Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2007, Az. VII ZB 93/06

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5146

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/06
vom 22. Februar 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 91 Abs. 2 Zur Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten durch Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwalts. [X.], Beschluss vom 22. Februar 2007 - [X.]/06 - [X.]

[X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 22. Februar 2007 durch [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 15. September 2006 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Gründe: [X.] Der Kläger verlangt von den Beklagten die Erstattung von Anwaltskos-ten. 1 Der in [X.] ansässige Kläger machte gegen die Beklagten vor dem 15 Kilometer entfernten Amtsgericht in [X.] • nebst Zinsen und vorgericht-lichen Mahnkosten geltend. In diesem Rechtsstreit ließ er sich durch einen An-walt seines Vertrauens vertreten, der seine Kanzlei in dem von dem Amtsge-richt 235 Kilometer entfernten E. unterhält. 2 Das Amtsgericht hat die Beklagten entsprechend dem Klageantrag verur-teilt und ihnen die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. 3 - 3 - Vor dem Amtsgericht fanden zwei Verhandlungstermine statt, zu denen der Prozessbevollmächtigte des [X.] jeweils mit dem Pkw anreiste. Die [X.] geltend gemachten Reisekosten und Abwesenheitsgelder in Höhe von ins-gesamt 352 • hat der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren nicht als erstattungsfähig anerkannt. Die sofortige Beschwerde des [X.] hatte einen Teilerfolg. Das [X.] hat die geltend gemachten Kosten in Höhe von 58,50 • als erstattungsfähig angesehen. Mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde will der Kläger die Festsetzung der für seinen Prozessbevollmächtig-ten angefallenen Reisekosten und Abwesenheitsgelder in voller Höhe errei-chen. 4 I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. 5 1. Das Beschwerdegericht führt aus, die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts sei für die im eigenen Gerichtsstand klagende [X.] nicht als notwendig anzusehen. Eine vernünftige, kostenbewusste [X.] beauftrage in einem solchen Fall entweder einen bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung oder einen solchen in der Nähe ihres Wohn- oder [X.]. Besonderheiten, die davon abweichend die Beauftragung des vom Kläger eingeschalteten Rechtsanwalts als notwendig erscheinen lie-ßen, lägen nicht vor. Eine solche Notwendigkeit ergebe sich weder aus der ständigen Zusammenarbeit des [X.] mit dem beauftragten Rechtsanwalt noch aus dessen vorprozessualem Tätigwerden in derselben Angelegenheit. Da am Geschäfts- und Wohnort des [X.] kein Rechtsanwalt ansässig sei, seien die durch die Reisen des Prozessbevollmächtigten zum Amtsgericht [X.] - 4 - standenen Kosten lediglich in Höhe der fiktiven Reisekosten des [X.] für ein Informationsgespräch erstattungsfähig, die bei Beauftragung eines Prozessbe-vollmächtigten am Gerichtsort entstanden wären. 7 2. Die Rechtsbeschwerde vertritt die Auffassung, einer [X.] müsse es ohne kostenrechtliche Nachteile möglich sein, einen Rechtsanwalt zu beauftra-gen, mit dem sie ständig zusammenarbeite und zu dem sie ein langjähriges Vertrauensverhältnis unterhalte, auch wenn dieser weder am Gerichtsort noch in der Nähe des Wohn- oder [X.] der [X.] ansässig sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 11. März 2004 - [X.] ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858) führt sie aus, allein dadurch werde der Rechtsprechung des [X.] und den gesetzgeberischen Vorstellungen zur Änderung des Lokalitätsprinzips Rechnung getragen. Auch komme einem solchen Prozessbevollmächtigten aufgrund der langjährigen Zu-sammenarbeit eine besondere Spezialisierung insoweit zu, als er mit den per-sönlichen und beruflichen Verhältnissen der [X.] in besonderem Maße [X.] sei. Selbst wenn die Zusatzkosten bei Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts zu Lasten der [X.] gingen, seien nicht lediglich die Kosten [X.] fiktiven Informationsreise des [X.] in Ansatz zu bringen. Dieser sei [X.] gewesen, einen an seinem Wohnort in [X.] ansässigen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen. Angesichts zweier Gerichtstermine vor dem Amtsgericht habe der Kläger zumindest Anspruch auf Erstattung der fiktiven Reisekosten eines Rechtsanwalts aus [X.] zum Gerichtsort in [X.] in Höhe von insgesamt 88 •. 8 3. Das Beschwerdegericht hat dem Kläger zu Recht die über den Betrag von 58,50 • hinausgehenden Reisekosten und Abwesenheitsgelder versagt. 9 - 5 - a) Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat mit Beschluss vom 12. Dezember 2002 ([X.], [X.] 2003, 205 = NJW 2003, 901) ent-schieden, dass die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts, der zwar bei dem Prozessgericht auftreten kann, dort aber nicht zugelassen ist, grund-sätzlich nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ange-sehen werden kann, wenn die [X.] in ihrem eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Eine vernünf-tige, kostenbewusste [X.], die Klage im eigenen Gerichtsstand erheben möchte, wird, wenn nicht besondere Umstände die Einschaltung eines auswär-tigen Anwalts geboten erscheinen lassen, einen Rechtsanwalt beauftragen, der entweder seine Kanzlei in der Nähe ihres Wohn- oder [X.] oder am Gerichtsort selbst hat. Die Beauftragung eines solchen Rechtsanwalts empfiehlt sich in aller Regel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf die erleichterte persönliche Unterrichtung und Beratung. 10 b) Der Senat hat mit Beschluss vom 11. März 2004 ([X.] ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858) ausgeführt, dass ebenso gewichtig wie ein persönliches Gespräch das Interesse der [X.] sein kann, sich durch einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die [X.] ohne kostenrechtliche Nachteile einen auswärtigen Rechtsanwalt ihres [X.] mit ihrer gerichtlichen Vertretung beauftragen kann, unabhängig davon, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftsort oder dem Ge-richtsort entfernt ist. Aus der genannten Entscheidung ergibt sich nur, dass eine [X.] unter [X.] nicht darauf beschränkt ist, einen am Gerichtsort ansässigen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen, sondern ohne kosten-rechtliche Nachteile auch einen Rechtsanwalt an ihrem Wohn- oder Geschäfts-ort oder in dessen Nähe mandatieren kann. Im Übrigen hat der Senat klarge-stellt, dass eine Prozesspartei nicht ohne kostenrechtliche Nachteile jeden be-liebigen Rechtsanwalt in der [X.] für ihre Prozessvertretung [X.] - 6 - wählen kann. Die unterlegene [X.] muss grundsätzlich nur die Kosten tragen, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnort einer Prozesspartei andererseits entstehen. 12 c) Etwas Anderes lässt sich auch nicht daraus entnehmen, dass sich ei-ne [X.] gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO vor dem [X.] durch jeden bei einem Amts- oder [X.] zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen kann. Daraus folgt nicht, dass die durch die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstandenen Kosten auch jeweils als notwendige Kosten im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO anzusehen wären. Gleiches gilt für den [X.], dass das [X.] im Urteil vom 13. Dezember 2000 (1 BvR 335/97 - [X.] 103, 1, 16) im Rahmen des Streits um die Singular- oder Simultanzulassung von Rechtsanwälten das besondere Vertrauensver-hältnis zwischen Anwalt und Mandant als einen rechtlich anzuerkennenden Vor-teil aus der Sicht des Mandanten gewürdigt hat. d) Besondere Gegebenheiten, die die Einschaltung des von ihm [X.] auswärtigen Rechtsanwalts erforderlich machten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Die Vertretung des [X.] setzte keine besondere Spezialisie-rung auf einem Rechtsgebiet voraus. Die bloße langjährige vertrauensvolle Zu-sammenarbeit des [X.] mit dem von ihm eingeschalteten Rechtsanwalt stellt keinen Umstand dar, der dessen - kostenträchtige - Mandatierung als notwen-dig erscheinen ließe. Dies gilt um so mehr, als die Rechtsbeschwerde nicht ein-mal behauptet, dass es für eine ordnungsgemäße Vertretung des [X.] auf die Kenntnis von dessen beruflichen und privaten Verhältnissen angekommen sei. 13 Dass der Kläger den Anwalt seines Vertrauens bereits vorgerichtlich mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hatte, gibt ebenfalls keinen 14 - 7 - Grund, die durch seine Prozessvertretung entstandenen Reisekosten ein-schließlich der Abwesenheitsgelder als zur zweckentsprechenden Rechtsver-folgung notwendige Kosten anzusehen. Zwar ist es im Allgemeinen für die [X.] kostengünstiger, den von ihr vorgerichtlich eingeschalteten Rechtsanwalt auch mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Für die Frage der [X.], einen auswärtigen Rechtsanwalt einzuschalten, ist jedoch nicht auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich die Frage stellt, welcher Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung mandatiert werden soll, sondern auf den der Beauftra-gung des Rechtsanwalts mit der außergerichtlichen Wahrnehmung der Interes-sen der [X.]. Insoweit wird eine vernünftige und kostenorientierte [X.] einen in ihrer Nähe oder am Gerichtsort tätigen Rechtsanwalt einschalten ([X.], [X.] vom 12. Dezember 2002 - [X.], [X.] 2003, 205 = NJW 2003, 901). e) Nach den Feststellungen des [X.], die von der Rechtsbeschwerde nicht substantiiert angegriffen werden, hatte der Kläger nicht die Möglichkeit, einen an seinem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen, weil dort kein Rechtsanwalt eine Kanzlei unterhält. Reisekosten eines Rechtsanwalts vom Wohn- oder Ge-schäftsort des [X.] zum Gerichtsort, wie sie die Rechtsbeschwerde darlegt, 15 - 8 - konnten daher zwangsläufig nicht anfallen. Die Berücksichtigung der Reisekos-ten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten in Höhe der fiktiven Kosten einer Informationsreise des [X.] zu einem am Gerichtsort ansässigen [X.] begegnet daher keinen Bedenken. Dressler [X.] [X.]
[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 23.06.2005 - 3 C 768/04 - [X.], Entscheidung vom 15.09.2006 - [X.] -

Meta

VII ZB 93/06

22.02.2007

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2007, Az. VII ZB 93/06 (REWIS RS 2007, 5146)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5146

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI ZB 12/11 (Bundesgerichtshof)

Kostenfestsetzungsverfahren: Notwendigkeit der Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts


XI ZB 13/11 (Bundesgerichtshof)

Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten: Rechtsanwalt am dritten Ort


I-10 W 49/06 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


VI ZB 32/04 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 174/10 (Bundesgerichtshof)

Kostenfestsetzung: Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des vom Insolvenzverwalter beauftragen Anwalts zur Führung eines Rechtsstreits vor einem …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 335/97

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.