Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2010, Az. IX ZR 138/09

9. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6748

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Gegenstand

Insolvenzverfahren: Verfall des Wertersatzes und Einziehung des Wertersatzes als nachrangige Insolvenzforderungen


Leitsatz

Der Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) und die Einziehung des Wertersatzes (§ 74c StGB) sind nachrangige Insolvenzforderungen, weil sie im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO Nebenfolgen einer Straftat sind, die zu einer Geldzahlung verpflichten .

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.], 14. Zivilsenat in [X.], vom 10. Juli 2009, ergänzt durch Urteil vom 8. September 2009, wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Beklagte ist Verwalter in dem am 12. Mai 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] Deren Geschäftsführer wurde wegen Steuerhinterziehung und Betruges rechtskräftig verurteilt. Gegen die Schuldnerin ordnete die [X.] gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB den Verfall von Wertersatz in Höhe von 503.440 € an, nachdem die Geschädigte auf den entsprechenden Teil der [X.] im Rahmen eines Vergleichs verzichtet hatte. Das klagende Land meldete die Forderung aus der Verfallanordnung im Rang des § 38 [X.] zur Insolvenztabelle an. Der Beklagte bestritt sie, weil sie nach seiner Meinung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] nachrangig ist.

2

Das [X.] hat der Feststellungsklage stattgegeben, das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in [X.], 1774 veröffentlicht worden ist, hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt das klagende Land seinen Feststellungsantrag in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat richtig entschieden.

4

1. Das Berufungsgericht meint, der staatliche Zahlungsanspruch aus einer [X.]erfallanordnung sei als Nebenfolge einer Straftat i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] in der Insolvenz des [X.]erfallbeteiligten nachrangig. Das Strafgesetzbuch kenne zwar nicht die von § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] so bezeichneten "Nebenfolgen einer Straftat …, die zu einer Geldzahlung verpflichten". Wohl aber erfassten § 459g Abs. 2 [X.] und § 87 OWiG die Anordnung des [X.]erfalls als eine solche Nebenfolge. Den Gesetzesmaterialien zu § 63 Nr. 3 KO, der [X.]orgängerregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.], sei ein anderes [X.]erständnis des Gesetzgebers nicht zu entnehmen. Dieser habe den wirtschaftlichen Interessen der nachrangig eingestuften Gläubiger und damit auch dem Staat als Gläubiger von Ansprüchen auf Geldstrafen usw. ein geringeres Gewicht beimessen wollen als den Gläubigern im Rang des § 38 [X.]. [X.] liege darin, dass die betreffenden Sanktionen nicht den Zweck hätten, dem Staat Einnahmen zu verschaffen. Auch die Anordnung von [X.] habe nicht diesen Zweck, sondern solle dem Täter und der [X.] führen, dass sich Straftaten nicht lohnten. Der vermögensordnende Eingriff von hoher Hand solle die Unverbrüchlichkeit und die Gerechtigkeit der Rechtsordnung erweisen und so die Rechtstreue der Bevölkerung stärken. Hierfür bestehe aber nach Eintritt des [X.] kein Bedarf mehr. Hätten aus Sicht des Gesetzgebers durchgreifende Gründe dagegen gesprochen, dass die übrigen Insolvenzgläubiger auch aus dem bemakelten [X.]ermögen Befriedigung zögen, hätte er zugunsten des Staates einen [X.]orrang anordnen müssen. Da er darauf verzichtet habe, spreche nichts dagegen, dieses [X.]ermögen unter den übrigen Gläubigern zu verteilen.

5

2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Der dem Staat aus einer gerichtlichen [X.]erfallanordnung erwachsende Zahlungsanspruch ist eine der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] erwähnten "Nebenfolgen einer Straftat …, die zu einer Geldzahlung verpflichten" (so auch [X.]/[X.], [X.] § 39 Rn. 24; [X.]/Hirte [X.], 13. Aufl. § 39 Rn. 23; FK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 39 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.] § 39 Rn. 8; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 39 Rn. 13; [X.] Insolvenzrecht 4. Aufl. Rn. 107.15 [X.]. 50; [X.] 22/2009 [X.] 2).

6

a) Das Strafgesetzbuch enthält keine Legaldefinition des Begriffs der "Nebenfolge einer Straftat" (vgl. §§ 11, 12 StGB). Der Begriff der "Nebenfolgen" findet sich nur als amtliche Überschrift vor den §§ 45 bis 45 b StGB, in denen der [X.]erlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts geregelt ist. Auf diese "Nebenfolgen" kann sich die Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ersichtlich nicht beziehen, weil sie das [X.]ermögen des [X.] nicht berühren. Der im Strafgesetzbuch verwendete Begriff der "Nebenfolgen" ist mithin nicht identisch mit dem in der Insolvenzordnung verwendeten.

7

Nach dem allgemeinen Wortsinn ist die "Nebenfolge" einer Straftat eine Folge, die zusätzlich zu denjenigen Folgen verhängt werden kann, die das Gesetz als unmittelbare Sanktionierung der jeweiligen Straftat vorsieht. Die einzelnen Straftatbestände des Strafgesetzbuches drohen als Rechtsfolgen durchweg Geld- oder Freiheitsstrafen an. Diese Sanktionen können als "Hauptfolgen" angesehen werden. "Nebenfolgen" sind folglich alle Konsequenzen, die eine Straftat zusätzlich zur [X.]erhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe hat. § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] bezieht sich allerdings nur auf solche Sanktionen, die "zu einer Geldzahlung verpflichten". Deshalb beschränkt sich der Kreis der in Betracht kommenden Nebenfolgen auf den [X.]erfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) und die Einziehung des Wertersatzes (§ 74c StGB). [X.] sich die Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.]. 5 [X.] nicht hierauf, hätte sie kein Anwendungsfeld. Dass dies vom Gesetzgeber beabsichtigt war, kann nicht angenommen werden.

8

b) Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des [X.]erfalls und der Einziehung sowie die Parallelregelung im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sprechen ebenfalls für diese Auslegung. Im ersten Absatz des § 459g [X.] ist die [X.]ollstreckung des [X.]erfalls und der Einziehung im engeren Sinne, das heißt des körperlichen Zugriffs auf den Gegenstand, geregelt. Der zweite Absatz knüpft an diese Bestimmung an, indem er die [X.]ollstreckung für diejenigen Fälle regelt, in denen der [X.]erfall und die Einziehung im Sinne der §§ 73 a und 74 c StGB nicht mehr möglich sind und der Täter stattdessen Wertersatz leisten muss (vgl. [X.] in [X.] Kommentar zur [X.], 6. Aufl. § 459g Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 52. Aufl. § 459g Rn. 7; [X.] in Löwe/[X.], [X.] und das Gerichtsverfassungsgesetz, 25. Aufl. § 459g Rn. 17). Diese Rechtsfolge bezeichnet der Gesetzgeber als "Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten". Die Formulierung ist also identisch mit der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gebrauchten. Dies spricht für die Annahme, dass sich beide Regelungen auf dasselbe beziehen.

9

Im achten Abschnitt des zweiten Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten wird unter anderem das [X.]erfahren in Bußgeldsachen bei Anordnung von Einziehung und [X.]erfall geregelt. In der amtlichen Überschrift dieses Abschnitts werden diese beiden Rechtsfolgen ausdrücklich als Nebenfolgen bezeichnet. Wenn der Gesetzgeber den [X.]erfall und die Einziehung als eine Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit auffasst, spricht dies dafür, diese Maßnahmen für das Strafrecht ebenso einzuordnen, jedenfalls was die [X.]erwendung des Begriffs in § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] betrifft. Im Ordnungswidrigkeitenrecht bestünde noch eher Anlass zu Zweifeln an dieser Einordnung. [X.]erfall und Hauptsanktion stehen dort in einem Alternativverhältnis, so dass der [X.]erfall gerade nicht "neben" der Hauptfolge angeordnet wird (vgl. § 29a OWiG).

c) Auch die Gesetzgebungsgeschichte weist darauf hin, dass § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] den Zahlungsanspruch des Staates aus einer [X.]erfallanordnung erfasst. Die Regelung geht zurück auf § 56 Nr. 3 der Konkursordnung in der Ursprungsfassung vom 10. Februar 1897. Danach konnten (lediglich) Geldstrafen im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden. Diesem Ausschluss lag die Erwägung zugrunde, dass schon nach früherem Recht die Belastung des Konkursverfahrens mit den vom Gemeinschuldner zu entrichtenden Geldstrafen weniger den Gemeinschuldner als die [X.] strafe, die sie aber nicht verschuldet hätten [X.], Die gesamten Materialien zu den [X.] 4 S. 252). Durch Art. 40 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 ([X.] I 503, 520) wurde die mittlerweile in § 63 KO befindliche Regelung dahin ausgeweitet, dass nicht nur Geldstrafen, sondern auch "Geldbußen, Ordnungsstrafen und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten" im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden konnten. Dies kam auf Initiative des Rechtsausschusses des [X.] zustande. Die Aufnahme der "Nebenfolgen" in diesen Katalog zielte zum einen auf die Einziehung des Wertersatzes (§ 40c StGB a.F., § 74c StGB n.F.), zum anderen auf die Abführung des [X.] nach §§ 8 ff [X.] 1954 (vgl. Bericht des Rechtsausschusses vom 19. Februar 1968, BT-Drucks. [X.]/2601, S. 26 zu Art. 34a und 34b). Den staatlichen Zahlungsanspruch aus einer [X.]erfallanordnung nahm der Rechtsausschuss demnach zwar nicht in Bezug. Das war aber auch nicht möglich, weil dieses [X.] erst durch das [X.] ([X.] 1968 I 503 ff) mit Wirkung zum 1. Januar 1975 eingeführt wurde. Wohl aber zielte die Neuregelung nach den [X.]orstellungen des Rechtsausschusses auf die Anordnung der Abführung des [X.] nach §§ 8 ff [X.]. Diese Anordnung ist der Anordnung des [X.]erfalls wesensähnlich und kann als eine spezialgesetzliche [X.]orläuferregelung angesehen werden (vgl. [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 12. Aufl. § 73 Rn. 1). Sie dient generalpräventiven Zwecken (BGHSt 15, 399, 400; OLG Karlsruhe NJW 1982, 1161, 1162; [X.]/[X.]/Lampe, Strafrechtliche Nebengesetze, § 8 [X.] Rn. 1), indem sie dem Täter denjenigen Erlösanteil nimmt, den dieser rechtswidrig erlangt hat. Damit entsprechen Ziel und Funktionsweise dieser Sonderregelung denen des [X.]erfalls. Auch er soll präventiv wirken, indem dem Täter und der Allgemeinheit durch Entzug des rechtswidrig, nämlich durch eine Straftat [X.] vor Augen geführt wird, dass strafrechtswidrige Bereicherungen nicht geduldet werden und Straftaten sich nicht lohnen (B[X.]erfGE 110, 1, 15 ff; vgl. BT-Drucks. 11/6623, [X.]). Dementsprechend orientierte sich der Gesetzgeber bei der Entwicklung der [X.]erfallvorschriften unter anderem an den Regelungen der §§ 8 ff [X.] (vgl. die Begründung zum Entwurf eines Strafgesetzbuches aus dem [X.], BT-Drucks. I[X.]/650 S. 239 ff zu §§ 109 ff). In seinem Anwendungsbereich tritt § 8 [X.] nach wie vor als spezialgesetzliche Regelung an die Stelle des allgemeinen [X.]erfallrechts, § 8 Abs. 4 [X.]. Wenn aber § 63 Nr. 3 KO die wesensähnliche [X.]orläuferregelung des [X.]erfalls umfasste, gibt es keinen Grund für die Annahme, dass er sich nach Einführung des [X.] des allgemeinen [X.]erfalls nicht auch auf die daraus folgenden Zahlungsansprüche erstrecken sollte. Gleiches gilt dann für die insoweit unverändert gebliebene Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.].

d) Der Regelungszweck des § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gibt keinen Anlass zu einer einschränkenden Auslegung.

aa) Wie dargelegt, sollten die [X.] der Gläubiger nach der Entwurfsbegründung zur Ursprungsfassung der Konkursordnung nicht durch staatliche [X.] beeinträchtigt werden, die alleine der Schuldner, nicht aber die Gläubiger, durch eine Straftat verschuldet hat.

Wäre allein der Schutz der Insolvenzgläubiger vor den Folgen schuldhaften Handelns des Schuldners bezweckt, wären Forderungen aus einer [X.]erfallanordnung (§ 73a StGB) und ein erheblicher Teil der Forderungen aus der Einziehung von Wertersatz (§ 74c StGB) von diesem Schutzzweck nicht erfaßt. Beide Forderungen hängen nicht ([X.]erfall) oder nicht durchweg (Einziehung) von einem schuldhaften Handeln des Forderungsschuldners ab. Der [X.]erfall hat keinen Strafcharakter, sondern dient der Gewinnabschöpfung zu präventiven Zielen. Deshalb erfordert er kein [X.]erschulden des jeweiligen Adressaten der [X.]erfallanordnung (B[X.]erfGE 110, 1, 14 ff; BGHSt 47, 260, 265; 47, 369, 372 f; 51, 65, 67).

Die alleine auf das [X.]erschulden abstellende Begründung des historischen Gesetzgebers greift jedoch zu kurz. Hätten die Insolvenzgläubiger vor den Folgen schuldhaften Handelns des Insolvenzschuldners geschützt werden sollen, hätte es nahe gelegen, auch deliktisch begründeten Forderungen in der Insolvenz einen geringeren Wert beizumessen. Weder § 54 KO und der spätere § 61 KO noch die Insolvenzordnung sahen bzw. sehen aber eine solche Abstufung vor. Sie wäre aus der Sicht des Geschädigten auch nicht zu rechtfertigen.

bb) Maßgebend ist im vorliegenden Zusammenhang die Gemeinsamkeit aller Forderungsarten des § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.]: Es handelt sich um Zahlungsansprüche des Fiskus, die dieser ohne Gegenleistung oder vorherigen eigenen [X.]ermögensnachteil erwirbt. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Interessenlage des Fiskus von derjenigen nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger. Letztere müssen infolge der Insolvenz eine effektive [X.]ermögensminderung befürchten. Ihre Forderungen beruhen darauf, dass sie an den Schuldner vor Insolvenzeröffnung bereits Leistungen erbracht haben oder aus anderen Gründen - etwa aufgrund Delikts - jedenfalls einen [X.]ermögensverlust hinzunehmen hatten. Soweit sie mit ihren Forderungen in der Insolvenz ausfallen, wird diese Einbuße perpetuiert. Als Gläubiger der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] genannten Zahlungsansprüche erleidet der Fiskus durch die Insolvenz hingegen insoweit keinen wirtschaftlichen Schaden, weil er für den Erwerb der fraglichen Ansprüche keine [X.]orleistungen erbringen musste. An der [X.]erteilung der Insolvenzmasse soll er deshalb erst dann teilnehmen, wenn diejenigen Gläubiger, die im Gegensatz zu ihm zum Erwerb ihrer Forderung [X.]ermögensnachteile in Kauf nehmen mussten, vollständig befriedigt sind. Im Unterschied zu Steuerforderungen, die im Rang des § 38 [X.] stehen, handelt es sich auch nicht um Zahlungsansprüche, deren Zweck in der Einnahmeerzielung des Fiskus besteht, sondern in der Ahndung begangenen Unrechts oder der generalpräventiven Korrektur irregulärer [X.]ermögenszuordnungen.

Auch dem Tatbestand des § 39 Abs. 1 Nr. 4 [X.] liegt diese Wertung zugrunde: Forderungen, für die der Gläubiger an den Schuldner keine Gegenleistung erbringen musste, sind ebenfalls nachrangig. Dies entspricht der sonstigen Wertung im Insolvenzrecht (vgl. § 134 [X.]) und allgemeinen Zivilrecht (vgl. § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass der unentgeltliche Erwerb weniger schutzwürdig ist als solcher, für den der Empfänger ein ausgleichendes [X.]ermögensopfer zu erbringen hat.

Auch aus den [X.]erfallregelungen des Strafgesetzbuches selbst ergibt sich der Nachrang dieses staatlichen Zugriffsanspruchs: Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB darf der [X.]erfall nicht angeordnet werden, soweit dem [X.]erletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat [X.] entziehen würde. § 39 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ist mit dieser Nachrangigkeit vergleichbar. Die vorrangigen Ansprüche des [X.]erletzten stehen dagegen im Rang des § 38 [X.].

e) Der Regelungszweck des [X.]erfalls (siehe oben c) am Ende) fordert keine Gleichrangigkeit der Forderung aus einer [X.]erfallanordnung mit den im Rang des § 38 [X.] stehenden Insolvenzforderungen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das [X.]ermögen eines Straftäters oder eines [X.]erfallbeteiligten im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB bedarf es einer generalpräventiven Maßnahme nicht mehr. Da der Straftäter gemäß § 80 [X.] das [X.]erwaltungs- und [X.]erfügungsrecht über sein [X.]ermögen an den Insolvenzverwalter verliert, kann er auch aus demjenigen Teil seines [X.]ermögens, den er durch eine Straftat erlangt hat, keinen Nutzen mehr ziehen. Wird das Insolvenzverfahren beendet, kann dieser Anspruch wieder geltend gemacht werden (§ 201 Abs. 1 [X.]). Er wird auch von einer erteilten Restschuldbefreiung nicht erfasst (§ 302 Nr. 2 [X.]).

Der Zweck der Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes zur Wahrung der Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung erfordert gleichfalls keine Gleichrangigkeit. Wenn der Geschädigte einer Straftat ausnahmsweise keinen durchsetzbaren Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch hat, gibt es niemanden, dem ein Zugriff auf das [X.]ermögen des Begünstigten aus allgemeinen Gerechtigkeitsgründen zugestanden werden müsste. Zwar erlangen dann die Insolvenzgläubiger eine [X.] höhere Befriedigung. Dieser Zuwachs in ihrem [X.]ermögen ist jedoch nicht systemwidrig. § 73 Abs. 1 StGB selbst lässt den Zugriff nur auf [X.]ermögen des [X.] oder Teilnehmers einer Straftat zu. § 73 Abs. 3 StGB erweitert den Kreis möglicher [X.]erfallbeteiligter auf "andere", für die der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat. Dritte, die weder selbst an der Tat beteiligt waren noch vom Täter oder Teilnehmer durch die Tat wirtschaftlich begünstigt werden sollten, dürfen dagegen behalten, was ihnen aus der Tat zugeflossen ist. Hätte der Gesetzgeber einen [X.]orteil der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger verhindern wollen, hätte er der Forderung des Fiskus aus einer [X.]erfallanordnung im Insolvenzverfahren ein [X.]orrecht verleihen müssen. Denn die von der Revision erstrebte Gleichrangigkeit mit den Insolvenzforderungen nach § 38 [X.] änderte nichts daran, dass auch dann die Gläubiger [X.] an den Früchten der Straftat partizipieren würden. Dann stünde der Fiskus genauso wie ein durch eine Straftat Geschädigter, dessen Anspruch auf Schadensersatz ebenfalls keinen [X.]orrang genießt. Mit diesem kann der Fiskus aber, wie ausgeführt, nicht gleichgestellt werden.

Ganter                              [X.]ill                          Lohmann

                  Fischer                           Pape

Meta

IX ZR 138/09

11.05.2010

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 10. Juli 2009, Az: 14 U 107/08, Urteil

§ 39 Abs 1 Nr 3 InsO, § 73a StGB, § 74c StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.05.2010, Az. IX ZR 138/09 (REWIS RS 2010, 6748)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6748

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 StR 60/14

3 StR 447/18

IX ZR 138/09

IX ZB 6/20

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