Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2007, Az. I ZR 136/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2753

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL I ZR 136/05 Verkündet am: 19. Juli 2007 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Fehlende Unterschrift ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 1, § 182 Abs. 2 Nr. 8, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 341 Abs. 2, §§ 418, 419, 542 Abs. 1 a) Die Entscheidung, durch die eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil versagt wird, muss auch dann durch Urteil ergehen, wenn sie isoliert vorab und nicht zusammen mit der Entscheidung über die nachgeholte [X.] sowie ohne mündliche Verhandlung getroffen wird. b) Fehlt auf einer [X.] die nach § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO erforder-liche Unterschrift des Zustellers (hier: statt Unterschrift nur Paraphe), ist die Zustellung nicht unwirksam. Die fehlende Unterschrift kann nachgeholt wer-den. Eine entsprechend ergänzte [X.] hat nicht die [X.] des § 418 ZPO, sondern ist nach § 419 ZPO frei zu würdigen. [X.], [X.]. v. 19. Juli 2007 - I ZR 136/05 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 19. Juli 2007 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] werden die [X.]üsse des 12. Zivilsenats des [X.] vom 6. Dezember 2004 und 20. Juni 2005 und der [X.]uss des [X.], 15. Zivilkammer, vom 12. Oktober 2004 aufgehoben. Der [X.] wird wegen der Versäumung der Einspruchsfrist ge-gen das Versäumnisurteil des [X.] vom 12. Juli 2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfah-ren und das Revisionsverfahren wird abgesehen. Die Entscheidung über die übrigen Kosten des Beschwerdeverfah-rens und des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung des Berufungsgerichts vorbehalten. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Der Kläger hat am 12. Juli 2004 gegen die Beklagte im schriftlichen Ver-fahren ein Versäumnisurteil über 80.784,11 • nebst Zinsen erwirkt. Nach der [X.] ist das Versäumnisurteil der [X.] am 13. Juli 2004 im Wege der [X.] an ihren erwachsenen ständigen Mitbewohner [X.] zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil am 29. September 2004 Einspruch erhoben. Am 11. Oktober 2004 hat sie [X.], ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der [X.]frist zu gewähren. Hierzu hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe vor dem 28. September 2004 weder von der Zustellung der Klage noch von der des [X.] Kenntnis erlangt. Zu diesem [X.]punkt habe ihr der Gerichtsvoll-zieher die Zwangsvollstreckung angedroht. Sie sei von Anfang Juli bis Ende August 2004 nicht in [X.] gewesen. Während ihrer Abwesenheit habe sie ihren Untermieter [X.] beauftragt, ihren Briefkasten zu leeren, ihre Post zu sichten, Briefe mit unklarem Inhalt zu öffnen und sie über Schriftstücke von Bedeutung zu informieren oder diese ihr zuzusenden. Der Untermieter habe in der [X.] ih-rer Abwesenheit das Versäumnisurteil nicht entgegengenommen. Über den [X.] habe er sie auch nicht unterrichtet, und sie habe das [X.] auch nach der Rückkehr nicht vorgefunden. 2 Das [X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag der [X.] mit [X.] vom 12. Oktober 2004 zurückgewiesen. 3 Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das [X.] [X.] mit [X.]uss vom 6. Dezember 2004 zunächst als unzulässig verworfen, 4 - 4 - weil gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung nur das Rechtsmittel der Beru-fung statthaft sei. Auf die Gegenvorstellung der [X.] hat das [X.] den [X.]uss vom 6. Dezember 2004 geändert und die sofortige Be-schwerde als unbegründet zurückgewiesen. 5 Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte, ihr [X.] in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren. Der Kläger war im Revisionsverfahren trotz ordnungsgemäßer La-dung nicht vertreten. Entscheidungsgründe: [X.] Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet: 6 Die Beklagte habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, ohne ihr [X.] an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen zu sein. Nach der [X.] vom 13. Juli 2004 sei eine Übergabe des [X.] Schriftstücks an den Untermieter [X.] der [X.] und nicht nur eine Benachrichtigung über eine Zustellung oder eine Zustellung durch Einwurf in den Briefkasten erfolgt. Als öffentlicher Urkunde komme der Zustellungsurkun-de volle Beweiskraft zu. Den nach § 418 Abs. 2 ZPO möglichen Gegenbeweis habe die Beklagte nicht geführt. Es sei schon fraglich, ob die Anordnung an [X.] ausgereicht habe. Die Anweisung sei unbestimmt und gewährleiste den Erhalt wichtiger Schriftstücke nicht im notwendigen Umfang. 7 Selbst wenn die Anordnung ausreichend gewesen sei, sei der [X.] das Verschulden des Mitbewohners [X.] zuzurechnen, der zur Entgegennahme 8 - 5 - von zuzustellenden Schriftstücken bevollmächtigt gewesen sei. Die eidesstattli-che Versicherung des [X.] sei nicht geeignet, den durch die [X.] erbrachten Beweis, dass die Zustellung an ihn erfolgt sei, zu erschüttern. 9 I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Über die Revision ist auf Antrag der [X.] durch Versäumnisurteil gemäß § 555 Abs. 1, § 331 Abs. 1 ZPO zu entscheiden, weil der [X.] trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. 10 2. Die Revision ist zulässig. 11 a) Das [X.] hat zwar nicht durch Urteil, sondern durch [X.] entschieden. Daraus folgt jedoch nicht die Unzulässigkeit der Revision, auch wenn dieses Rechtsmittel nach § 542 Abs. 1 ZPO nur gegen [X.] statthaft ist. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der [X.], der im Fall einer nicht korrekten Form der Entscheidung eingreift. Hat das Gericht eine der Form nach unrichtige Entscheidung gewählt, steht den [X.]en sowohl das Rechtsmittel zu, das nach der Art der ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch das Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Ent-scheidung gegeben gewesen wäre ([X.] 98, 362, 364; 152, 213, 216; Wiec-zorek/Prütting, ZPO, 3. Aufl., § 542 Rdn. 53; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., Vor § 511 Rdn. 30). 12 b) Im Streitfall hat das [X.] über das Wiedereinsetzungsgesuch der [X.] statt durch Urteil verfahrensfehlerhaft durch [X.]uss [X.]. 13 - 6 - Nach § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind auf die Entscheidung über die Zuläs-sigkeit des Wiedereinsetzungsantrags und auf die Anfechtung der Entschei-dung die Vorschriften anzuwenden, die für die nachgeholte [X.] gelten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob über das Wiedereinsetzungsge-such isoliert vorab oder zusammen mit der nachgeholten [X.] eine Entscheidung getroffen wird. 14 [X.]) Nach § 341 Abs. 2 ZPO in der Fassung vom 3. Dezember 1976 konnte das Gericht nach seinem Ermessen über die Unzulässigkeit des [X.] gegen ein Versäumnisurteil ohne mündliche Verhandlung durch [X.] oder aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil befinden. Die Ent-scheidung durch [X.]uss konnte die [X.] mit der sofortigen Beschwerde, diejenige durch Urteil mit der Berufung anfechten (§ 341 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.). Zweck der am 1. Januar 2002 in [X.] getretenen Neuregelung ist es, die-ses unübersichtliche Nebeneinander verschiedener Rechtsmittel zu bereinigen, durch die zwingende Urteilsform die Entscheidung aufzuwerten und eine ein-heitliche Behandlung sicherzustellen (Begründung des [X.], BT-Drucks. 14/4722, [X.]). Die Neufassung des § 341 Abs. 2 ZPO sieht daher zwingend eine Entscheidung durch Urteil auch dann vor, wenn sie ohne mündliche Verhandlung getroffen wird (vgl. auch Begründung des [X.], BT-Drucks. 14/4722, [X.]). Das [X.] hätte daher über den Einspruch der [X.] durch Urteil entscheiden müssen (vgl. [X.]/[X.] [X.]O § 341 Rdn. 8 f.). 15 [X.]) Folglich hätte das [X.] auch über die - regelmäßig unzweck-mäßige - isolierte Versagung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Urteil erkennen müssen (a.[X.]/Lauterbach/[X.], ZPO, 65. Aufl., § 238 Rdn. 6; Münch-16 - 7 - Komm.ZPO/Feiber, 2. Aufl., § 238 Rdn. 11; Musielak/[X.], ZPO, 5. Aufl., § 238 Rdn. 4; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 238 Rdn. 9). 17 Die Entscheidung durch Urteil entspricht auch Sinn und Zweck der ge-setzlichen Vorschriften. § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO soll die Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch an die nachgeholte [X.] binden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung nimmt deshalb denselben Gang wie die ver-säumte [X.] (Hahn/[X.], Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 2, Abteilung 1, Begründung des Entwurfs §§ 206-208, [X.]). Dem Zweck des § 341 Abs. 2 ZPO n.F. entspricht es ebenfalls, die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag bei Versäu-mung der Einspruchsfrist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 341 Abs. 2 ZPO stets durch Urteil und nicht durch [X.]uss zu treffen, um verschiedene Rechtsmit-tel gegen in unterschiedlicher Form ergangene Entscheidungen auszuschlie-ßen. [X.]) Hätte das [X.] über das Wiedereinsetzungsgesuch richtiger-weise durch Urteil erkannt, hätte die Beklagte das die Wiedereinsetzung versagende Urteil mit dem Rechtsmittel der Berufung und das die Berufung zu-rückweisende Urteil des Berufungsgerichts gegebenenfalls mit der Revision anfechten können (vgl. [X.] 47, 289, 291 f.; [X.]/[X.] [X.]O § 238 Rdn. 7). Der Umstand, dass das [X.] verfahrensfehlerhaft nicht durch ein mit der Berufung [X.] entschieden und das Berufungsgericht die dage-gen gerichtete Berufung der [X.] nicht durch ein gegebenenfalls mit der Revision [X.] zurückgewiesen haben, kann sich nach dem Grundsatz der [X.] nicht zum Nachteil der [X.] auswirken. 18 3. Die Revision ist auch begründet. 19 - 8 - a) Einer Entscheidung in der Sache steht nicht entgegen, dass das [X.] die sofortige Beschwerde gegen den die Wiedereinsetzung versagenden [X.]uss des [X.]s zunächst mit [X.]uss vom 6. Dezember 2004 als unzulässig mit der Begründung verworfen hat, die [X.] hätte die landgerichtliche Entscheidung mit der Berufung anfechten müs-sen. Diese Entscheidung hat das [X.] mit dem angefochtenen [X.]uss vom 20. Juni 2005 auf die Gegenvorstellung der [X.] hin in prozessual zulässiger Weise geändert (vgl. [X.] 150, 133, 136). 20 b) Der [X.]uss des [X.]s vom 20. Juni 2005 kann aber schon deshalb keinen Bestand haben, weil das [X.] - ebenso wie schon das [X.] - keine ausreichenden Feststellungen über die nach § 341 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeit des Einspruchs getroffen hat. 21 [X.]) Die Vorinstanzen hätten zunächst von Amts wegen klären müssen, ob das Versäumnisurteil der [X.] am 13. Juli 2004 durch [X.] an den Mitbewohner [X.] nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugestellt worden war. Die Beklagte hat dies in Abrede gestellt. Die [X.] über die [X.] an den Mitbewohner [X.] begründete entgegen der Ansicht des Oberlan-desgerichts keinen vollen Beweis der in der Urkunde bezeugten Tatsachen nach § 418 ZPO. 22 [X.]) Die [X.] enthielt nicht die nach § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO erforderliche Unterschrift des Zustellers. 23 Für eine Unterschrift reicht es aus, dass ein die Identität des [X.] ausreichend kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vor-liegt, der die Absicht erkennen lässt, eine volle Unterschrift zu leisten. Der [X.] - 9 - menszug kann flüchtig geschrieben sein und braucht weder die einzelnen Buchstaben klar erkennen zu lassen noch im Ganzen lesbar zu sein; ein Hand-zeichen genügt jedoch nicht (vgl. [X.], [X.]. v. 8.10.1991 - [X.], [X.], 243; OLG Frankfurt NJW 1993, 3079; [X.]/[X.] [X.]O § 182 Rdn. 12). 25 Diesen Anforderungen entspricht das auf der [X.] ange-brachte Schriftzeichen des Zustellers nicht. Auch unter Heranziehung des Stempelaufdrucks mit dem vollständigen Vor- und Nachnamen des Zustellers besteht das Zeichen lediglich aus einer Paraphe, die als Unterschrift i.[X.] von § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO nicht ausreicht. Das Fehlen der Unterschrift des Zustellers führt nach der Neufassung der [X.] durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei [X.] im gerichtlichen Verfahren vom 25. Juni 2001 ([X.] I 1206) [X.] nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung, weil die Beurkundung des [X.] nach § 182 ZPO nur dem Nachweis der Zustellung dient und nicht konstitutiver Bestandteil der Zustellung ist (vgl. Begründung des [X.], BT-Drucks. 14/4554, [X.] 15; [X.]/[X.] [X.]O § 167 Rdn. 1; Musielak/[X.] [X.]O § 166 Rdn. 2). Die Unterschrift des Zustellers könnte [X.] noch nachgeholt werden (vgl. [X.]/[X.] [X.]O § 182 Rdn. 18; enger: [X.]/[X.] [X.]O § 182 Rdn. 36: Nachholung nur in engem zeitlichen Zu-sammenhang). Die Beweiskraft der entsprechend ergänzten Zustellungsurkun-de wäre vom Tatrichter, gegebenenfalls nach Vernehmung des Zustellers und des Mitbewohners [X.] der [X.], nach freier Überzeugung gemäß § 419 ZPO ohne Bindung an die Beweiskraft öffentlicher Urkunden nach § 418 ZPO zu würdigen. 26 c) Einer nachträglichen Einholung der Unterschrift des Zustellers auf der [X.] und zusätzlicher Beweiserhebungen über eine Zustellung 27 - 10 - des Versäumnisurteils am 13. Juli 2004 an den Mitbewohner [X.] der [X.] bedarf es im Streitfall aber ausnahmsweise nicht. Dies gilt auch, wenn - wie vorliegend - eine [X.] an sich behauptet, eine gerichtliche Frist eingehalten zu haben, und den Antrag auf Wiedereinsetzung daher schlüssig nur hilfsweise für den Fall der Fristversäumnis stellt (zur [X.] Stellung des [X.]: [X.], [X.]. v. 16.1.2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 [X.]. 12). Aus Gründen der Verfahrensvereinfachung kann in derartigen Fällen, in denen es noch weiterer Beweiserhebungen zur Rechtzeitigkeit eines [X.] bedarf, andererseits aber schon jetzt davon auszugehen ist, dass selbst dann, wenn sich die Fristwahrung nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest-stellen lässt, jedenfalls Wiedereinsetzung zu gewähren wäre, dem [X.] stattgegeben werden ([X.], [X.]. v. 27.2.2002 - [X.], NJW-RR 2002, 1070 f.). So liegen die Dinge im vorliegenden Fall. [X.]) Das [X.] hat der [X.] die beantragte Wiederein-setzung in den vorigen Stand zu Unrecht verwehrt. Die Beklagte war ohne ihr Verschulden verhindert, die Einspruchsfrist von zwei Wochen nach § 339 Abs. 1 ZPO einzuhalten (§ 233 Abs. 1 ZPO). 28 [X.]) Die Beklagte traf kein eigenes Verschulden an der Versäumung der Einspruchsfrist. Sie hat durch ihre eidesstattliche Versicherung vom 29. Sep-tember 2004 glaubhaft gemacht, dass sie sich in der [X.] vom 3. Juli bis 31. August 2004 nicht in [X.] aufgehalten hat. 29 Die Beklagte musste allerdings Vorkehrungen treffen, dass sie von [X.] Zustellungen Kenntnis erlangte. Denn sie musste mit einer gerichtli-chen Zustellung eines Versäumnisurteils rechnen, nachdem ihr die Klage mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens am 5. März 2004 durch Niederle-gung gemäß § 181 Abs. 1 ZPO zugestellt worden war. Dem durch die Zustel-30 - 11 - lungsurkunde erbrachten vollen Beweis gemäß § 418 Abs. 1 ZPO über die Zu-stellung der Klageschrift hat die Beklagte mit ihrer gegenteiligen eidesstattlichen Versicherung nicht widerlegt. Die Klageschrift wurde ihr nach der [X.] vom 5. März 2004 durch Niederlegung in ihren Hausbriefkasten zuge-stellt. Nach ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 29. September 2004 war die Beklagte zum [X.]punkt der Zustellung nicht verreist. Einen Grund, warum sie die Klageschrift nicht erhalten hat, hat die Beklagte nicht dargelegt. Die getroffenen Vorkehrungen, die die Beklagte durch ihre eigene eides-stattliche Versicherung und die ihres Mitbewohners [X.] glaubhaft gemacht hat, um von einer gerichtlichen Zustellung Kenntnis zu erlangen, waren entgegen der Ansicht des [X.]s jedoch ausreichend. Die Beklagte hat ihren Mitbewohner beauftragt, den Briefkasten zu leeren, die Briefe zu sichten, Briefe mit unklarem Inhalt zu öffnen und sie über Schriftstücke von Bedeutung zu un-terrichten. Dass der Mitbewohner [X.] unzuverlässig war, ist nicht ersichtlich. Die Vorgehensweise, die die Beklagte mit ihrem Mitbewohner verabredet hatte, war auch bestimmt genug, um von [X.] Kenntnis zu erhalten. [X.] wird ein zuverlässiger Erwachsener stets als wesentlich ansehen. Förmliche gerichtliche Zustellungen sind auch ohne Weiteres erkennbar. Sie erfolgen gemäß § 190 ZPO i.V. mit der Anlage 2 der Zustellungsvordruckver-ordnung vom 12. Februar 2002 ([X.] I [X.] 671, berichtigt [X.] 1019) in gelben Umschlägen. Diese enthalten als Absender das jeweilige Gericht, das Akten-zeichen sowie den Aufdruck "förmliche Zustellung". Auf der Rückseite ist unter der Überschrift "wichtiger Hinweis:" unter anderem der Vermerk enthalten: "Mit dieser Sendung werden Ihnen in gesetzlich vorgeschriebener Form die im Um-schlag enthaltenen Schriftstücke förmlich zugestellt." 31 Die Beklagte durfte sich unter diesen Umständen darauf verlassen, dass ihr Mitbewohner [X.] sie von eingehender Gerichtspost verständigen würde. 32 - 12 - 33 [X.]) Ein etwaiges Verschulden des Mitbewohners [X.] muss sich die [X.] entgegen der Ansicht des [X.]s nicht zurechnen lassen. 34 Eine Zurechnung eines möglicherweise gegebenen Verschuldens des [X.] nach § 85 Abs. 2 ZPO scheidet aus, weil [X.] nicht Bevollmächtigter im Sinne dieser Vorschrift war. Dazu reichte die mit [X.] getroffene Vereinbarung, sich in der dargestellten Weise um die Post der [X.] zu kümmern, nicht aus. [X.] war lediglich eine Hilfsperson, die der [X.] half, ihren Obliegenheiten bei möglichen Zustellungen nachzukommen. Für ein etwaiges Verschulden des [X.] im Zusammenhang mit der Zustellung des Versäumnisurteils und der Informati-on der [X.] haftet diese nicht (vgl. [X.], [X.]. v. 28.7.1999 - [X.], [X.], 444, 445; [X.]. v. 6.6.2001 - [X.], NJW-RR 2002, 137). II[X.] [X.] für das Beschwerdeverfahren vor dem Oberlan-desgericht und das Revisionsverfahren sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu erheben, weil sie bei richtiger Entscheidung des [X.]s nicht [X.] wären. 35 - 13 - Eine Entscheidung über die übrigen Kosten ist der Endentscheidung des Berufungsgerichts in der Hauptsache vorbehalten, bei dem das Berufungsver-fahren gegen das Urteil des [X.]s vom 20. Juli 2005 anhängig ist, durch das der Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen [X.] ist (vgl. hierzu auch [X.], [X.]. v. 21.12.2005 - [X.], [X.], 693, 695). 36 [X.]Büscher Schaffert

Bergmann [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 12.10.2004 - 15 O 735/03 - OLG [X.], Entscheidung vom 20.06.2005 - 12 U 8/05 -

Meta

I ZR 136/05

19.07.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2007, Az. I ZR 136/05 (REWIS RS 2007, 2753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2753

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