Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2010, Az. V ZR 9/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 5719

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 18. Juni 2010 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: jaEGZPO § 15a Abs. 1 Ist ein nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vorgeschriebenes Schlichtungsverfah-ren durchgeführt worden, macht ein im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens vorge-nommener [X.]wechsel auf [X.]eite keinen neuen [X.] erfor-derlich. [X.], [X.]eil vom 18. Juni 2010 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin zu 2 wird das [X.]eil der 9. Zivilkammer des [X.] vom 6. Januar 2010 im Kos-tenpunkt und insoweit aufgehoben, als über die Berufung der Klä-gerin zu 2 entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Beklagte ist Eigentümer eines Grundstücks in B.

G. . Es grenzt an das Flurstück 2568. Entlang der Grenze der Grundstücke errichte-te der Beklagte auf seinem Grundstück eine Mauer. Mit der Behauptung, sie sei Miteigentümerin des Flurstücks 2568, verlangte die Klägerin zu 1 von dem [X.], soweit hier noch von Bedeutung, die Mauer zu entfernen, hilfsweise die Höhe der Mauer zu reduzieren, leitete ein Schlichtungsverfahren nach dem [X.] [X.] ([X.]) 1 - 3 - ein und machte den Anspruch nach dem Scheitern der Schlichtung [X.] 2 Im Laufe des Rechtsstreits wurde offenbar, dass die Klägerin zu 1 nicht Miteigentümerin des Flurstücks 2568 ist, sondern dass dieses der Klägerin zu 2, der Mutter der Klägerin zu 1, gehört. Diese hat daraufhin erklärt, den Rechtsstreit anstelle der Klägerin zu 1 fortzuführen. Der Beklagte ist dem [X.] entgegengetreten. Das Amtsgericht hat den [X.]wechsel zugelassen, die Klage jedoch als unzulässig abgewiesen, weil es an der Durchführung eines Schlichtungsver-suchs seitens der Klägerin zu 2 fehle. Die Berufung der Klägerin zu 2 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt sie den Anspruch auf Entfernung der Mauer weiter. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht meint, soweit die Klägerin zu 2 Ansprüche im [X.] geltend mache, handele es sich bei dem Streit zwischen den [X.]en um einen Nachbarschaftsstreit i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1e [X.]. Hiernach sei eine erfolglose Durchführung eines Schlichtungs-versuchs Voraussetzung der Zulässigkeit der Klage. Daran fehle es. Das Schei-tern des von der Klägerin zu 1 unternommenen Versuchs sei insoweit ohne Be-deutung, weil ein [X.]wechsel stets eine neue Chance für eine außergerichtli-che Einigung eröffne. 4 - 4 - I[X.] 5 Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 6 Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der hinsichtlich der Beseitigung der Mauer von der Klägerin zu 2 geltend gemachte Anspruch in den Anwendungsbereich von § 10 Abs. 1 Nr. 1e [X.] fällt. Nach die-ser - auf der Öffnungsklausel von § 15a EGZPO beruhenden - Vorschrift ist die Klageerhebung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche wegen der im Nachbarrechtsgesetz für [X.] geregelten Nachbarrechte erst nach einem außergerichtlichen [X.] zulässig, sofern es nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb geht. So verhält es sich hier. Die Rechtssache betrifft einen Anspruch wegen der im Nachbarrechtsgesetz von [X.] geregelten [X.] des § 10 Abs. 1 Nr. 1e [X.]. Wegen des geltend gemachten Anspruchs hat ein [X.] stattgefunden. Dass die Schlichtung von der Klägerin zu 1 gegenüber dem Beklagten versucht worden ist, steht der Zulässigkeit der seit dem [X.]wechsel von der Klägerin zu 2 verfolgten Klage nicht entgegen. 7 Ziel des [X.] [X.]es ist die Entlastung der Zivilgerichte. Zu diesem Zweck wurde es den Ländern durch die Öffnungsklausel des § 15a EGZPO ermöglicht, die Zulässigkeit einer Klage in bestimmten Fällen von der vorherigen Durchführung eines außerge-richtlichen [X.]es abhängig zu machen ([X.]. 14/980 S. 5). Hierdurch sollen geeignete Streitigkeiten ohne Einschaltung der Gerichte beige-legt werden. 8 - 5 - 9 Dieses Ziel lässt sich nicht mehr erreichen, wenn die Schlichtung erfolg-los geblieben und die Streitigkeit bei Gericht anhängig geworden ist. Nach dem Scheitern der Schlichtung ist das gerichtliche Verfahren wie jedes andere Ver-fahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung durchzuführen. Die [X.] kann die Klage erweitern, § 264 Nr. 2 ZPO, oder nach Maßgabe von § 263 ZPO ändern, ohne dass hierdurch die Zulässigkeit der Klage entfällt (Senat, [X.]. v. 22. Oktober 2004, [X.], NJW-RR 2005, 501, 503). Das gilt auch für den Fall des [X.] auf [X.]eite, der der Klageände-rung gleich steht. Der [X.]wechsel ist zulässig, wenn der Prozessgegner zustimmt oder das Gericht den Wechsel als sachdienlich zulässt (vgl. [X.] 16, 317, 321; 65, 264, 267; [X.], 248, 250 f.). Stimmt der Beklagte dem [X.]wechsel zu, läuft die Forderung nach einem neuerlichen [X.] dem Ziel des Schlichtungsverfahrens, die Belastung der Zivilgerichte zu verringern, [X.] zuwider. Der anstelle des bisherigen [X.] in den Rechtsstreit eintre-tende Kläger gibt mit seinem Eintritt in den Prozess zu erkennen, dass er auf der Durchsetzung der mit der Klage geltend gemachten Forderung besteht, so wie die Sache von dem ausgeschiedenen Kläger dem Gericht unterbreitet [X.] ist. Soweit der Beklagte auch gegenüber dem Nachfolger des [X.] den Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt, zeigt er, dass er weiterhin nicht bereit ist, die Klageforderung zu erfüllen. Im Hinblick auf den Wechsel der [X.] wiederum die Anrufung des Schlichtungsverfahrens zu verlangen, führt zu einer Verdopplung der gerichtlichen Verfahren und damit zum Gegenteil dessen, was durch § 10 Abs. 1 [X.] erreicht werden soll. 10 Wird der [X.]wechsel von dem Gericht als sachdienlich zugelassen, verhält es sich nicht anders. Die Zulassung als sachdienlich dient dazu, einen neuen Prozess zu vermeiden ([X.] 143, 189, 198; [X.], [X.]. v. 10. Januar 11 - 6 - 1985, [X.], NJW 1985, 1841, 1842). Mit diesem Ziel ist es nicht zu ver-einbaren, wegen der Zulassung der Klageänderung einen neuerlichen Schlich-tungsversuch als Voraussetzung einer Entscheidung in der Sache zu [X.]Der mit einem weiteren Schlichtungsverfahren verbundene Aufwand [X.] sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann nicht [X.], wenn der [X.]wechsel auf [X.]eite die Einigungsbereitschaft des Beklagten und damit die Chance einer nicht streitigen Erledigung der Sache erhöht hätte (vgl. Senat, [X.]. v. 22. Oktober 2004, [X.], aaO; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 15a EGZPO [X.]. 8 f., 17). Der vorgeschriebene [X.] hat stattgefunden. Der Gegenstand der gegen den [X.] geltend gemachten Ansprüche hat durch den Übergang des [X.] von der Klägerin zu 1 auf die Klägerin zu 2 keine Änderung erfahren. Das Ziel des Schlichtungsverfahrens, die Anrufung des Gerichts zu vermeiden und so die Belastung der Gerichte zu verringern, ist verfehlt worden. Wenn der Beklagte im Hinblick auf den [X.]wechsel auf [X.]eite nunmehr eine gütliche Erledigung des Rechtsstreits anstrebt, kann er dies in dem anhän-gigen Verfahren tun, zumal das Gericht in jeder Lage des Rechtsstreits auf eine derartige Erledigung bedacht zu sein, § 278 Abs. 1 ZPO, die [X.] zu ergreifen und auf eine vergleichsweise Regelung hinzuwirken hat. Eines neuerlichen außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens hierzu bedarf es nicht (a.M. [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 15a EGZPO [X.]. 25). 12 Ob etwas anderes für den [X.] auf Beklagtenseite zu gelten hat (vgl. [X.] [X.] 2006, 361), kann ebenso dahingestellt bleiben, wie die Frage, ob im Falle eines missbräuchlichen [X.] auf Kläger-seite anders zu entscheiden ist. Die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerinnen liegt fern. Im Übrigen dürfte der klagenden [X.], 13 - 7 - die den Rechtsstreit anstelle einer anderen [X.], die das Schlichtungsverfah-ren durchgeführt hat, fortsetzt, kaum jemals vorzuwerfen sein, in den Prozess eingetreten zu sein, um dem Erfordernis einer obligatorischen Streitschlichtung zu entgehen (vgl. Senat, [X.]. v. 22. Oktober 2004, [X.], aaO.). II[X.] Eine abschließende Entscheidung der Sache ist dem Senat nicht mög-lich, weil Feststellungen dazu, ob die von dem Beklagten errichtete Mauer den Vorgaben des [X.] Nachbarrechtsgesetzes entspricht, von dem Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht getroffen worden sind. 14 [X.] Klein Lemke
Schmidt-Räntsch [X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.06.2009 - 66 C 75/08 - [X.], Entscheidung vom [X.]/09 -

Meta

V ZR 9/10

18.06.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2010, Az. V ZR 9/10 (REWIS RS 2010, 5719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5719

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