Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.12.2010, Az. III ZR 19/10

3. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 802

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Gegenstand

Heimunterbringung eines geistig behinderten Betreuten: Verpflichtung des Heimträgers zur Verwaltung im Rahmen der Sozialhilfe bewilligter Geldbeträge für den Betroffenen


Leitsatz

1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Heimträger verpflichtet ist, die seinem geistig behinderten Bewohner bewilligten Barbeträge zur persönlichen Verfügung (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII) zu verwalten, wenn dieser neben dem Lebensunterhalt in Einrichtungen Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft oder Hilfe zur Pflege erhält .

2. Die für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete Betreuung verpflichtet den Betreuer nicht zu tatsächlichen Hilfeleistungen für den Betroffenen, sondern nur zu deren Organisation. Sie erübrigt daher in Ansehung der Verwaltung der Barbeträge entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht .

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 22. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, einer Heimträgerin, die den geistig behinderten Klägern durch den Träger der Sozialhilfe bewilligten monatlichen [X.] zur persönlichen Verfügung (§ 35 Abs. 2 Satz 1 [X.]) entgegenzunehmen, zu verwalten und die Rücküberweisung an den Sozialhilfeträger zu unterlassen.

2

Die Beklagte unterhält in [X.] ein Wohnheim für Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen sowie ein [X.] und in [X.] ein Wohnheim an der Werkstatt für behinderte Menschen. Der für die Kläger bestellte Berufsbetreuer schloss mit der Beklagten im Februar 2007 für die Kläger zu 1 und 2 einen Heimvertrag für das Wohnheim in [X.] und für die Kläger zu 3 bis 5 im September 2006 einen solchen für das Wohnheim in [X.] Seit April 2009 lebt der Kläger zu 1 im [X.] der Beklagten.

3

Die Kläger erhalten Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen und Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der [X.] nach den §§ 53, 54 [X.], mit der die Kosten des [X.] gedeckt werden; seit seinem Umzug in das [X.] erhält der Kläger zu 1 neben der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen statt der Eingliederungshilfe Hilfe zur Pflege nach § 61 [X.] nach der Pflegestufe 2. Zwischen der Beklagten und dem Land als überörtlichem Träger der Sozialhilfe sind hinsichtlich der genannten Wohnheime am 29. Dezember 2007 Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 3 [X.] über das Leistungsangebot und die Vergütung getroffen worden, in denen die Regelungen des Rahmenvertrags gemäß § 79 [X.] vom 27. August 2007 zwischen dem [X.], den kommunalen [X.] und den Vereinigungen der Träger der Einrichtungen als verbindlicher Bestandteil dieser Vereinbarung bezeichnet worden sind.

4

Das Amtsgericht hat der im Schwerpunkt auf die Verwaltung der [X.] durch die Beklagte gerichteten Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte im Hinblick auf die Aufnahme des [X.] zu 1 in ihr [X.] und die Gewährung von Hilfe zur Pflege die Auffassung vertreten, der Fall habe dadurch seine Erledigung gefunden. Im Übrigen ist sie einer Verpflichtung, die zur persönlichen Verfügung der Kläger bestimmten [X.] zu verwalten, entgegen getreten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsgericht.

A.

6

Das [X.]erufungsgericht hat die Erklärung der [X.]eklagten, der Fall habe in [X.]ezug auf den Kläger zu 1 seine Erledigung gefunden, als Anerkenntnis ausgelegt und deren [X.]erufung aufgrund des Anerkenntnisses zurückgewiesen. Im Übrigen hat es § 3 der [X.] entnommen, dass die nach § 35 [X.] bewilligten [X.] der Kläger zu 2 bis 5 durch die [X.]eklagte unentgeltlich zu verwalten seien. Die Leistungen der Eingliederungshilfe sollten den Klägern nach § 3 der [X.] eine größtmögliche Selbstbestimmung und Teilhabe ermöglichen. In Abhängigkeit von der jeweiligen individuellen Hilfebedarfsgruppe gehörten zu den durch die [X.]eklagte geschuldeten Leistungen solche der Teilhabe, der [X.]eratung, der [X.]ildung, der Erziehung, der Förderung, der Grundpflege und der sonstigen [X.]etreuung. Die Verwaltung der gewährten [X.] sei eine Leistung der sonstigen [X.]etreuung. Da die Kläger zu 2 bis 5 wegen ihrer geistigen [X.]ehinderung die [X.] nicht selbst verwalten könnten, bestehe - ähnlich wie bei Menschen, die in einem Pflegeheim lebten und Leistungen der Pflegeversicherung erhielten - ein vergleichbarer Unterstützungsbedarf, den die [X.]eklagte als Trägerin der Wohnheime, in welchem die Kläger ihren Lebensmittelpunkt unterhielten, im Rahmen geschuldeter [X.] [X.]etreuungsarbeit zu befriedigen habe. Als eine Leistung der sonstigen [X.]etreuung im Sinne von § 3 der [X.] werde die Verwaltung der [X.] mit dem nach § 5 der [X.] geschuldeten Entgelt abgegolten.

[X.].

7

Diese [X.]eurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Die vom [X.]erufungsgericht getroffenen Feststellungen im Verhältnis zu den Klägern zu 2 bis 5 genügen für die Annahme einer Pflicht der [X.]eklagten, die [X.] zu verwalten, nicht. Darüber hinaus ist die Annahme eines Anerkenntnisses der [X.]eklagten in [X.]ezug auf den Kläger zu 1 rechtsfehlerhaft.

[X.] Ansprüche der Kläger zu 2 bis 5

8

1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des [X.], dass als Anspruchsgrundlage für die begehrte Verwaltung der [X.] nach der Systematik der jeweils geschlossenen [X.] nur deren § 3 (individuelle Maßnahmen/[X.]etreuungsleistungen) Nr. 1 (Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe) in [X.]etracht kommt. Unangefochten geht es auch davon aus, dass die Kläger wegen ihrer geistigen [X.]ehinderung nicht in der Lage sind, die ihnen gewährten [X.] selbst zu verwalten. Indem das [X.]erufungsgericht aus dem Umstand eines solchen [X.]etreuungsbedarfs jedoch schließt, die Verwaltung sei als Leistung der Eingliederungshilfe vertraglich geschuldet, nimmt es den einschränkenden Wortlaut des § 3 Nr. 1 Satz 3 der [X.] nicht hinreichend in den [X.]lick und verletzt damit anerkannte Auslegungsgrundsätze.

9

Nach § 3 Nr. 1 Satz 3 der [X.] bietet die Einrichtung dem [X.]ewohner die Maßnahmen an, die durch den überörtlichen Sozialhilfeträger individuell als erforderlich festgestellt worden sind. Es genügt daher nicht, wenn sich das [X.]erufungsgericht allein auf die allgemeine Zielbeschreibung der Eingliederungshilfe, wie sie zu [X.]eginn des [X.] (Leistungen der Einrichtungen) und in § 3 Nr. 1 Sätze 1 und 2 der [X.] gewissermaßen programmatisch wiedergegeben wird, stützt und hieraus einen tatsächlichen [X.]etreuungsbedarf der Kläger ableitet. Entscheidend ist vielmehr, dass der Anspruch eines [X.]erechtigten auf Leistungen, die sich nach der [X.]esonderheit des Einzelfalls richten (vgl. § 9 [X.]), seinem Umfang nach gegenüber dem Leistungsberechtigten festgestellt wird. Hierdurch wird die im Allgemeinen bleibende Zielbeschreibung, nach der dem [X.]ewohner im Sinne der Normalisierung eine größtmögliche Selbstbestimmung und Teilhabe ermöglicht werden und sich die Lebensgestaltung an seiner aktuellen Lebenssituation und an seinen [X.]edürfnissen orientieren soll, auf die im Einzelfall geschuldeten Leistungen konkretisiert und eine Grundlage für den Vergütungsanspruch des Heimträgers geschaffen, hinsichtlich dessen der Sozialleistungsträger ein [X.] erklärt (vgl. Nr. 3 Abs. 2 der Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 [X.]). Da das [X.]erufungsgericht in dieser Hinsicht keine Feststellungen getroffen hat, kann das angefochtene Urteil hinsichtlich der Kläger zu 2 bis 5 nicht bestehen bleiben.

2. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand kann die Klage aber auch nicht - dem Anliegen der Revision entsprechend - abgewiesen werden. Denn mit Rücksicht auf die Regelungen des Rahmenvertrags, der in den Vorinstanzen nur am Rande Gegenstand der rechtlichen Überlegungen gewesen ist, spricht einiges dafür, dass die [X.]eklagte die den Klägern zustehenden [X.] zu verwalten hat.

a) Der Rahmenvertrag gemäß § 79 [X.] ist für die hier vorliegenden Vertragsverhältnisse deshalb von [X.]edeutung, da er zur Grundlage der Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 3 [X.] zwischen der [X.]eklagten und dem Land als überörtlichem Sozialhilfeträger gemacht worden ist und diese wiederum die Vertragsgrundlage der [X.] bilden und deren [X.]estandteil sind. Dies entspricht auch der Regelung des § 5 Abs. 6 [X.] in der bis zum 30. September 2009 geltenden Fassung, nach der in Verträgen mit Personen, denen - wie hier - Hilfe in Einrichtungen nach dem [X.] gewährt wird, Art, Inhalt und Umfang der Leistungen des Trägers sowie die jeweiligen Entgelte den aufgrund des Zehnten Kapitels des [X.] getroffenen Vereinbarungen entsprechen müssen (vgl. zur Rechtslage ab dem 1. Mai 2010 § 15 Abs. 2, § 17 Abs. 1 des Wohn- und [X.]etreuungsvertragsgesetzes, Art. 1 des [X.] der zivilrechtlichen Vorschriften des [X.]es nach der Föderalismusreform vom 29. Juli 2009, [X.] I S. 2319).

b) Der Rahmenvertrag sieht in § 4 Abs. 1 vor, dass jeder Leistungsberechtigte einem [X.] zugeordnet wird. Diese Zuordnung wird nach § 4 Abs. 2 durch den überörtlichen Träger der Sozialhilfe auf der Grundlage fachlicher Stellungnahmen und des "Fragebogens zur [X.]ildung von Gruppen für Hilfeempfänger" (Anlage A), der in den [X.]en (Anlage [X.]) genannten Kriterien zu "Zielgruppe und Hilfebedarf", der "Zuordnung von [X.]en zu Gruppen für Hilfeempfänger" (Anlage C) und des "Fragebogens zur Zuordnung zum [X.]" (Anlage D) vorgenommen. Die [X.]en erfassen nach § 5 Abs. 1 die wesentlichen Leistungsmerkmale der Einrichtungen und Dienste, wobei in einem [X.] die [X.]edarfe einer Gruppe von Leistungsberechtigten mit vergleichbaren [X.]edarfen zusammengefasst werden. Dabei werden diese [X.]edarfe durch den [X.] abgedeckt. Nach § 5 Abs. 3 haben die [X.]en eine zentrale [X.]edeutung für die [X.]eschreibung des konkreten Leistungsangebots einer Einrichtung und für die Kalkulation der [X.]n nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem [X.]edarf. Der Rahmenvertrag sieht in § 10 Abs. 1 weiter vor, dass die vereinbarten Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Nach § 10 Abs. 2 sind Leistungen dann ausreichend, wenn der sozialhilferechtlich zuerkannte [X.]edarf in der Maßnahme vollständig gedeckt werden kann. Nach § 17 Abs. 1 ist die [X.] die Vergütung für die vereinbarte Leistung der Maßnahmen. Die direkten maßnahmebedingten Leistungen werden nach § 17 Abs. 3 je [X.] kalkuliert. Dazu gehören die aktive Erbringung und passive [X.]ereitstellung von [X.]eratung, [X.]egleitung, [X.]etreuung, Förderung und pflegerische Hilfen sowie die Sicherung der Qualität.

c) Gemessen an diesen [X.]estimmungen ist eine Pflicht der [X.]eklagten, die [X.] der Kläger zu verwalten, in [X.]etracht zu ziehen.

aa) Der für die [X.]ildung von Gruppen für Hilfeempfänger vorgesehene Fragebogen (Anlage A zu § 4 Abs. 2 des Rahmenvertrags) fragt für den [X.]ereich der lebenspraktischen Anleitung einen möglichen [X.]edarf für "Geld/privates Eigentum verwalten" ab. Den [X.]n und den Vereinbarungen gemäß § 75 Abs. 3 [X.] ist zu entnehmen, dass die [X.]eklagte mit ihren Leistungsangeboten, die sie in ihren - nicht zu den Gerichtsakten gereichten - Leistungsbeschreibungen vom 27. April 1999 und 1. Juli 1999 dargestellt hat, Leistungsberechtigte entsprechend den [X.]en "Wohnheim an der Werkstatt für behinderte Menschen" und "Wohnheim für geistig behinderte Menschen" betreut. In der Anlage [X.] zu § 4 Abs. 2 des Rahmenvertrags wird für den [X.] 2a (Wohnheim für Erwachsene mit wesentlichen geistigen und geistigen und mehrfachen [X.]ehinderungen), dem der Kläger zu 2 angehören dürfte, im Zusammenhang mit der lebenspraktischen Anleitung ausgeführt, die Selbständigkeit in der individuellen Lebensführung sei bei diesen Leistungsberechtigten nicht vorhanden. Anleitung, Assistenz und [X.]eratung würden im Sinne einer Vollversorgung benötigt. Insoweit wird für diesen [X.]ereich der [X.]edarf mit der Stufe 4 angenommen, die ausweislich des Fragebogens gemäß Anlage A den höchsten denkbaren [X.]edarf im Sinne von "Anleitung und umfassender Hilfestellung" bezeichnet. Für den [X.] 5a (Wohnheim an der Werkstatt für behinderte Menschen mit wesentlichen geistigen und geistigen und mehrfachen [X.]ehinderungen), denen die Kläger zu 3 bis 5 angehören dürften, wird die Selbständigkeit in der individuellen Lebensführung bei den Leistungsberechtigten als nur gering entwickelt bezeichnet und die Anleitung, Assistenz und [X.]eratung nach der Stufe 3 in erheblichem Umfang für erforderlich erachtet.

bb) Nach den vorstehend wiedergegebenen [X.]estimmungen des Rahmenvertrags ist die Verwaltung der [X.] eine mögliche Leistung der Eingliederungshilfe, auch wenn sie nicht in dem exemplarischen Leistungskatalog des § 54 [X.] aufgenommen ist. Der nach § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu gewährende [X.]arbetrag dient der [X.]efriedigung persönlicher [X.]edürfnisse und dabei insbesondere der Erhaltung der [X.]eziehungen zur Umwelt, der Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben und der [X.]efriedigung allgemeiner Informationsbedürfnisse (vgl. Falterbaum in: [X.]/[X.], [X.] Sozialhilfe, § 35 Rn. 9 ). Seine Verwaltung ist für Personen, die wegen ihrer geistigen [X.]ehinderung hiervon nicht selbstverantwortlich Gebrauch machen können, eine Maßnahme, die im Sinn des § 53 Abs. 3 [X.] die Folgen der [X.]ehinderung mildern sowie die Teilnahme am Leben in der [X.] ermöglichen oder erleichtern kann.

cc) Ob die Annahme und Verwaltung von [X.]n - wie die Revision meint - nicht zum bislang nicht vorgelegten Leistungsangebot der [X.]eklagten vom 27. April 1999 gehört, das zum [X.]estandteil der Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 [X.] gemacht worden ist, bleibt im weiteren Verfahren zu klären. Dabei wird allerdings zu erwägen sein, dass nicht jede einzelne [X.]etreuungsmaßnahme, die mit der Zuordnung zu einem bestimmten [X.] verbunden ist, eigens in dem Leistungsangebot aufgeführt sein muss, um für die [X.]eklagte verbindlich zu sein. Vielmehr genügt es, dass der Hilfebedarf individuell als erforderlich festgestellt worden ist.

dd) Dass der "sachgerechte Umgang mit Geld" bei den [X.]en des betreuten [X.] ([X.] 8a bis 8e und [X.] 9a bis 9e der Anlage [X.]) eigens angesprochen wird, ist für sich genommen kein Hinweis, dass ein Hilfebedarf für die Verwaltung der [X.] bei den beiden hier vorliegenden [X.]en, wie die Revision meint, zu verneinen wäre. Denn für die [X.]en des betreuten [X.] wird eine höhere Grundselbständigkeit vorausgesetzt. Sie betrifft Menschen, die eine intensivere [X.]etreuung nach den [X.]en 2 bis 7 beziehungsweise 2 bis 8 nicht benötigen. Dem entspricht es, dass für Menschen der [X.]en 2a und 5a in den einzelnen Leistungssegmenten fast durchgängig eine höhere Stufe des [X.] zugrunde gelegt ist.

d) Der Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe steht der Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Verwaltung des [X.]arbetrags nicht entgegen. Sozialhilfe wird nach § 2 Abs. 1 [X.] zwar nur nachrangig gegenüber den Leistungen Dritter gewährt. Dies wirkt sich hier jedoch nicht aus, weil die für die Kläger auch für den Aufgabenbereich der Vermögenssorge eingerichtete [X.]etreuung den [X.]etreuer nicht zur tatsächlichen Verwaltung der [X.] verpflichtet und daher entsprechende Leistungen der Sozialhilfe nicht erübrigt.

Ein [X.]etreuer darf nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 [X.]G[X.] nicht für Angelegenheiten bestellt werden, die durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, ebenso gut wie durch einen [X.]etreuer besorgt werden können. Die [X.]etreuung umfasst nach § 1901 Abs. 1 [X.]G[X.] nur Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des [X.]etreuten rechtlich zu besorgen. Insbesondere unter [X.]erücksichtigung der Wertungen des [X.]etreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1998 ([X.] [X.]), die in der Änderung der §§ 1897, 1901 ihren Niederschlag gefunden haben, sind solche Tätigkeiten hiervon nicht umfasst, die sich in der tatsächlichen Hilfeleistung für den [X.]etroffenen erschöpfen, ohne zu dessen Rechtsfürsorge erforderlich zu sein. Der [X.]etreuer hat solche tatsächlichen Hilfen in erster Linie zu organisieren, nicht jedoch selbst zu leisten (vgl. [X.]T-Drucks. 13/7158, S. 15 f, 33; MünchKomm-[X.]G[X.]/[X.], 5. Aufl., § 1896 Rn. 47, § 1901 Rn. 6; [X.]ieg/[X.] in: juris PK-[X.]G[X.], 4. Aufl., § 1901 Rn. 5; [X.]/[X.], [X.], 1273 f). Tätigkeiten außerhalb der [X.]esorgung rechtlicher Angelegenheiten gehören insbesondere dann nicht zum Aufgabenbereich eines [X.]etreuers, wenn deren Vergütung durch andere Kostenträger - etwa die Sozialhilfe - geregelt ist (vgl. [X.]/[X.], [X.]G[X.], 69. Aufl., § 1901 Rn. 1). Die faktische Führung des [X.]etroffenen durch [X.] stellt eine "andere Hilfe" im Sinne des § 1896 Abs. 2 Satz 2 [X.]G[X.] dar, für die ein gesetzlicher Vertreter nicht notwendig ist (vgl. [X.]ayObLG NJW-RR 1997, 967). Für die hier in Rede stehende Verwaltung der [X.] durch das Heim gilt nichts anderes (vgl. [X.]/[X.], [X.]G[X.], 12. Aufl., § 1896 Rn. 39).

e) Schließlich ist die Verwaltung des [X.]arbetrags durch Dritte, insbesondere durch Mitarbeiter des Heims, grundsätzlich zulässig.

Zwar gehört der [X.]arbetrag zur persönlichen Verfügung zu den Leistungen, die in besonderem Maße der Persönlichkeitsentfaltung und damit dem Ziel des § 1 [X.] dienen (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], [X.] - Sozialhilfe, 18. Aufl., § 35 Rn. 26; [X.], [X.], 145 und br 2008, 71, 72). Vereinzelt wird daher die Auffassung vertreten, die Auszahlung des [X.]arbetrags an den [X.] sei unzulässig (vgl. [X.], br 2008, 71, 72). Diese Auffassung greift jedoch über das Ziel hinaus. Unzulässig dürfte es zwar sein, den [X.]arbetrag gegen oder ohne den Willen des Hilfeempfängers oder dessen [X.]etreuers an den Heimträger zu zahlen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 7. Dezember 1992 - 5 O 52/92, juris Rn. 3; Falterbaum in: [X.]/[X.], § 35 Rn. 11 ). Der Verwaltung im Auftrag des Leistungsempfängers oder dessen [X.]etreuers, von dem nach dem Klagebegehren hier auszugehen ist, stehen jedoch keine rechtlichen [X.]edenken entgegen (vgl. Falterbaum aaO). Ihre generelle Zulässigkeit liegt auch der Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 10 [X.] zugrunde. Der Gesetzgeber hat dort die Problematik gesehen, dass [X.]ewohner nicht in allen Fällen in der Lage sind, ihr [X.]argeld selbst zu verwalten, und deshalb die Verwaltung durch das Heim erforderlich sein kann (vgl. [X.]T-Drucks. 14/5399, [X.]). Auch sonst wird die [X.]arbetragsverwaltung durch das Heim im Auftrag des [X.]etroffenen weitgehend als zulässig angesehen (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]utz/Wiedemann, [X.], 10. Aufl., § 13 Rn. 16, § 15 Rn. 14; [X.] in: LPK-[X.], 2. Aufl., § 13 Rn. 17; [X.]/[X.] aaO § 1896 Rn. 39; [X.] in: [X.] v. Westphalen/[X.], Vertragsrecht und AG[X.] Klauselwerke, Heimvertrag Rn. 39; wohl auch [X.], Handbuch [X.]arbetrag im Sozialhilferecht, 2. Aufl., Rn. 116 f).

3. Das [X.]erufungsgericht wird daher im weiteren Verfahren zu klären haben, ob die Annahme und Verwaltung der [X.] durch die [X.]eklagte vom überörtlichen Sozialhilfeträger individuell als erforderlich festgestellt worden ist (§ 3 Nr. 1 Satz 3 der [X.]). Soweit im bisherigen Verfahren Sozialhilfebescheide vorgelegt worden sind, fällt auf, dass anfänglich die Auszahlung der bewilligten Leistungen an die Einrichtung mit dem [X.]emerken verfügt worden ist, der [X.]arbetrag werde von der Einrichtung ausgezahlt, während später - möglicherweise unter dem Eindruck dieses Verfahrens - die Auszahlung des [X.]arbetrags an den Leistungsempfänger verfügt worden ist. Da wenig dafür spricht, dass dem veränderten [X.] eine entsprechende veränderte materielle Entscheidung über die Hilfegewährung in Ansehung der Verwaltung dieser [X.] zugrunde liegt, und weil die fragliche Annahme und Verwaltung der [X.] vor dem Hintergrund der Regelungen des Rahmenvertrags auch dann von den als erforderlich festgestellten Maßnahmen umfasst sein kann, wenn sie in den [X.]escheiden nicht ausdrücklich erwähnt ist, wird es zweckmäßig sein, eine amtliche Auskunft des Sozialhilfeträgers einzuholen.

I[X.] Ansprüche des [X.] zu 1

1. Die [X.]eklagte hat den [X.] des [X.] zu 1 nicht dadurch anerkannt, dass sie angeregt hat, das Verfahren insoweit in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

a) Zwar sind auch prozessuale Erklärungen der Auslegung zugänglich. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs kann das Revisionsgericht dabei die Würdigung prozessualer Erklärungen einer [X.] uneingeschränkt nachprüfen und Erklärungen selbst auslegen. Die Auslegung darf auch im Prozessrecht nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften, sondern hat den wirklichen Willen der [X.]en zu erforschen. Maßgeblich ist, welcher Sinn der Erklärung aus objektiver Sicht beizumessen ist (vgl. [X.]GH, Urteil vom 26. Juni 1991 - [X.], NJW 1991, 2630, 2631 f; [X.]eschluss vom 11. November 1993 - VII Z[X.] 24/93, NJW-RR 1994, 568; [X.]eschluss vom 15. März 2006 - IV Z[X.] 38/05, NJW-RR 2006, 862 Rn. 13).

b) Hier hat das [X.]erufungsgericht aber bei der Auslegung der Erklärung der [X.]eklagten deren offensichtlichen Sinngehalt auch in ihrem systematischen Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen in der [X.]erufungsbegründung missachtet. Denn der Erklärung der [X.]eklagten lässt sich nicht ihr Wille entnehmen, sich dem [X.] zu unterwerfen und das Gericht von einer weiteren Sachprüfung zu entbinden. Zwar mag die Anregung eines [X.]eklagten, einen Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, in Einzelfällen als Anerkenntnis auszulegen sein (vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 91a Rn. 52; [X.], 3. Aufl., § 91a Rn. 100). Dies kann insbesondere dann in [X.]etracht kommen, wenn er zuvor die streitgegenständliche Forderung beglichen und damit konkludent ihre [X.]erechtigung zum Ausdruck gebracht hat. Vorliegend hat die [X.]eklagte im [X.] an die Erklärung, sie gehe davon aus, dass der Fall betreffend den Kläger zu 1 seine Erledigung gefunden habe, jedoch dezidiert ausgeführt, dass die streitgegenständlichen Ansprüche auch ansonsten in der Sache nicht bestehen. Die Annahme eines Anerkenntnisses war hiernach fern liegend. Auch das Schweigen der [X.]eklagten auf die nachfolgende Vermutung der Kläger in ihrer [X.]erufungserwiderung, die Anregung sei mutmaßlich als Anerkenntnis gemeint, hat nicht den objektiven Erklärungswert eines Anerkenntnisses. Vielmehr hat die [X.]eklagte mit ihrem umfassenden Antrag, die Klagen abzuweisen, verhandelt.

2. Hat die [X.]eklagte danach den Klageantrag des [X.] zu 1 nicht anerkannt, muss in der Sache geprüft werden, ob er berechtigt ist.

Dabei geht der Senat davon aus, dass die unveränderte Antragstellung des [X.] zu 1, der trotz seines Aufenthaltswechsels keine Erledigungserklärung abgegeben hat, darauf abzielt, auch unter den veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen (neuer Heimvertrag, Gewährung von Hilfe zur Pflege gemäß § 61 [X.] und Maßgeblichkeit eines anderen Rahmenvertrags) die Verwaltung des ihm bewilligten [X.]arbetrags zu erreichen. Soweit die Revision die Auffassung vertritt, in Wirklichkeit habe sich die Klage dadurch erledigt, dass dem Kläger nach seiner Aufnahme in die Altenpflegeeinrichtung keine [X.] nach § 35 Abs. 2 Satz 1 [X.] mehr zustünden, verkennt sie die Rechtslage. Denn der Kläger erhält weiterhin Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen (§ 35 [X.]), jetzt allerdings flankierend zur Hilfe zur Pflege (§ 61 [X.]).

Hiernach wird das [X.]erufungsgericht zu prüfen haben, ob der gestellte Antrag nach dem neuen Heimvertrag und den [X.]estimmungen des § 61 Abs. 2 Satz 2 [X.] i.V.m. § 28 Abs. 1 Nr. 8, § 43 SG[X.] XI unter dem Gesichtspunkt der [X.] [X.]etreuung (§ 43 Abs. 2 SG[X.] XI) begründet ist (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung unter der Geltung des [X.]undessozialhilfegesetzes OVG [X.]autzen, [X.] 2006, 337, 341 f).

Schlick                                      Dörr                                     Herrmann

                      Seiters                                 [X.]

Meta

III ZR 19/10

02.12.2010

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Magdeburg, 22. Dezember 2009, Az: 2 S 136/09 (019), Urteil

§ 1896 Abs 2 S 2 BGB, § 1901 Abs 1 BGB, § 5 Abs 6 HeimG, § 13 Abs 1 Nr 10 HeimG, § 15 Abs 2 WBVG, § 35 Abs 2 S 1 SGB 12, § 53 SGB 12, § 54 SGB 12, § 61 SGB 12, § 75 Abs 3 SGB 12, § 79 SGB 12

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.12.2010, Az. III ZR 19/10 (REWIS RS 2010, 802)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 802

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Referenzen
Wird zitiert von

III ZR 19/10

B 8 SO 7/15 R

B 2 U 21/10 R

XII ZB 212/22

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