Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.07.2022, Az. 3 StR 141/22

3. Strafsenat | REWIS RS 2022, 4733

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Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten X.     und [X.]     wird das Urteil des [X.] vom 8. Juli 2021

a) soweit es sie betrifft, im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass schuldig sind

aa) der Angeklagte X.     des schweren Bandendiebstahls in 15 Fällen, davon in neun Fällen in Tateinheit mit schwerem Wohnungseinbruchdiebstahl, in einem Fall mit versuchtem schweren Wohnungseinbruchdiebstahl und in einem Fall mit Sachbeschädigung, und des versuchten schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem schweren Wohnungseinbruchdiebstahl,

bb) der Angeklagte [X.]     des schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen, davon in sieben Fällen in Tateinheit mit schwerem Wohnungseinbruchdiebstahl, in einem Fall mit versuchtem schweren Wohnungseinbruchdiebstahl und in einem Fall mit Sachbeschädigung, des versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem schweren Wohnungseinbruchdiebstahl, und des Diebstahls in vier Fällen;

b) soweit es alle Angeklagten betrifft, in den Aussprüchen über die Einziehung von [X.] dahin neu gefasst, dass die Einziehung folgender Geldbeträge jeweils als Gesamtschuldner angeordnet wird:

gegen den Angeklagten X.     in Höhe von 52.214 €, gegen den Angeklagten [X.]     in Höhe von 57.864,20 € und gegen den Mitangeklagten P.     in Höhe von 24.384 €.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:

2

- den Angeklagten X.     wegen schweren [X.]s in 15 Fällen, davon in zehn Fällen in Tateinheit mit "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung", und versuchten schweren [X.]s in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung",

3

- den Angeklagten [X.]     wegen schweren [X.]s in zwölf Fällen, davon in acht Fällen in Tateinheit mit "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung", versuchten schweren [X.]s in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem "Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung", und Diebstahls in vier Fällen.

4

Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel führen zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und Neufassung der [X.]. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

5

1. Das [X.] hat in den Fällen des vollendeten oder versuchten [X.] jeweils rechtsfehlerfrei angenommen, dass sie dauerhaft genutzte Privatwohnungen im Sinne des § 244 Abs. 4 StGB betrafen. Die Urteilsformel ist deshalb insoweit dahin neu zu fassen, dass sie jeweils auf "schweren Wohnungseinbruchdiebstahl" lautet (vgl. [X.], Beschlüsse vom 19. März 2019 - 3 StR 2/19, [X.]R StGB § 244 Abs. 4 Urteilsformel 1 Rn. 6; vom 18. Februar 2020 - 3 [X.], juris Rn. 59).

6

2. Soweit die [X.] die Angeklagten in Fall [X.] der Urteilsgründe wegen schweren [X.]s in Tateinheit mit schwerem Wohnungseinbruchdiebstahl verurteilt hat, ist der Schuldspruch dahin zu ändern, dass sie des schweren [X.]s in Tateinheit mit versuchtem schweren Wohnungseinbruchdiebstahl schuldig sind. Nach den getroffenen Feststellungen versuchten die Angeklagten zunächst erfolglos, ein Fenster einer Doppelhaushälfte aufzuhebeln, bevor sie eine unverschlossene Kellertür entdeckten, durch die sie ins Innere gelangten. Sie betraten die Räumlichkeiten mithin letztlich durch eine zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmte Tür. Ein Einsteigen im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB liegt deshalb nicht vor ([X.], Beschluss vom 10. März 2016 - 3 [X.], [X.]St 61, 166 Rn. 12 ff.). Beim Schuldspruch wegen schweren [X.]s nach § 244a Abs. 1 StGB verbleibt es gleichwohl, weil die [X.] rechtsfehlerfrei das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) festgestellt hat. Daneben liegt den Angeklagten - im Hinblick auf das Fenster - ein versuchtes Einbrechen gemäß § 244 Abs. 4, § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB zur Last. Der mit diesem versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahl verbundene Eingriff in die Integrität der dauerhaft genutzten Privatwohnung stellt ein zusätzliches Tatunrecht dar, weshalb beide Delikte ideal konkurrieren (vgl. [X.], Beschlüsse vom 19. März 2019 - 3 StR 2/19, [X.]R StGB § 244 Abs. 4 Konkurrenzen 1; vom 2. April 2019 - 3 StR 63/19, juris Rn. 4; vom 8. Dezember 2021 - 3 StR 308/21, [X.], 108).

7

Die Strafaussprüche können bestehen bleiben. Das [X.] hat den Strafrahmen rechtsfehlerfrei dem § 244a Abs. 1 StGB entnommen und weder die vermeintliche Verwirklichung eines zweiten Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 Satz 2 StGB noch den tateinheitlichen schweren Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Abs. 4 StGB strafschärfend gewürdigt. Es ist mithin auszuschließen, dass die [X.] bei zutreffender rechtlicher Würdigung mildere Strafen verhängt hätte.

8

3. Soweit das [X.] die Angeklagten in Fall [X.] der Urteilsgründe (nur) wegen schweren [X.]s verurteilt hat, sind die Schuldsprüche dahin zu ergänzen, dass auch eine hierzu tateinheitlich begangene Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB vorliegt. In diesem Fall hebelten die Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen die Tür einer Gaststätte sowie zwei Zigarettenautomaten auf, um an die Beute zu gelangen. Dadurch verursachten sie einen Sachschaden von 2.500 €. Wie der [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, hat der Geschädigte diesbezüglich Strafantrag gestellt (§ 303c StGB). Die Sachbeschädigung steht mit dem schweren [X.] gemäß § 52 StGB in Tateinheit ([X.], Beschluss vom 27. November 2018 - 2 StR 481/17, [X.]St 63, 253 Rn. 15 ff.).

9

Das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Februar 2020 - 3 [X.], juris Rn. 60 mwN). § 265 StPO steht ebenfalls nicht entgegen, weil sich die geständigen Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

4. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB ist in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden.

Zunächst ist nicht vollumfänglich Gesamtschuldnerschaft angeordnet, obwohl die Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen sämtliche Taten mit Mittätern begingen und in keinem Fall einer von ihnen allein über die [X.] verfügte. Den Wertersatz für diese haben sie deshalb jeweils als Gesamtschuldner zu leisten (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 29. Juni 2021 - 3 [X.], juris Rn. 4 mwN). Die individuelle Benennung anderer Gesamtschuldner in der Entscheidungsformel ist dabei allerdings nicht geboten (s. [X.], Beschlüsse vom 12. Januar 2021 - 3 [X.], wistra 2021, 238 Rn. 2; vom 25. August 2021 - 3 StR 100/21, juris Rn. 11; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 333a).

Der Ausspruch über die Wertersatzeinziehung begegnet ferner Bedenken, soweit das [X.] die von den Angeklagten geschuldete Summe in einzelne Beträge unterteilt und deren Einziehung jeweils "zugunsten" namentlich bezeichneter Geschädigter angeordnet hat. Dadurch erweckt die Urteilsformel den Eindruck, sie begründe einen Zahlungsanspruch der Tatopfer. Gläubigerin des als Wertersatz eingezogenen Geldbetrags ist jedoch allein die Staatskasse. Die Entschädigung der Verletzten ist nach § 459h Abs. 2 StPO Teil des späteren [X.]. Sie hängt von weiteren Voraussetzungen ab (§ 459k StPO; s. zum Ganzen [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2021 - 3 StR 308/21, [X.], 108).

Schließlich hat der [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend darauf hingewiesen, dass der [X.] bei der Festsetzung des in Fall B.II.23. vom Angeklagten [X.]     Erlangten ein Tippfehler unterlaufen ist (4.549,20 € anstatt 4.548,20 €), so dass für ihn 1 € in Abzug zu bringen ist. Insgesamt addieren sich die [X.] damit auf die in der [X.] genannten Summen.

Der Ausspruch über die Wertersatzeinziehung ist demnach unter Erstreckung auf den gleichermaßen betroffenen Mitangeklagten (§ 357 Satz 1 StPO) entsprechend zu ändern (§ 354 Abs. 1 StPO analog).

5. Angesichts des geringen Erfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Schäfer    

        

Berg    

        

[X.]

        

Kreicker    

        

Voigt    

        

Meta

3 StR 141/22

26.07.2022

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 8. Juli 2021, Az: 32 KLs 34/20

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.07.2022, Az. 3 StR 141/22 (REWIS RS 2022, 4733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4733

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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