Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2008, Az. XII ZR 126/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2575

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] [X.]/06 Verkündet am: 30. Juli 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 1573, 1578, 1606 a) Zur Darlegungs- und Beweislast für den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit gemäß § 1573 Abs. 1 BGB. b) Zur Berücksichtigung einer anteiligen Haftung (hier: unter Einbezug fiktiven [X.]) beider Eltern für den Volljährigenunterhalt im Rahmen der Bemessung des [X.]. [X.], Versäumnisurteil vom 30. Juli 2008 - [X.]/06 - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juli 2008 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] - des [X.] vom 25. Juli 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um die Abänderung eines [X.]s über nachehelichen Unterhalt. Die Parteien heirateten am 3. August 1970. Aus der Ehe stammen die Zwillingsschwestern [X.] (geboren am 10. Mai 1987). Die Ehe der Parteien ist seit dem 9. Februar 1998 rechtskräftig geschieden. 1 Der Kläger (geboren am 26. August 1946) ist ärztlicher Direktor in einem Universitätsklinikum (Besoldungsstufe A 15). Er war nach den Feststellungen 2 - 3 - des Berufungsgerichts in zweiter Ehe verheiratet. Die Beklagte (geboren am 21. Mai 1949) ist promovierte Pädagogin und hat zusätzlich eine Prüfung zur Heilpraktikerin abgelegt. Von 1982 bis 1987 unterhielt sie eine Praxis für psy-chosoziale und pädagogische Betreuung. Seit der Geburt der gemeinsamen Kinder ist sie nicht mehr erwerbstätig. 3 In einem anlässlich der Scheidung geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Kläger zu nachehelichem Unterhalt von monatlich 1.900 DM und zu Kindesunterhalt nach der neunten Einkommensgruppe der [X.] [X.]. Durch [X.] vom 23. August 1999 änderten die Parteien den Ehegattenunterhalt auf 1.850 DM (bis einschließlich Dezember 2001) ab und legten den Kindesunterhalt nach Einkommensgruppe 12 der [X.] Ta-belle fest. Durch weiteren [X.] vom 28. Januar 2002 legten die Parteien den Ehegattenunterhalt auf 767 • fest. Mit seiner Abänderungsklage erstrebt der Kläger die Herabsetzung des [X.] ab Volljährigkeit der Töchter. Zunächst hat er den vollstän-digen Wegfall begehrt, in der Berufungsinstanz zuletzt nur noch die [X.] •. Das Amtsgericht hat den nachehelichen Unterhalt ab Juni 2005 auf 486 • herabgesetzt. Auf die Berufung der [X.] und die Anschlussberu-fung des [X.] hat das [X.] den Ehegattenunterhalt zeitlich gestaffelt in unterschiedlicher Höhe, zuletzt (ab 1/06) auf 489 • herabgesetzt. 4 Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision der [X.], die sich entsprechend ihrem in der Berufungsinstanz zuletzt ge-stellten Antrag gegen eine Herabsetzung auf unter 700 • zur Wehr setzt. 5 - 4 - Entscheidungsgründe: 6 Gegen den im Verhandlungstermin nicht erschienenen Kläger ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Dieses beruht jedoch inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern berücksichtigt den gesamten Sach- und Streitstand ([X.] 37, 79, 81 ff.). 7 Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. [X.] Das [X.] hat die Abänderungsklage nach Eintritt der Voll-jährigkeit der gemeinsamen Kinder für zulässig gehalten und nur noch einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt in eingeschränkter Höhe angenommen. Zur Ermittlung des Unterhalts hat es auf Seiten des [X.] das aus [X.] Tätigkeit erzielte Einkommen sowie weiteres Einkommen aus selb-ständiger Tätigkeit zugrunde gelegt. Aus einem (früheren) Wohnvorteil herrüh-rendes Einkommen beider Parteien (Wohnvorteil auf Seiten der [X.] und Zinseinkünfte auf Seiten des [X.]) hat das [X.] als auf beiden Seiten etwa gleichwertig erachtet und demzufolge nicht in die Unterhaltsbe-rechnung eingestellt. Auf Seiten der [X.] hat das [X.] ein fiktives Einkommen von netto 1.300 • veranschlagt, das sie aus einer [X.] Erwerbstätigkeit erzielen könne. Die von ihr dargelegten [X.] seien nicht ausreichend gewesen. Die Beklagte hätte bei zeitna-hen, stetigen und ernsthaften Bemühungen, gegebenenfalls nach Auffrischung und Vertiefung ihrer wissenschaftlichen Ausbildung oder einer Umschulung, eine reale Beschäftigungschance gehabt. 8 - 5 - Bei der Berechnung des Unterhalts hat das [X.] den [X.] für die beiden volljährigen Töchter mit den - nicht um das Kinder-geld verminderten - Tabellenbeträgen nach der [X.] Tabelle allein vom Einkommen des [X.] abgezogen. Aus dem Zweck des Kindergelds, vom Barunterhalt des Kindes zu entlasten, folge, dass das Kindergeld bei der Be-messung des [X.] nicht als bedarfsprägendes Einkommen der Ehegatten Berücksichtigung finden könne. Einen anteiligen Abzug des [X.] vom (fiktiven) Einkommen der [X.] hat das [X.] abgelehnt. Es stelle sich schon die Frage, ob die Durchsetzung eines mögli-chen Mithaftungsanteils der - tatsächlich nicht leistungsfähigen - [X.] überhaupt sachgerecht und zumutbar wäre. Unbeschadet dessen könne aber jedenfalls im Rahmen des [X.] ein allenfalls auf fiktiver Grund-lage bestehender Haftungsanteil der nicht erwerbstätigen [X.] keine Be-deutung gewinnen. Es erscheine nicht gerechtfertigt und unbillig, die Bedürftig-keit der ihre Erwerbsobliegenheit verletzenden [X.] um einen tatsächlich nicht geleisteten Anteil am Barunterhalt der gemeinsamen Töchter zu erhöhen. 9 Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. 10 I[X.] 1. Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor des Berufungsurteils ohne Einschränkungen zugelassen. Aus den Urteilsgründen geht allerdings hervor, dass es die Revision wegen der Frage nach der anteiligen Haftung des seine Erwerbsobliegenheit verletzenden berechtigten Ehegatten auf den Barun-terhalt volljähriger Kinder zugelassen hat. Es kann offen bleiben, ob die Ausfüh-rungen des Berufungsgerichts so zu verstehen sind, dass es die [X.] - 6 - lassung auf diese Frage gegenständlich beschränken wollte (vgl. dazu [X.] vom 14. Mai 2008 - [X.] ZB 78/07 - [X.], 1339, 1340), oder ob damit - was näher liegt - allein das Motiv für die Zulassung der Revision an-gegeben werden sollte. Denn bei der anteiligen Haftung auf den Barunterhalt der Kinder und deren Berücksichtigung bei der Ermittlung des [X.] handelt sich um Rechtsfragen, die sich auf einen nicht abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beziehen. Der durch diese Fragen betroffene Teil des [X.] wäre insbesondere einem Teilurteil nicht zugänglich (vgl. Senatsurteil [X.] 153, 358, 361 f.; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2008 - [X.] ZB 78/07 - [X.], 1339, 1340). Eine derartige Einschränkung der Revisionszulassung wäre jedenfalls nicht zulässig und bliebe ohne Wirkung. 2. Gegen die Zulässigkeit der Abänderungsklage gemäß § 323 Abs. 1, 4 ZPO bestehen keine Bedenken. 12 Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] nur noch einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB hat. Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB) oder wegen einer an die Kindererziehung anschließenden Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1, 3 BGB) schuldet der Kläger nicht. 13 a) Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, dass die Beklagte zu einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit verpflichtet ist. 14 Die Revision rügt zu Unrecht, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der [X.] zu gesundheitlichen Einschränkungen ihrer Erwerbsfähigkeit übergangen, woraus sich eine nur halbschichtige Einsetzbarkeit für leichte [X.] ergebe. Hierbei handelt es sich um erstinstanzliches Vorbringen der [X.]n. Schon das Urteil des Familiengerichts enthält indessen die Feststel-lung, dass die Beklagte trotz ihrer "körperlichen Gesundheitsschäden" an der 15 - 7 - Ausübung einer (vollschichtigen) Tätigkeit mit geistigem Schwerpunkt nicht ge-hindert sei. Diese Feststellung hat die Beklagte mit ihrer Berufung nicht ange-griffen, so dass das Berufungsgericht seinem Urteil gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO ihre vollschichtige Erwerbsfähigkeit mit Recht zugrunde gelegt hat. Einer besonderen Erwähnung in den Gründen des Berufungsurteils [X.] dies nicht. b) Dass die Beklagte gemäß § 1573 Abs. 1 BGB keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag, hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Das ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. 16 [X.]) Die von der [X.] dargelegten Bewerbungsbemühungen hat das Berufungsgericht als nicht ausreichend angesehen. Es hat eine Steigerung der Bewerbungsintensität für erforderlich gehalten und die Bewerbungsschreiben als aus der Sicht der angesprochenen Arbeitgeber möglicherweise ungünstig gesehen. Die hierzu von der Revision erhobenen [X.] greifen nicht durch. 17 Nach der Rechtsprechung des Senats ist Voraussetzung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB, dass sich der Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemüht haben muss, eine angemessene [X.] zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht genügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast für sei-ne Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte und in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Richtung [X.] hat. Die Beweiserleichterung nach § 287 Abs. 2 ZPO kommt ihm nicht zugute (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - [X.] ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791). 18 Den von der [X.] vorgetragenen und belegten [X.] fehlt es bereits an der nötigen Nachhaltigkeit. Die im Berufungsurteil 19 - 8 - angeführten Bewerbungen aus der [X.] von 1999 bis 2006 sind von ihrer Zahl her unzureichend und weisen zeitliche Lücken auf. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Eigeninitiative die Beklagte außer ihrer Arbeitslosmeldung und den [X.] Anschreiben an Arbeitgeber in den mehr als acht Jahren seit der Scheidung entwickelt hat. Das Berufungsgericht hat dem entsprechend mit zwar knapper, aber zutreffender Begründung gefordert, die Bewerbungsintensi-tät hätte gesteigert werden müssen, und damit zu erkennen gegeben, dass die vorgetragenen Bewerbungen den Anforderungen nicht genügen. Darüber [X.] hat es auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbungen angemeldet und diese aus dem Inhalt der Bewerbungsschreiben hergeleitet. Auch dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die Revision führt hier anderweitige Erklärungsmöglichkeiten an, die allenfalls auf eine unzulässige Ersetzung der Würdigung des Berufungsgerichts durch die der Revision hinauslaufen. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts unterliegt nach § 559 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht der revisionsrechtlichen Kontrolle. Die Voraus-setzungen einer ausnahmsweisen Korrektur durch das Revisionsgericht, etwa weil die Feststellungen auf einer Gesetzesverletzung beruhen, dem Berufungs-gericht ein Verstoß gegen die Denkgesetze unterlaufen ist oder [X.] nicht beachtet wurden (vgl. Musielak/[X.] ZPO 6. Aufl. § 559 Rdn. 22), liegen nicht vor. 20 Die Auffassung der Revision, dass eine nennenswerte Anzahl von [X.], für welche die Beklagte von ihrem wissenschaftlichen Anforderungsprofil in Frage komme, nicht existiere, stellt die Feststellung unzureichender [X.] durch das Berufungsgericht nicht in Frage. Die Beklagte hätte sich nicht nur auf Stellen im Bereich der Wissenschaft bewerben können und müssen, sondern ihr stand aufgrund ihrer Ausbildung einschließlich der [X.] - 9 - qualifikation als Heilpraktikerin wie auch der wenigstens zeitweilig ausgeübten Praxis im psychosozialen Bereich ein wesentlich weiteres Berufsfeld offen. 22 bb) Die unzureichende Arbeitssuche führt indessen noch nicht notwendig zur Versagung des Anspruchs aus § 1573 Abs. 1 BGB. Die mangelhafte Ar-beitssuche muss vielmehr für die Arbeitslosigkeit auch ursächlich sein. Eine Ursächlichkeit besteht nicht, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des [X.] Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschance [X.] hat (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - [X.] ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791). Für das Bestehen einer realen Beschäftigungschance ist im vorliegenden Fall allerdings nicht erst auf den Beginn des streitbefangenen [X.]raums im Juni 2005 abzustellen, als die Beklagte schon 56 Jahre alt war. Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass die Beklagte schon längere [X.] zuvor zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet war. Die Parteien gingen bereits [X.] der Scheidung im Jahr 1998 übereinstimmend davon aus, dass die [X.] zu einer Teilzeiterwerbstätigkeit verpflichtet war. Dem entsprechend hat die Beklagte sich in den beiden ersten von den Parteien abgeschlossenen Ver-gleichen vom 9. Februar 1998 und 23. August 1999 jeweils ein fiktives Ein-kommen von 500 DM und zuletzt im Vergleich vom 28. Januar 2002 ein fiktives Einkommen von 818 • aus dann halbschichtiger Tätigkeit zurechnen lassen. Die Beklagte kann demnach nicht so behandelt werden, als hätte ihre Erwerbs-obliegenheit erstmals im Jahr 2005 eingesetzt. Dass sie durch ihre unzurei-chende Eigeninitiative die Chance einer stufenweisen beruflichen Eingliederung hat verstreichen lassen, darf sich nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen [X.] auswirken. Vielmehr ist für die Frage der realen Beschäftigungschance darauf abzustellen, ob eine solche bestanden hätte, wenn die Beklagte von [X.] - 10 - fang an ihrer Erwerbsobliegenheit genügt hätte (vgl. auch Senatsurteil vom 20. Februar 2008 - [X.] ZR 101/05 - [X.], 872, 873 f. mit Anmerkung [X.]). Dabei ist vor allem einzubeziehen, dass die Beklagte, wie das Fami-liengericht und das Berufungsgericht übereinstimmend festgestellt haben, bei einer zunächst in Teilzeit ausgeübten Tätigkeit trotz ihres Alters die Chance einer späteren - sukzessiven - Aufstockung zu einer Vollzeitstelle deutlich ver-bessert haben könnte. Das Berufungsgericht hat die auf Seiten der [X.] bestehenden Schwierigkeiten, ihr Alter, ihre kaum entwickelte berufliche Praxis und die lange [X.] des beruflichen Ausstiegs in die Betrachtung mit einbezogen. Auch wenn sich diese Faktoren im Ergebnis lediglich bei der Höhe des erzielba-ren Einkommens niedergeschlagen haben, hat das Berufungsgericht sie er-sichtlich gewürdigt. Wenn es in Anbetracht der bereits seit 1998 von den [X.] angenommenen ([X.] unter Einbeziehung von Fortbildungsmöglichkeiten dennoch eine bestehende reale Beschäftigungs-chance ("im abhängigen oder selbständigen Bereich") gesehen hat, ist dies als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nicht zu beanstanden. In Anbetracht des vorhandenen beruflichen Spektrums brauchte das Berufungsgericht in den Ent-scheidungsgründen auch keine konkrete Tätigkeit zu benennen. Eine Tätigkeit als Putz- oder Verkaufshilfe hat das Berufungsgericht der [X.] ferner nicht unterstellt. Das für erzielbar erklärte Nettoeinkommen von 1.300 • bewegt sich vielmehr im selben Rahmen wie das von der [X.] im Vergleich vom 28. Januar 2002 akzeptierte Einkommen von 818 • für eine [X.] und ist schon deswegen im Zweifel noch angemessen im Sinne von § 1574 BGB (alter und neuer Fassung). Auch wenn schließlich eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich war und ist, gehen verbleibende Zweifel hinsichtlich einer fehlen-den realen Beschäftigungschance zu Lasten der beweisbelasteten [X.] (Senatsurteil vom 27. Januar 1993 - [X.] ZR 206/91 - FamRZ 1993, 789, 791). 24 - 11 - Dass es sich bei der realen Beschäftigungschance um eine objektive Voraus-setzung handelt (vgl. BVerfG [X.], 1145, 1146 - betreffend den [X.]), ändert an der Beweislastverteilung nichts. Der vom Berufungs-gericht im angefochtenen Urteil darüber hinausgehend zum Ausdruck gebrach-ten Überzeugung von einer realen Beschäftigungschance der [X.] [X.] es wegen der die Beklagte treffenden Beweislast demnach nicht. 3. Zum Unterhaltsbedarf der [X.] nach den ehelichen Lebensver-hältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht das Berufungsurteil [X.] nicht in vollem Umfang der Rechtsprechung des Senats. 25 a) Die vom Berufungsgericht zum Einkommen des [X.] getroffenen Feststellungen bleiben aus revisionsrechtlicher Sicht bis auf einen nebensächli-chen Punkt frei von Beanstandungen. 26 Die Revision rügt allein mit Recht, dass das [X.] ohne nä-here Begründung nicht von dem Gesamtbruttobetrag der Bezügemitteilung vom Dezember 2005 ausgegangen ist, auf die es in seinem Urteil Bezug genommen hat. Aus der Bezügemitteilung lässt sich erkennen, dass das [X.] nur das laufende Bruttoeinkommen ("laufendes [X.]") zugrunde gelegt und das sonstige Einkommen ("sonstiges [X.]") übergangen hat. Das sonstige Einkommen beläuft sich indessen nach derselben Mitteilung nur auf 80 •. Es handelt sich ersichtlich um das im Juli 2005 ausgezahlte Urlaubsgeld. Davon sind 32 • ("Lohnsteuer sonstiger Bezug") und 1,76 • ("[X.] sonstiger Bezug") abzuziehen, so dass sich der Fehler (allenfalls) mit netto 46,24 • und monatlich also weniger als 4 • niederschlägt. 27 Die weiter von der Revision erhobene Rüge, der Nettobetrag sei nicht nachvollziehbar ermittelt worden, greift indessen nicht durch. Dem [X.] ist vielmehr zu entnehmen, nach welcher Methode das Berufungsgericht 28 - 12 - das Nettoeinkommen ermittelt hat. Die Angabe des vollständigen [X.], wie es zu dem Nettoeinkommen gelangt ist, ist nicht erforderlich, wenn die einzelnen Berechnungsgrößen nachvollziehbar dargestellt sind. Das ist hier der Fall, denn das Berufungsgericht hat sowohl die Werbungskosten als auch die Sonderausgaben angegeben. Die weiteren Rechenschritte ergeben sich aus den gesetzlichen Steuerabzügen. Dass das Berufungsgericht von einer lediglich fiktiven getrennten Veranlagung ausgegangen ist, obwohl der Kläger offensicht-lich seit 2004 wiederum geschieden ist, ist unschädlich. Dass das Berufungsgericht im Ergebnis zu einem geringeren als dem in erster Instanz noch unstreitigen Nettoeinkommen gelangt ist, erklärt sich [X.], dass es gegenüber dem früheren Monatsfreibetrag (887 •) lediglich den vom Amtsgericht festgesetzten [X.] (486 •) als monatlichen Frei-betrag berücksichtigt hat. Dies ist in den Urteilsgründen ausdrücklich aufgeführt und stimmt mit der Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung des [X.] überein (Senatsurteile vom 6. Februar 2008 - [X.] ZR 14/06 - [X.], 968, 971; vom 23. Mai 2007 - [X.] ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232, 1234 und vom 28. Februar 2007 - [X.] ZR 37/05 - FamRZ 2007, 793, 797). 29 b) Die von beiden Parteien gezogenen Nutzungen (Wohnvorteil bei der [X.] und Zinsen beim Kläger) sind vom Berufungsgericht als annähernd gleichwertig angesehen und daher rechnerisch nicht berücksichtigt worden. Die Kürzung der beiden Vorteile im Rahmen der Bedarfsermittlung beim Ehegat-tenunterhalt ist deswegen auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 1. Dezember 2004 - [X.] ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159) nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht gerügt. 30 c) Bei der Bemessung des [X.] hat das Berufungsgericht den Unterhalt der volljährigen Kinder zutreffend vorweg abgezogen. Der [X.] - 13 - haltsbedarf volljähriger Kinder bemisst sich, soweit er der Altersstufe 4 der Düs-seldorfer Tabelle entnommen wird, nach dem zusammengerechneten Einkom-men der Eltern. Nach ständiger Rechtsprechung schuldet ein Elternteil aller-dings höchstens den Unterhalt, der sich allein auf der Grundlage seines [X.] aus der vierten Altersstufe der [X.] Tabelle ergibt (Senatsur-teil [X.] 164, 375, 378 = [X.], 99, 100). Die Berechnung kann abge-kürzt werden, wenn nur ein Elternteil Einkommen oberhalb des eigenen [X.] Unterhalts im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB (angemessener Selbst-behalt; nach den Leitlinien des Berufungsgerichts - Nr. 21.3.1 - sowie der [X.] 5 zur [X.] Tabelle ab 1. Juli 2005: 1.100 •; bis Juni 2005: 1.000 •) erzielt und der andere Elternteil nicht leistungsfähig ist. In diesem Fall kann der Kindesunterhalt zur Vereinfachung sogleich allein nach dem Einkom-men des allein leistungsfähigen Elternteils bestimmt werden. [X.]) Das Berufungsgericht hat den Unterhalt der beiden volljährigen Töch-ter allein nach dem Einkommen des [X.] bestimmt und das der [X.] zugerechnete Einkommen als bloß fiktives Einkommen außer [X.] gelassen. Die Revision bringt dagegen im Ausgangspunkt allerdings zu Recht vor, dass die Anrechnung eines fiktiven Einkommens auch die Beteiligung der [X.] am Unterhalt der volljährigen Kinder zur Folge hat (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), soweit sich insgesamt ein den angemessenen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 1 BGB übersteigendes Einkommen ergibt. Allein aufgrund des Umstands, dass es sich um fiktives Einkommen handelt, folgt auch im Rahmen der anteiligen Unterhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB noch nicht, dass eine Mithaf-tung entfällt. Anderenfalls hätte der Elternteil die Möglichkeit, durch seine Pflichtverletzung den Wegfall seiner Unterhaltspflicht herbeizuführen. Das [X.] muss jedenfalls grundsätzlich gelten, wenn es nicht primär um die Feststel-lung des [X.] geht, sondern der Volljährigenunterhalt nur eine Vorfrage bei der Bemessung des [X.] ist. 32 - 14 - Das Berufungsgericht hat jedoch des Weiteren - wie auch die Revision - nicht beachtet, dass die Zurechnung eines fiktiven Einkommens beim [X.] unter anderen Voraussetzungen steht als beim Ehegattenunterhalt. Die Zurechnung fiktiven Einkommens ist für jedes [X.] geson-dert zu beurteilen und setzt voraus, dass der Unterhaltspflichtige im jeweiligen [X.] gegen seine unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit ver-stoßen hat. Die Erwerbsobliegenheiten beim Ehegattenunterhalt und beim [X.] sind unterschiedlich ausgestaltet. Sie unterscheiden sich nicht zu-letzt auch danach, ob sie den Unterhaltsberechtigten oder den [X.] betreffen, wie der vorliegende Fall deutlich macht. Während die Beklagte im Rahmen des [X.] schon seit 1998 unterhaltsrechtlich zu [X.] Erwerbstätigkeit verpflichtet war, erfüllte sie ihre Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern, solange diese noch minderjährig waren, allein durch deren Pflege und Erziehung (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Da der Barunterhalt der Kinder [X.] war (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB) und auch ansonsten kein Ausnahmefall von der Regel des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB in Betracht kommt, war die [X.] gegenüber ihren Kindern somit erst seit deren im Mai 2005 eingetretener Volljährigkeit zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Zu diesem [X.]punkt hatten sich die Erwerbschancen der [X.] allerdings gegenüber der Betrachtung beim Ehegattenunterhalt bereits deutlich verschlechtert. Dass die Beklagte seit-dem noch in der Lage sein sollte, eine Vollzeitstelle zu erlangen, erscheint schon aufgrund ihres Alters von nunmehr 56 Jahren und ihrer noch deutlich längeren beruflichen Abstinenz zweifelhaft. Aufgrund der fehlerhaften Gleich-stellung der Erwerbsobliegenheit der [X.] einerseits als Gläubigerin des [X.] und andererseits als Schuldnerin des Kindesunterhalts hat das Berufungsgericht hier die notwendigen Feststellungen unterlassen. 33 Allerdings kann sich das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis auch dann als richtig erweisen, wenn und soweit die Beklagte nicht nur wegen [X.], sondern rechtlich gesichert vom [X.] befreit ist. Der hierfür in Frage kommende Grund könnte in einer Freistellung der [X.] durch den Kläger liegen. Soweit der Kläger - wie es offenbar der Fall ist - den Kindesunterhalt seit Eintritt der Volljährigkeit der ge-meinsamen Kinder geleistet hat, ohne die Beklagte in Rückgriff nehmen zu [X.], dürfte eine zumindest stillschweigende [X.] der Parteien vorliegen. Dass die Beklagte den Naturalunterhalt der Kinder sicherstellt, steht dem nicht notwendig entgegen, weil dieser aus dem Barunterhalt, der [X.] auch den Wohnbedarf umfasst, zu finanzieren ist (Senatsurteil [X.] 164, 375, 385 = [X.], 99, 102). Auch wenn die Kinder durch eine sol-che Abrede grundsätzlich nicht gehindert sind, die Beklagte auf ihren Unter-haltsanteil in Anspruch zu nehmen, wird eine rückwirkende Inanspruchnahme regelmäßig ausscheiden, weil es an den Voraussetzungen des § 1613 BGB fehlt. Sind sowohl ein Rückgriff des [X.] als auch eine rückwirkende Inan-spruchnahme durch die Kinder aber zuverlässig ausgeschlossen, kann dem in der Tat dadurch Rechnung getragen werden, dass der Unterhalt allein vom Ein-kommen des zugleich dem Ehegatten und den Kindern zum Unterhalt Verpflich-teten abgezogen wird (vgl. [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der fami-lienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 2 Rdn. 151). Auch für den künftigen Unterhalt kann es sich ähnlich verhalten, wenn der Kläger auch insoweit der offenbar durchgehenden bisherigen Praxis entsprechend anbietet, den Kindesunterhalt im Verhältnis der Parteien weiter allein aufzubringen. Die Beklagte verstieße dann gegen [X.] und Glauben, wenn sie das Freistellungsangebot des [X.] nicht annehmen würde. Etwas anderes kann sich nur ergeben, wenn die Kinder die Beklagte direkt auf Unterhalt in Anspruch nehmen sollten. Dieser Umstand lässt sich anhand der Anforderungen gemäß § 1613 BGB verlässlich feststellen und würde gegebenenfalls eine Abänderung des [X.] begrün-den. - 16 - Weil das Berufungsgericht allein auf die Eigenschaft als fiktives Einkom-men abgestellt hat, bedürfen die oben aufgezeigten Voraussetzungen (zur Er-werbsobliegenheit gegenüber den Kindern und zu einer Freistellung der Beklag-ten) weiterer Feststellungen. 35 36 bb) Das Berufungsgericht hat zudem aber den Kindesunterhalt mit den nicht um das Kindergeld gekürzten Tabellenbeträgen nach der [X.] Tabelle abgezogen. Das entspricht nicht der Rechtsprechung des Senats und ist nach § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch ohne entsprechende Revisionsrüge zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schuldet der Klä-ger seinen volljährigen Kindern nur Unterhalt in einer Höhe, wie er sich nach Abzug des vollen Kindergeldes ergibt (Senatsurteile [X.] 164, 375, 382 f. = [X.], 99, 101 f. und vom 5. März 2008 - [X.] ZR 22/06 - [X.], 963). Auch in Höhe des st[X.]tlichen Kindergeldes ist der Unterhaltsbedarf der volljährigen Töchter gedeckt. Der Kläger schuldet insoweit keinen Barunterhalt, den er bei der Berechnung des der [X.] zustehenden [X.] zusätzlich abziehen könnte. Dadurch wird das Kindergeld entgegen der [X.] des Berufungsgerichts nicht als Einkommen des [X.] behandelt. Vielmehr wird dieser durch die bedarfsdeckende Anrechnung des Kindergelds vom Kindesunterhalt entlastet, so dass ihm ein größerer Teil seines Einkommens - auch für den Ehegattenunterhalt - zur Verfügung steht. Damit stellt sich die Lage beim Kindergeld nicht anders dar als bei dem mit ähnlicher Funktion gewährten steuerlichen Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG), der [X.] zu einem höheren Nettoeinkommen führt. - 17 - II[X.] 37 Demnach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Entschei-dung reif, weil weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. [X.] Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: 38 Für die Bedarfsermittlung ist neben der geringfügigen Korrektur des vom Kläger bezogenen Einkommens und dessen Fortschreibung seit 2006 der [X.] nur nach Abzug des Kindergelds zu berücksichtigen. Neben den seit dem 1. Januar 2008 in [X.] getretenen Änderungen durch das [X.] ([X.] I S. 3189) sind ferner die geänderten Fassungen der [X.] Tabelle, gegebenenfalls auch da-von abweichende vom Kläger gezahlte Beträge zu berücksichtigen. 39 Sollte das Berufungsgericht - bei einer Obliegenheitsverletzung der [X.]n auch gegenüber den Kindern - zu der Feststellung gelangen, dass die Beklagte vom Kläger vollständig vom Kindesunterhalt freigestellt worden ist und eine entsprechende Vereinbarung auch in Zukunft weiteren Bestand hat, ist vom Einkommen der [X.] grundsätzlich kein Kindesunterhaltsanteil abzu-ziehen. Das auf Seiten der [X.] vorhandene Einkommen wäre dann 40 - 18 - grundsätzlich bei der Berechnung des [X.] bereits in zulässiger Weise vereinfachend berücksichtigt. Hahne [X.] [X.] [X.]
Vorinstanzen: AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 12.09.2005 - 8 [X.]/05 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 11 UF 655/05 -

Meta

XII ZR 126/06

30.07.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2008, Az. XII ZR 126/06 (REWIS RS 2008, 2575)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2575

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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