Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2003, Az. 2 StR 354/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2003, 779

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[X.] DES VOLKESURTEIL2 StR 354/03vom12. November 2003in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung- 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.] 2003, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin am [X.]. [X.] [X.] am [X.]. h. c. Detter,[X.],[X.]innen am [X.]. [X.],Roggenbuck,Staatsanwalt in der Verhandlung,[X.] bei der Verkündung als Vertreter der [X.]schaft,Rechtsanwältin als Verteidigerin,Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenklägerin,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 2. April 2003 mit den Feststellungen aufge-hoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.]des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf der [X.] tatsächlichen Gründen freigesprochen.[X.] Angeklagten lag zur Last, in der Nacht des 26. August 2002 inMaintal-Bischofsheim die Nebenklägerin Sch. vergewaltigt zu haben.Nach der Anklage soll der Angeklagte gegen 2.00 Uhr aus seinem Pkw [X.] die Nebenklägerin auf der [X.] unter dem Vorwand angespro-chen haben, die [X.] zu suchen. Als sie sich daraufhin seinem Fahr-zeug genähert und in Richtung [X.] gedreht habe, um ihm die Fahrt-richtung zu zeigen, sei er aus dem Wagen ausgestiegen, habe sie am Arm- 4 -festgehalten, ihr den Mund zugehalten und sie in den Fond des [X.]. Sodann sei der Angeklagte mit ihr zu einem nahegelegenen Parkplatzgefahren. Dort habe er auf der Rückbank des Fahrzeugs mit der [X.] ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß vollzogen, wobeier sie an ihren Armen festgehalten habe.Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten und angegeben, die [X.] sei freiwillig in seinen Pkw eingestiegen und der [X.] sei einvernehmlich durchgeführt worden. Das [X.] hat diese Ein-lassung für nicht zu widerlegen gehalten. Der Aussage der Nebenklägerin Sch. habe nicht gefolgt werden können, weil sie in einem wesentlichenDetail Œ daß sie dem Angeklagten nichts über sich erzählt habe [X.] sei und es keine Indizien für die Richtigkeit ihrer Aussage gebe, die au-ßerhalb der Aussage selbst lägen. Auch seien weitere von der [X.], wie beispielsweise, daß sie nicht bemerkt haben wolle,daß der Angeklagte ausgestiegen sei und die hintere Fahrzeugtür der [X.] geöffnet habe, nicht nachvollziehbar.Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der Sachrü-ge. Das Rechtsmittel hat Erfolg.II.Die Beweiswürdigung ist allein Sache des Tatrichters, dessen [X.] ist, sich eine Überzeugung von der Schuld oder Nichtschuld des Angeklag-ten zu verschaffen. Kann er vorhandene, wenn auch nur geringe Zweifel nichtüberwinden, muß er den Angeklagten freisprechen (st. Rspr.). Das Revisions-gericht hat eine solche Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen. Es kann sienur im Hinblick auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Be-- 5 -weiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die [X.] nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätzeaufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eineVerurteilung erforderliche Gewißheit gestellt hat.Wenn Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung im [X.] davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, müssen die Urteils-gründe erkennen lassen, daß der Tatrichter alle Umstände, die die Entschei-dung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen [X.]. Das gilt besonders, wenn sich sogar die Unwahrheit eines Aussageteilsherausstellt. Dann muß der Tatrichter jedenfalls regelmäßig außerhalb derZeugenaussage liegende gewichtige Gründe nennen, die es ihm ermöglichen,der Zeugenaussage im übrigen dennoch zu glauben (BGHSt 44, 153, 158; 44,256, [X.] hat diese Anforderungen bei ihrer [X.] gelegt. Die [X.] lassen jedoch besorgen, daß [X.] verkannt haben könnte, daß es sich bei mehreren im Urteil dar-gestellten Umständen durchaus um Indizien außerhalb der Zeugenaussagehandelt, die in eine Gesamtwürdigung der Glaubhaftigkeit der Aussage [X.] einzubeziehen gewesen wären. Zu den außerhalb der [X.] liegenden gewichtigen Indizien zählen die Ereignisse und Umständenach dem Vorfall, die von anderen Zeugen glaubhaft bestätigt worden sind(vgl. auch BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 23). Dazu zählt hier, daß dieNebenklägerin unmittelbar nach dem Vorfall in ihrer Wohnung ins Bad ging undweinte, daß sie nicht über den Vorfall reden wollte, daß sie duschte, daß [X.] der Unterhaltung mit der Polizeibeamtin S. , der sie als erster Personetwas über die Tat und den Täter erzählte, [X.] bekam und daß sie in- 6 -dieser Nacht dem Zeugen [X.]. eine [X.] schickte, wonach sie Hilfe benötigeund ihm zu einem späteren Zeitpunkt bei einem Telefonat, bei dem sie [X.] war, von dem Vorfall berichtete. Des weiteren wäre zu berücksichtigengewesen, daß die Nebenklägerin anschließend eine Woche krankgeschriebenwar, später an Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und [X.] litt sowie Therapiegespräche bei der Opferschutzorgani-sation [X.]er Hilfe in Anspruch nahm. Dies alles sind Umstände, die auf ei-nen erzwungenen Geschlechtsverkehr hindeuten können. Die [X.] [X.]se Umstände zwar teilweise auf [X.] Seite 25 erwogen. Die ausdrücklicheFeststellung [X.] Seite 12, daß es außerhalb der Aussage der Zeugin keine In-dizien für die Richtigkeit ihrer Darstellung gebe sowie die entsprechendenFeststellungen zu einzelnen Indizien, beispielsweise [X.] Seite 21 letzter [X.] Seite 24 zweiter Absatz, deuten jedoch darauf hin, daß die [X.]diese Umstände bei der Prüfung der Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht berück-sichtigt hat.Desgleichen ist die [X.] davon ausgegangen, daß das [X.] Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K. , [X.] ihrer Überzeugung den wissenschaftlichen und von der [X.] Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an Glaubwürdigkeitsgut-achten genügt, kein Indiz außerhalb der Aussage der Nebenklägerin selbst sei,weil sich das Gutachten gerade auch ausschließlich mit dieser Zeugenaussagebefasse ([X.] Seite 23 letzter Absatz). Dem kann so nicht gefolgt werden. [X.] 1. Strafsenat, auf dessen Rechtsprechung sich das [X.] beruft, [X.] Verwertung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens als zusätzliches Indiz für dieGlaubhaftigkeit einer Aussage nicht ausgeschlossen (vgl. BGHSt 44, 256,257). Mit ihrer Bewertung hat die [X.] die Funktion des [X.] verkannt. Es ist nicht Aufgabe des Sachverständigen, darüber- 7 -zu befinden, ob die zu begutachtende Aussage wahr ist oder nicht; dies ist [X.] vorbehalten. Der Sachverständige soll vielmehr dem Gericht [X.] vermitteln, mit deren Hilfe es die Tatsachen feststellen kann, die fürdie Beurteilung der Glaubwürdigkeit wesentlich sind. Ausgehend von ihremfalschen Ansatzpunkt hat sich die [X.] hier mit den von der Sachver-ständigen aufgezeigten Kriterien, die für die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussa-ge der Nebenklägerin sprechen, überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dies wä-re hier aber erforderlich gewesen, zumal ein Motiv der Nebenklägerin für eineden Angeklagten absichtlich fälschlich belastende Aussage nicht erkennbargeworden ist.[X.] Bode [X.] Roggenbuck

Meta

2 StR 354/03

12.11.2003

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.11.2003, Az. 2 StR 354/03 (REWIS RS 2003, 779)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 779

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