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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 237/12
vom
3. April 2014
in dem Rechtsstreit
-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 3. April 2014 durch [X.] Dr. Büscher, Pokrant, [X.], [X.] und die Richterin Dr. Schwonke
beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom [X.] 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Gründe:
Die gemäß §
321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhö-rungsrüge ist nicht begründet. Der
Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) ist durch die Zurückweisung ihrer Be-schwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch Beschluss des Senats vom 6.
November 2013 nicht verletzt.
[X.] Die Bestimmung des Art.
103 Abs.
1 GG garantiert den Beteiligten ei-nes gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Ent-scheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.], [X.] 2004, 1710, 1712).
Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunk-te des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden ([X.] 96, 205, 216
f.; [X.], Beschluss vom 24.
Februar 2005
III
ZR
263/04, [X.], 1432
f.).
Die 1
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Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Juli 2011
I
ZB
68/10, [X.], 314 Rn.
12
Medicus.log).
I[X.] Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 6.
November 2013 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten in vollem Umfang ge-prüft, jedoch sämtlich nicht für durchgreifend erachtet.
1. Soweit die Beklagte mit ihrer Anhörungsrüge ihren Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde wiederholt, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom [X.] gebilligten Recht-sprechung des [X.] können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art.
103 Abs.
1 GG durch das Rechtsmit-telgericht gerügt werden (vgl. [X.], [X.] vom 5.
Mai 2008
1
BvR
562/08, [X.], 2635
f.; [X.], Beschluss vom 19.
Juli 2012
I
ZR
92/09, [X.], 766 Rn.
2).
Eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auch nicht mit dem Ziel
eingelegt werden, eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. [X.], Beschluss vom 9.
April 2013
IX
ZR
100/11, juris Rn.
3; Beschluss vom 15.
August 2013
I
ZR
91/12, juris Rn.
2).
2. In der Rechtsprechung des [X.]s ist im Übrigen geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare [X.] gerichtliche Entscheidung von [X.] wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf ([X.], [X.] vom 8.
Dezember 2010
1
BvR
1382/10, NJW 2011, 1497
Rn.
12). Dies gilt auch für Entscheidungen des [X.], mit denen
wie hier
eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach §
544 Abs.
4 ZPO zurückgewiesen worden ist ([X.], NJW 2011, 1497
Rn.
12).
Eine Begründung ist nur dann aus-3
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nahmsweise geboten, wenn vom eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen wird und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist oder wenn ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender Zulas-sungsgrund vor der Entscheidung über diese wegfällt und deswegen eine Prü-fung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der [X.] als tragend angesehenen Gründe erforderlich
ist ([X.], NJW 2011, 1497 Rn.
13).
Eine solche Ausnahme ist jedoch weder von der Beklagten [X.] noch sonst ersichtlich.
An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidun-gen ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz ge-rügt worden ist. Der Umstand, dass die Zurückweisung der Nichtzulassungsbe-schwerde nach §
544 Abs.
4
ZPO mit einer Anhörungsrüge nach §
321a ZPO angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre, sondern eine neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird, hat keinen Einfluss auf [X.] bei Beschlüssen über die Nichtzulassungsbe-schwerde ([X.], NJW 2011, 1497 Rn.
14; [X.], Beschluss vom 15.
August 2013
I
ZR
91/12, juris Rn.
4).
II[X.] Im Streitfall bestand
anders als die Beklagte mit der Anhörungsrüge geltend macht
auch kein Grund für ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den [X.] nach Art.
267 A[X.]V. Nach dem im Revisionsverfahren gegen das erste Berufungsurteil ([X.], [X.]. 2005, 72) bereits erfolgten Vorabentscheidungsersuchen ([X.], Beschluss vom 14.
Februar 2008
I
ZR
69/04, [X.], 413 = [X.], 669
Bayeri-sches Bier
I) und dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.], Urteil vom 22.
Dezember 2010
120/08, [X.], 240 = [X.], 189
[X.]/Bayerischer Brauerbund
II) bestehen im Streitfall bei der Auslegung 6
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des [X.]srechts keine vernünftigen Zweifel, so dass eine erneute Vorlage an den [X.] nicht geboten ist (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982
Rs
283/81, [X.]. 1982, 3415 Rn.
16 = NJW 1983, 1257
C.[X.]L.F.[X.]T; Urteil vom 15.
September 2005
495/03, [X.]. 2005, 151 Rn.
33
Intermodal Transport).
1. Die Beklagte macht mit der Anhörungsrüge geltend, im vorliegenden Fall stelle sich die Frage, ob die gemäß Art.
1 Nr.
15 der Verordnung ([X.]) Nr.
692/2003 fortgeltende Bestimmung des Art.
17 Abs.
3 der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92 die Gewährung des Schutzes nationalen Rechts in einem Fall ausschließt, in welchem der Kläger Schutz einer nach Art.
17 der [X.] ([X.]) Nr.
2081/92 eingetragenen geschützten geographischen Angabe gegenüber einer vorrangigen Marke sucht
und die Klage eingelegt wurde nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eintragung der geschützten geogra-phischen Angabe und der Schutz sich auf nationales Recht und Tatsachen stützt, die vor der Eintragung der geschützten geographischen Angabe liegen.
Eine Vorlage an den [X.] ist insoweit nicht erforderlich.
Nach Art.
17 Abs.
3 der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92 konnten die Mit-gliedstaaten den einzelstaatlichen Schutz bis zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Eintragung entschieden wurde, beibehalten (vgl. auch [X.], [X.], 240 Rn.
63
[X.]/Bayerischer Brauerbund
II; [X.], Urteil vom 22.
Septem-ber 2011
I
ZR
69/04, [X.], 394 Rn.
37 = [X.], 550
Bayeri-sches Bier
II).
Auf den Zeitpunkt der Klageerhebung stellt die Bestimmung nicht ab. Es ist zudem nichts dafür ersichtlich, dass mit dem Schutz auf [X.]sebene der zuvor bestehende nationale Schutz rückwirkend entfallen ist.
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Gegenteiliges
ergibt sich auch nicht aus der Exklusivität des Schutzes nach den Verordnungen Nr.
2081/92 und 510/2006, wonach diese Verordnun-gen eine einheitliche und abschließende Schutzregelung für Ursprungsbezeich-nungen und geographische Angaben schaffen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 8.
September 2009
478/07, [X.]. 2009, I7721
=
[X.], 143 Rn.
114 bis 129
American Bud
II). Das betrifft nur ein Nebeneinander des nationalen und des unionsrechtlichen Schutzsystems (vgl. [X.], [X.], 143 Rn.
114). Vorliegend geht es um einen nationalen Schutz, solange der unions-rechtliche Schutz noch nicht besteht, also um ein Nacheinander des Schutzes, den Art.
17 Abs.
3 der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92 ermöglicht (vgl. [X.], [X.], 240 Rn.
63
f.
[X.]/Bayerischer Brauerbund
II).
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte für ihre gegenteilige Ansicht auf die mit Schriftsatz vom 23.
Oktober 2012 vorgelegten Urteile der obersten Gerichte [X.] und [X.]. Die Beklagte hat schon nicht dargelegt, dass die Gründe, die für eine Schutzversagung in diesen Entscheidungen maßgeblich waren,
nicht auf Besonderheiten
etwa weil "[X.]" im [X.] und Italieni-schen keinen Bezug zu "bayerisch" oder "[X.]" aufweist
beruhen, die mit der von der Anhörungsrüge aufgeworfenen
Frage nichts zu tun haben.
2. Die Anhörungsrüge meint, ein Schutz nach §§
126
ff. [X.] sei im Hinblick auf Art.
14 Abs.
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92 und der [X.] ([X.]) Nr.
510/2006 ausgeschlossen. Die [X.] dürfe deshalb weiter verwendet werden.
a) Dieses Vorbringen und die in diesem Zusammenhang
formulierte Vor-lagefrage
rechtfertigt kein Vorabentscheidungsersuchen an den [X.]. Auf das Verhältnis von Art.
14 Abs.
2 der Verordnungen 11
12
13
14
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7
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Nr.
2081/92 und 510/2006 zum übergangsweise zulässigen nationalen Schutz kommt es nicht
an.
aa) Der Schutz des Art.
14 Abs.
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92
Gleiches gilt für die
Verordnung ([X.])
Nr.
510/2006
setzt einen guten Glau-ben des Markeninhabers bei der Eintragung
der Marke voraus. Einen guten Glauben der Beklagten hat das Berufungsgericht verneint. Die dagegen [X.], auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten gestützten Rü-gen greifen nicht durch.
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte nicht [X.] bei der Eintragung der Marke war, weil zuvor Schutz für Marken mit dem Bestandteil "[X.]" in [X.] von Amts wegen verweigert wurde.
Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtspre-chung des Gerichtshofs der [X.] ist der Begriff des guten Glau-bens in Art.
14 Abs.
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
2081/92 unter Berücksichti-gung aller Vorschriften des nationalen Rechts und des Völkerrechts zu betrach-ten, die in dem Zeitpunkt galten, als der Antrag auf Eintragung der Marke einge-reicht wurde. Entsprechendes hat für den Zeitpunkt des Antrags auf Schutzer-streckung der [X.] zu gelten. Bei dem Inhaber der Marke kann [X.] kein guter Glaube vermutet werden, wenn die seinerzeit geltenden Vor-schriften einem Eintragungsantrag eindeutig entgegenstanden (vgl. [X.], Ur-teil vom 4.
März 1999
87/97, [X.]. 1999, 443 Rn.
35
Gorgonzola/[X.]; [X.], [X.], 413 Rn.
36
Bayerisches Bier
I). Zu den maß-geblichen nationalen Vorschriften gehörten im Jahr 1995 §
8 Abs.
2 Nr.
2 Mar-kenG, der ein Schutzhindernis für geographische Angaben begründet,
und die Vorschriften über den nationalen Schutz geographischer Angaben, aus denen sich ein relatives Schutzhindernis nach §
13 Abs.
1 und 2 Nr.
5 [X.] ergibt. 15
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Diese stehen nach Art.
6quinquies
Abschn.
B Nr.
1 und 2 [X.] auch einer Schutz-erstreckung der [X.] auf [X.] entgegen.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass sie seit 1925 das Zeichen "[X.]"
etwa in der Unternehmens-bezeichnung
benutzt. Markenschutz ist ihr jedenfalls mehrfach verweigert worden.
Gegen eine Bösgläubigkeit der Beklagten spricht auch nicht der [X.], dass der Kläger den Schutz für die Bezeichnung "[X.]" im [X.] hat fallen lassen. Der Tatsache, dass der Kläger für diese Be-zeichnung den Schutz als geschützte geographische Angabe nach den [X.]en der [X.] nicht weiterverfolgt hat, lässt sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass die Beklagte für eine entsprechende Bezeichnung Mar-kenschutz erwerben kann.
b) Der Nichtzulassungsbeschwerde verhilft auch nicht der Hinweis auf Art.
14 Abs.
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
1151/2012 zum Erfolg, die an die Stelle der Verordnung ([X.]) Nr.
510/2006 getreten ist. Auch diese Vorschrift setzt ei-nen guten Glauben der Beklagten voraus, an dem es vorliegend im Hinblick auf die Schutzerstreckung der [X.] auf [X.] fehlt. Deshalb kommt es auch nicht auf die von der Anhörungsrüge in diesem Zusammenhang aufgewor-fene Frage an, ob Art.
17 der Charta der Grundrechte der [X.]
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und Art.
14 Abs.
2 der Verordnung ([X.]) Nr.
1151/2012 als Ausdruck unions-rechtlicher Verbürgung des Schutzes des geistigen Eigentums an einer [X.] in der [X.] erworbenen Marke gegenüber einer geographischen An-gabe auch einer
Löschung
dieser Marke auf der Grundlage
nationalen Rechts entgegenstehen.
Büscher
Pokrant
Kirchhoff
Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.10.2003 -
7 O 16532/01 -
[X.], Entscheidung vom 25.10.2012 -
29 [X.] -
Meta
03.04.2014
Bundesgerichtshof I. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2014, Az. I ZR 237/12 (REWIS RS 2014, 6574)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 6574
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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I ZR 69/04 (Bundesgerichtshof)
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