Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.09.2015, Az. I B 86/15

1. Senat | REWIS RS 2015, 4617

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Gegenstand

Einstweiliger Rechtsschutz bei Ablehnung eines Antrags auf Erlass von Säumniszuschlägen


Leitsatz

NV: Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erlass von Säumniszuschlägen kommt als Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes nicht die Aussetzung der Vollziehung, sondern die einstweilige Anordnung in Betracht .

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] vom 1. Juni 2015  10 V 506/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) erließ nach vorangegangener Außenprüfung und einer im gerichtlichen Klageverfahren erzielten tatsächlichen Verständigung am 22. November 2013 gegen den Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) --einen eingetragenen Verein-- geänderte [X.] für die Streitjahre (2000 bis 2008). Die nach erfolglosen Einspruchsverfahren in Bestandskraft erwachsenen Änderungsbescheide weisen auch Säumniszuschläge zur Körperschaftsteuer aus, über die das [X.] danach verschiedene Abrechnungsbescheide erlassen hat und von denen (nach Stand vom 29. Oktober 2014) noch 822.545,91 € offen sind. Den am 28. Januar 2014 gestellten Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge lehnte das [X.] ab. Hiergegen erhob der Antragsteller Klage beim Finanzgericht ([X.]) Köln, über die dieses noch nicht entschieden hat.

2

Der Antragsteller beantragte im Hinblick auf die Säumniszuschläge beim [X.] die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Nach Ablehnung dieses Antrags beantragte er beim [X.] wiederum AdV, hilfsweise den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Dauer des Hauptsacheverfahrens. Das [X.] lehnte den Antrag mit Beschluss vom 1. Juni 2015  10 V 506/15 ab. Gegen den Beschluss richtet sich die --vom [X.] zugelassene-- Beschwerde des Antragstellers, der das [X.] nicht abgeholfen hat.

3

Das [X.] beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

4

II. [X.] ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

5

1. Den Antrag auf AdV der Säumniszuschläge hat das [X.] zu Recht als unzulässig abgelehnt. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Der Antrag kann gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 [X.]O schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Die AdV setzt demnach eine Anfechtungssituation voraus, das heißt einen (vollziehbaren) Verwaltungsakt, den der Steuerpflichtige zumindest mit dem außergerichtlichen Rechtsbehelf (Einspruch) angefochten hat (vgl. [X.] in Beermann/[X.], [X.]O § 69 Rz 113), über welchen noch nicht bestandskräftig entschieden ist.

6

Eine Anfechtungssituation liegt hier nicht vor. Die Säumniszuschläge entstehen kraft Gesetzes (§ 240 der Abgabenordnung --[X.]--) und können daher als solche nicht Gegenstand einer AdV sein ([X.] in Beermann/[X.], [X.]O § 69 Rz 65; Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 69 Rz 105). Soweit in den [X.] des [X.] in Bezug auf die jeweiligen Säumniszuschläge zu sehen waren, wäre insoweit zwar die Möglichkeit einer AdV in Betracht zu ziehen (vgl. Klein/Rüsken, [X.], 12. Aufl., § 240 Rz 43). Doch sind diese Bescheide inzwischen ebenso in Bestandskraft erwachsen wie die nachfolgenden [X.]. Und bei der Ablehnung des [X.] (§ 227 [X.]) hinsichtlich der Säumniszuschläge durch das [X.] handelt es sich nicht um einen vollziehbaren Verwaltungsakt, der einer AdV zugänglich wäre (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 24. September 1970 II B 28/70, [X.], 83, [X.] 1970, 813; [X.] in Beermann/[X.], [X.]O § 69 Rz 92). Für die von der Beschwerde für den Fall der Ablehnung von [X.] befürwortete "teleologische Extension" des § 69 [X.]O besteht angesichts der Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 114 [X.]O (vgl. [X.] in [X.], 83, [X.] 1970, 813) kein Raum.

7

2. Den hilfsweise gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 [X.]O hat das [X.] jedenfalls deshalb zu Recht abgelehnt, weil der Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat (§ 114 Abs. 3 i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Die pauschale und nicht weiter belegte Behauptung, der Fortbestand des Antragstellers sei wegen Erschöpfung der Liquiditätsreserven gefährdet, reicht dafür nicht aus.

8

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I B 86/15

30.09.2015

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 1. Juni 2015, Az: 10 V 506/15, Beschluss

§ 69 Abs 3 FGO, § 114 FGO, § 240 AO, § 227 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.09.2015, Az. I B 86/15 (REWIS RS 2015, 4617)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4617

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