Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2000, Az. VIII ZR 36/00

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 64

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[X.] [X.]ES VOLKESURTEILVIII ZR 36/00Verkündet am:20. [X.]ezember 2000Mayer,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 20. [X.]ezember 2000 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenatsdes [X.] vom 28. [X.]ezember 1999 aufgeho-ben.[X.]ie Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an [X.] Zivilsenat des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:[X.]er Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma [X.] nimmt die Beklagte auf Zahlung eines restli-chen Kaufpreises in Anspruch, den die Schuldnerin und frühere Klägerin (imfolgenden: Schuldnerin) aus abgetretenem Recht geltend gemacht hat. [X.] folgender Sachverhalt zugrunde:[X.]ie Firma [X.] hatte durch Vereinbarung vom 17. August 1994von der Firma [X.] deren [X.] mit eingetragenem Waren-zeichen sowie Lagerbestand einschließlich Know-how, [X.] 3 -etc. erworben, wobei der Geschäftsführer [X.](in Zukunft: [X.]) der Firma[X.] gegen [X.] über insgesamt 150.000 [X.]M seine ge-schäftlichen Aktivitäten sofort einzustellen hatte. Ferner wurde zwischen [X.] [X.] und der Firma [X.] am 16. September 1994 [X.] mit einer Laufzeit von vier Jahren, endend am 30. September1998, geschlossen, nach welchem die Firma [X.] als "Berater" [X.] [X.] für die Firma [X.] zu [X.]. Während der [X.]auer des Vertragsverhältnisses war der "Berater" ver-pflichtet, jeden Wettbewerb gegenüber der Firma [X.] zu unterlassen.Im Juni 1995 verständigten sich beide Vertragspartner darauf, den Beraterver-trag zum 31. August 1995 zu beenden. [X.]urch [X.]übertrug die Firma [X.] die von ihr erworbene Marke "[X.]" [X.] und einer [X.]-Perforationsmaschine an die [X.]. Als Gegenleistung wurde ein Kaufpreis von insgesamt 245.000 [X.]Mnebst Mehrwertsteuer vereinbart.Mit Anwaltsschreiben vom 15. November 1996 focht die Beklagte, diebisher auf den Kaufpreis lediglich 137.250 [X.]M gezahlt hatte, den [X.] wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung an, sie [X.] 1996 festgestellt, daß [X.] bzw. eine [X.] Consulting GmbH [X.] mit dem [X.] betreibe. [X.]a die Firma [X.] bereits [X.] des [X.] den Beratervertrag mit [X.] bzw.der [X.] Consulting GmbH aufgehoben habe, habe sie bereits bei den [X.] gewußt, daß [X.] bzw. die [X.] Consulting GmbH nicht mehr andas Wettbewerbsverbot gebunden gewesen seien. Für sie, die Beklagte, [X.] die Erklärung der Firma [X.] ausschlaggebend gewesen, daß[X.] bzw. die [X.] Consulting GmbH als Entwickler des sogenannten [X.]-- 4 -Systems aufgrund vertraglicher Verpflichtungen nicht mehr am Markt tätig seinkönnten.[X.]ie Schuldnerin, die durch notariellen Vertrag vom 1. Februar 1997 [X.] der Firma [X.] Teile dieses Unternehmens, unteranderem gewerbliche Schutzrechte und sämtliche Forderungen mit [X.] 23. Januar 1997 aus dem Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin, er-worben hat, hat von der Beklagten die Zahlung eines restlichen Kaufpreisesvon 144.250 [X.]M nebst Zinsen begehrt.[X.]as [X.] hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht [X.] hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen.Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantragweiter.Entscheidungsgründe:[X.] [X.]as Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte sei der (früheren)Klägerin zur Zahlung des nach dem [X.] geschuldetenrestlichen Kaufpreises verpflichtet, da die Beklagte nicht zur Anfechtung [X.] wegen arglistiger Täuschung über Art und Umfang des [X.] berechtigt sei. [X.]ie im Juni 1995 getroffene Vereinbarung zwischender Firma [X.] und der Firma [X.] über die Beendigung deszwischen ihnen geschlossenen [X.], wodurch [X.] nunmehr wiederam Markt für eigene oder fremde branchengleiche Firmen habe tätig werdendürfen, sei ohne Einfluß auf den erfolgten Verkauf des gesamten [X.]s einschließlich Markenrecht an die Firma [X.] gewesen, die- 5 -diese Rechte auf die Beklagte habe übertragen können. [X.]ie Beklagte [X.] selbst gegen mögliche Verletzungen ihres Markenrechts durch [X.]oder andere vorgehen.[X.]ie Beklagte habe ferner jedenfalls nicht bewiesen, daß die Firma [X.] ihr gegenüber Zusagen dahingehend gemacht habe, [X.] dürfe [X.] vertraglicher Verpflichtungen künftig überhaupt nicht mehr am [X.] teilnehmen. Ein auf [X.]auer angelegtes Wettbewerbsverbot wäre zudemunzulässig gewesen; vielmehr hätte eine Wettbewerbsabrede zu Lasten von[X.], dessen Tätigkeit sich als die eines Handelsvertreter dargestellt habe, [X.] längstens zwei Jahre von Beendigung des Vertragsverhältnisses an [X.] werden dürfen. [X.]ie Firma [X.] habe auch keine [X.] getroffen, daß es keine rechtliche Möglichkeit gegeben habe, denSystementwickler [X.] auf [X.]auer und umfassend vom Markt für [X.] fernzuhalten.I[X.] [X.]as Berufungsurteil hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.1. Auf die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, daß die [X.] zwischen der Firma [X.] und der Firma [X.] ge-schlossenen [X.] vom 16. September 1994 den am 17. [X.] vereinbarten Verkauf des gesamten [X.]s einschließlich ein-getragenem Warenzeichen unberührt gelassen habe, so daß die Firma [X.] alle Rechte aus dem System an die Beklagte habe übertragen [X.] letztere nunmehr selbst gegen mögliche Verletzungen ihres Markenrechtsvorgehen müsse, kommt es nicht an. [X.]ie Beklagte hat den mit der Firma [X.] GmbH abgeschlossenen Vertrag über den Erwerb der Marke "[X.]" vom4. Oktober 1995 mit Anwaltsschreiben vom 15. November 1996 wegen arglisti-- 6 -ger Täuschung angefochten. Greift diese Anfechtung durch, entfällt der mit [X.] geltend gemachte Anspruch auf restliche Kaufpreiszahlung.2. Soweit das Berufungsgericht es als nicht erwiesen ansieht, daß dieFirma [X.] der Beklagten gegenüber bei den Verhandlungen im Zu-sammenhang mit dem Abschluß des [X.] die [X.] abgegeben habe, [X.] dürfe aufgrund vertraglicher [X.] künftig nicht mehr am Wettbewerb teilnehmen, beruht die Be-weiswürdigung, wie die Revision mit Erfolg rügt, auf durchgreifenden Verfah-rensfehlern. [X.]as Berufungsgericht hat sich dabei nicht entsprechend dem Ge-bot des § 286 ZPO mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfas-send und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, so daß seine Beweiswürdigungnicht vollständig ist; dies unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsge-richt (st.Rspr. vgl. [X.], Urteil vom 14. Januar 1993 - [X.], [X.] 1993,902 unter [X.] 3 a m.w.Nachw.; [X.], Urteil vom 1. Oktober 1996 - [X.] 1997, 796 unter [X.] 1).a) [X.]as Berufungsgericht stützt sich bei seiner Überzeugungsbildung [X.] darauf, daß der damalige Verkaufsleiter [X.]der Beklagten bekundet ha-be, es sei anläßlich der Verhandlungen mit der Firma [X.] nichtgeäußert worden, daß [X.] nicht als Wettbewerber auftreten dürfe; dadurch wür-den, so meint das Berufungsgericht, die zugunsten der Beklagten sprechendenPunkte der Beweisaufnahme entscheidend entwertet.[X.]abei läßt das Berufungsgericht außer acht, daß der Zeuge [X.]nachseiner Aussage nur an einem Gespräch beteiligt war, bei dem darauf [X.], bei dem "der rohe Vertrag" unterzeichnet wurde, sowie bei denweiteren Verhandlungen hingegen nicht zugegen war. Aufgrund dieser [X.] kann daher nicht ausgeschlossen werden, daß die Vertreter der- 7 -Firma [X.] bei den nachfolgenden Vertragsverhandlungen die von [X.] behauptete Erklärung, der Systementwickler [X.] dürfe aufgrund ver-traglicher Verpflichtungen nicht mehr als Wettbewerber am Markt auftreten,abgegeben haben.b) Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht über die [X.] Aussagen der übrigen Zeugen hinweggegangen ist, ohne sichdamit auseinanderzusetzen. Nach der vom Berufungsgericht nicht gewürdigtenAussage des Zeugen [X.] , des Schwiegersohns des Geschäftsführers [X.] - , ist bei den Verhandlungen "ständig" davon die Rede gewesen, es sei [X.] der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Firma [X.] und[X.] gewährleistet, daß dieser nicht mehr auf dem Markt als Wettbewerber [X.] könne. Ebenso hat der Zeuge [X.] , der Ehemann der Geschäftsführerin [X.], bekundet, es sei bei den Verhandlungen gesagt worden, daß [X.] gebe, die einen Wettbewerb durch [X.] ausschlössen; dies sei [X.] nicht näher erläutert worden und er habe auch nicht danach gefragt.Auch wenn der Zeuge [X.] angegeben hat, es sei ihm nicht gesagt worden, daßder Vertrag oder die Verträge zwischen der Firma [X.] und [X.] aufge-hoben worden seien, während der Zeuge [X.] nach seiner Bekundung dar-auf hingewiesen hat, [X.] sei nicht mehr im Rahmen des [X.] für dieFirma [X.] tätig, stimmen die Zeugenaussagen jedenfalls darin über-ein, daß [X.] nach den Angaben der Vertreter der Firma [X.] aufgrundbestehender vertraglicher Vereinbarungen nicht mehr als Wettbewerber [X.] dürfe.3. Eine solche Erklärung der Firma [X.] war objektiv falsch, [X.] Zeitpunkt des Abschlusses des [X.] der [X.] vom 16. September 1994, in welchem sich die Firma [X.]- 8 -bzw. [X.] verpflichtet hatten, während der [X.]auer des Vertragsverhältnisses [X.] gegenüber der Firma [X.] zu unterlassen, aufgehobenund ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot des [X.] nicht vereinbart war, wiedieser auch gegenüber dem Bevollmächtigten der Firma [X.] geltendgemacht hat und von letzterem akzeptiert wurde (siehe Schreiben des [X.]vom 25. März 1996).4. [X.]aß die Vertreter der Firma [X.] bei Abgabe ihrer Erklärun-gen mit [X.] handelten, was voraussetzt, daß ihnen die [X.] ihrer Angaben bekannt war (Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl., § 123Rdnr. 26; [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 123 Rdnr. 11), ist bisher [X.]. Hat der [X.] in einem bedeutsamen Punkt die Un-wahrheit gesagt, wird man von ihm allerdings erwarten können, daß er eineErklärung dafür gibt, wie es zu diesem Fehler gekommen ist ([X.], Urteil vom19. Februar 1981 - [X.], [X.], 446). Ist der [X.]nicht in der Lage, Entschuldigungsgründe vorzubringen, oder sind diese nichtplausibel, kann davon ausgegangen werden, daß er bewußt die [X.] hat (Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im [X.] Aufl., § 123 [X.] Rdnr. 13). Für die Annahme einer Arglist im Sinne des§ 123 [X.] ist auch bedingter Vorsatz des [X.] ausreichend, der ins-besondere dann gegeben sein kann, wenn der Täuschende vertragswesentli-che Erklärungen ohne hinreichende Erkenntnisgrundlage "ins Blaue hinein"abgibt ([X.], Urteil vom 25. März 1998 - [X.], [X.] 1998, 1192 [X.] 1 b m.w.Nachw., in [X.]Z 138, 195 ff nicht abgedruckt).5. [X.]ie Ursächlichkeit einer etwaigen arglistigen Täuschung seitens [X.] der Firma [X.] für den Abschluß des [X.] kann auch nicht mit der Begründung des Berufungsgerichts- 9 -verneint werden, daß ein auf [X.]auer angelegtes Wettbewerbsverbot zu Lastendes [X.] nicht zulässig gewesen wäre, was der im Wirtschaftsleben [X.] habe bekannt sein müssen. [X.]ie Revision weist zu Recht darauf hin,daß die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots auch fürden Fall, daß der Beratervertrag vom 16. September 1994 als [X.] zu qualifizieren wäre, gemäß § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB für die [X.]auervon zwei Jahren zulässig war. Zudem konnte nach Beendigung des [X.] in den Grenzen des § 138 Abs. 1 [X.] auch ein [X.] nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden([X.]. [X.], § 90 a Rdnr. 13). Selbst wenn alsodie Beklagte über die Beendigung des [X.] mit der Firma [X.]GmbH bzw. [X.] durch den Zeugen [X.] informiert gewesen sein sollte, konntesie auf die Zusage eines nachvertraglich vereinbarten [X.], das jedenfalls für einen gewissen Zeitraum einzuhalten gewesenwäre.6. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht auch eine Schadens-ersatzpflicht der Firma [X.] wegen Verletzung gegenüber der [X.]n bestehender Aufklärungspflichten. Auch wenn es keine rechtliche Mög-lichkeit gab, den Systementwickler [X.] auf [X.]auer und umfassend vom Markt [X.] fernzuhalten, durfte gegenüber der Beklagten seitens [X.] der Firma [X.] nicht erklärt werden, daß [X.] aufgrund ver-traglicher Vereinbarungen nicht mehr als Wettbewerber tätig sein dürfe, nach-dem mit der Auflösung des [X.] das dort vereinbarte [X.]sverbot entfallen und ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht ver-einbart worden war. Selbst wenn die Vertreter der Firma [X.] ihre [X.] Angaben nur fahrlässig gemacht haben sollten, kommt eine Haftungnach den Grundsätzen der culpa in contrahendo in Betracht (vgl. [X.], [X.] 10 -vom 31. Januar 1962 - [X.], [X.] § 276 (H) [X.] Nr. 5 unter II 5; sieheauch Soergel/[X.] aaO, § 123 Rdnr. 27). [X.]aß der Beklagten durch dieunrichtigen Angaben der Firma [X.] ein Schaden entstanden ist, weilsie ohne Bestehen der behaupteten [X.] für die Übertra-gung der Marke "[X.]" einschließlich der Übernahme des [X.] allenfalls einen Kaufpreis von 120.000 [X.]M gezahlthätte, hat sie unter Beweisantritt vorgetragen. Mit diesem Schadensersatzan-spruch kann die Beklagte, falls die von ihr erklärte Anfechtung des [X.] 4. Oktober 1995 nicht durchgreift, gegenüber dem restlichen Kaufpreisan-spruch aufrechnen.II[X.] [X.]ie Sache war daher zur weiteren Aufklärung und Entscheidung andas Berufungsgericht zurückzuverweisen. [X.]abei hat der Senat von der Mög-lichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.[X.] [X.] [X.][X.] [X.]r. [X.]

Meta

VIII ZR 36/00

20.12.2000

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2000, Az. VIII ZR 36/00 (REWIS RS 2000, 64)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 64

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