Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2016, Az. I ZB 50/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17734

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BUNDESGERICHTSHOF
ECLI:DE:[X.]:2016:140116BIZB50.15.0
BESCHLUSS
I [X.]/15
vom
14. Januar 2016
in der Schiedsgerichtssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 1040
Eine Vereinbarung, mit der die Parteien eines Schiedsverfahrens die Klag-barkeit von Ansprüchen im Schiedsverfahren ausgeschlossen haben,
be-rührt nicht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Entscheidung über die [X.].
[X.], Beschluss vom 14. Januar 2016 -
I [X.]/15 -
OLG [X.]

-
2
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Der [X.] Zivilsenat
des [X.] hat am 14. Januar
2016
durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof. Dr.
Koch
und Feddersen

beschlossen:

[X.] des [X.] -
6. Zivilsenat -
vom 27. Mai 2015 wird auf Kosten der Antragstellerin als unzulässig verworfen.
Gegenstandswert: 5.287.111,39

Gründe:
[X.] Die Antragstellerin ist eine in [X.] ansässige Werft. Die Antragsgegnerin ist eine Gesellschaft mit Sitz auf der [X.]

, die zu
dem Zweck gegründet wurde, bei der Antragstellerin eine Segelyacht
zu bestellen und zu erwerben.
Die Parteien schlossen unter dem 4. Dezember 2006 einen Vertrag über den Bau einer Segelyacht (Schiffsbauvertrag). Darin heißt es:
[X.]. 16 [X.] AND [X.]
16.1 [X.] OF THE CONTRACT
This Contract shall be subject to German law. [X.] disputes [X.], which cannot be solved between the parties, [X.] in [X.] ([X.], [X.]). The language of the
arbitration shall be in English.
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16.2 [X.] TO EXPERT OR [X.]
If any dispute or difference may arise or claim be made by any of or between the Parties hereto out of or in relation to or in connection with this Contract both Parties are to discuss the problems so arisen in [X.] an amicable settlement. In [X.]:
16.2.1 Technical disputes (being disputes, differences or claims regarding any technical matter arising out of, or relating to or in connection with the construction of the Vessel) shall at the written request of either Party be referred to a mutually acceptable techni[X.] (and not as an arbitrator) and whose opinion on the matter shall be final and binding upon the Parties.

16.2.2 All other disputes arising out or in connection with this Contract shall be submitted to and settled by arbitration in [X.] in [X.] ([X.]). [X.] arbitration to
be conducted in English language.
Die Antragsgegnerin hat [X.] erhoben, mit der sie [X.] wegen von ihr behaupteter Mängel
der von der Antragstellerin gebauten und gelieferten Segelyacht verfolgt. Die Antragstellerin hat die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts gerügt. Das Schiedsgericht hat sich durch [X.] für zuständig erklärt. Die Antragstellerin hat Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das [X.] hat diesen Antrag zurückgewiesen
und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts festgestellt. [X.] hat die Antragstellerin Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie erstrebt die Aufhebung des [X.]s und die Feststellung, dass das Schieds-gericht zur Entscheidung über die mit der [X.] geltend gemachten [X.] unzuständig ist, mindestens aber diese
Anträge als zur [X.] unbe-gründet abzuweisen sind.
I[X.] Das [X.] hat angenommen, das Schiedsgericht sei zur Entscheidung
über die mit der [X.] geltend gemachten Zahlungs-ansprüche wegen Baumängeln der Segelyacht zuständig. Dazu hat es ausge-führt:
Da die [X.] eine Streitigkeit aus dem Schiffsbauvertrag zum Gegenstand habe, falle sie nach dessen Artikel
16.1 in den [X.] und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. 3
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Für diese
Zuständigkeit sei es unerheblich, dass nach Art.
16.2.1 des [X.] auf Antrag einer Partei ein Sachverständigenverfahren durchzu-führen sei, soweit die Streitigkeit technische Fragen betreffe.
Die genannte Bestimmung enthalte keine Schiedsvereinbarung, sondern einen Schiedsgutachtenvertrag. Ein [X.] habe allein Tatsachen festzustellen und [X.] zu entscheiden; er sei nicht befugt, darüber zu befinden, welche Verpflichtungen sich daraus für die Parteien ergeben. Die Parteien hätten ausdrücklich klargestellt, dass der technische Sachverständige nur in dieser Eigenschaft handeln solle und nicht als Schiedsrichter.
Selbst wenn Art.

anzusehen wäre, stünde dies der Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht entgegen. In diesem Falle wäre zwar eine ohne Vorlage des Schiedsgutachtens eingereichte [X.] durch das Schiedsgericht als verfrüht und damit als zur [X.] unbegründet abzuweisen. Das berühre jedoch nicht die Frage, ob ein Schiedsverfahren zulässig und das Schiedsgericht befugt sei, über die mit der [X.] gestellten Anträge zu entscheiden.
II[X.] [X.] des [X.]s ist von Gesetzes wegen statthaft (§
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 ZPO). Gegen den Beschluss des [X.]s nach §
1062 Abs.
1 Nr.
2 Fall
2 ZPO über eine Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem [X.] bejaht hat (§
1040 ZPO), findet gemäß §
1065 Abs.
1 Satz
1 ZPO die Rechtsbeschwerde statt. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
574 Abs.
2 Nr.
1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Senatsentscheidung erfordert (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO).
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1. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, die Auffassung des [X.]s, der [X.] habe lediglich Tatsachen festzu-stellen und [X.] zu entscheiden, nicht aber
darüber zu befinden, welche Verpflichtungen sich daraus für die Parteien ergeben, beruhe auf einem der höchstrichterlichen Rechtsprechung widersprechenden Obersatz. Die [X.] sei daher zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine Entscheidung des [X.] erfordere. Gemäß §
575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Begründung der Rechtsbeschwerde im Falle einer nach §
574
Abs.
1 Nr.
1 ZPO kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde eine Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des §
574 Abs. 2 ZPO enthalten. Die Rechtsbeschwerde hat lediglich behauptet, aber nicht dargelegt, dass
die Auffassung des [X.]s der
Recht-sprechung des [X.] widerspricht.
Auch soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, das [X.] habe im Rahmen seiner Auslegung nicht geprüft, ob es sich bei Art. 16 [X.] um eine Schiedsgutachtenvereinbarung im
engeren oder im weite-ren Sinne handele, hat sie damit weder eine Divergenz der Entscheidung des [X.]s zur Rechtsprechung des [X.] noch einen anderen Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde aufgezeigt. Ein Rechtsfehler des Tatrichters bei der Auslegung eines Vertrages erfordert keine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Davon abgesehen lässt die Auslegung von Art.
16.2.1 Schiffsbauvertrag keinen Rechtsfehler erkennen.
Nach der Rechtsprechung des [X.] hat der [X.] bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im engeren Sinne lediglich die für die [X.] des [X.] maßgeb-lichen Tatsachen zu ermitteln und für die Parteien festzustellen; dagegen [X.] es dem [X.] bei einer Schiedsgutachtenvereinbarung im wei-9
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teren Sinne, den Vertragsinhalt nach billigem Ermessen rechtsgestaltend zu be-stimmen ([X.], Urteil vom 26. April 1991 -
V [X.], NJW 1991, 2761; Urteil vom 17. Januar 2013 -
III ZR 10/12, NJW 2013, 1296 Rn. 13; Urteil vom 4. Juli 2013 -
III ZR 52/12, NJW-RR 2014, 492 Rn. 27 und 33 mwN). Das [X.] hat Art. 16.2.1 des Schiffsbauvertrags
im Ergebnis dahin ausgelegt, dass es sich dabei um eine Schiedsgutachtenvereinbarung im engeren Sinne handelt. Es hat angenommen, der in Art. 16.2.1 Schiffsbauvertrag zur näheren Bestimmung der vom technischen Sachverständigen verbindlich zu [X.] technischen Streitigkeiten

verwendete Begriff claims

könne zwar die Bedeutung von Rechtsansprüchen

haben. Daraus folge aber nicht, dass der technische Sachverständige auch
Rechtsfragen entscheiden solle. Die Parteien hätten [X.] (and not as an arbausdrücklich klargestellt, dass der technische Sach-verständige allein
in dieser Eigenschaft handeln solle und nicht als Schieds-richter. Bei verständiger Würdigung der beiderseitigen Interessen sei es auch nicht sinnvoll, einen Sachverständigen,
der zwar über technischen, nicht aber über juristischen Sachverstand verfüge, etwa darüber entscheiden zu lassen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von Mängel-ansprüchen -
wie die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung
oder die Unbegründetheit einer Verjährungseinrede
-
vorliegen. Die [X.] versucht,
diese Auslegung der Schiedsvereinbarung durch ihre ab-weichende eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Oberlandesge-richts
aufzuzeigen
oder die Zulässigkeitsvoraussetzungen der [X.]
darzulegen.
2. Die Rechtsbeschwerde macht weiter ohne Erfolg geltend, die Auffassung des [X.]s, selbst wenn in Art. 16.2.1 Schiffsbauvertrag ein pactum de non petendo

zu sehen wäre, stünde dies der Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht entgegen und wäre eine ohne Vorlage des Schiedsgutachtens eingereichte [X.] durch das Schiedsgericht 12
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lediglich als verfrüht und damit als zur [X.] unbegründet abzuweisen, widerspreche der jüngeren Rechtsprechung des [X.] und einer Entscheidung des [X.]s München und begründe
daher die Zuläs-sigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen [X.].
Ein pactum de non petendo

kann nach der Rechtsprechung des [X.] und der von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Entscheidung des [X.]s München allerdings die [X.] ausschließen
(zu einem Schiedsgutachtenvertrag vgl. [X.], Urteil vom 26. Oktober 1989 -
VII ZR 75/89, NJW 1990, 1231, 1232; zu einer Schlich-tungsvereinbarung vgl. [X.], Urteil vom 29. Oktober 2008
-
XII [X.], NJW-RR 2009, 637 Rn. 19; zu einer Duldungsvereinbarung vgl. [X.], Beschluss
vom 4.
August 2009 -
32 [X.], juris Rn. 17).
Das [X.] hat jedoch mit Recht angenommen, dass ein pactum de non petendo

einem Gericht nicht die Zuständigkeit zur Entscheidung über eine Klage nimmt, mit der Ansprüche, deren [X.] die Parteien ausgeschlossen haben, ungeachtet des pactum de non petendo

geltend gemacht werden.
Das [X.] hat sich mit dieser Annahme nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.] oder anderer [X.]e gesetzt. Es kommt nicht darauf an, ob eine solche Klage, wie
das Oberlan-desgericht angenommen hat, als zur [X.] unbegründet

(für den Fall, dass die beweispflichtige Partei
die rechtserhebliche Tatsache, deren Feststellung dem [X.] übertragen ist, nicht durch Vorlage des Schiedsgutachtens nachweist vgl. [X.], Urteil vom 8. Juni 1988 -
VII ZR 105/87,
NJW-RR 1988, 1405; Urteil vom 7. Juni 2011 -
II ZR 186/08, NJW-RR 2011, 1059
Rn. 13)
oder, wie die Rechtsbeschwerde geltend macht, als zur [X.] unzulässig

(für den Fall, dass die klagende Partei vor Klageerhebung nicht wie vereinbart einen Schlichtungsversuch vor einem Schiedsgericht unternommen hat vgl. [X.], 13
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NJW-RR 2009, 637 Rn. 17) abzuweisen ist. Das [X.] hatte im vorliegenden Verfahren allein
darüber zu entscheiden, ob das Schiedsgericht seine Zuständigkeit in dem [X.] mit Recht bejaht hat. Seine Annahme, die in Art. 16.2.1 Schiffsbauvertrag enthaltene
Schiedsgutachten-klausel berühre nicht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und begründet nicht die Zulässigkeit der [X.].
IV. [X.] beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanz:
OLG [X.], Entscheidung vom 27.05.2015 -
6 Sch 3/15 -

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Meta

I ZB 50/15

14.01.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2016, Az. I ZB 50/15 (REWIS RS 2016, 17734)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17734

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZB 50/15

III ZR 10/12

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