Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.04.2019, Az. B 9 V 33/18 B

9. Senat | REWIS RS 2019, 8661

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Gegenstand

(Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts - Darlegungsanforderungen - keine Besetzungsrüge auf Verdacht - Erfragen der Geschäftsverteilung und etwaiger Verhinderungen bei Gericht - Mitwirkung des geschäftsplanmäßigen Vertreters - erforderliche Darlegung des Nichtvorliegens eines Vertretungsfalls - Anhörungsfrist des § 153 Abs 4 S 2 SGG - sozialgerichtliches Verfahren)


Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 24. Juli 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im oben bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz wegen eines gewaltsamen Angriffs ihres geschiedenen Ehemanns.

2

Der Beklagte lehnte einen entsprechenden Antrag der Klägerin ab (Bescheid vom [X.], Widerspruchsbescheid vom 15.1.2009). Das [X.] hat die dagegen gerichtete Klage nach persönlicher Anhörung der Klägerin sowie der Vernehmung von Zeugen abgewiesen, weil die von der Klägerin geschilderten Ereignisse im Jahr 2003 selbst unter Anwendung der Beweiserleichterung des § 15 [X.] Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung nachgewiesen seien (Urteil vom 19.6.2017). Die Berufung der Klägerin hat das L[X.] nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss zurückgewiesen. Die aktenkundigen Sachverhaltsdarstellungen der Klägerin seien unglaubhaft (Beschluss vom 24.7.2018).

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum B[X.] eingelegt, mit der sie Verfahrensmängel geltend macht und Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

4

II. 1. Der Antrag der Klägerin, ihr PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu gewähren, ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 [X.] [X.]G iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem B[X.] nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn ua die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es (dazu 2.).

5

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die allein behaupteten Verfahrensmängel nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 [X.]G), so müssen bei der Bezeichnung dieses [X.] (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. Daran fehlt es hier.

7

Soweit die Klägerin einen Besetzungsmangel beim L[X.] und damit einen Verstoß gegen ihr Recht auf den gesetzlichen [X.] aus Art 101 Abs 1 S 2 GG rügt, verfehlt sie diese Darlegungsanforderungen. Ein Beschwerdeführer, der eine Besetzungsrüge erhebt, muss die Tatsachen angeben, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts ergibt. Handelt es sich dabei um gerichtsinterne Vorgänge, die ihm nicht ohne Weiteres bekannt sind, muss er insoweit eine Aufklärung durch zweckentsprechende Ermittlungen anstreben und ggf darlegen, dass er sich vergeblich um die Aufklärung dieser Tatsachen bemüht hat (B[X.] Urteil vom 9.10.1987 - 9a [X.] - Juris RdNr 10; B[X.] Urteil vom 15.6.1988 - 7 [X.]/86 - Juris RdNr 18 mwN). Eine lediglich "auf Verdacht" behauptete nicht vorschriftsmäßige Besetzung genügt nicht (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - 7 [X.] - Juris RdNr 14; [X.] Beschluss vom 14.9.2016 - 4 [X.] 540/16 - Juris RdNr 11 mwN; ferner BVerwG Beschlüsse vom 30.11.2004 - 1 [X.]/04 - Juris RdNr 3, vom 18.5.1999 - 11 B 37/98 - Juris RdNr 7). Folglich muss der Beschwerdeführer vortragen, dass und ggf welche zweckdienlichen Ermittlungen er durchgeführt hat, zB dass er beim L[X.] den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder - wie hier - der Beschlussfassung maßgeblichen Stand der Geschäftsverteilung einschließlich etwaiger Verhinderungen der geschäftsplanmäßig vorgesehenen [X.] erfragt hat.

8

Diesen Vortrag enthält die Beschwerde nicht. Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf den Geschäftsverteilungsplan zwar vor, dass der 11. Senat des L[X.] mit der Vorsitzenden [X.]in am L[X.] S., dem [X.] am L[X.] Dr. B. und dem [X.] am L[X.] C. besetzt sei. Sie setzt sich jedoch nicht damit auseinander, dass es sich beim [X.] am L[X.] W., dessen Mitwirkung sie bemängelt, um den geschäftsplanmäßigen Vertreter von [X.] am L[X.] C. im 11. Senat handelt, den die Klägerin für den eigentlich zuständigen [X.] hält. Die Klägerin hätte angesichts dessen darlegen müssen, warum im Zeitpunkt der Beschlussfassung kein Vertretungsfall vorgelegen hat bzw warum sich ein Vertretungsfall trotz der erforderlichen zweckdienlichen Ermittlungen nicht feststellen ließ.

9

Ebenso wenig substantiiert dargelegt ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Klägerin rügt insoweit, das L[X.] habe nach § 153 Abs 4 [X.] [X.]G entgegen ihrem ausdrücklichen Antrag ohne mündliche Verhandlung entschieden und weiteren Vortrag nicht berücksichtigt. Indes setzt § 153 Abs 4 [X.] [X.]G keine Zustimmung der Beteiligten voraus. Ordnungsgemäß angehört hat das L[X.] die Klägerin vor seinem Beschluss und ihr damit rechtliches Gehör gewährt. Die Klägerin räumt selbst ein, dass ihr am 13.6.2018 eine Verlängerung der Äußerungsfrist bis zum [X.] gewährt worden ist. Damit hatte die Klägerin mehr als zwei Wochen (zuzüglich Postlauf) Zeit, die regelmäßig für eine Äußerung genügen (vgl B[X.] Beschluss vom 30.7.2018 - B 5 R 88/18 B - Juris RdNr 19; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.]G, 2017, § 153 [X.]G RdNr 109 jeweils mwN). Zwar macht sie geltend, wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätte die Äußerungsfrist [X.] verlängert und ihr rechtliches Gehör letztlich wirksam nur durch eine persönliche Anhörung in einer mündlichen Verhandlung gewährt werden können. Insoweit fehlt es aber bereits an jeder Darlegung, worin die gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben sollen.

Unabhängig davon fehlt es auch an der für die Rüge einer Gehörsverletzung unabdingbaren Darlegung, welcher Vortrag der Klägerin durch die vermeintliche Gehörsverletzung abgeschnitten worden ist und warum die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (vgl hierzu Senatsbeschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - Juris RdNr 15 mwN). Vielmehr geht die Beschwerde auf die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen des Falls überhaupt nicht näher ein.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]G).

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 [X.] Halbs 2, § 169 [X.]G).

4. [X.] beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 9 V 33/18 B

02.04.2019

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Berlin, 19. Juni 2017, Az: S 118 VG 13/13, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 S 3 Halbs 1 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, § 547 Nr 1 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 02.04.2019, Az. B 9 V 33/18 B (REWIS RS 2019, 8661)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8661

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4 AZN 540/16

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