Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2002, Az. 5 StR 281/01

5. Strafsenat | REWIS RS 2002, 825

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Nachschlagewerk: [X.]: [X.]: jaStGB §§ 13, 25, 212Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit wegen [X.] Mitgliedern des Politbüros des Zentralkomitees der [X.] vorsätzliche [X.] durch [X.] (im Anschluß an [X.]St 40, 218 und 45, [X.], Urt. v. 6. November 2002 [X.] 5 StR 281/01 LG [X.] [X.]5 StR 281/01BUNDESGERICHTSHOFIM [X.] DES VOLKESURTEILvom 6. November 2002in der Strafsachegegen1.2.3.wegen Totschlags- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.] 2002, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],[X.],Richterin [X.],[X.] Raumals beisitzende Richter,[X.] Vertreter der [X.],Rechtsanwalt [X.] Verteidiger des Angeklagten [X.],Rechtsanwalt [X.] Verteidiger des Angeklagten B ,Rechtsanwalt Wals Verteidiger des Angeklagten [X.],Rechtsanwalt [X.] Vertreter der Nebenklägerin,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Neben-klägerin wird das Urteil des [X.] mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d eGegenstand des Verfahrens ist die Tötung von vier Menschen, diezwischen 1984 und 1989 unbewaffnet und ohne Gefährdung anderer ver-suchten, die [X.] über die damalige Grenze nach [X.] ([X.]) zu [X.].Die Anklage wirft den Angeklagten folgendes vor: Sie hätten währendihrer jeweiligen Mitgliedschaft im Politbüro des Zentralkomitees der [X.] der[X.] einen Totschlag durch Unterlassen begangen. Dabei werden den [X.]und [X.] die Tötungen der Flüchtlinge Bi , S und [X.](Fälle 2 bis 4) zur Last gelegt. DemAngeklagten [X.]wird jedenfalls die Tötung des Flüchtlings M Sch (Fall 1) vorgeworfen. Die Frage, ob der Anklagevorwurf gegendiesen Angeklagten auch die Tötung der drei Flüchtlinge Bi , [X.]und [X.][X.] insbesondere begangen durch eine Mit-- 4 -wirkung am [X.]uß des Politbüros vom 11. Juni 1985 [X.] umfaßt, wird [X.] und der Staatsanwaltschaft unterschiedlich beurteilt.Das [X.] hat die Angeklagten aus Rechtsgründen freigespro-chen. Es hat im wesentlichen folgendes festgestellt:Der Angeklagte [X.] war Mitglied des Politbüros des Zentral-komitees der [X.] vom 24. Mai 1984 bis zum 22. November 1985. Er hattezahlreiche Kontakte in die [X.] und unternahm —[X.] [X.], um —in Fragen der Grenze und der Freizügigkeit eine Änderungzum Besseren herbeizuführenfi. Auch nach seiner Wahl zum Mitglied [X.] war er —bestrebt, unter Ausnutzung seiner guten Kontakte durchrealistische Schritte und Verbesserungen mit Langzeitwirkung konkrete Er-folge zu erreichen ... Diese seine Bemühungen scheiterten jedoch bereits am17. August 1984, als der Generalsekretär [X.] auf einer Geheim-sitzung in [X.] der [X.] Führung die Gründe für seine geplanteReise in die [X.] und in diesem Zusammenhang dievon dem Angeklagten [X.] vorformulierten Überlegungen und [X.] zu einem verbesserten Verhältnis zur [X.] im humanitären Bereich vortrug und auf strikte Ablehnung seitens [X.] stieß.fi Die Angeklagten B und [X.] waren [X.] Politbüros vom 21. April 1986 bis November 1989.Der Flüchtling [X.]wurde am 1. Dezember 1984beim Überklettern der [X.]er Mauer durch Schüsse der Grenzsoldaten der[X.] getroffen und verblutete. Am 24. November 1986 wurde Bi bei dem Versuch, die [X.] zu überwinden, von Schüssen [X.] der [X.] tödlich getroffen. Am 12. Februar 1987 wurde S bei dem Versuch, die [X.]er Mauer zu überwinden, von Grenzpo-sten der [X.] erschossen. Am 5. Februar 1989 wurde [X.]beidem Versuch, die [X.] zu überwinden, durch Grenzposten der[X.] beschossen; er erlag einem Brustdurchschuß.- 5 -Einen aktiven Beitrag der Angeklagten zu diesen Tötungen hat das[X.] nicht festgestellt.Das [X.] hat die Freisprüche im wesentlichen mit folgendembegründet: Die Angeklagten hätten sich nach dem Strafrecht der [X.] nichtstrafbar gemacht. Zwar habe ihnen eine Pflicht zur Abwendung der [X.] im Sinne des § 9 StGB-[X.] oblegen. Dies ergebe sich aus einerGesamtschau der Regelungen in Art. 1 und Art. 30 Abs. 2 der Verfassungder [X.] von 1968 und in Art. 6 und 12 des [X.] über [X.] und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 ([X.] 1534 [X.][X.] [X.]). Wenn den Angeklagten auch [X.] angesichts begrenzter [X.] der [X.] innerhalb des Warschauer Paktes [X.] nicht der Vorwurfzu machen sei, nicht auf einen gänzlichen Abbau der Sperranlagen [X.] zu haben, so hätten sie doch die Pflicht gehabt, auf eine —Humanisie-rungfi des [X.], namentlich auf eine Einhaltung der Gesetze der[X.], insbesondere des Grenzgesetzes der [X.] hinzuwirken. Solches seiihnen auch zumutbar gewesen. Jedoch fehle es an der Kausalität zwischenHandlungsbeitrag und Erfolg, die nach dem Strafrecht der [X.] —eindeutigbewiesenfi sein müsse.Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren Revisionen gegen [X.] der drei Angeklagten. Die Nebenklägerin, Mutter des Getöteten Bi , greift mit ihren Revisionen die Freisprüche der Angeklagten B und [X.] an. Die Rechtsmittel haben jeweils mit der [X.]. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht an.[X.] den Freisprüchen zugrundeliegende Ansicht des [X.], [X.] hätten sich durch das ihnen zur Last gelegte Unterlassen nichtstrafbar gemacht, weil es nach dem Recht der [X.] an der Kausalität [X.] 6 -schen ihrem jeweiligen Verhalten und den eingetretenen Todeserfolgenmangele, hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.Auszugehen ist von der Rechtsprechung des [X.],wonach für die [X.] an der [X.] Grenzenicht nur die Schützen, die jeweils die tödlichen Schüsse abgegeben haben,und die militärischen Vorgesetzten der Schützen, sondern auch diejenigenPersonen strafrechtlich verantwortlich sein können, die politische Verant-wortung für das Grenzregime der [X.] trugen (vgl. dazu die Dokumentatio-nen bei [X.] in Festschrift zum 50jährigen Bestehen des [X.], 2000, [X.], 418 ff. und [X.] 1997, 221, 224 ff.; [X.], Strafjustiz und [X.]-Unrecht Bd. 2 [X.] zwei Teilbände [X.] Gewaltta-ten an der [X.] 2002). [X.] in diesem Zusammen-hang ergangenen Entscheidungen des [X.] ist jedoch ge-mein, daß sie ein aktives [X.] der jeweiligen Beteiligten zum Gegenstandhaben. Dagegen geht es im vorliegenden Verfahren um die Frage, ob [X.] wegen bloßen Unterlassens für die Tötung von [X.] ander [X.] Grenze strafrechtlich verantwortlich sein können. [X.] ist zu bejahen.Auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungenhaben die Angeklagten sich strafbar gemacht. Sie haben nach dem Rechtder [X.] durch Unterlassen eine Beihilfe zum Mord (§ 112 Abs. 1, § 22Abs. 2 Nr. 3, § 9 StGB-[X.]) und nach dem Recht der [X.] einen Totschlag durch Unterlassen in mittelbarer [X.] 212, 13, 25 Abs. 1 StGB) [X.] 7 -[X.]Nach dem Recht der [X.] gilt [X.] Die jeweiligen Schützen haben sich wegen Mordes nach § 112Abs. 1 StGB-[X.] strafbar gemacht (vgl. zu den hier vorliegenden [X.], 1 und 168; [X.], [X.]. vom 1. November 1995[X.] 5 StR 527/95; ferner [X.]St 40, 218, 231; 45, 270, 295). Zu den Taten die-ser Täter führt eine ununterbrochene Verantwortlichkeitskette, ausgehendvon den Trägern grundsätzlicher politischer Entscheidungen, vom Politbüroüber den [X.], das [X.] und die militärische Hierarchie der [X.] der [X.]. [X.] stellt sich in der Bewertung nach dem Strafrecht der [X.] folgender-maßen dar: Die Mitglieder des Politbüros begingen mit ihrer Zustimmung zuentsprechenden [X.]üssen dieses Gremiums eine Anstiftung zum Mord([X.]St 45, 270, 295). Ebenso begingen die Mitglieder des [X.] mit ihrer Beteiligung an dessen [X.]üssen eine Anstiftungzum Mord ([X.]St 40, 218, 228, 231 f.; [X.]St 45, 270, 286 ff.). In [X.] die Generäle der [X.] der [X.], deren Mitwirkung an [X.] jeweils zu den hier gegenständlichen Tötungsfällen führte, hatder [X.] in Bestätigung der jeweiligen tatrichterlichen Urteileentschieden, daß die am Erlaß der [X.] beteiligten Offiziere wegenAnstiftung oder [X.] soweit sie lediglich ihren Vorgesetzten zugearbeitet ha-ben [X.] wegen Beihilfe zum Mord schuldig sind (so [X.]St 44, 204 für die [X.]; [X.], [X.]. vom 30. April 1997 [X.] 5 StR 42/97 [X.] und[X.]. vom 4. April 2000 [X.] 5 StR 635/99 [X.] für die [X.] 80; [X.],[X.]. vom 8. November 1999 [X.] 5 StR 732/98 [X.] für die [X.]n 40und 20). Die jeweiligen Vergatterer der Schützen, deren Tatentschluß bereitsdurch die zuvor erfolgte generelle Befehlserteilung geweckt war, haben eineBeihilfe zum Mord begangen ([X.]St 47, 100; [X.], [X.]. vom 9. Okto-ber 2001 [X.] 5 StR 375/01; [X.]. vom 23. Oktober 2001 [X.] 5 StR 462/01 [X.]und [X.]. vom 6. November 2001 [X.] 5 StR 455/01).- 8 -2. Die Angeklagten wirkten an der Spitze dieser Verantwortungskettemit und haben sich damit strafbar gemacht. Die Angeklagten haften zwarweder aus den Gesichtspunkten der mittelbaren [X.]chaft oder der [X.] noch wegen Anstiftung zum Mord, wohl aber wegen Beihilfe zumMord (dazu unten 3).a) Mittelbare [X.]chaft scheidet aus. § 22 Abs. 1 StGB-[X.] defi-niert als mittelbaren Täter denjenigen, der die Tat durch einen anderen, [X.] diese Tat selbst nicht verantwortlich ist, ausführen läßt (vgl. Strafrecht der[X.], Kommentar zum StGB 5. Aufl. 1987 [X.] fortan als —[X.]-Kommentarfizitiert [X.] § 22 [X.]. 3). Diese Voraussetzungen sind hier deshalb nicht gege-ben, weil die unmittelbar handelnden Personen selbst verantwortlich sind(vgl. [X.]St 40, 218, 229, [X.]) Mittäterschaft nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 StGB-[X.] liegt deshalb nichtvor, weil diese nach Rechtsprechung und Lehre der [X.] voraussetzt, daßjeder der Beteiligten die Tatbestandsmerkmale unmittelbar selbst verwirklicht([X.] 1971, 242; [X.]-Kommentar § 22 [X.]. 5; [X.] NJ 1973, 287,288; vgl. [X.] aaO).c) Anstiftung (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 StGB-[X.]) zu einem Tötungsdeliktkommt deshalb nicht in Betracht, weil Anstiftung durch Unterlassen [X.] der [X.] fremd ist ([X.]-Kommentar § 22 [X.]. 4; Strafrecht der [X.]Allgemeiner Teil, Lehrbuch 2. Aufl. 1978 S. 379). Anstiftung durch [X.] wird auch bei Anwendung des Strafgesetzbuches weitgehend nicht [X.] ([X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 26 Rdn. [X.] in [X.]. § 13 Rdn. 56; [X.] in [X.]. § 26 Rdn. 61 ff.je m. w. N.), gehörte mithin nicht etwa zu den elementaren, auch bei Anwen-dung und Auslegung des Strafrechts in der [X.] fraglos anerkanntenGrundlagen des allgemeinen [X.] -3. Die Angeklagten haben sich jedoch wegen durch Unterlassen [X.] Beihilfe zum Mord strafbar gemacht. Beihilfe durch Unterlassen istnach dem Recht der [X.] gegeben, wenn der betreffenden Person eineRechtspflicht nach § 9 StGB-[X.] obliegt, gegen die strafbare Handlung [X.] einzuschreiten, und das Verhalten des Gehilfen die Straftat tatsächlichermöglicht oder erleichtert hat ([X.]-Kommentar § 22 [X.]. 6). Diese Vor-aussetzungen sind hier gegeben.Die Angeklagten leisteten durch ihr Unterlassungsverhalten Beihilfe zuden Mordtaten der Schützen. Die beschriebene ununterbrochene Anstif-tungskette verbindet die Taten der Schützen mit den Taten der Mitglieder des[X.]es, so daß die Beihilfe zu den letztgenanntenTaten Beihilfe zu den Taten der Schützen ist. Wenngleich eine solche —Ket-tenteilnahmefi [X.] soweit ersichtlich [X.] in Rechtsprechung und Schrifttum der[X.] keine ausdrückliche Erwähnung findet, ist sie gleichwohl nach [X.] der [X.] möglich. Dies ergibt sich schon daraus, daß nach der [X.] des § 22 StGB-[X.] die —begangene [X.], zu der der Gehilfe [X.] des § 22 Abs. 2 Nr. 3 StGB-[X.] Hilfe leistet, auch eine Anstiftungnach § 22 Abs. 2 Nr. 1 StGB-[X.] sein kann. Zudem hat sich das Strafrechtder [X.], soweit es nicht besondere neue Regelungen traf, von den über-kommenen elementaren Grundsätzen der Straftatlehre nicht entfernt. Zu die-sen Grundsätzen zählt die Regel, daß in der Beihilfe zur Anstiftung eine Bei-hilfe zur Haupttat liegt ([X.], 318, 320; 59, 396, 397). Hiervon ist der [X.] bereits ausgegangen, als er durch [X.]üsse nach § 349 Abs. 2 StPOdie Verurteilung von Offizieren der [X.] der [X.] auch insoweit be-stätigt hat, als diesen Verurteilungen eine Beihilfe zum Mord nach dem Rechtder [X.] zugrunde gelegt war (vgl. oben 1).a) Die Angeklagten hatten als Mitglieder des Politbüros die Pflicht [X.] des § 9 StGB-[X.], in diesem Gremium darauf hinzuwirken, daß [X.] von Personen unterblieb, die einzig vorhatten, unbewaffnet aus der[X.] oder [X.]-Ost in den westlichen Teil [X.] zu [X.] -aa) Die nach § 9 StGB-[X.] relevante Pflicht zum Handeln kann sichgemäß der dortigen enumerativen Aufzählung der möglichen Pflichtenquellen(vgl. [X.]-Kommentar § 9 [X.]. 2) namentlich aus dem Gesetz und aus [X.] des [X.] ergeben. Soweit die Rechtspflichten des [X.] sich [X.] vornherein aus einer Rechtsnorm oder aus schriftlichen Unterlagen wieeinem Arbeitsvertrag oder einem Funktionsplan ergeben, ist auf Grund dertatsächlich ausgeübten Tätigkeit festzustellen, welche Rechtspflichten [X.] des § 9 StGB-[X.] bestehen; hierfür kommen auch —ungeschriebenefiPflichten in Betracht ([X.]/[X.] 1971, 475, 476). Dabei [X.] eine derartige Erfolgsabwendungspflicht [X.] in Abgrenzung von den einfa-chen strafrechtlichen Handlungspflichten (vgl. dazu [X.] NJ 1971,201) [X.] zwei wesentliche Kriterien. Zum einen muß die Pflicht aus einer be-sonderen Verantwortung für den Schutz des verletzten Objektes, die sich ausder gesellschaftlichen Stellung oder aus dem Beruf ergibt, resultieren. [X.] muß die Pflicht direkt auf die Vermeidung und Abwendung [X.] und Gefahren abzielen (Strafrecht der [X.], Lehrbuch 1988S. 202). Solches kann sich insbesondere —aus der konkreten gesellschaftli-chen Stellung des [X.]fi ([X.]/[X.] aaO S. 477) und aus —recht-lich relevanten Verantwortungsbeziehungenfi ergeben, wofür —die leitendeStellung und Funktion eines Bürgersfi (Strafrecht der [X.] aaO [X.]) anerster Stelle steht. In diesem Sinne hat das Oberste Gericht der [X.] Be-triebsleiter und andere leitende Mitarbeiter eines Betriebes für verantwortlichim Sinne des § 9 StGB-[X.] erachtet ([X.] 1976, 719). Es hat damit seineRechtsprechung aus der [X.] vor dem Inkrafttreten des StGB-[X.] vom12. Januar 1968 (GBl. [X.]) fortgesetzt, wonach Personen in Führungsver-antwortung [X.] wie Betriebsleiter ([X.], 105; 3, 318), Schulleiter ([X.], 220) und selbständige Unternehmer ([X.], 80; 9, 292) [X.] in gleicherWeise als Unterlassungstäter verantwortlich gemacht worden waren.bb) Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt, daß die Angeklagten [X.] des Politbüros des Zentralkomitees der [X.] der [X.] im Sinne- 11 -des § 9 StGB-[X.] verpflichtet waren, gegen das praktizierte [X.] [X.] einzuschreiten.(1) Die Rechtspflicht der Mitglieder des Politbüros zum gebotenenHandeln folgt zunächst aus Art. 1 Abs. 1 Satz 2 und Art. 30 Abs. 1 und 3 [X.] der [X.] von 1968 [X.] fortan —Verf[X.]fi [X.], ergänzend aus Art. 6Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 und 2 des [X.] über bürgerlicheund politische Rechte von 1966 und der [X.] der [X.] von 1948. Danach war der Schutz des Lebens, der körperlichenUnversehrtheit und der Gesundheit in der [X.] [X.]) Dies folgt schon aus dem Verfassungsrecht der [X.]. Art. 30Verf[X.] lautet in seinen Absätzen 1 und 3:—(1) Die Persönlichkeit und Freiheit jedes Bürgers der [X.]schen Demokratischen Republik sind [X.]) Zum Schutze seiner Freiheit und der Unantastbarkeit seiner Persönlichkeit hat jeder Bürger den Anspruch auf die Hilfe der staatlichen und gesellschaftlichen Organe.fiWenngleich Leben und körperliche Unversehrtheit in dieser Vorschriftnicht ausdrücklich genannt sind, war doch im Verfassungsrecht der [X.] [X.], daß auch diese Rechtsgüter der [X.]. 30 Abs. 1 Verf[X.] unterfielen. So sagt der Kommentar zur Verfassungder [X.]: —Der Schutz der Persönlichkeit und Freiheit umfaßt nicht nur denSchutz der körperlichen Unversehrtheit, des Lebens und der Gesundheit ...fi(Verfassung der [X.], Kommentar 1969 Art. 30 [X.]. 1; vgl. auch [X.],Menschenrechte in der [X.] 1989 S. 111, 113; [X.]St 39, 1, 23). [X.]. 30 Verf[X.] in Kapitel 1 unter der Überschrift —Grundrechte undGrundpflichten der Bürgerfi. Diese Grundrechte der Bürger waren zwar sub-jektive Rechte und wurden zugleich als Menschenrechte bezeichnet (Staats-- 12 -recht der [X.], Lehrbuch 2. Aufl. 1984 S. 180/181). Dabei wurden die [X.], Bürgerrechte und Menschenrechte auswechselbar be-nutzt ([X.] in [X.], [X.]. 1976Bd. 2 S. 779; [X.], Menschenrechte und Klassenrechte 1978 S. 33;vgl. auch [X.] Staats- und Rechtstheorie 3. Aufl. 1980S. 413 ff.). Sie wurden jedoch nicht als Abwehrrechte des Bürgers gegen [X.] verstanden ([X.] Staat und Recht 1962, 1063, 1069 f.; Riege in Pop-pe u.a., Politische und persönliche Grundrechte in den Kämpfen unserer [X.]1984 S. 55). Hintergrund dessen war, daß nach dem Staatsverständnis der[X.] —gesellschaftliche Erfordernissefi, [X.] und [X.] waren ([X.] aaO S. 782; grundsätzlich dazu [X.],Studien über die Grundrechte 1964; [X.], Marxismus und Menschen-rechte 1982; [X.] aaO jeweils passim). Gleichwohl wurde diesenGrundrechten in der [X.] der [X.] im Rahmen einer —wechsel-seitigen Verantwortung von Staat und Bürger" (Riege aaO) ausdrücklich [X.] einer —Schutzfunktionfi zugunsten der Bürger zugeschrieben ([X.] aaO; [X.] Deutsche [X.]schrift für Philosophie 1982, 1200, 1205;ähnlich Verfassung der [X.], Kommentar aaO; vgl. auch [X.] Staat [X.] 1980, 674, 679; [X.], Moral [X.] Motiv [X.] Verhalten 1976 S. 44). [X.] gar ausdrücklich formuliert, daß der Staat —den Schutz der persönli-chen Freiheiten der Bürger gegen einen gesetzwidrigen Eingriff einzelnerStaatsorgane, Staatsfunktionäre und Bürger, wenn notwendig, durch positi-ves Handeln zu garantierenfi habe ([X.] allgemeineTheorie des Staates und des Rechts 1975 Bd. 3 S. 284), daß der [X.] sei, —aktiv gewisse Menschenrechte zu sichern dadurch, daß [X.] zu ihrem Schutz eingreift [X.] etwa im Falle des Menschenrechts aufSicherheitfi ([X.] aaO S. 38). Danach sind die Vorschriften des Art. 30Abs. 1 und 3 Verf[X.] als ein im Sinne des § 9 StGB-[X.] pflichtbegründen-des Gesetz zu verstehen.(b) Es treten die Vorschriften der Art. 6 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 und 2des [X.] über bürgerliche und politische Rechte vom- 13 -19. Dezember 1966 ([X.]) hinzu. Der Senat hat in seinem Urteil [X.]St39, 1, 16 f. ausgeführt, daß dieser Pakt die [X.] völkerrechtlich band, [X.] [X.] es nach Beitritt und Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde unter-lassen hat, den Pakt gemäß Art. 51 Verf[X.] zum Anlaß für innerstaatlicheGesetzesänderungen zu nehmen und von der [X.] —bestätigenfi zulassen.(c) Schließlich tritt die [X.] (Re-solution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom [X.] 1948) hinzu, deren rechtliche Bedeutung der Senat in seinem Urteil[X.]St 40, 241, 245 ff. beschrieben hat.(2) Die Angeklagten waren als Mitglieder des Politbüros persönlichzum Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit auch derjenigen Bür-ger der [X.] verpflichtet, die die [X.] gewaltlos verlassen wollten. Zu [X.]. 30 Abs. 3 Verf[X.] zur Hilfe berufenen staatlichen und gesell-schaftlichen Organen zählte in erster Linie das Politbüro. Die politischeMacht in der [X.] ging von einem Herrschaftszentrum aus. Dieses umfas-send und unkontrolliert herrschende Führungszentrum der [X.] war das Po-litbüro des Zentralkomitees der [X.], die für alle Bereiche der [X.] einenAlleinführungsanspruch erhob. Dieser Alleinführungsanspruch der [X.] warverfassungsrechtlich gesichert durch Art. 1 Abs. 1 Verf[X.]:—Die [X.] ist ein [X.] Staat [X.] und Bauern. Sie ist die politische Organisation der [X.] in Stadt und Land unter Führung der Arbeiterklasse und ihrermarxistisch-leninistischen Partei.fiDas Politbüro war das höchste Entscheidungsgremium der [X.] unddamit das höchste Machtorgan der [X.]. Jede grundsätzliche politische Ent-scheidung wurde im Politbüro gefällt. Das Politbüro befaßte sich [X.] mit der Außen-, der Sicherheits- und der Innenpolitik. Es regelte grundle-- 14 -gende übergreifende Bereiche auch in Detailfragen. Die Entscheidungen [X.] hatten absolute Bindungswirkung für die Mitglieder der [X.], de-ren Aufgabe es war, die [X.]üsse des Politbüros insbesondere durch denvollständig instrumentalisierten Staatsapparat zu verwirklichen. Auch gegen-über dem [X.] und den [X.] bean-spruchte das Politbüro eine führende Rolle, die es mit Hilfe der Kadernomen-klatur und der sogenannten [X.] verwirklichte. Dies hat der Senat inseinem Urteil [X.]St 45, 270, 280 ff. ausführlich dargestellt.b) Danach waren die Angeklagten verpflichtet, ihre Machtposition [X.] des Politbüros in der Weise zu nutzen, daß sie auf eine Änderungdes praktizierten [X.] der [X.] im Sinne eines Schutzes des Le-bens und der körperlichen Unversehrtheit von [X.] hinwirkten. ZurErreichung des Ziels einer solchen Humanisierung des [X.] wärenicht etwa die Öffnung der Grenzen der [X.] zum westlichen Teil [X.] oder der Abbau der mechanischen Sperrwerke an dieser Grenze erfor-derlich gewesen. Vielmehr hat die Praxis der [X.] bei besonderen Anlässen,wie Staatsbesuchen und Parteitagen, als Erschießungen an der Grenze[X.] scil. Nachrichten hiervon [X.] vermieden werden sollten, gezeigt, daß [X.] an der Grenze es ermöglichte, Flüchtlinge [X.] zu stellen, statt sie aus größerer Entfernung zu erschießen (vgl. [X.]St45, 270, 303). Zumindest in diesem Sinne hatten die Angeklagten sich [X.] zu äußern und entsprechende Anträge zu stellen.c) Das Unterlassen der Angeklagten war für die von den Schützenbegangenen [X.] jedenfalls in der Weise kausal, die nachdem Recht der [X.] für die Beihilfe vorausgesetzt wird.aa) Für die Kausalität der Beihilfe genügt danach, daß das [X.] Gehilfen die Straftat —tatsächlich ermöglicht oder erleichtertfi hat ([X.]-Kommentar § 22 [X.]. 6). Dies ist hier erfüllt. Die Verantwortlichen auf allenEbenen [X.] vom [X.] bis hin zu den Schützen [X.] han-- 15 -delten in dem Bewußtsein, daß ihr [X.] vom höchsten Führungsorgan der[X.], dem Politbüro des Zentralkomitees der [X.], getragen und gebilligtwar. Dies stärkte ihre Motivation zur Begehung ihrer jeweiligen Taten.bb) Anderes ergibt nicht etwa der Gedanke, daß die Angeklagten mitder ihnen gebotenen Initiative naheliegenderweise am Widerstand einerMehrheit der anderen Mitglieder des Politbüros gescheitert wären, sie dieweitere Tötung von [X.] also nicht verhindert hätten. Es ist nämlich inder Rechtsprechung des Obersten Gerichts der [X.] anerkannt, daß [X.] sich parallel verhaltende Täter regelmäßig für den eingetretenen Erfolgnebeneinander strafrechtlich verantwortlich sind. Dies gilt zunächst für [X.] mehrerer parallel, aber unabhängig voneinander aktiv vorgehender Täter([X.] 3, 330) und für die Fälle, in denen ein Täter aktiv handelt unddaneben ein [X.]r untätig bleibt ([X.] 8, 204; 9, 325 m.[X.]. [X.] NJ 1967, 484; [X.] 14, 147). Insbesondere hat das Ober-ste Gericht der [X.] in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, daß diestrafrechtliche Haftung eines Unterlassungstäters nicht etwa dadurch ausge-schlossen ist, daß andere in gleicher Weise [X.] ebenfallsuntätig geblieben sind (so [X.], 105, 108 zum Fall paralleler Verantwort-lichkeit des Bergbaubetriebsleiters und Angehöriger mehrerer Bergbauauf-sichtsbehörden; [X.] 9, 255, 263 f. betreffend mehrere zum Brandschutzverpflichtete Betriebsangehörige; [X.] 9, 292 für das Verhältnis von Fahr-zeughalter und Fahrzeugreparateur; [X.] 11, 223, 232 betreffend zweiÄrzte, die nebeneinander eine rechtzeitige Operation unterließen; [X.] 1976, 719 betreffend mehrere leitende, für die Maschinensicherheit ver-antwortliche Betriebsmitarbeiter). Hierzu ist hervorzuheben, daß in allen die-sen Fällen die Kausalität von täterschaftlichem Unterlassen, nicht etwa [X.] bloßer durch Unterlassen begangener Beihilfe in Rede stand.cc) Soweit im Kommentar zum StGB-[X.] als weitere Voraussetzungder Kausalität der Beihilfe genannt ist, daß der Täter die ihm gewährte Un-terstützung ausgenutzt haben müsse, während nur [X.] versuchte Bei-- 16 -hilfe vorliege, wenn der Täter von der Unterstützung des Gehilfen keinenGebrauch gemacht habe ([X.]-Kommentar § 22 [X.]. 6), bleiben dabei er-sichtlich die Fälle der Beihilfe durch Unterlassen außer Betracht, die indes inder genannten Kommentierung [X.] unmittelbar davor [X.] bestätigend erläutertwird.dd) Der Strafbarkeit der Angeklagten wegen durch Unterlassen [X.] Beihilfe zum Mord steht schließlich keinesfalls entgegen, daß [X.] ist, die Schützen, die die jeweils tödlichen Schüsse abgegebenhaben, seien bereits zu ihren Taten entschlossen gewesen, als die Ange-klagten sich jeweils pflichtwidrig verhielten. Allerdings findet sich im [X.] zum StGB-[X.] im Rahmen der Umschreibung der Beihilfe die [X.], daß der Gehilfe —den zur Ausführung der Tat bereits entschlossenenTäterfi unterstützt (aaO § 22 [X.]. 6). Dies ist jedoch nicht etwa dahin zu [X.], daß nur dem als omnimodo facturus handelnden Täter Beihilfe gelei-stet werden könnte. Vielmehr handelt es sich bei der genannten Passageerkennbar um eine Abgrenzung zur Anstiftung, die nach der gleichen [X.] eine —vorher nicht gewollte [X.] voraussetzt (aaO § 22[X.]. 4). Gemeint ist mit den beiden zitierten Wendungen, daß vom [X.] ausgehende Impulse, die den Tatentschluß des [X.] erst auslösen,nicht [X.] nur [X.] die nach der Systematik des § 22 StGB-[X.] (Abs. 2 Nr. 1 und3, Abs. 4 Satz 1) letztrangige und minderstrafwürdige Beihilfe konstituieren,sondern regelmäßig eine Anstiftung begründen werden (vgl. Strafrecht der[X.] Allgemeiner Teil Lehrbuch 2. Aufl. 1978 S. 376 f.). Entsprechendes hatder Senat mit seinen Ausführungen in [X.]St 40, 218, 229, 231 und 45, 270,302 bereits zum Ausdruck gebracht.d) Auch die Zumutbarkeit des sub b beschriebenen Verhaltens wargegeben. Während die Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens des [X.] in der kommentierenden und in der systematischen Darstel-lung des Strafrechts der [X.] keinen Platz [X.] gar im Sinne einer gesondertenVoraussetzung der Haftung des Unterlassungstäters [X.] findet, ist diese Zu-- 17 -mutbarkeit doch vom Obersten Gericht der [X.] formuliert worden: [X.] der [X.] von seiner Hilfspflicht nicht dadurch befreit, daßer im Fall der Hilfeleistung mit Strafverfolgung rechnen muß, sofern es umdie Rettung eines Menschen aus Lebensgefahr geht ([X.] 3, 192 f.). [X.] war den Angeklagten [X.] angesichts der jederzeit akuten Ge-fährdung des Lebens von [X.] an der [X.] Grenze [X.] dasgebotene [X.] auch zuzumuten. Diskriminierungen oder gar [X.] sie hinnehmen müssen.[X.] dem Strafgesetzbuch haben die drei Angeklagten sich auf [X.] der vom [X.] getroffenen Feststellungen wegen [X.], begangen in mittelbarer [X.]chaft durch Unterlassen, strafbargemacht.1. In der Rechtsprechung des [X.] ist die Rechtsfigurder mittelbaren [X.]chaft durch Unterlassen anerkannt ([X.]St 40, 257,265 ff.).Auch im Schrifttum wird mittelbare [X.]chaft in der Form der Unter-lassung für möglich gehalten (so [X.] JuS 1963, 85, 91; [X.]/[X.]/Mitsch, Strafrecht [X.]. S. 624; Blei, Strafrecht [X.] Aufl. [X.]; [X.], Strafrecht [X.]. S. 845 f.; [X.]/[X.]/[X.], Strafrecht [X.]. 2, 7. Aufl. S. 280; [X.],Strafrecht [X.]. S. 706; in diesem Sinne auch [X.] NStZ 2000,337). Dagegen wird von anderen Autoren die Rechtsfigur der [X.] abgelehnt oder als obsolet erachtet ([X.]/[X.]in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 25 Rdn. 54 f.; [X.] GA 1959,110, 122; [X.]/[X.], Strafrecht [X.]. [X.]; [X.],Dogmatik der [X.] 1959, [X.]; [X.] in [X.]. § 25Rdn. 216 sowie [X.]chaft und Tatherrschaft 7. Aufl. S. 471 f.; [X.],- 18 -Strafrecht [X.]. [X.]; [X.], Strafrecht 11. Aufl. [X.]). [X.] genannten Autoren nehmen statt mittelbarer [X.]chaft —unmittelbareUnterlassungstäterschaftfi an (so [X.] in [X.]. § 25 Rdn. 216; ähnlich[X.]/[X.] aaO), was für die Praxis auf ein gleichwertiges Ergebnishinausläuft.In der bisherigen rechtswissenschaftlichen Diskussion ist die hier vor-liegende Konstellation, daß mehrere [X.] jedenfalls, wie hier, gleichrangige [X.]Inhaber zentraler staatlicher Macht es gleichzeitig pflichtwidrig unterlassen,ein bestehendes, von ihren Weisungen abhängiges hierarchisch organisier-tes System zu ändern, das die Gefahr [X.] rechtswidriger [X.] Menschen birgt, nicht in den Blick genommen worden, so daß sie auchin den genannten kritischen Stellungnahmen keine Beachtung findet.Schließlich kann die Anwendung der Regeln über die mittelbare [X.]chaftauf die Fälle des Unterlassens nicht daran scheitern, daß im Fall des Unter-lassens ein —Anstoßfi durch den [X.] fehlt (so aber [X.], [X.]chaftund Tatherrschaft 7. Aufl. S. 471), ein —wirklicher Geschehensablauf geradenicht herbeigeführt [X.] (so aber [X.] aaO; ähnlich [X.] mittelbare [X.]chaft setzt weder eine Aktivität des [X.] noch eineKausalität nach dem für aktives [X.] geltenden Regeln voraus. Grundlage derHaftung des pflichtwidrig untätigen [X.] ist vielmehr allein, daß dasHandeln Dritter ihm wegen seiner Tatherrschaft zugerechnet wird (vgl.[X.] aaO). Diese Zurechnung ersetzt [X.] im Vergleich zur aktivenmittelbaren [X.]chaft [X.] sein [X.]. Fragen der Kausalität haben ihren Platzan anderer Stelle.2. Es führt die oben (sub [X.] 1.) beschriebene ununterbrochene Verant-wortungskette von den Mitgliedern des Politbüros über die Mitglieder des[X.]es und die militärischen Befehlsgeber zu denje-nigen Soldaten der [X.], die jeweils die tödlichen Schüsse auf [X.] abgegeben haben. In dieser Kette haben die Mitglieder des [X.] und die Mitglieder des Politbüros sich jeweils- 19 -[X.] durch ihr aktives Verhalten, nämlich durch ihre Mitwirkung an [X.]üssendieser Gremien [X.] wegen Totschlags in mittelbarer [X.]chaft strafbar [X.]. Dies hat der Senat in den Urteilen [X.]St 40, 218 und 45, 270 aus-führlich dargelegt. Er hat dabei namentlich im Verhalten dieser Träger [X.] staatlicher Macht der [X.] das Phänomen gefunden, das [X.] ([X.]. § 25 Rdn. 128; NJW Sonderheft für [X.] 2002, 52 ff.)—Organisationsherrschaftfi nennt: [X.] eines uneingeschränktschuldhaft handelnden [X.] kann dann mittelbarer Täter sein, wenn erdurch Organisationsstrukturen bestimmte Rahmenbedingungen ausnutzt,innerhalb derer sein Tatbeitrag regelhafte Abläufe auslöst. Derartige Rah-menbedingungen mit regelhaften Abläufen kommen bei Befehlshierarchienverschiedenster Art in Betracht. Handelt in einem solchen Fall der [X.] in Kenntnis dieser Umstände, nutzt er insbesondere auch die unbe-dingte Bereitschaft des unmittelbar Handelnden, den Tatbestand zu erfüllen,aus und will der [X.] den Erfolg als Ergebnis seines eigenen Han-delns, ist er Täter in der Form mittelbarer [X.]chaft. Er besitzt [X.] die Tatherrschaft ([X.]St 40, 218, 236; 45, 270, 296).Dieser Bewertung des aktiven [X.]s von Mitgliedern des [X.] auch das Verhalten der Angeklagten [X.] mit der hinzutretenden Be-sonderheit, daß sie (nur) wegen Unterlassungstäterschaft haften. Auch siehatten das im Urteil [X.]St 45, 270, 303 f. beschriebene eigene [X.] die Tatherrschaft.3. Hier liegt jeweils ein unechtes Unterlassungsdelikt im Sinne des§ 13 StGB vor. Die Angeklagten hatten als Mitglieder des Politbüros rechtlichdafür einzustehen, daß die verfahrensgegenständlichen Tötungen nicht ge-schahen. Diese ihre Garantenpflicht folgt schon aus Art. 30 Abs. 1 und 3Verf[X.]. Es treten die Vorschriften der Art. 6 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1und 2 des [X.] sowie die [X.] hin-zu. Insoweit gelten zunächst die gleichen Gesichtspunkte, wie sie oben (sub[X.] 3. a) für die Rechtslage in der [X.] beschrieben sind. Ergänzend zu dieser- 20 -in konkreten Normen zu findenden Grundlage der Garantenpflicht der Ange-klagten ergibt sich, daß die Angeklagten nach den materiellen Kriterien fürdie Bestimmung einer Garantenstellung gar unter zweierlei [X.] waren: Es wird unterschieden zwischen solchen Garanten-pflichten einerseits, die daraus resultieren, daß der Garant eine Schutzpflichtfür bestimmte Rechtsgüter hat, und andererseits solchen Garantenpflichten,die sich aus der Pflicht zur Überwachung bestimmter Gefahrenquellen erge-ben ([X.] in [X.]. § 13 Rdn. 19 ff.; [X.] in [X.]/[X.],StGB 26. Aufl. § 13 Rdn. 9 ff.; Tröndle/[X.], StGB 50. Aufl. § 13 Rdn. 5b,5c; [X.]/[X.]/[X.], Strafrecht [X.]. 2, 7. Aufl. S. 197 ff.; ähnlich[X.], Strafrecht [X.]. [X.] ff.). Beide Aspekte kommen hier [X.]. Die Angeklagten waren sowohl —Überwachungsgarantenfi als auch—[X.]. Als Mitglieder des höchsten Machtorgans der [X.]waren sie verpflichtet, das im Laufe der Jahre errichtete Grenzregime der[X.], von dem eine jederzeit akute Lebensgefahr für friedliche [X.], in der Weise zu überwachen und zu steuern, daß eine Tötung sol-cher Flüchtlinge unterblieb. Zum anderen waren die Angeklagten nachArt. 30 Abs. 1 und 3 Verf[X.] verpflichtet, das Leben eines jeden [X.] [X.] zu schützen (oben sub [X.] 3. a bb).4. Danach war es den Angeklagten geboten, sich, wie oben (sub [X.]3. b) beschrieben, im Politbüro durch Äußerungen und Anträge für eine Än-derung des [X.] im Sinne einer Humanisierung desselben und [X.] zur Rettung des Lebens der Flüchtlinge aktiv einzusetzen. Unter [X.] der Handlungspflicht der Angeklagten bleibt es ohne Bedeu-tung, daß es ungewiß ist, ob die Angeklagten durch die ihnen gebotenen [X.] jeweils das Leben der Opfer tatsächlich gerettet hätten. Nur die [X.] voraussehbare Erfolglosigkeit eines [X.]s läßt die Hand-lungspflicht entfallen ([X.]R StGB § 13 Abs. 1 Zumutbarkeit 1 [[X.] 1994,510 m. [X.]. [X.]], Zumutbarkeit 2; vgl. auch Puppe in [X.],[X.]. vor § 13 Rdn. 110; [X.] StV 1991, 182, 185). Solches liegthier nicht vor.- 21 -5. Das Unterlassen der Angeklagten war im Sinn der im Bereich [X.] Unterlassens geltenden [X.] für die den [X.] zuzurechnenden Tötungsfälle —[X.]. Dabei sind einemjeden Angeklagten diejenigen Tötungsfälle zuzurechnen, die sich nach sei-nem Eintritt ins Politbüro bis zu einer dort erfolgten ausdrücklichen [X.] über die Fortgeltung des [X.] im Sinne von [X.]St45, 270 zugetragen haben. Aus dem Rangverhältnis von [X.] und [X.] ergibt sich, daß eine Verantwortlichkeit für Unterlassen jeweils durch ei-ne solche ausdrückliche [X.]ußfassung begrenzt wird. Den Angeklagten B und [X.] sind danach die Fälle 2 bis 4 anzulasten, dem Ange-klagten [X.] zunächst Fall 1. Ihm wären über die Dauer seiner Mit-gliedschaft im Politbüro hinaus auch die Fälle 2 bis 4 anzulasten, wenn [X.] in Bezug auf diese Fälle positives [X.] durch seine Mitwirkung an der[X.]ußfassung vom 11. Juni 1985 an die Stelle des Unterlassens getretenwäre.a) Ein Unterlassen, also ein [X.] kann [X.] ontologisch [X.]nicht Ursache eines Erfolges sein. Deshalb stellen die ständige Rechtspre-chung und die allgemeine Lehre zur [X.] notwendigerweise normativen [X.] Be-urteilung der Kausalität bei den unechten [X.]n auf die—hypothetische Kausalitätfi ab. Diese birgt für die Fälle des Unterlassens [X.] zu der nach der Äquivalenztheorie in den Fällen aktiven [X.]sanzuwendenden conditio sine qua non-Formel. Danach ist ein Unterlassendann mit dem Erfolg als —[X.] in Zurechnungsverbindung zu set-zen, wenn dieser beim Hinzudenken der gebotenen Handlung entfiele, [X.] die gebotene Handlung den Erfolg verhindert hätte ([X.]St 37, 106, 126m. N. der [X.].; [X.] in [X.]. § 13 Rdn. 16 bis 18; [X.] in[X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 13 Rdn. 61; Tröndle/[X.], [X.]. vor § 13 Rdn. 20; [X.], Strafrecht [X.]. [X.]). Hätte das Politbüro [X.] auf Initiative eines seiner Mit-glieder [X.] beschlossen, das bestehende Grenzregime in der oben (sub [X.] 3. b)beschriebenen Weise zu humanisieren, wären die hier [X.] -ständlichen Tötungen ausgeblieben. Der [X.] und alleGliederungen der [X.] hätten die Anordnung des höchsten Macht-organs der [X.] befolgt.b) Im Ergebnis bleibt es ohne Bedeutung, daß die [X.] in Bezug aufdas Grenzregime nur eingeschränkt souverän war, daß sie nicht gegen [X.] der [X.] die Grenze durchlässig machen oder gar das Grenzre-gime beseitigen durfte. Denn die Aufrechterhaltung und namentlich die Aus-gestaltung des [X.] hatte die [X.] weitgehend der [X.] über-lassen. So hatte die [X.] [X.] und mithin das Politbüro [X.] eine wesentliche ei-gene Entscheidungskompetenz, von der auch Gebrauch gemacht wurde.Dies zeigen der —eigenmächtigefi Abbau der Erdminen und Selbstschußanla-gen im Jahr 1985 und die bei Staatsbesuchen und Parteitagen getroffenenVorkehrungen zur Vermeidung von Erschießungen durch Erhöhung der Po-stendichte. Das hat der Senat in seinem Urteil [X.]St 45, 270, 302 f. näherdargestellt. Eine entsprechende Humanisierung des [X.] hätte diehier in Rede stehenden Erschießungen verhindert.c) Für die Beurteilung der —[X.] des Unterlassens [X.] kommt es nicht darauf an, welche Wirkung das Handeln gehabthätte, das jedem einzelnen von ihnen geboten war. Vielmehr ist auf das [X.] Unterlassen aller derjenigen abzustellen, die ebenso wie die Ange-klagten pflichtwidrig untätig geblieben sind, also auf die Untätigkeit aller Mit-glieder des Politbüros im hier relevanten [X.]raum. Deshalb bleibt es ohneBedeutung, daß jeder der Angeklagten möglicherweise im Politbüro mit [X.] gebotenen Initiative an einer entgegenstehenden Mehrheit gescheitertwäre. Kann die zur Schadensabwendung erforderliche Maßnahme nur durchdas Zusammenwirken mehrerer Beteiligter zustande kommen, so setzt jeder,der es trotz seiner Mitwirkungskompetenz unterläßt, seinen Beitrag dazu zuleisten, eine Ursache dafür, daß die Maßnahme unterbleibt; innerhalb [X.] haftet er für die sich daraus ergebenden tatbestandsmäßigen [X.]. Dabei kann er sich nicht damit entlasten, daß sein Bemühen, die gebo-- 23 -tene Kollegialentscheidung herbeizuführen, erfolglos geblieben wäre, weil ihndie anderen Beteiligten im [X.] überstimmt hätten. Sonst könnte sichjeder Garant allein durch den Hinweis auf die gleichartige und ebensopflichtwidrige Untätigkeit gleichgeordneter Garanten von jeder strafrechtli-chen Haftung freizeichnen ([X.]St 37, 106, 131 f.).Dieses Prinzip, im Fall parallelen Unterlassens gleichrangiger Garan-ten (auch kumulatives Unterlassen genannt) für die Beurteilung der —[X.] nicht etwa auf das alleinige Verhalten des einzelnen Garanten,sondern auf das Verhalten der Garantengemeinschaft abzustellen, hat [X.] weitgehend Zustimmung gefunden ([X.]/[X.] JuS 1992,737, 742 ff.; [X.] Jura 1991, 533, 536 ff.; [X.]/[X.] 1996, 292, 327, 332 f.; [X.] NStZ 1994, 561, 563; KuhlenNStZ 1990, 566, 569 f. und [X.], 1142, 1146; [X.], 3193, 3197 f.; [X.], Unternehmensstrafrecht 1996 S. 59 ff.; [X.],Strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Gremienentscheidungen in Unterneh-men 2001 S. 202 ff.; [X.], Strafrecht [X.]. [X.]). [X.] stimmen dem Ergebnis zu, beschreiben jedoch eigene [X.], finden [X.] des Problems in der Frage [X.] (so Puppe in [X.], [X.]. vor § 13 Rdn.109 f. und [X.], [X.] beim [X.] und Unterlassen 1999 S. 249ff., 263).Der erhobenen Kritik an dieser Sicht ist folgendes entgegenzuhalten:Soweit [X.] StV 1991, 182, 185 meint, bei Untätigkeit parallel hand-lungspflichtiger Garanten hafteten allein diejenigen, die zuerst —den Eindruckder Uneinsichtigkeit erwecktfi hätten, nicht aber diejenigen, die —resigniertenfi,vernachlässigt dies die Gleichrangigkeit der Handlungspflicht aller Garanten.Soweit gar argumentiert wird, das Abstellen auf die Untätigkeit aller Garan-ten, deren Unterlassen zu erwarten sei, erinnere an —[X.] (Dencker,Kausalität und Gesamttat 1996 S. 170), ist zu entgegnen: Die Beurteilung der—[X.] des Unterlassens erfolgt allein nach normativen [X.] 24 -In diesem Zusammenhang ist rechtmäßiges Verhalten der parallelen Garan-ten zu unterstellen; denn das Recht hat von der Befolgung seiner Regelnauszugehen ([X.] aaO S. 263; vgl. auch [X.] in Festschrift für [X.] 1995 S. 419, 423).6. Die kollektive Verweigerung des gebotenen Handelns durch glei-chermaßen verpflichtete Garanten, nämlich die Angeklagten und die übrigenuntätig gebliebenen Mitglieder des Politbüros, stellt sich als Nebentäter-schaft, auch Mehrtäterschaft genannt (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. § 25 Rdn. 100; [X.] in [X.]. § 25Rdn. 222 f.; Tröndle/[X.], StGB 50. Aufl. § 25 Rdn. 11; [X.] 1975,161 ff.), dar. Der Annahme einer Mittäterschaft bedarf es hier nicht, da [X.] erforderlich ist, [X.] wie typischerweise in Fällen aktiver Mittäterschaft [X.]jedem Mittäter aktive Tatbeiträge anderer Mittäter zuzurechnen.Auch die oben (sub 5.) beschriebene —[X.], wonach der—quasi-ursächlichefi Beitrag jedes einzelnen [X.] zum [X.] nicht in der gedachten bloßen Konsequenz des individuellenUnterlassens zu suchen, sondern in der hypothetischen Folge des [X.] Unterlassungsverhaltens aller Politbüro-Mitglieder zu finden ist,nötigt nicht etwa zu der Prüfung, ob auch die Voraussetzungen einer [X.], namentlich ein gemeinschaftlicher Tatentschluß, vorliegen.7. Zudem war es den Angeklagten zuzumuten, im Politbüro durch Äu-ßerungen und Anträge auf eine Änderung des praktizierten [X.]hinzuwirken. Angesichts der Schwere der drohenden Übel (vgl. [X.]St 4, 20,23; [X.] NJW 1964, 731, 732; [X.] NStZ 1984, 164), hier der jederzeit be-vorstehenden rechtswidrigen Tötung von Menschen, hatte das Interesse [X.] an der Erhaltung ihrer Reputation und ihrer Ämter zurückzuste-hen. Zur Erhaltung von Menschenleben sind äußerste Anstrengungen zufordern ([X.]R StGB § 13 Abs. 1 Zumutbarkeit 1 [X.] 1994, 510 m. [X.].[X.]). Allerdings kann es unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit be-- 25 -deutsam sein, daß das [X.] nur eine verschwindend geringeRettungschance bietet ([X.] aaO). So liegt es hier aber nicht. Die vielfachaus akuten Anlässen zur Vermeidung von Erschießungen vorgenommeneUmgestaltung der [X.] und der Abbau von [X.] (vgl. [X.]St 45, 270, 303; oben sub [X.] 3. b undI[X.] 5. b) zeigen, daß eine Humanisierung des [X.] zur Vermeidungder Erschießung von [X.] durchaus möglich war. Insoweit ist [X.] nicht auf die Aussichtslosigkeit der Einzelbemühungen abzustellen.8. Auch entspricht das Unterlassungsverhalten der Angeklagten eineraktiven vorsätzlichen Tötung im Rahmen des [X.], den [X.] des § 13 Abs. 1 StGB gebietet. Die Innehabung zentraler Macht ander Spitze einer Staatsführung läßt aktives rechtswidriges [X.] einerseits unddas Untätigsein angesichts einer bestehenden rechtswidrigen Praxis ande-rerseits besonders eng zueinanderrücken (vgl. die Auslegung der letztenbeiden Politbürobeschlüsse zur Grenzsicherung, [X.]St 45, 270, 289 f.).9. Schließlich stellt sich die Beteiligung der Angeklagten an den Tö-tungen nicht etwa nur als Beihilfe zu den Taten der den Angeklagten in ver-schiedenster Weise nachgeordneten Tätern dar. Allerdings ist die Abgren-zung zwischen [X.]chaft und Beihilfe für die Fälle des pflichtwidrig untäti-gen [X.] in der Rechtsprechung wenig gesichert (vgl. [X.]St 2,150, 151; 4, 20, 21; 13, 162, 166; 40, 257, 268; [X.] NJW 1951, 204, 205und 1966, 1763) und im Schrifttum umstritten (vgl. [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. vor § 25 Rdn. 104; [X.] in [X.]. § 13Rdn. 57; [X.] in [X.]. § 25 Rdn. 201 ff. je m. w. N.). Indes kann [X.] zweifelhaft sein, daß die Angeklagten nach allen in Betracht kommen-den Kriterien Unterlassungstäter [X.] und nicht nur unterlassende Gehilfen [X.]waren. Sie waren als Inhaber zentraler staatlicher Macht sowohl —Überwa-chungsgarantenfi als auch —[X.] (oben sub 3). Die [X.] bis zu den Schützen hatten nach ihren Weisungen zu han-deln, was das Selbstverständnis und die Willensrichtung der Angeklagten- 26 -prägte. Die Verantwortlichkeit nimmt in Fällen solcher —[X.] mit größerem Abstand zum [X.] typischerweise nicht ab, sondernzu ([X.]St 40, 218, 237; [X.], [X.]). Jede wertende Betrachtung bestätigt das gefundene [X.] Das tateinheitliche pflichtwidrige Unterlassen der Angeklagtenführte zu mehreren Tötungsfällen. Dies begründet eine einzige [X.] jedes Angeklagten ([X.]St 37, 106, 134).II[X.]Welches dieser Rechte bei der Beurteilung der Unterlassungstaten [X.] als das mildere Recht (Art. 315 Abs. 1 EGStGB i.d.[X.] i.V. mit § 2 Abs. 3 StGB) anzuwenden ist, bestimmt sich[X.] bei Anwendung des Grundsatzes strikter Alternativität ([X.]St 37, 320,322; 38, 18, 20; 41, 247, 277) [X.] nach folgendem: Nach dem Strafrecht der[X.] wird sich eine Anwendung des [X.] § 213 StGB im Hinblick auf die zweite Alternative der Vorschrift aufdrän-gen (vgl. [X.]St 45, 270, 306), der gemäß § 49 Abs. 1 StGB jedenfalls ge-mäß § 13 Abs. 2 StGB nochmals zu mildern sein wird. Andererseits wird [X.] das Strafrecht der [X.] hier naheliegend eine leichtere Strafart alsFreiheitsstrafe, insbesondere eine Verurteilung auf Bewährung nach § 33StGB-[X.] zulassen, weil § 22 Abs. 4 Satz 1 StGB-[X.] für den [X.] die Möglichkeit der außergewöhnlichen Strafmilderung nach § 62StGB-[X.] und damit die Anwendung einer leichteren als der gesetzlich vor-gesehenen Strafart Freiheitsstrafe ermöglicht, —wenn die Tat wenigerschwerwiegend istfi, was anzunehmen sich schon im Blick auf das abzuur-teilende Unterlassen aufdrängen [X.] -B.Soweit die Revision der Staatsanwaltschaft sich gegen den [X.] Angeklagten [X.] richtet, hat sie aus einem weiteren Gesichts-punkt Erfolg. Das [X.] hat die diesem Angeklagten vorgeworfene [X.] umfassend rechtlich gewürdigt. Dies begründet [X.] auch [X.] einen sach-lichrechtlichen Fehler ([X.] StV 1981, 127, 128 m. w. N. der [X.].; Klein-knecht/[X.], StPO 45. Aufl. § 264 Rdn. 12; [X.] in [X.]/[X.], [X.]. § 264 Rdn. 74), so daß es auf die in diesemZusammenhang erhobenen Verfahrensrügen nicht ankommt.Die Anklage wirft dem Angeklagten [X.] [X.] neben dem Unter-lassen [X.] zusätzlich vor, am [X.]uß des Politbüros vom 11. Juni 1985 mit-gewirkt zu haben (Anklageschrift S. 17). Angesichts dessen, daß das [X.] eines jeden Angeklagten im Politbüro während seiner Mitgliedschaft indiesem Gremium als eine einheitliche Tat im Sinne des § 264 StPO zu [X.] ist, kann kein Zweifel daran bestehen, daß dem Angeklagten [X.] auch die Tötungsfälle 2 [X.] betreffend Bi vom 24. Novem-ber 1986, 3 [X.] betreffend S vom 12. Februar 1987 und 4 [X.] betref-fend [X.]vom 5. Februar 1989 (Anklageschrift S. 22 f.) zur [X.] sind. Dies gilt, wenngleich der [X.] insoweit auslegungsbe-dürftig ist.Hätte das [X.] eine Mitwirkung des Angeklagten [X.] an dem [X.]uß des Politbüros vom 11. Juni 1985 festgestellt, so [X.] für diesen Angeklagten diejenigen rechtlichen Konsequenzen ergeben,die der Senat in dem Urteil [X.]St 45, 270, 287 ff., 295 f. für andere an demgenannten [X.]uß des Politbüros Beteiligte gezogen hat, nämlich eineStrafbarkeit wegen Totschlags in mittelbarer [X.]chaft nach dem StGB ([X.] zum Mord nach dem Recht der [X.]).- 28 -Das [X.] hat diesen Teil des Vorwurfs gegen den Angeklagten [X.] im Urteil gar nicht geprüft. Auch dies führt insoweit zur Aufhe-bung des Urteils. Da bei dem Angeklagten [X.]das positive [X.] eineretwaigen Mitwirkung an dem [X.]uß vom 11. Juni 1985 die bloße mitpflichtwidrigem Unterlassen einhergehende Mitgliedschaft im [X.] verstärkend überlagern würde, begründete eine Strafbarkeit die-ses Angeklagten im Fall 1 wegen Unterlassens und in den Fällen 2 bis 4durch positives [X.] [X.] nicht anders als bei einem fortdauernden [X.] [X.] eine einheitliche Tat.[X.] ergibt sich auf der Grundlage der Feststellungen des [X.] Urteils, daß die Angeklagten sich während ihrer Mitgliedschaft [X.] nach dem Strafgesetzbuch wegen Totschlags durch Unterlassen,nach dem Recht der [X.] wegen durch Unterlassen begangener Beihilfezum Mord strafbar gemacht haben. Gleichwohl erachtet der Senat es für ge-boten, die Angeklagten nicht von hier aus schuldig zu sprechen, sondern [X.] in vollem Umfang an einen neuen Tatrichter zurückzuverweisen.Sonst würde den Angeklagten, die gegen die Freisprüche Rechtsmittel nichteinlegen und somit die Richtigkeit der getroffenen Feststellungen nicht an-greifen konnten, eine Instanz genommen ([X.] StV 1999, 415 m. [X.].Pauly; [X.]R StPO 354 Abs. 1 Schuldspruch 1; [X.]R StGB § 339 Staats-anwalt 1; [X.]/[X.], StPO 45. Aufl. § 354 Rdn. 23 m. w. N.;vgl. aber die andere Verfahrensweise in [X.]St 36, 277, 282 f. und [X.], [X.] 15. August 2002 [X.] 3 StR 11/02).- 29 -D.Schließlich bemerkt der Senat folgendes:[X.]Soweit dem Angeklagten [X.]ein Unterlassen zur Last gelegtwird, geben [X.] freilich vage [X.] Feststellungen im angefochtenen Urteil [X.] einem Hinweis: So hatte der Angeklagte zahlreiche Kontakte in die [X.] [X.] und unternahm —kleine [X.], um —in Fragen [X.] und der Freizügigkeit eine Änderung zum Besseren herbeizuführenfi,womit er jedoch scheiterte. Es erscheint nicht völlig ausgeschlossen, daß [X.] damit gar [X.] unter den Gesichtspunkten des Unterlassens [X.] der-jenigen Handlungspflicht nachgekommen ist, die ihm als Mitglied des [X.] oblag. Insoweit wird darauf Bedacht zu nehmen sein, daß ein entspre-chendes als konkret aussichtsreich erachtetes Verhalten die [X.] rechtlich gebotenen Verhaltens in Frage stellen kann, dessen Unter-lassen zwar im Sinne der obigen Darlegungen grundsätzlich strafrechtlichrelevant war, das tatsächlich jedoch kaum eine realistische Durchsetzungs-chance hatte. Die Zumutbarkeit könnte dann unter dem Gesichtspunkt ent-fallen, daß das eigentlich gebotene Verhalten möglicherweise dazu geführthätte, daß realistische Erfolgschancen konkreter anderweitiger Bemühungen,das Grenzregime abzumildern, entwertet worden wären. Von einer straf-rechtlichen Haftung wegen etwaiger aktiver Mitwirkung am [X.]uß des [X.] vom 11. Juni 1985 könnte dies den Angeklagten [X.] ind[X.] befreien. Jedoch wären Aktivitäten der genannten Art gegebenenfallsfür die Sanktionsentscheidung von so erheblicher Bedeutung, daß die [X.] an der untersten Grenze des Zulässigen bemessen werden [X.] -I[X.]Im Fall eines Schuldspruchs wird bei der Strafzumessung [X.] Angeklagte dem [X.]faktor [X.] auch unter Bedacht auf die Dauer des Revi-sionsverfahrens [X.] Rechnung zu tragen sein (vgl. [X.]R StGB § 46 Abs. 2Verfahrensverzögerung 13).II[X.]Der Senat findet erstmalig eine Verantwortlichkeit hoher Funktionsträ-ger der [X.] für Tötungen an der [X.] Grenze unter dem Ge-sichtspunkt des Unterlassens. Dies hat seine Gründe in der besonderenRangstellung des Politbüros und seiner Mitglieder. Es erscheint gänzlichfernliegend, daß der Senat eine entsprechende Handlungspflicht hoherFunktionsträger der [X.], die unterhalb dieser Machtebene standen, bejahenwürde.[X.] Häger [X.] Raum

Meta

5 StR 281/01

06.11.2002

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.11.2002, Az. 5 StR 281/01 (REWIS RS 2002, 825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 825

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