Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2001, Az. XII ZR 49/99

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2281

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:13. Juni 2001Breskic,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 138 Abs. 1 Baa)Im Rahmen der Prüfung, ob bei einem Gaststättenpachtvertrag ein auffälligesMißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und der [X.] als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, ist auch dievon der [X.] abgeleitete sogenannte "indirekte Vergleichswertmethode"nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden marktüblichen Pachtzins zubestimmen (Fortführung von [X.]surteil [X.], 257 [X.])Besteht bei einem gewerblichen Miet- oder Pachtvertrag ein krasses Mißverhält-nis zwischen dem vereinbarten Miet- oder Pachtzins und dem marktüblichen [X.], so rechtfertigt dies allein - wenn keine weiteren für ein sittenwid-riges Verhalten sprechenden Umstände hinzukommen - den Schluß auf eine ver-werfliche Gesinnung des objektiv Begünstigten regelmäßig nur dann, wenn für ihnohne weiteres erkennbar war, wie hoch der marktübliche Miet- oder Pachtzins inetwa sein dürfte.[X.], Urteil vom 13. Juni 2001 - [X.] -OLGFrankfurt am [X.] am [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und Fuchsfür Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] [X.] vom 8. Januar 1999aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die [X.] F. verpachtete eine in ihrem Eigentum stehende [X.]. Die Brauerei verpachtete die Trinkhalle durch Vertrag vom19. Juni 1978 weiter an den Kläger. Am 22. Februar 1992 schloß der [X.] vertreten durch seine Ehefrau - einen bis zum 1. März 1997 laufenden Unter-pachtvertrag mit dem [X.]n. Der von dem [X.]n monatlich zu entrich-tende Pachtzins sollte 2.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer betragen, außer-dem sollte der [X.] eine unverzinsliche Kaution von 20.000 DM und mo-natlich eine Nebenkostenvorauszahlung von 300 DM leisten. Weiter verpflich-- 3 -tete sich der [X.], während der Vertragszeit Bier und alkoholfreie Getränkeausschließlich über eine von der Hauptpächterin - der Brauerei - [X.] zu beziehen.Die Brauerei erklärte mit Schreiben vom 4. September 1992 die ordentli-che Kündigung des mit dem Kläger abgeschlossenen (Unter-)Pachtvertrageszum 31. Dezember 1992. Grund für diese Kündigung war nach Darstellung des[X.], daß der [X.] gegen die Getränkebezugsverpflichtung verstoßenhatte. Die Brauerei schloß jedoch am 12. November 1992 mit der Ehefrau des[X.] einen Anschlußpachtvertrag. Auf die Nutzung der Trinkhalle durch den[X.]n hatte das keinen Einfluß.Mit Schreiben vom 14. Juli 1993 kündigten der Kläger und seine Ehefrauden [X.] mit dem [X.]n fristlos, unter anderem weil der [X.] seit Monaten keinen Pachtzins mehr gezahlt hatte.Der [X.] räumte das Pachtobjekt am 2. Januar 1996.Der Kläger macht mit der Klage für die [X.] bis zur fristlosen [X.] einen Anspruch auf Zahlung von [X.] geltend, für die [X.] danach bis zum Auszug des [X.]n einenAnspruch auf Nutzungsentschädigung in Höhe des vereinbarten [X.].Insgesamt verlangt der Kläger 117.450 DM zuzüglich gestaffelter Zinsen ab-züglich der geleisteten Kaution von 20.000 DM, die er zum 2. Januar 1996- dem Tag des Auszugs des [X.]n - verrechnen will.Das [X.] hat den [X.]n verurteilt, an den Kläger 29.410 [X.] Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. [X.] dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsge-richt hat das Urteil des [X.]s teilweise abgeändert und dahin neu ge-- 4 -faßt, daß die Klage insgesamt abgewiesen wird. Dagegen richtet sich die Revi-sion des [X.], mit der er erreichen will, daß die Berufung des [X.]ngegen das Urteil des [X.]s zurückgewiesen wird, und mit der er im üb-rigen seinen ursprünglichen [X.] weiterverfolgt, soweit ihm das[X.] nicht stattgegeben hat.Entscheidungsgründe:Die Revision des [X.] führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteilsund zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.1. Das Berufungsgericht führt aus, der zwischen den Parteien [X.] sei als wucherähnliches Geschäft nach § 138Abs. 1 BGB nichtig. Es liege eine schwere Äquivalenzstörung vor, weil der ob-jektive [X.] nur 1.000 DM netto im Monat betrage, der vereinbarte Pacht-zins dagegen 2.500 DM netto pro Monat. Der objektive [X.] sei von [X.] nach der sogenannten [X.] mit 1.000 DM zu-treffend ermittelt worden. Das von dem Sachverständigen S. unter [X.] erstattete Gutachten, das zu einem deutlich höhe-ren [X.] komme, sei demgegenüber nicht überzeugend. Nach dem [X.] des Sachverständigen [X.] seien dem [X.]n Leistungen auferlegtworden, die es ihm nicht möglich machten, aus dem verpachteten Betrieb [X.] für seinen Lebensunterhalt zu erzielen. Das besonders krasseMißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung indiziere eine verwerflicheGesinnung des [X.].- 5 -Infolge der Nichtigkeit des Pachtvertrages fehle ein Rechtsgrund für diebeiderseits erbrachten Leistungen, so daß diese nach bereicherungsrechtli-chen Grundsätzen zurückzugewähren seien. Eine Verrechnung der beidersei-tigen Leistungen führe nicht zu einem Überschuß zugunsten des [X.]. Fürdie [X.] bis einschließlich Dezember 1992 habe der Kläger dem [X.]n [X.] an der Trinkhalle zur Verfügung gestellt, die entsprechend dem objek-tiven [X.] mit monatlich 1.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu bewertensei. Dem stehe schon die von dem [X.]n erbrachte Kaution [X.] DM gegenüber. Ab dem 1. Januar 1993 sei der Kläger nicht mehr zumGebrauch der [X.] berechtigt und in der Lage gewesen, dem [X.]ndie Räumlichkeiten zu überlassen, weil sein Pachtverhältnis mit der [X.] 31. Dezember 1992 wirksam gekündigt worden sei. Insofern fehle es "imVerhältnis der Parteien zueinander an einer durch Leistung des [X.] einge-tretenen Vermögensverschiebung".Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten, wie die Revision [X.] rügt, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.2. Der [X.] hat nach Erlaß des Berufungsurteils entschieden, daß diesogenannte [X.] (an der Ertragskraft orientierte [X.]findung)nicht geeignet ist zur Bewertung einer Gaststättenpacht, wie sie für die Be-stimmung eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und [X.] im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB erforderlich ist ([X.]surteil [X.],257 f.). Da das Berufungsgericht seine Annahme, es liege ein auffälliges [X.] zwischen Leistung und Gegenleistung vor, und deshalb sei der [X.] nichtig, ausschließlich auf ein nach der [X.] erstattetes Gutach-ten gestützt hat, ist seine Beurteilung rechtsfehlerhaft. Das Berufungsurteilkann deshalb mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.- 6 -3. Der [X.] ist nicht in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden(§ 565 Abs. 3 ZPO), auch nicht über einen Teil der Klageforderung.a) Soweit der Kläger rückständigen Pachtzins geltend macht, hängt dieBegründetheit der Klage davon ab, ob der Pachtvertrag wirksam oder nach§ 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Insofern muß die Sache an das Berufungsgerichtzurückverwiesen werden, damit es den zum Vergleich mit dem vereinbartenPachtzins heranzuziehenden objektiven [X.] in zulässiger Weise ermit-telt. Auf die Ausführungen in dem zitierten [X.]surteil wird verwiesen.b) Auch der von dem Kläger für die [X.] nach der fristlosen [X.] geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsent-schädigung in Höhe des vereinbarten [X.] ist nicht zur Entscheidungdurch das Revisionsgericht reif. Sollte der [X.] entgegen der An-nahme des Berufungsgerichts wirksam sein, so kommt ein entsprechender An-spruch des [X.] nach § 584 b BGB in Betracht. Zwar steht nach [X.] dem Hauptmieter gegen den [X.] kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1BGB mehr zu, wenn auch das [X.] beendet ist und der [X.] deshalb keine Nutzungsberechtigung mehr hat ([X.]surteil vom4. Oktober 1995 - [X.] - [X.], 15 = NJW 1996, 46). Das hat fürdie Beendigung eines Unterpachtverhältnisses entsprechend zu gelten. Im vor-liegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, daß zwar das [X.] zwischen dem Kläger und der Brauerei zum 31. Dezember 1992 [X.] ist, daß aber unmittelbar im Anschluß daran die Ehefrau des [X.]einen entsprechenden Hauptpachtvertrag mit der Brauerei abgeschlossen hatund daß durch diese Veränderung die Nutzungsmöglichkeit des [X.]n inkeiner Weise beeinträchtigt worden ist. Es liegt nahe anzunehmen, daß die- 7 -Ehefrau des [X.], nachdem die Brauerei den Vertrag mit dem Kläger ge-kündigt hatte, die Trinkhalle gerade deshalb von der [X.] hat,weil sie es dem Kläger ermöglichen wollte, den [X.] mit dem [X.]n zu erfüllen. In diesem Fall hatte der Kläger weiterhin eine von seinerEhefrau abgeleitete Nutzungsberechtigung. Auch insofern muß die Sache andas Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es - eventuell nach er-gänzendem Vortrag der Parteien - die notwendigen Feststellungen nachholenkann.Im übrigen könnte der [X.] auch schon deshalb nicht abschließend nurüber die geltend gemachte Nutzungsentschädigung entscheiden, weil sich [X.] des Berufungsurteils - aus der Sicht des Berufungsgerichts [X.] - nicht entnehmen läßt, welcher Teil des eingeklagten Betrages aufrückständigen Pachtzins entfällt.c) Der [X.] kann auch nicht abschließend entscheiden, soweit der [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 31. Juli 1997die Klageforderung in Höhe von 2.414 DM zuzüglich Zinsen anerkannt hat.Zwar steht der Wirkung dieses Anerkenntnisses, wie die Revision zu [X.] macht, nicht entgegen, daß der Kläger keinen Antrag auf Erlaß einesAnerkenntnisurteils (§ 307 Abs. 1 ZPO) gestellt hat. Die Wirkung eines wirk-sam abgegebenen prozessualen Anerkenntnisses erschöpft sich nämlich nichtdarin, lediglich Grundlage für ein Anerkenntnisurteil zu sein. Sie bleibt [X.] dann bestehen, wenn kein Anerkenntnisurteil ergeht. Auch dann sind [X.] im Umfang des Anerkenntnisses grundsätzlich der Verpflichtung zurPrüfung des [X.] enthoben. Dies gilt nicht nur für eine Instanz, [X.] den ganzen Prozeß ([X.]surteil vom 17. März 1993 - [X.] -NJW 1993, 1717, 1718 m.[X.]). Der [X.] hat aber bereits entschieden, daß die- 8 -Berufung auf ein prozessuales Anerkenntnis gegen [X.] und Glauben versto-ßen kann, wenn das Anerkenntnis nicht der wahren Rechtslage entspricht unddie Unrichtigkeit dem [X.] bekannt ist ([X.]surteil [X.]Z 80, 389,399 m.[X.]). Sollte der [X.] als wucherähnliches Geschäft sitten-widrig sein, so ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die Be-rufung des [X.] auf ein Anerkenntnis, das der Erfüllung dieses Vertragesdient, gegen [X.] und Glauben verstoßen könnte (vgl. auch [X.]/Vollkommer,ZPO 22. Aufl. § 307 Rdn. 4 m.[X.]). Auch dieser Punkt bedarf der tatrichterlichenBeurteilung.4. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgendes hin:a) Nachdem der [X.] entschieden hat, daß die [X.] ungeeig-net ist zur Bestimmung eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen [X.] Gegenleistung, ist das [X.] in einer nicht rechts-kräftigen Entscheidung (Urteil vom 4. September 2000 - [X.], 1059) [X.] Bewertungsmethode gefolgt, der sogenannten "indirekten Vergleichswert-methode", die in der Literatur von einem Vertreter der [X.] als Reak-tion auf die Entscheidung des [X.]s empfohlen worden ist ([X.], [X.], 70 ff.). Die Gründe, deretwegen der [X.] die [X.] für unge-eignet hält, gelten jedoch auch gegenüber der indirekten Vergleichswertmetho-de. Weder das [X.] noch [X.] legen dar, daßbei der offensichtlich der [X.] nachgebildeten neuen Methode Ände-rungen vorgenommen worden sind, die den Beanstandungen des [X.]s ge-genüber der [X.] Rechnung tragen. Die neue Methode stellt - wie die[X.] - "als Basis für die Ermittlung des marktüblichen Mietzinses aufdie Umsatzerwartung je Sitzplatz und auf einen betriebsartbezogenen Prozent-satz vom Gesamtertrag" ab (so zutreffend [X.] aaO S. 1061) und- 9 -kalkuliert dabei einen als angemessen angesehenen Unternehmensgewinn ein.Insbesondere legt auch sie ihrer Beurteilung statistische Ertragswerte [X.], die ein "normalqualifizierter Betreiber" ([X.] aaO S. 75) [X.]. Auch an diesem Punkt zeigt sich, daß beide Methoden die besondereMarktsituation des konkreten Objekts nicht ausreichend berücksichtigen (Se-natsurteil [X.]Z aaO S. 265). Es gibt etwa Pachtinteressenten, die überdurch-schnittlich qualifiziert sind oder sich bei dem in Frage kommenden Kundenkreisbereits einen guten Ruf erworben haben oder die über besonders günstigeEinkaufsmöglichkeiten verfügen oder die - eventuell einschließlich ihrer Famili-enangehörigen - bereit sind, besonders viel zu arbeiten. Derartige Interessen-ten sind in der Lage und - insbesondere wenn nicht viele für sie geeignete [X.] auf dem Markt sind - vielfach auch bereit, einen relativ hohen Pachtzinszu vereinbaren. Handelt es sich um ein entsprechend gefragtes Objekt undbesteht dafür auf dem Markt eine Nachfrage von derartigen Interessenten,dann entspricht der Marktpreis dem, was diese Interessenten für ein solchesObjekt zu zahlen bereit sind, auch wenn ein "normal qualifizierter Betreiber"sich einen solchen Pachtzins nicht leisten könnte. Entsprechendes gilt, wennabzusehen ist, daß bei der gegebenen Marktsituation mehrere Brauereien [X.] ein solches Objekt dringend suchen.Marktwert ist der übliche Wert, der für eine vergleichbare Leistung aufdem Markt zu zahlen ist ([X.]surteil [X.]Z aaO). Bei Miet- oder [X.] ist demnach der Marktwert der Nutzungsüberlassung regelmäßig an-hand des Miet- oder [X.] zu ermitteln, der für vergleichbare Objekteerzielt wird ([X.]surteil [X.]Z aaO S. 263 m.[X.]). Es ist zutreffend, daß esFälle gibt, in denen diese sogenannte Vergleichswertmethode nicht angewen-det werden kann, weil es keine geeigneten Vergleichsobjekte gibt. Auch wennsolche Fälle seltener sind, als die Vertreter der [X.] oder der indi-- 10 -rekten Vergleichswertmethode vorgeben, müssen sie in die Betrachtung [X.] werden. Der [X.] hat ausgeführt, daß in solchen Fällen "andere [X.] heranzuziehen" seien ([X.]Z aaO S. 263). Das bedeutet [X.], daß dann die Anwendung der [X.] oder einer ihr nachgebilde-ten Methode unbedenklich würde (so aber [X.] und [X.] je-weils aaO). In solchen Fällen wird es regelmäßig angebracht sein, einen erfah-renen, mit der konkreten Marktsituation vertrauten Sachverständigen [X.] lassen, welcher Mietzins für ein solches Objekt seiner Ansicht nach erzieltwerden kann. Es mag sein, daß man bei einem auf diese Weise erstattetenGutachten mit einer größeren Schätzungstoleranz rechnen muß als bei einemGutachten, das auf konkreten Vergleichswerten aufbauen kann. Diese Folgemuß hingenommen werden. Sie kann jedenfalls nicht dadurch beseitigt oderabgemildert werden, daß man für solche Einzelobjekte von statistischen Durch-schnittswerten ausgeht.Daß es für ein Miet- oder Pachtobjekt keine geeigneten [X.] gibt, kommt nicht nur vor, wenn Räume zum Betrieb einer Gaststätte [X.] oder verpachtet werden, sondern auch dann, wenn ein anderes Gewer-be in ihnen betrieben wird. Auch ein Ladenlokal kann wegen seiner Größe,seines Zuschnitts und seiner Lage mit anderen Ladenlokalen in der [X.] vergleichbar sein. Für die Bewertung, welcher Miet- oder Pachtzinsmarktüblich ist, bestehen zwischen Miet- oder Pachtverträgen über Gastgewer-beräume und Miet- oder Pachtverträgen über andere gewerbliche Räume keineUnterschiede, die es notwendig machten, grundlegend unterschiedliche [X.] zu [X.]) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist ein [X.] als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn Lei-- 11 -stung und Gegenleistung in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehenund weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, z.B. eine verwerfliche Gesin-nung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten ([X.]surteil [X.]Z aaOS. 263 m.[X.]). Eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten ist nicht nur dannzu bejahen, wenn er als der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene dieschwächere Lage des anderen Teils bewußt zu seinem Vorteil ausgenutzt hat,sondern auch dann, wenn er sich leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat,daß sein Vertragspartner sich nur wegen seiner schwächeren Lage auf denungünstigen Vertrag eingelassen hat ([X.], Urteil vom 17. April 1980 - [X.]78 - NJW 1980, 2076, 2077). Ein besonders auffälliges Mißverhältnis zwi-schen Leistung und Gegenleistung spricht für eine verwerfliche Gesinnung [X.] (st.Rspr. vgl. [X.], Urteil vom 30. Mai 2000 - [X.] -NJW 2000, 2669, 2670 m.w.[X.]). Für bestimmte Vertragstypen hat der [X.] allein wegen eines krassen Mißverhältnisses zwischen [X.] Gegenleistung auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten [X.], auch wenn im konkreten Fall keine weiteren, für ein sittenwidrigesVerhalten des Begünstigten sprechende Umstände hinzukamen. Das gilt ins-besondere für [X.] oder Ratenkreditverträge mit privaten Kunden([X.]Z 80, 153, 161; 98, 174, 178 m.[X.]) und für [X.]([X.], Urteil vom 4. Februar 2000 - [X.] - NJW 2000, 1487, 1488m.w.[X.]). Bei [X.] geht der [X.] von einem ent-sprechenden Mißverhältnis schon dann aus, wenn der Wert der [X.] doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung ([X.], Urteil vom4. Februar 2000 aaO m.[X.]).Diese Grundsätze sind nicht ohne weiteres auf die Prüfung, ob ein ge-werblicher Miet- oder Pachtvertrag als wucherähnliches Geschäft nichtig ist, zuübertragen. Auch in den zitierten Fällen verzichtet die Rechtsprechung des- 12 -[X.] nicht etwa auf das subjektive Element der Sittenwidrigkeit.Sie geht lediglich davon aus, daß das vorliegende krasse Mißverhältnis zwi-schen Leistung und Gegenleistung einen hinreichend sicheren Rückschlußdarauf zuläßt, daß auch dieses subjektive Element - die verwerfliche Gesin-nung des Begünstigten - gegeben ist. Ein solcher Rückschluß setzt aber [X.], daß sich der Begünstigte nach der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl.[X.], Urteil vom 10. Juli 1987 - [X.] - NJW 1988, 130, 131 m.[X.]) zu-mindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, es liege ein krasses [X.] vor. Davon kann man jedenfalls nur dann ausgehen, wenn [X.] der Leistung für ihn in etwa erkennbar war.Bei den Darlehensverträgen von Kreditbanken mit Privatpersonen istdas ohne weiteres zu bejahen, weil der Kreditbank der [X.] [X.] bekannt ist. Bei [X.] hat der [X.] diesem Gesichtspunkt insofern Rechnung getragen, als er eine "kritischetatrichterliche Würdigung" für erforderlich hält, wenn Anhaltspunkte dafür be-stehen, daß bei Abschluß des Vertrages aufgrund besonderer Umstände Be-wertungsschwierigkeiten bestanden, aufgrund derer der Begünstigte das [X.] möglicherweise nicht erkannt haben könnte ([X.], Urteil vom4. Februar 2000 aaO S. 1488).Solche Bewertungsschwierigkeiten kommen beim Abschluß von gewerb-lichen Miet- und Pachtverträgen nicht nur in Ausnahmefällen vor. Deshalb [X.] gewerblichen Mietverträgen im Rahmen der Prüfung, ob aus einem auffälli-gen Mißverhältnis auf die Nichtigkeit des Geschäfts geschlossen werden kann,regelmäßig eine tatrichterliche Würdigung erforderlich, ob das krasse Mißver-hältnis für den Begünstigten erkennbar [X.] -Die Mietpreise für gewerbliche Räume sind nicht nur regional sehr un-terschiedlich, sie können auch innerhalb ein und derselben [X.] [X.]. Dem [X.] liegt ein von der Industrie- und Handelskammer [X.] Mietspiegel für Gewerbeflächen vor (Stand: März 2000). [X.] wird die [X.] Köln in neun [X.]bezirke aufgeteilt. Die fürdie einzelnen [X.]bezirke angegebenen Preise unterscheiden sich erheblich.In dem teuersten [X.]bezirk 1 werden die Quadratmeterpreise für [X.] der 1 a-Lage (Spitzenlage) angegeben mit 150 bis 300 DM, in der 1 b-Lage(sehr gute Innenstadtlage) mit 50 bis 150 DM. Da es oft schwierig ist zu [X.], ob ein in guter Geschäftslage liegendes Objekt der 1 a-Lage oderder 1 b-Lage zuzuordnen ist, ergibt sich eine Preisspanne von 50 bis 300 DM.Hinzu kommt, daß sich im Bereich der gewerblichen Miete das [X.] zwischen Angebot und Nachfrage nicht selten relativ kurzfristig verändertmit der Folge, daß aus einem Vermietermarkt ein Mietermarkt wird oder umge-kehrt. Dies hat zur Folge, daß sich die erzielbaren Mietpreise innerhalb kurzer[X.] erheblich verändern können. Eine solche Entwicklung hat [X.] den neuen Bundesländern in den ersten Jahren nach dem Beitritt [X.].Bei dieser Sachlage kann es sowohl für einen Vermieter als auch für ei-nen Mieter, insbesondere wenn er nicht ortsansässig und mit der gewerblichenVermietung nicht vertraut ist, schwierig sein abzuschätzen, welcher Mietpreisangemessen ist. Für eine ortsansässige Brauerei, die ständig Gasträume [X.] und anmietet, gilt das nicht in gleicher Weise. Einem privaten Vermieter,der einen Mietpreis im oberen Bereich der dargelegten Schwankungsbreitedurchgesetzt hat, kann man nicht ohne weiteres ein unredliches Verhalten vor-werfen, wenn ein Sachverständiger später überzeugend begründet, daß inner-- 14 -halb der Schwankungsbreite ein um die Hälfte niedrigerer Preis marktüblichgewesen wäre. In einem solchen Falle wird es im Rahmen der Prüfung, ob einwucherähnliches Geschäft i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB vorliegt, darauf ankommen,- 15 -ob neben dem Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung [X.] oder weitere Regelungen in dem [X.] sprechen.[X.] Krohn [X.] [X.] Fuchs

Meta

XII ZR 49/99

13.06.2001

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2001, Az. XII ZR 49/99 (REWIS RS 2001, 2281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2281

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