Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.05.2022, Az. IV B 50/21 (AdV)

4. Senat | REWIS RS 2022, 2476

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Gegenstand

Antrag der Gemeinde auf Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung des Zerlegungsbescheides nicht statthaft - Pflicht der Gemeinde zur Anpassung des Gewerbesteuerbescheides an (geänderten) Zerlegungsbescheid


Leitsatz

1. NV: Der Antrag der Gemeinde auf Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung eines von ihr angefochtenen Zerlegungsbescheides ist nicht statthaft.

2. NV: Der Zerlegungsbescheid hat für die am Zerlegungsverfahren beteiligte Gemeinde keinen vollziehbaren Inhalt. Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinde mit einer Gewerbesteuererstattung belastet wird.

3. NV: Das Verfahren nach § 69 FGO dient nicht dazu, das Gewerbesteueraufkommen zwischen den am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden vorläufig aufzuteilen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] vom 16.07.2021 - 1 V 2974/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob die [X.] (Antragstellerin und Beschwerdeführerin --Antragstellerin--) die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung der Bescheide über die Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge 2012 bis 2016 (Streitjahre) der [X.] ([X.]) --[X.]e 2012 bis [X.] erreichen kann.

2

Das für die [X.] zunächst zuständige Finanzamt [X.] ging bei der Zerlegung des [X.]s der [X.] für die Jahre 2014 bis 2016 davon aus, dass der [X.] für diese Jahre hälftig auf die Antragstellerin entfalle. In den unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen [X.]en 2014 bis 2016 wurde dies entsprechend berücksichtigt.

3

Nachdem die [X.] ihren Sitz von [X.] nach [X.] verlegt hatte, wurde der Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt [X.] --[X.]--) zuständig. Im Rahmen einer für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass der Antragstellerin kein Anteil am [X.] der [X.] zustehe, da die Geschäfte der [X.] von [X.] aus geführt worden seien. Dem folgend erließ das [X.] geänderte [X.]e 2014 bis 2016 und erstmalige [X.]e 2012 und 2013, alle vom [X.] In diesen [X.]en wurde der Antragstellerin ein [X.] von 0 € zugeteilt. Im [X.]inzelnen:

[X.]e
vom 20.11.2019

   [X.]   

   Anteil [X.] (Hebesatz)   

   Anteil [X.] (Hebesatz)   

2012   

0 €   

0 € (350 %)   

0 € (330 %)   

        

                          

2013   

15.155 €   

15.155 € (350 %)   

0 € (350 %)   

        

                          

2014   

516.085 €   

516.085 € (350 %)   

0 € (350 %)   

        

                          

2015   

344.466 €   

344.466 € (390 %)   

0 € (373,50 %)   

        

                          

2016   

0 €   

0 € (390 %)   

0 € (380 %)   

4

Die [X.] legte weder gegen die Gewerbesteuermessbescheide noch gegen die [X.]e [X.]inspruch ein.

5

Die Antragstellerin änderte die [X.] 2013 bis 2015 für die [X.] und erstattete dieser einen Betrag von 1.584.635,29 € (nebst 315.133 € Zinsen). Zudem legte sie gegen die [X.]e 2012 bis 2016 vom 20.11.2019 [X.]insprüche ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung ([X.]) dieser Bescheide. Das [X.] lehnte den [X.] ab. Über die [X.]insprüche ist bislang nicht entschieden.

6

Am 07.12.2020 beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht ([X.]) die [X.] bis 2016 vom [X.] Am 04.05.2021 hat die Antragstellerin beim [X.] eine Untätigkeitsklage (Aktenzeichen 1 K 1115/21) erhoben.

7

Das [X.] lehnte die [X.] mit Beschluss vom 16.07.2021 - 1 V 2974/20 ab und ließ die Beschwerde zum [X.] ([X.]) zu. Der Antrag sei unzulässig, weil die [X.]e gegenüber der Antragstellerin --auch wenn sie diese mit [X.]inspruch und Klage anfechten könne-- keine vollziehbaren Verwaltungsakte seien.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, der das [X.] nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin ist der Auffassung, ihr [X.] sei zulässig. Sie habe auf Grund der geänderten [X.]e geänderte [X.] erlassen und entsprechende Zahlungen an die [X.] leisten müssen. Bereits dieser Umstand spreche für eine vorläufige Rechtsschutzmöglichkeit. [X.]benso sei die Annahme des [X.] nicht haltbar, der [X.] sei nur gegenüber dem Steuerpflichtigen als vollziehbarer Verwaltungsakt anzusehen. Der [X.]rlass eines geänderten [X.]s in Verbindung mit einer entsprechenden [X.]rstattungspflicht sei sehr wohl die Vollziehung des [X.]es. Dem [X.]-Beschluss vom 04.10.1996 - I B 54/96 ([X.][X.] 181, 265, [X.] 1997, 136) sei zu entnehmen, dass "die Umsetzung eines Grundlagenbescheides in einem Folgebescheid sich im weitesten Sinne als Vollziehung des Grundlagenbescheides" darstelle. Hiervon gehe auch das [X.] München in seinem Beschluss vom 24.05.2005 - 7 V 1907/05 ohne jede personalisierende [X.]inschränkung aus. Soweit das [X.] meine, für die Streitjahre 2012 und 2016 fehle es wegen der Messbetragsfestsetzungen in Höhe von jeweils 0 € bereits an der Beschwer, sei dem entgegenzuhalten, dass von den [X.]en 2012 und 2016 ein zu beseitigender Rechtsschein ausgehe.

9

Die Antragstellerin beantragt (wörtlich), den Beschluss des [X.] vom 16.07.2021 - 1 V 2974/20 aufzuheben.

Das [X.] beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

[X.]s teilt die Rechtsauffassung des [X.], wonach der [X.] unzulässig sei. Die [X.]e hätten für die Antragstellerin keinen vollziehbaren Inhalt. [X.] könne nur zugunsten des Steuerpflichtigen gewährt werden. Die Antragstellerin stehe jedoch auf Seiten des Steuergläubigers. Zudem fehle für die [X.] und 2016 bereits eine Beschwer der Antragstellerin, weil in diesen Jahren der [X.] jeweils auf 0 € festgesetzt worden sei. Außerdem diene das Aussetzungsverfahren nicht der vorläufigen Aufteilung des [X.] zwischen verschiedenen steuerberechtigten Gemeinden.

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat den [X.] der Antragstellerin zu Recht als unzulässig abgelehnt.

Der [X.] der Antragstellerin ist nicht statthaft. Die streitgegenständlichen [X.]e (vgl. § 188 der Abgabenordnung --[X.]--) sind in Bezug auf die Antragstellerin keine vollziehbaren Verwaltungsakte. Daher hat die Antragstellerin keine Möglichkeit, durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz nach § 69 [X.]O wegen etwaiger materiell-rechtlicher Fehler der [X.]e zu erlangen.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 [X.]O kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 [X.]O). Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 [X.]O).

2. Soweit die [X.]e für die Jahre 2013 bis 2015 betroffen sind, ist das [X.] der Antragstellerin darauf gerichtet, die an die [X.] geleisteten Gewerbesteuererstattungen erstattet zu erhalten (dazu a). Dieses Begehren lässt sich jedoch nicht über die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung der [X.]e erreichen (dazu b).

a) Die Antragstellerin hat die [X.] 2013 bis 2015 (die Jahre positiver [X.]sfestsetzungen) bereits an die (geänderten) [X.]e für 2013 bis 2015 vom 20.11.2019 angepasst und an die [X.] Gewerbesteuererstattungen in Höhe von 1.584.635,29 € (nebst 315.133 € Zinsen) geleistet. Auch wenn die Antragstellerin wörtlich nur die Aufhebung des Beschlusses des [X.] vom 16.07.2021 - 1 V 2974/20 beantragt hat, kann ihr Begehren inhaltlich nur darauf gerichtet sein, die an die [X.] geleisteten Gewerbesteuererstattungen (ggf. nebst Zinsen) vorläufig wieder zu erhalten. Dieses Rechtsschutzziel ließe sich aber nur dann erreichen, wenn das Verfahren nach § 69 [X.]O (auch) dazu bestimmt wäre, den Erlass der an die geänderten [X.]e angepassten [X.] 2013 bis 2015 wieder rückgängig zu machen (erste Möglichkeit) oder eine vorläufige Aufteilung des [X.] zwischen den am [X.] beteiligten Gemeinden herbeizuführen (zweite Möglichkeit).

b) Beides ist nicht der Fall.

aa) Die erste Möglichkeit scheitert daran, dass die [X.]e --wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat-- für die Antragstellerin keinen vollziehbaren (vollstreckbaren) Inhalt haben (gleicher Ansicht [X.] in Tipke/[X.], § 188 [X.] Rz 5; Schmieszek in [X.], [X.] § 188 Rz 22).

(1) Der Antrag auf AdV ist nur statthaft, wenn ein Steuerverwaltungsakt angefochten ist, der vollzogen werden kann. Das ist bei solchen Bescheiden der Fall, die dem Steuerpflichtigen eine Leistungspflicht auferlegen oder die --wie bei [X.] Grundlage für eine Leistungspflicht sind. Es muss vom Steuerpflichtigen durch den Steuerverwaltungsakt etwas gefordert werden, was im Falle der Verweigerung im Wege von [X.] erzwungen werden könnte oder müsste ([X.] vom 28.11.1974 - V B 44/74, [X.], 171, [X.] 1975, 240). Danach sind auch Grundlagenbescheide vollziehbar, wenn sie zu einer Leistungspflicht führen, die im [X.] umgesetzt wird. Ergeht ein (erstmaliger oder geänderter) [X.], haben die am [X.] beteiligten Gemeinden nach § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] (für [X.] i.V.m. § 9 Abs. 2 des [X.]unalabgabengesetzes vom 17.03.2005, Gesetzblatt 2005, 206) entsprechend (geänderte) [X.] zu erlassen (zum [X.] als Grundlagenbescheid für den [X.] z.B. [X.]-Urteil vom 13.05.1993 - IV R 1/91, [X.], 97, [X.] 1993, 828). Danach ist der [X.] wegen seiner Umsetzung im (jeweiligen) [X.] bei Streit über die Zerlegung --so wie hier-- im Grundsatz ein vollziehbarer Verwaltungsakt ([X.] vom 25.04.1977 - IV S 3/77, [X.], 18, [X.] 1977, 612, unter 1.; [X.] München, Beschluss vom 24.05.2005 - 7 V 1907/05; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 69 Rz 122; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 69 [X.]O Rz 267).

(2) Die AdV des [X.]es würde aber nicht in die für die Antragstellerin bestehende Umsetzungspflicht eingreifen.

Auch wenn sich nach den Ausführungen in dem [X.] in [X.], 265, [X.] 1997, 136 --worauf die Antragstellerin [X.] die Umsetzung eines [X.] (hier des [X.]es) in einen [X.] (hier in den [X.]) für die Gemeinde im weitesten Sinne als Vollziehung des [X.] darstellte, bliebe es jedoch --was der [X.] in dem zitierten Beschluss ebenfalls ausgeführt hat-- bei der Pflicht der zuständigen Behörde (hier der Antragstellerin), den [X.] zu erlassen. Die Gemeinde ist infolge der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --[X.]--) zur Umsetzung des [X.]es verpflichtet (§ 1 Abs. 2 Nr. 4, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Die AdV des [X.]es könnte --wie sich aus § 69 Abs. 2 Satz 5 [X.]O (vgl. auch § 1 Abs. 2 Nr. 6, § 361 Abs. 3 Satz 2 [X.]) ergibt-- den Erlass des [X.]s nicht verhindern (vgl. auch [X.], Urteil vom 29.06.2010 - 2 K 367/09; [X.] in [X.], § 188 [X.] Rz 12a), und zwar unabhängig davon, ob aus dem geänderten [X.] Steuernachforderungen oder Steuererstattungen resultieren. Ebenso könnte durch die Aufhebung der Vollziehung des [X.]es nicht der Erlass eines geänderten [X.]s rückgängig gemacht werden ([X.] in [X.], 265, [X.] 1997, 136).

(3) Die Aussetzung ebenso wie die Aufhebung der Vollziehung der [X.]e könnten allein bewirken, dass auch die Vollziehung der [X.] auszusetzen oder aufzuheben ist (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 4 [X.]O). Aber auch dies wäre für die Antragstellerin nicht hilfreich, weil [X.], aus denen sich Erstattungsansprüche ergeben, nicht vollziehbar und damit nicht aussetzbar sind ([X.] in [X.], 265, [X.] 1997, 136).

(4) Danach ist die sich aus der Bindungswirkung eines [X.] für Gemeinden (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 [X.]) ergebende verfahrensrechtliche Umsetzungs-/Anpassungspflicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] jedenfalls keine "Vollziehung" i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]O, die ausgesetzt oder aufgehoben werden könnte.

bb) Ebenso dient das AdV-Verfahren nach § 69 [X.]O --wie das [X.] ebenfalls zu Recht ausgeführt hat-- nicht dazu, vorläufig das Gewerbesteueraufkommen zwischen den am [X.] beteiligten Gemeinden aufzuteilen.

(1) Die AdV wirkt mit Blick auf ihr Rechtsschutzziel nur zugunsten des Steuerpflichtigen, nicht auch zugunsten der den Steuerverwaltungsakt erlassenden Behörde.

Die AdV ist ein wesentlicher Bestandteil des in Art. 19 Abs. 4 [X.] angelegten subjektiv-rechtlichen Grundrechtsschutzes ([X.] in [X.], § 69 [X.]O Rz 30). Hierdurch soll zugunsten des Steuerpflichtigen soweit als möglich verhindert werden, dass durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme Tatsachen geschaffen werden, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich die Maßnahme bei späterer abschließender richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist (z.B. Beschluss des [X.] vom 19.10.1977 - 2 BvR 42/76, [X.] 46, 166, unter B.I.1.). Übertragen auf [X.]e bedeutet dies, dass der Steuerpflichtige bei Streit über die Zerlegung deren Aussetzung beantragen kann, soweit er wegen unterschiedlicher Hebesätze der am [X.] beteiligten Gemeinden vorläufig eine höhere Gewerbesteuer als in der Gemeinde mit dem niedrigeren Hebesatz zahlen muss ([X.] in [X.], 18, [X.] 1977, 612, unter 1.; [X.] in Tipke/[X.], § 188 [X.] Rz 5). Hierauf beschränkt sich der vollziehbare Inhalt des [X.]es. Die den Steuerverwaltungsakt erlassende Behörde hat kein Recht, AdV zu beantragen, wenn eine Steuerfestsetzung herabgesetzt wird (vgl. [X.] in [X.], § 69 [X.]O Rz 32). Danach kann es auch nicht Aufgabe des [X.] sein, das Gewerbesteueraufkommen zwischen den am [X.] beteiligten Gemeinden (Steuergläubigern) vorläufig aufzuteilen.

(2) Zudem käme eine (abweichende) --dem Rechtsschutzziel der Antragstellerin entsprechende-- vorläufige Aufteilung des [X.] (unter Zuteilung hälftiger Anteile am [X.]) einer Änderung der [X.]e für 2013 bis 2015 gleich. Auch dies widerspräche dem Wesen des [X.] nach § 69 [X.]O. In diesem Verfahren kann nämlich nur die vorläufige "Nichtberücksichtigung" von zu Lasten des Steuerpflichtigen vollziehbaren Verwaltungsakten, nicht aber die vorläufige Berücksichtigung noch nicht ergangener Verwaltungsakte begehrt werden (vgl. [X.] in [X.], 171, [X.] 1975, 240).

3. Danach sind auch die AdV-Anträge gegen die [X.]e 2012 und 2016 vom 20.11.2019 nicht statthaft. Die Gemeinde hat aus den vorstehend unter II.2. genannten Gründen keine Möglichkeit, durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz wegen materiell-rechtlicher Fehler von [X.]en zu erlangen.

Abgesehen davon fehlt für diese Jahre auch das für einen [X.] erforderliche Rechtsschutzinteresse ([X.] vom 23.01.1986 - VIII B 50/85, [X.]/NV 1986, 357; [X.] in [X.], § 69 [X.]O Rz 450a). Denn die unstreitigen [X.]sfestsetzungen für 2012 und 2016 in Höhe von jeweils 0 €, die ihrerseits als Grundlagenbescheide für die [X.]e bindend sind (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteil in [X.], 97, [X.] 1993, 828), führen zu keinen Gewerbesteuerbelastungen. Im Übrigen ist es nicht Aufgabe des [X.], einen bloßen Rechtsschein zu beseitigen.

4. Die fehlende Möglichkeit der Antragstellerin, durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz nach § 69 [X.]O wegen materiell-rechtlicher Fehler von [X.]en zu erlangen, verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 [X.].

Dies ergibt sich schon daraus, dass sich Gemeinden als kommunale Gebietskörperschaften nicht auf Art. 19 Abs. 4 [X.] berufen können. Denn die Garantie effektiven Rechtsschutzes dient der Durchsetzung von Rechten natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts und findet auf Gebietskörperschaften und deren Organe grundsätzlich keine Anwendung ([X.] vom 19.09.2018 - 2 [X.], 2 [X.], [X.] 150, 1, Rz 216).

Den Gemeinden garantiert allerdings Art. 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] u.a. das Recht, Eingriffe in den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 [X.] durch die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes überprüfen zu lassen ([X.] in [X.] 150, 1, Rz 216 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]. z. [X.], Art. 19 Abs. 4 Rz 44a; [X.] in von Mangoldt/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., Art. 19 Rz 387). Dabei gewährleistet Art. 28 Abs. 2 Satz 3 [X.] den Gemeinden das Recht zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und [X.] im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens. Eine Gemeinde kann sich jedoch nur dann gegen finanzielle Belastungen durch staatliches Handeln wenden, wenn sie eine nachhaltige, von ihr nicht mehr zu bewältigende und hinzunehmende Einengung ihrer Finanzspielräume darlegt und nachweist (dazu ausführlich Urteil des [X.] vom 15.06.2011 - 9 [X.] 4/10, BVerwGE 140, 34, Rz 22). Dass ihre Finanzspielräume ohne die von ihr begehrte Möglichkeit, die der [X.] erstatteten Gewerbesteuerzahlungen vorläufig zurückfordern zu können, derart eingeengt sind, hat die Antragstellerin weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich, so dass dahinstehen kann, ob ein solcher Anspruch überhaupt im [X.] geltend gemacht werden könnte.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV B 50/21 (AdV)

20.05.2022

Bundesfinanzhof 4. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 16. Juli 2021, Az: 1 V 2974/20, Beschluss

§ 69 Abs 3 S 1 FGO, § 69 Abs 3 S 3 FGO, § 69 Abs 2 S 5 FGO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 AO, § 188 AO, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 28 Abs 2 GG, § 1 Abs 2 Nr 4 AO, § 171 Abs 10 AO, § 182 Abs 1 AO, § 28 GewStG 2002, §§ 28ff GewStG 2002, GewStG VZ 2012, GewStG VZ 2013, GewStG VZ 2014, GewStG VZ 2015, GewStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.05.2022, Az. IV B 50/21 (AdV) (REWIS RS 2022, 2476)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2476

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