Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2014, Az. 4 AZR 761/12

4. Senat | REWIS RS 2014, 1226

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Gegenstand

Ablösung verbandstariflicher Regelungen


Leitsatz

Die Ablösung tariflicher Regelungen durch einen anderen Tarifvertrag setzt voraus, dass die aufeinanderfolgenden Tarifvereinbarungen von denselben Tarifvertragsparteien geschlossen werden. Schließt ein an einen Verbandstarifvertrag kraft Mitgliedschaft gebundener Arbeitgeber mit der Gewerkschaft, die diesen Tarifvertrag vereinbart hat, einen Haustarifvertrag, findet auch hinsichtlich übereinstimmender Regelungsbereiche keine Ablösung statt, sondern es kann lediglich eine Tarifkonkurrenz eintreten.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Juni 2012 - 12 [X.] 497/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Anwen[X.]rkeit eines Tarifvertrags auf das zwischen ihnen bis zum 31. März 2013 bestandene Arbeitsverhältnis.

2

Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 2008 bei der [X.] - der [X.] -, einem Luftfahrtunternehmen, als Flugzeugführer beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag heißt es [X.].:

        

2.    

Rechte und Pflichten

        

Das Arbeitsverhältnis unterliegt den jeweils bei [X.] geltenden Tarifverträgen und Tarifvereinbarungen für die nach dem 28.03.2008 eingestellten Mitarbeiter des [X.], sowie den diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Vereinbarungen.

        

Auf das Arbeitsverhältnis finden vollinhaltlich der Manteltarifvertrag Nr. 1a [X.] und der Vergütungstarifvertrag Nr. 1a [X.] entsprechende Anwendung bis zu dem Zeitpunkt, ab dem gemäß Vereinbarung vom 28.03.2008 ein neuer Manteltarifvertrag und Vergütungstarifvertrag zwischen [X.] und der [X.] zustande kommt.“

3

Die Beklagte ist Mitglied in der [X.] ([X.]). Der Kläger trat am 1. November 2008 in die Gewerkschaft [X.] e.V. ([X.]) ein.

4

Die [X.] und die [X.] schlossen bereits am 1. Jan[X.]r 2005 den „Manteltarifvertrag Nr. 1 für das [X.] der [X.] und [X.] (gültig ab 01.01.2005)“ ([X.] Nr. 1) sowie am 29. November 2005 den „Tarifvertrag [X.]“ ([X.]).

5

Der [X.] bestimmt zum Geltungsbereich in § 1:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt:

        

a)    

räumlich: für die [X.];

        

b)    

persönlich: für die Mitarbeiter des [X.], die unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrags für das [X.] der [X.] und der [X.] in seiner jeweils gültigen Fassung fallen, mit Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne von § 1 Absatz 2 [X.].“

6

§ 1 Abs. 1 [X.] Nr. 1 sieht zum Geltungsbereich vor:

        

„Der Tarifvertrag gilt für die in der [X.] tätigen Mitarbeiter des [X.] der [X.] Flugdienst GmbH ([X.]) und der [X.] ([X.]) - im folgenden Mitarbeiter genannt.“

7

Im Hinblick auf eine geplante Übernahme der [X.] und der [X.] Flugdienst GmbH ([X.]) durch die [X.] ([X.]) und [X.] fanden Tarifverhandlungen zwischen der [X.] einerseits und [X.]. der [X.], der [X.], der [X.] & Co. Luftverkehrs KG, der [X.] Lufttransport-Unternehmen GmbH ([X.]) sowie der [X.] ([X.]) andererseits statt. Diese führten am 28. März 2008 zu einer „Gemeinsamen Vereinbarung“, die [X.]. von der [X.] und der [X.] unterzeichnet wurden.

8

In einem „[X.] zur gemeinsamen Vereinbarung vom 28.03.2008 betreffend [X.]/[X.]“ ([X.]) vom gleichen Tag heißt es [X.].:

        

„1.     

Die Tarifpartner stimmen darin überein, dass angesichts des fest vereinbarten Verkaufs der [X.]-Anteile durch [X.] die [X.] zukünftig eine eigene Tarifkommission haben wird, welche aus [X.] besteht, die nach dieser Vereinbarung eingestellt werden.

        

2.    

Die Tarifpartner sind sich darüber einig, dass die gemeinsame Vereinbarung [X.], [X.] und [X.] vom 28.03.2008 entsprechende Geltung auch für die [X.]/[X.] entfaltet und das bestehende Tarifwerk der [X.]/[X.] für alle ab dem 28.03.2008 eingestellten Piloten ablöst.

                 

Dies bedeutet insbesondere, dass die mit diesem Ergebnis gefundenen Regelungen zu [X.] und Bereederung (gemäß der gemeinsamen Vereinbarung vom 28.03.2008), sowie die Regelungen des [X.] Nr. 1a [X.] sowie der [X.] Nr. 1a [X.] auf alle Neueinstellungen, Förderungen und Wechsel der [X.]/[X.] in der [X.]-Gruppe entsprechende Anwendung finden und als eigenständige Tarifverträge gleichlautend abgeschlossen sind.

                 

Diese Vereinbarung steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung des [X.] zum Zusammenschluss [X.] und [X.]/[X.].

        

3.    

Ab dem 28.03.2008 finden angesichts der ausstehenden Entscheidung des [X.] zum Zusammenschluss von [X.] und [X.]/[X.] auf neueingestellte Mitarbeiter vorläufig die [X.]- und [X.]-Konditionen der [X.] in der Fassung der Vereinbarung vom 28.03.2008 entsprechend Anwendung.

                 

Die Tarifpartner sind sich darin einig, dass in dem Fall einer Nichterteilung der [X.]zustimmung unverzüglich die Verhandlungen durchgeführt werden, die die Regelung des vorstehenden Satzes ersetzen sollen.“

9

[X.] und [X.] zogen zu einem späteren Zeitpunkt ihren Antrag auf Zustimmung zum Zusammenschluss von [X.] und der [X.] sowie der [X.] beim [X.] zurück. Nachfolgend schlossen die Beklagte und die [X.] sowie die [X.] am 28. August 2008 einen Tarifvertrag ([X.]), der mit dem [X.] bis auf den nachstehenden Inhalt übereinstimmte:

        

„Tarifvertrag

        

‚Gemeinsame Vereinbarung vom 28.03.2008,

        

betreffend [X.] und [X.]‘

        

Zwischen

        

der [X.] Flugdienst GmbH und der [X.],

        

einerseits

        

und     

        

der [X.] e.V.,

        

andererseits

        

werden nachfolgende Regelungen vereinbart:

        

…       

        
        

3.    

…*.     

        

4.    

Die Vereinbarungen zwischen der [X.] und [X.] / [X.] aus den Regelungen des KTV der Deutschen [X.] / [X.] / [X.] bleiben hiervon unberührt.

        

…       

                 
        

Für die (AHV) [X.] Flugdienst GmbH / [X.]

Für die [X.] e.V.

                 

----------------------------

        

* Die vorläufige, entsprechende Anwendung des [X.] Nr. 1a und des [X.] Nr. 1a der [X.] - Gruppe behält, unabhängig von einer [X.]entscheidung, solange für [X.] / [X.] ihre Gültigkeit, bis anderslautende Tarifverträge für Neueinstellungen geschlossen wurden.“

Der in der Fußnote genannte Manteltarifvertrag [X.] Nr. 1a ([X.]-AB Nr. 1a) regelt zum Geltungsbereich in § 1:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt:

        

…       

        
        

persönlich:

für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend zusammenfassend ‚Arbeitnehmer‘) des [X.] der [X.]; ausgenommen sind Arbeitnehmer mit einem Ausbildungsvertrag.“

Die [X.], die [X.] sowie die Beklagte erzielten mit der [X.] am 26. Jan[X.]r 2011 ein „Verhandlungsergebnis Tarifrunde 2009/2010“, das [X.]. folgenden Inhalt hat:

        

C.    

Manteltarifvertrag Nr. 2 für das [X.] der [X.] und [X.]

        

Mit Wirkung ab März 2011 gilt Manteltarifvertrag Nr. 2, dessen Inhalt mit dem Manteltarifvertrag Nr. 1 übereinstimmt, soweit nachfolgend abweichend nichts anderes geregelt ist. Er findet Anwendung auf alle Cockpitmitarbeiter der [X.] und [X.].

        

…       

        

XI. Altersgrenze

        

1. Das Arbeitsverhältnis endet - ohne dass es einer Kündigung bedarf - mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 60. Lebensjahr vollendet.

        

2. Zwischen den Tarifpartnern besteht derzeit kein Einvernehmen hinsichtlich der in Ziffer 1 genannten Altersgrenze sowie des Anwendungsbereichs von tariflichen Regelungen zur Übergangsversorgung und Betrieblichen Altersvorsorge für die unter [X.] Nr. 1 (Verhandlungsergebnis vom 08.12.2009) fallenden Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Tarifpartner bis zu einer abschließenden Rechtsklärung für die oben genannten Mitarbeiter, die in Ziffer 1 genannte Regelung auszusetzen.“

Unter dem gleichen Datum schlossen die [X.] und die [X.] den mit dem Verhandlungsergebnis übereinstimmenden „Manteltarifvertrag Nr. 2 für das [X.] der [X.] und [X.] (gültig ab 01.03.2011)“ ([X.] Nr. 2), der [X.]. regelt:

        

§ 1   

Geltungsbereich

        

(1) Der Tarifvertrag gilt für die in der [X.] tätigen Mitarbeiter des [X.] der [X.] Flugdienst GmbH ([X.]) und der [X.] ([X.]) - im folgenden Mitarbeiter genannt.“

Mit seiner Klage hat der Kläger [X.]. die Feststellung begehrt, dass der [X.] nach wie vor für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sei. Dies ergebe sich sowohl kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme als auch aufgrund unmittelbarer Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien. Weder der [X.] noch der [X.] habe den Tarifvertrag abgelöst.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf sein Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag Übergangsversorgung Cockpit vom 29. November 2005 Anwendung findet.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, aufgrund des [X.] und des [X.] sei der [X.] abgelöst worden. Zudem werde der Kläger nicht mehr von deren Geltungsbereich erfasst, da der [X.] Nr. 1 nicht für ihn gelte.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Im Verlauf des Revisionsverfahrens ist das Arbeitsverhältnis des [X.] am 1. April 2013 auf die [X.] Flugdienst GmbH übergegangen. Den weiteren Antrag auf Feststellung, dass der „Tarifvertrag [X.]-Betriebsrente für das [X.] gültig ab 01. Jan[X.]r 2002“ ([X.]) Anwendung findet, haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Tarifvertragsparteien zum [X.] im August 2013 ein Verhandlungsergebnis erzielt und nachfolgend einen neuen Tarifvertrag geschlossen haben, von dessen personellen Geltungsbereich auch der Kläger erfasst wird.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat den zulässigen Feststellungsantrag, über den der [X.] aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien allein noch zu entscheiden hatte, zu Recht stattgegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob der [X.] ab dem 1. November 2008 kraft beiderseitiger [X.] nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.] für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt. Denn dieser Tarifvertrag fand jedenfalls aufgrund der vertraglichen Bezugnahme in Nr. 2 des Arbeitsvertrags ab dem 1. Oktober 2008 An[X.]dung.

I. Der Feststellungsantrag, dessen gebotene (dazu [X.] 4. Juli 2012 - 4 [X.] - Rn. 13 mwN) und vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] bestätigte Auslegung ergibt, dass er die An[X.][X.]rkeit des [X.] seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Oktober 2008 auf das zwischen den Parteien bis zum 31. März 2013 bestehende Arbeitsverhältnis festgestellt wissen will, ist zulässig. Insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, [X.]n die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Das besondere Feststellungsinteresse ist eine in jedem Stadium des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Es muss auch noch in der Revisionsinstanz gegeben sein (vgl. nur [X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] - Rn. 15 mwN). Wird ein Antrag auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, besteht ein Feststellungsinteresse nur dann, [X.]n sich aus der Entscheidung noch Rechtsfolgen für die Zukunft ergeben (vgl. nur [X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] - aaO).

2. Nach diesen Maßstäben ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben.

a) Durch die Entscheidung kann die zwischen den Parteien streitige Frage geklärt werden, ob der [X.] auf das zwischen ihnen ehemals bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund vertraglicher Bezugnahme An[X.]dung fand und dem Kläger im Falle einer tarifvertraglichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund dauernder Flugdienstuntauglichkeit Leistungen nach diesem Tarifvertrag beanspruchen kann. Für die Feststellung dieser Verpflichtung kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, erst den Eintritt des [X.] abzuwarten (st. Rspr., etwa für Versorgungsanwartschaften [X.] 7. März 1995 - 3 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 79, 236).

b) Das Feststellungsinteresse ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht allein deshalb entfallen, weil das Arbeitsverhältnis nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien im Verlauf des Revisionsverfahrens zum 1. April 2013 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die [X.] übergegangen ist (zur Berücksichtigung des Vorbringens in der Revisionsinstanz s. nur [X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] - Rn. 28 f. mwN).

Nach der Rechtsprechung des [X.] ist von einer Rechtskrafterstreckung der Entscheidung in entsprechender An[X.]dung von §§ 265325 Abs. 1 ZPO auf den [X.] auszugehen. Die bindende Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebsveräußerer wirkt gegenüber dem [X.], [X.]n der Betriebsübergang nach Rechtshängigkeit erfolgt ist ([X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] - Rn. 21 mwN ). Die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis, in das der [X.] nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eintritt, werden dann auch ihm gegenüber bindend festgestellt.

II. Die Klage ist begründet. Der [X.] ist kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme in Nr. 2 des Arbeitsvertrags Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses gewesen. Eine Ablösung des [X.] ist nicht erfolgt. Das ergibt die Auslegung der vereinbarten tariflichen Regelungen (zu den Maßstäben etwa [X.] 28. Januar 2009 - 4 [X.] - Rn. 26 mwN, [X.]E 129, 238).

1. Nach der unter Nr. 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrags vereinbarten Bezugnahmeregelung sind auf das Arbeitsverhältnis des [X.] die für die [X.] „geltenden Tarifverträge“ anzu[X.]den. Zu diesen bei Vertragsschluss geltenden Tarifverträgen gehörte der am 29. November 2005 geschlossene [X.].

a) Die Beklagte war aufgrund ihrer Mitgliedschaft im [X.] an den von der [X.] und der [X.] „für das [X.] der [X.] ([X.])“ geschlossenen [X.] nach § 3 Abs. 1 [X.] gebunden.

b) Der [X.] wurde entgegen der Auffassung der [X.] weder aufgrund des [X.], bei dem es sich aufgrund der getroffenen Regelungen um einen Tarifvertrag handelt (zu den Maßstäben etwa [X.] 19. September 2007 - 4 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 124, 110), noch durch den [X.] Vereinbarung abgelöst.

aa) Die wirksame Ablösung eines Tarifvertrags durch eine Neuregelung setzt voraus, dass die aufeinanderfolgenden Tarifregelungen von denselben Tarifvertragsparteien vereinbart werden ([X.] 24. Februar 2010 - 4 [X.] - Rn. 20). Schließt daher ein Arbeitgeber, der kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband an die von diesem geschlossenen Verbandstarifverträge gebunden ist, mit der [X.], die diesen Tarifvertrag abgeschlossen hat, einen Haustarifvertrag ab, führt dies, auch [X.]n übereinstimmende Regelungsbereiche gegeben sind, nicht zu einer Ablösung der verbandstariflichen Bestimmungen, sondern es kann (lediglich) zu einer Tarifkonkurrenz führen.

Danach ist im [X.] eine Ablösung des [X.] schon deshalb nicht eingetreten, weil sowohl der [X.] als auch der [X.] Vereinbarung auf Arbeitgeberseite von der [X.] geschlossen wurde. Vertragsparteien auf Arbeitgeberseite sind nach dem Vertragstext - lediglich - die Beklagte und die [X.].

bb) Entgegen der Auffassung der [X.] trifft dies auch für den [X.] Vereinbarung zu. Allein aus dem in der Unterschriftenzeile enthaltenen Zusatz „([X.])“ vor den Worten „[X.]/[X.] GmbH“ kann nicht gefolgert werden, dieser Tarifvertrag sei als [X.] von den beiden Gesellschaften sowohl in Vollmacht als auch im Namen der [X.] geschlossen worden.

(1) Eine wirksame Vertretung nach § 164 Abs. 1 BGB, die für den Abschluss von Tarifverträgen ebenso gilt, setzt voraus, dass der Vertreter - neben der Bevollmächtigung zur Abgabe der Willenserklärung - erkennbar im Namen des Vertretenen gehandelt hat. Anhand der Vertragsurkunde muss hinreichend erkennbar sein, wer im Einzelnen den Tarifvertrag für [X.] abgeschlossen hat (st. Rspr., s. nur [X.] 22. Februar 2012 - 4 [X.] - Rn. 28 f. mwN). Allein der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien einvernehmlich davon ausgehen, eine der Vertragsparteien habe zugleich in Vertretung für eine andere Person gehandelt, reicht nicht aus, [X.]n dies im Tarifvertragstext keinen hinreichend deutlichen Niederschlag gefunden hat und daher objektiv nicht erkennbar ist ([X.] 18. November 2009 - 4 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 132, 268).

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten in der Vertragsurkunde, der [X.] Vereinbarung sollte zugleich für die [X.], vertreten durch die Beklagte, geschlossen werden. Die [X.] ist bereits nicht als - weitere - Vertragspartei aufgeführt. Auch ist anhand der Unterschriftenzeile für den einzelnen Tarifgebundenen nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit erkennbar, die Beklagte wolle als Mitglied der [X.] nicht nur für sich, sondern zugleich im Namen der [X.] handeln.

c) Die arbeitsvertragliche Bezugnahme des [X.] entfällt selbst dann nicht, [X.]n man davon ausgehen wollte, der [X.] und der [X.] Vereinbarung könnten die verbandstariflichen Regelungen, an die die Beklagte gebunden ist, infolge einer Tarifkonkurrenz nach dem Spezialitätsprinzip verdrängen (vgl. dazu etwa [X.] 23. Januar 2008 - 4 [X.]/01 - Rn. 31, [X.]E 125, 314; 4. April 2001 - 4 [X.] [X.], [X.]E 97, 263), und dies wirke sich zugleich auf die An[X.][X.]rkeit der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifbestimmungen aus. Denn es bestand mangels Überschneidung der tariflichen Regelungsbereiche bereits keine Tarifkonkurrenz zwischen den von der [X.] selbst vereinbarten Tarifbestimmungen und der [X.] geschlossenen [X.], die einer Auflösung bedurft hätte.

aa) Soweit nach Nr. 2 [X.] und Nr. 2 [X.] Vereinbarung „die gemeinsame Vereinbarung [X.], [X.] und [X.] vom 28.03.2008 entsprechende Geltung auch für die [X.][X.]“ entfalten und „das bestehende Tarifwerk der [X.][X.] für alle ab dem 28.03.2008 eingestellten Piloten“ ablösen soll, ist diese Vereinbarung aufgrund der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) nicht in [X.] getreten. Da der entsprechende Antrag zurückgenommen wurde, liegt keine Zustimmung des [X.] zum erwähnten Zusammenschluss vor. Von daher musste der [X.] nicht darüber befinden, ob eine tarifrechtliche Verdrängung des [X.] überhaupt in Betracht gekommen wäre.

bb) Eine von dem durch die [X.] vereinbarten [X.] abweichende tarifliche Regelung durch einen von der [X.] selbst geschlossenen Tarifvertrag, die in An[X.]dung des Spezialitätsprinzips zu dessen Verdrängung führen könnte, besteht nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der „vorläufigen, entsprechenden An[X.]dung des [X.] Nr. 1a und des [X.] der [X.]-Gruppe“ für ab dem 28. März 2008 „neueingestellte Mitarbeiter“ nach der Fußnote zu Nr. 3 des [X.] Vereinbarung und Nr. 3 Abs. 1 [X.].

(1) Eine Tarifkonkurrenz wäre nur dann möglich, [X.]n sich aus den von der [X.] geschlossenen Tarifverträgen ergeben würde, eine tarifliche Übergangsversorgung solle für ab dem 28. März 2008 eingestellte Arbeitnehmer nicht mehr bestehen.

(2) Entgegen der Auffassung der [X.] kann nach dem eindeutigen Regelungsbereich der beiden Tarifregelungen, die ausschließlich die Geltung des „[X.] Nr. 1a und des [X.] der [X.]-Gruppe“ betreffen, nicht davon ausgegangen werden, auch das sonstige bei der [X.] bestehende Tarifwerk und der [X.] sollten nicht mehr zur An[X.]dung kommen und „nur noch“ die „[X.]- und [X.] entsprechend An[X.]dung“ finden (Nr. 3 Abs. 1 [X.]/[X.] Vereinbarung). Das zeigt die Systematik der beiden Tarifvereinbarungen. Lediglich für den Fall einer Zustimmung des [X.] für den geplanten Zusammenschluss sollte das „bestehende Tarifwerk“ der [X.] „abgelöst“ werden.

(3) Ein von der [X.] für ihre Auffassung angeführter etwaiger Wille der Tarifvertragsparteien, es sollten lediglich die bei [X.] zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Tarifverträge - Mantel- und ein Vergütungstarifvertrag - für neu eingestellte Mitarbeiter gelten, hat in den von der [X.] geschlossenen Tarifverträgen [X.] und [X.] Vereinbarung keinen Niederschlag gefunden (zu diesem Erfordernis [X.] 21. März 2012 - 4 [X.] - Rn. 40; 19. September 2007 - 4 [X.] - Rn. 32 mwN, [X.]E 124, 110). Gleiches trifft auf ihr weiteres Vorbringen zu, es habe kein Anlass bestanden, neu eingestellte Mitarbeiter unter den Geltungsbereich insbesondere des [X.] zu fassen. Entgegen der Revision spricht für eine solche Auslegung des [X.] und des [X.] Vereinbarung auch nicht die Regelung in Nr. 1 [X.], nach der „[X.] zukünftig eine eigene Tarifkommission haben wird“. Schlussfolgerungen für bereits bestehende Tarifverträge und deren Geltung ergeben sich hieraus nicht. Ebenso können Nr. 3 Abs. 2 [X.]/[X.] Vereinbarung keine Anhaltspunkte entnommen werden, die die Auffassung der [X.] stützen, die weiteren bei der [X.] bestehenden Tarifverträge sollten „abgelöst“ werden. Die Verhandlungen, die „in dem Fall einer Nichterteilung der [X.]zustimmung … durchgeführt werden“ sollen, beziehen sich lediglich auf die „Regelungen des vorstehenden Satzes“, also den Mantel- und den Vergütungstarifvertrag der [X.], nicht aber auf weitere bei der [X.] und nach ihrer Auffassung „vormals“ bestehende Tarifverträge.

2. Der Kläger wird auch vom in § 1 Buchst. b [X.] geregelten personellen Geltungsbereich erfasst.

a) Der [X.] gilt „für die Mitarbeiter des [X.]s, die unter den Geltungsbereich des [X.] für das [X.] … der [X.] in seiner jeweils gültigen Fassung fallen“. Der Kläger gehört als Flugzeugführer zum [X.] der [X.] iSd. jeweiligen § 1 [X.] Nr. 1 und den diesen ablösenden [X.] Nr. 2, der ebenfalls von der [X.] und der [X.] geschlossen wurde. An den [X.] Nr. 1 war die Beklagte kraft Mitgliedschaft im [X.] ununterbrochen gebunden, bis er durch den [X.] Nr. 2 - der gleichfalls nach § 3 Abs. 1 [X.] für sie gilt - zum 1. März 2011 abgelöst wurde.

b) Entgegen der Auffassung der [X.] scheidet eine Bezugnahme des [X.] nicht deshalb aus, weil der [X.] Nr. 1 nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeregelung - die in Nr. 2 Abs. 2 bis zum Inkrafttreten des [X.] Nr. 2 ua. die An[X.]dung des [X.]-AB Nr. 1a vorsah - nicht auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis an[X.][X.]r war.

aa) § 1 Buchst. b [X.] beschreibt durch die Formulierung „für die Mitarbeiter des [X.]s, die unter den Geltungsbereich des [X.] für das [X.] der [X.] und der [X.] in seiner jeweils gültigen Fassung fallen“ lediglich dessen personellen An[X.]dungsbereich und inkorporiert damit den bei seinem Inkrafttreten im Jahr 2005 in § 1 Abs. 1 bis 4 [X.] Nr. 1 näher geregelten personellen Geltungsbereich des [X.], an den die Beklagte bis zur Ablösung durch den [X.] Nr. 2 auch gebunden war. Das sind vorliegend die „tätigen Mitarbeiter des [X.]s der [X.] ([X.])“, also der [X.], iSd. § 1 Abs. 1 [X.] Nr. 1. Eine weitere Voraussetzung, nach der die Bestimmungen des [X.] für das betreffende Arbeitsverhältnis kraft [X.] tatsächlich gelten oder im Falle einer Bezugnahme an[X.][X.]r sein müssten, kann dem [X.] nicht entnommen werden.

bb) Darüber hinaus würde der Kläger auch vom Geltungsbereich des bei der [X.] bis zum 28. Februar 2011 gleichfalls geltenden [X.]-AB Nr. 1a erfasst werden, der aufgrund seiner „entsprechenden An[X.]dung“ nach Nr. 3 Abs. 1 [X.]/[X.] Vereinbarung statt „für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (nachfolgend zusammenfassend ‚Arbeitnehmer‘) des [X.]s der [X.]“ für die Arbeitnehmer der [X.] gilt.

3. Schließlich ergibt sich auch aus der von der [X.] in der Revisionsinstanz vorgelegten Gemeinsamen Vereinbarung vom 31. Mai 2007 kein anderes Ergebnis. Es kann dahinstehen, ob es sich um ein neues Vorbringen handelt, das in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich unzulässig ist. Soweit darin die „[X.] und [X.]“ festgelegt haben, über tarifliche Bedingungen der Mitarbeiter, „die neu … eingestellt werden, Verhandlungen zu führen“ und weiterhin „die neu abzuschließenden Tarifverträge … für diese Mitarbeiter die bisherigen Tarifverträge“ ersetzen sollen, ist schon nicht erkennbar, dass diese Vereinbarung auch von der [X.] getroffen wurde oder die [X.] einerseits sowie die Beklagte und die [X.] andererseits durch die [X.] zum Abschluss von solchen Tarifverträgen bevollmächtigt waren, um die bestehenden Verbandstarifverträge ablösen zu können. Selbst [X.]n man zugunsten der [X.] hiervon ausginge, hätten weder der [X.] noch der [X.] Vereinbarung aus den vorstehenden Gründen (unter [X.], 2) zu einer Ablösung des [X.] geführt.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im Hinblick auf den von den Parteien in der Hauptsache für übereinstimmend erledigt erklärten Feststellungsantrag zur An[X.][X.]rkeit des [X.] waren die Kosten, über die gleichfalls im Urteil zu entscheiden war ([X.] 21. Juli 2009 - 9 [X.] - Rn. 34 mwN), nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen der [X.] aufzuerlegen. Die vorstehenden Gründe zur An[X.][X.]rkeit des [X.] (unter [X.]) wären für die [X.] entsprechend heranzuziehen gewesen.

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Treber    

        

        

        

    Bredendiek    

        

    Redeker    

                 

Meta

4 AZR 761/12

19.11.2014

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Cottbus, 15. Februar 2012, Az: 4 Ca 991/11, Urteil

§ 164 Abs 1 BGB, § 256 Abs 1 ZPO, § 265 ZPO, § 325 Abs 1 ZPO, § 1 TVG, § 3 Abs 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2014, Az. 4 AZR 761/12 (REWIS RS 2014, 1226)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1226

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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9 Sa 261/20

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