Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2006, Az. 3 StR 375/05

3. Strafsenat | REWIS RS 2006, 5345

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 375/05 vom 26. Januar 2006 in der Strafsache gegen wegen Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 26. Januar 2006, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] am [X.] Prof. Dr. [X.], die [X.] am [X.] Dr. Miebach, [X.], [X.], [X.]als beisitzende [X.], [X.] am [X.]in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 10. Mai 2005 mit den [X.] aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der Herstellung von und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus tat-sächlichen Gründen freigesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die erhobenen Formalrügen kommt es daher nicht an. 1 Die Beweiswürdigung des [X.] hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Sie ist lückenhaft und begründet die Besorgnis, dass das [X.] überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung ausreichende Ü-berzeugung gestellt hat (vgl. [X.], StPO 48. Aufl. § 261 Rdn. 2, 25, 41 m. w. N.). 2 1. Dem Angeklagten lag mit der zugelassenen Anklage zur Last, in einer [X.] eine Cannabisplantage betrieben und aus bereits geernteten 35 Kilo-gramm Marihuana rund 15 Kilogramm gewinnbringend veräußert zu haben. 3 - 4 - Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 4 Am 29. Juli 2004 wurden in einer [X.] in [X.]6.907 Can-nabispflanzen in unterschiedlichen Wachstumsstadien und mehr als 19 Kilo-gramm verkaufsfertiges Marihuana vorgefunden. Außerdem waren eine Viel-zahl leerer Pflanztöpfe und Wurzelballen vorhanden. 5 In der [X.] befand sich ein Stromaggregat. Im Hof stand ein abgemelde-ter PKW, in dem ein Kaufvertrag für dieses Fahrzeug auf den Namen des [X.] lag. Für Spuren, die an in der [X.] und im Hof aufgefundenen "Ge-tränkeflaschen u. ä." gesichert wurden, konnten mittels einer molekulargeneti-schen Analyse insgesamt sechs Verursacher festgestellt werden. Die [X.] eines dieser Spurenleger stimmte mit der des Angeklagten überein. 6 Vor der Entdeckung der Plantage beobachtete eine Anwohnerin, die Zeugin [X.], an der [X.] verschiedene Fahrzeuge, nämlich einen weißen Kastenwagen und zwei andere Lieferwagen. Der weiße Kastenwagen war bis zum 4. Mai 2004 auf den Angeklagten zugelassen. Einer der Lieferwagen war durch die I. GmbH geleast, deren Geschäftsführer und Gesell-schafter der Angeklagte war, bis er die Gesellschaft am 18. März 2004 an den [X.]. veräußerte. 7 Nach dem Mietvertrag für die [X.] vom 28. Oktober 2003 war Mieter die

[X.]. Bauunternehmung GmbH. Der Vertrag trug den Abdruck eines Firmenstempels dieser Gesellschaft und eine Unterschrift, die möglicher-weise "[X.]. " lautete. Diese Baufirma hatte der Zeuge [X.]. im August 2003 unter Vermittlung des Angeklagten an den [X.]. veräußert. 8 - 5 - Ergänzend hat das [X.] ausgeführt, dass weitergehende Fest-stellungen nicht getroffen werden konnten. Insbesondere seien Indizien, auf die sich die Anklage gestützt habe und die in ihrer Zusammenschau mit den getrof-fenen Feststellungen ergeben sollten, dass der Angeklagte der Betreiber der Plantage war, nicht bewiesen worden. 9 2. Das [X.] ist über schwerwiegende, für die Stellung des Ange-klagten als Betreiber der Plantage sprechende Verdachtsmomente ohne Erörte-rung hinweggegangen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11). 10 Dies gilt etwa für den Umstand, dass der Vermieter der [X.], der Zeuge [X.], in den überwachten Telefonaten vom 30. Juli 2004 bzw. vom 3. August 2004 dem Angeklagten - nachdem er diesen gefragt hatte, ob er glaube, dass "die so blöd sind" - mitgeteilt hat, er habe bei seiner polizeilichen Vernehmung gesagt, der Angeklagte sei "nur ein Vermittler gewesen". Dass der Zeuge bei dieser Vernehmung vom 29. Juli 2004 falsche Angaben gemacht hatte, hat sich auch aus dem weiteren Inhalt des Telefonats ergeben: Obwohl der Zeuge den Angeklagten geduzt und als "Dicker" angesprochen hat, hatte er in seiner [X.] behauptet, den Angeklagten nur unter dem Namen "[X.]" und auch nicht näher zu kennen. Dies spricht insgesamt dafür, dass der Angeklagte die [X.] - möglicherweise unter Vorspiegelung ihrer Anmietung durch einen [X.] - selbst angemietet und genutzt hat. Diesen naheliegenden Verdacht hätte das [X.] nicht unerörtert lassen dürfen, zumal der Zeuge [X.] bei [X.] im [X.] an die überwachten Telefonate erfolgten [X.], in der er einräumte, den Angeklagten seit Jahren mit vollem Namen zu kennen, ausgesagt hat, dass er diesem den Schlüssel für die [X.] gegeben hat, und im Übrigen dabei geblieben ist, in der Folgezeit von ihm jeweils die monatliche Miete in bar erhalten zu haben. 11 - 6 - [X.] bleibt auch der von dem [X.]bekundete Umstand, dass anlässlich der bei dem Angeklagten vorgenommenen Durchsuchung die schriftliche Bestellung von Notstromaggregaten aufgefunden worden war. Das [X.] setzt sich in diesem Zusammenhang lediglich mit dem Inhalt der Vernehmung des Mitbeschuldigten [X.]. auseinander, die der Zeuge [X.]aufgrund dieses Fundes durchgeführt hat. 12 Von der Richtigkeit der Angaben der Zeugin [X.] zur mehrfachen Anwesenheit des Angeklagten auf dem [X.]ngelände konnte sich die Kammer - obwohl die Zeugin den Angeklagten im Ermittlungsverfahren näher [X.] und anhand eines Lichtbildes identifiziert sowie in der Hauptverhandlung "zu 80 %" wiedererkannt hat - nicht überzeugen. Dabei verhält sich die Beweis-würdigung nicht dazu, ob die - markante Einzelheiten enthaltende - Personen-beschreibung der Zeugin auf den Angeklagten zugetroffen hat. Ferner hat sich die Kammer nicht damit auseinandergesetzt, dass sie die Angaben dieser Zeu-gin zur Anwesenheit verschiedener Fahrzeuge auf dem [X.]ngelände, die sich durch die Überprüfung der von dieser notierten Kennzeichen als richtig heraus-gestellt haben, ihren getroffenen Feststellungen insoweit ohne weiteres zugrun-degelegt hat. 13 3. Angesichts der Feststellungen, die das [X.] getroffen hat, [X.] der weiteren zahlreichen Indizien, deren Würdigung im Übrigen schon be-sorgen lässt, dass das [X.] an den Grad der Gewissheit, die das Gesetz (§ 261 StPO) für die Überzeugung des Tatrichters von der Schuld des Ange-klagten verlangt, übertriebene und überspannte Anforderungen gestellt hat (vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 5; [X.], 149 m. w. N.), kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich das [X.] von der Schuld des 14 - 7 - Angeklagten überzeugt hätte, wenn es diese Verdachtsmomente in seine Be-weiswürdigung einbezogen hätte. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. 15 [X.] Miebach [X.] [X.] [X.]

Meta

3 StR 375/05

26.01.2006

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.01.2006, Az. 3 StR 375/05 (REWIS RS 2006, 5345)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5345

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