine näheren Feststellungen treffen. Unter Wiedergabe der Bekundungen der Nebenklägerin und der früheren Einlassung des Angeklagten hat sie insbesondere für möglich er-(der Nebenklägerin) geschilderten Art abgespielt haben, die Zeugin diese aber letztlich, wie bei früheren Gelegenheiten, hingenommen und geduldet [X.]). Das ist hier nicht zu beanstanden.

b) Gegen die Beweiswürdigung des [X.]s bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beweiswürdigung ist dem [X.] vorbehalten (§ 261 [X.]). Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unter-liegt nur, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist,
ebenso wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze ver-11
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stößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 2008

5 [X.], [X.], 180). Nach diesen Maßstäben ist das Urteil nicht zu beanstanden. Hieran ändern die [X.], vom [X.] nicht verkannten erheblichen Verdachtsmomente gegen den Angeklagten nichts. Die [X.] hat rechtsfehlerfrei [X.], dass die Zeugenaussage der Nebenklägerin markante Widersprüche zu früheren Angaben bis hin zu einer bewussten Lüge enthielt. Im Hinblick darauf ist es hinzunehmen
und bildet keine Überspannung der Anforderun-gen an die tatgerichtliche Überzeugungsbildung, dass die [X.] trotz erheblicher den Angeklagten belastender Verdachtsmomente

namentlich [X.], Hautverletzungen
des Angeklagten, Verhalten der Nebenklägerin und des Angeklagten im Zusammenhang mit der [X.], Vorleben des Angeklagten

ihre Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermochte.

Schließlich bedurfte die Beweiswürdigung keiner ausdrücklichen noch eingehenderen
Gesamtwürdigung. Die Wendung der [X.], sie habe
([X.]), ist ersichtlich rechtsfehlerfrei so zu verste-hen, dass sie nicht mit der erforderlichen Sicherheit entscheiden konnte, ob die Angaben der Nebenklägerin glaubhaft sind, weil sich bewusste, teils auch unbewusste Fehlanschuldigungen nicht mit Sicherheit ausschließen ließen.

[X.] [X.]

König Bellay

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Meta

5 StR 236/11

27.10.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.10.2011, Az. 5 StR 236/11 (REWIS RS 2011, 1874)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1874

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4 StR 487/10

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