Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.10.2011, Az. 4 StR 253/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 2308

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Gegenstand

Besonders schwerer Fall des Betrugs: Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. November 2010 aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist; diese Anordnung entfällt.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Der Angeklagte und die Staatskasse haben die Kosten des Rechtsmittels je zur Hälfte zu tragen; die Staatskasse hat ferner die Hälfte der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen „gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in zwei Fällen und wegen Betruges in weiteren vier Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

2

1. Das Rechtsmittel hat zum Schuldspruch keinen Erfolg; auch der Strafausspruch weist im Ergebnis keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO).

3

Allerdings ist die Annahme des [X.]s rechtsfehlerhaft, der Angeklagte habe im Fall A. 3. der Urteilsgründe auch das [X.] der Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB) verwirklicht. Das [X.] verkennt hierbei, dass sich das [X.] nicht auf den erlangten Vorteil des [X.], sondern allein auf die [X.] beim Opfer bezieht. Das Ausmaß der [X.] ist daher auch bei [X.], die nach den Kriterien der rechtlichen oder natürlichen Handlungseinheit eine Tat bilden, opferbezogen zu bestimmen. Eine Addition der Einzelschäden kommt deshalb nur in Betracht, wenn sie - anders als hier - dasselbe Opfer betreffen ([X.], Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 529/10, NJW 2011, 1825, 1827).

4

Die fehlerhafte Annahme des [X.]s nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB hatte jedoch keine Auswirkungen auf die [X.], da jedenfalls die Voraussetzungen des [X.]s der Gewerbsmäßigkeit (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB) rechtsfehlerfrei vom [X.] bejaht worden sind. Auch die vom [X.] in diesem Fall verhängte [X.] beruht nicht auf dem Rechtsfehler. Denn die Strafkammer hat bei deren Bemessung - neben anderen zu Recht strafschärfend berücksichtigten Umständen - nicht die Verwirklichung zweier [X.]e des besonders schweren Falls, sondern nur die Höhe des entstandenen Schadens von 77.970 € zu Lasten des Angeklagten angeführt.

5

2. Die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hat dagegen keinen Bestand.

6

Durch das [X.] vom 22. Dezember 2010 ([X.] [X.]) ist unter anderem die Bestimmung des § 66 StGB erheblich umgestaltet worden. Gemäß der Übergangsregelung des Art. 316e Abs. 1 [X.] findet, sofern die für die Maßregelanordnung relevanten Anlasstaten - wie hier - vor dem 1. Januar 2011 begangen wurden, zwar grundsätzlich das bisherige Recht Anwendung. Anderes gilt indes dann, wenn nach neuem Recht die rechtlichen Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht mehr gegeben sind. In diesen Fällen ist nach Art. 316e Abs. 2 [X.], der auch in der Revisionsinstanz zu beachten ist (§ 354a StPO), das neue Recht als das mildere Gesetz anzuwenden (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Juni 2011 - 4 [X.]/11 mwN).

7

Die Neufassung des § 66 StGB ist auf den vorliegenden Fall auch nach der Entscheidung des [X.] vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u.a.) anzuwenden (vgl. Ziffer [X.] i.V.mit Ziffer II.1. des Tenors dieses Urteils). Über Art. 316e [X.] wurde vom [X.] nicht befunden; die Vorschrift ist daher weiterhin geltendes Recht und als Sonderregelung gegenüber § 2 Abs. 6 StGB zu beachten (vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 8. Juni 2011 - 4 [X.]/11, vom 6. Juli 2011 - 2 StR 164/11).

8

Da der Betrug nach dem [X.] vom 22. Dezember 2010 nicht mehr zum Katalog der Straftaten zählt, deren Begehung zur Anordnung dieser Maßregel der Besserung und Sicherung führen kann, und auch die vom [X.] angeführten Vorverurteilungen die Voraussetzungen des neu gefassten § 66 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht (mehr) erfüllen, hat der Senat die vom [X.] angeordnete Maßregel - wie vom [X.] beantragt - in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO entfallen lassen (vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 11. Januar 2011 - 1 [X.], vom 8. Juni 2011 - 4 [X.]/11, vom 6. Juli 2011 - 2 StR 164/11, dort auch zur Kostenentscheidung).

Ernemann                                             Roggenbuck                                        Cierniak

                              Mutzbauer                                                [X.]

Meta

4 StR 253/11

18.10.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Bochum, 30. November 2010, Az: 2 KLs 35 Js 99/09 - 17/09

§ 263 Abs 3 S 2 Nr 2 Alt 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.10.2011, Az. 4 StR 253/11 (REWIS RS 2011, 2308)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2308

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