Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2011, Az. 5 StR 467/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 7666

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Gegenstand

Revision im Strafverfahren: Vorabentscheidung des Bundesgerichtshofs über die Zulässigkeit wegen unwirksamen Rechtsmittelverzichts des Angeklagten


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen as Urteil des [X.] vom 2. Juni 2010 wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in fünf Fällen, des versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in vier Fällen, des versuchten Betruges in zwei Fällen und des Missbrauchs von Berufsbezeichnungen in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und versuchter Nötigung wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Nach Urteilsverkündung hat der Angeklagte zwar zunächst Rechtsmittelverzicht erklärt, jedoch unter Widerruf des Verzichts rechtzeitig Revision eingelegt und diese mit der allgemeinen Sachrüge begründet.

2

1. Über die Zulässigkeit der Revision hat der Senat in seinem Beschluss vom 24. Februar 2011 bereits bindend entschieden. Darin hat er den Antrag des [X.] zurückgewiesen, die Revision nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Er hat den Rechtsmittelverzicht des Angeklagten für unwirksam, folglich dessen Revision für zulässig erachtet. Nicht anders als in Fällen der Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Entscheidungen zugunsten des [X.] nach § 346 Abs. 2 StPO vermochte der Senat eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit gesondert zu treffen. Wortlaut und Systematik des § 349 Abs. 1 und 5 StPO stehen dem nicht entgegen. Die Verfahrensweise ist sogar grundsätzlich geeignet, die Chancen des [X.] auf Gehör durch Veranlassung des [X.] zu einer schriftlichen Stellungnahme zum sachlichen Gehalt der Revision zu verbessern, freilich ungeachtet der Möglichkeit eines nachgeschobenen [X.] aus sachlichen Gründen. Eine solche Stellungnahme hat der [X.] hier indessen verweigert, dies entgegen bisheriger Praxis bei [X.] nach § 349 Abs. 2 StPO.

3

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die tatsächlichen Feststellungen zu den zwölf vom Angeklagten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Taten - Schalten kostspieliger Anzeigen in Tageszeitungen oder Zeitschriften ohne Zahlungswillen und -fähigkeit, Versuche der Konteneröffnungen und des Erwerbs wertvoller Sachgüter unter Verwendung von [X.], Versuche betrügerischen [X.], Bedrängen von Angehörigen der [X.] als angeblicher Rechtsanwalt - und deren rechtliche Würdigung sind rechtsfehlerfrei. Auch die Anwendung des § 63 StGB, gegen die sich der Beschwerdeführer nunmehr ausdrücklich wendet, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

4

Den dem zugrunde liegenden Befund einer krankhaften seelischen Störung - in Form einer bipolaren affektiven Störung, begleitet von Autismus, Tics, einer Panikstörung und Rauschmittelabusus -, welche die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten sicher aufgehoben hat und die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten begründet, hat das [X.] auf eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung gestützt. Es hat dabei das - in den Urteilsgründen im Einzelnen dargelegte ([X.] ff., 83 ff., 87 f.) - Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen [X.]     verwertet, das sich als widerspruchsfrei erweist und auf rechtlich nicht zu beanstandenden Ausgangspunkten aufbaut. Die Bewertung eines Sachverständigengutachtens ist Teil der dem Tatgericht gemäß § 261 StPO obliegenden Beweiswürdigung (vgl. [X.], Urteile vom 8. März 1955 - 5 StR 49/55, [X.]St 7, 238, und vom 15. Januar 2003 - 5 [X.], [X.], 307, 308; Schoreit in KK, 6. Aufl., § 261 Rn. 32 mwN). Das [X.] hat das Gutachten als schlüssig und überzeugend erachtet. Es hat namentlich nachvollziehbar auf Grund der weiteren persönlichen Entwicklung des Angeklagten begründet, warum es sich von der Richtigkeit einer abweichenden Beurteilung gegenüber früheren Sachverständigengutachten überzeugt hat, die lediglich eine Persönlichkeitsstörung des Angeklagten angenommen hatten.

5

Das [X.] hat rechtsfehlerfrei dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Maßregelvollstreckung nach § 67b StGB derzeit nicht vorliegen. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass ungeachtet der Höhe der vom Angeklagten verursachten und erstrebten Vermögensschäden insgesamt im Blick auf das Gewicht seiner Taten die von ihm ausgehende Gemeingefährlichkeit aus [X.] nur eine begrenzte Vollstreckungsdauer der - nach Angaben des Verteidigers ungeachtet des Senatsbeschlusses über die Zulässigkeit der Revision bereits weiterhin vollzogenen - Maßregel gestatten wird (vgl. dazu [X.] 70, 297, 312 ff.).

Basdorf                                  Raum                                  Brause

                       [X.]

Meta

5 StR 467/10

12.04.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 2. Juni 2010, Az: (532) 35 Js 94/10 KLs (4/10)

§ 346 Abs 2 StPO, § 349 Abs 1 StPO, § 349 Abs 5 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2011, Az. 5 StR 467/10 (REWIS RS 2011, 7666)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7666

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

5 StR 240/13

1 StR 399/11

5 StR 467/10

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