Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2006, Az. X ZR 103/04

X. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4910

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[X.]BESCHLUSS X ZR 103/04 vom 21. Februar 2006 in der [X.]- 2 - [X.] hat am 21. Februar 2006 durch den Vorsitzenden [X.] [X.], den [X.] [X.], die Richte-rin Mühlens und die [X.] Prof. Dr. Meier-Beck und [X.] beschlossen: Der Antrag der Klägerin, den gerichtlichen Sachverständigen [X.]. [X.]wegen Besorgnis der Befangenheit abzu- lehnen, wird für begründet erklärt. Gründe: [X.] Mit [X.]atsbeschluss vom 26. Juli 2005, der der Klägerin am 29. August 2005 zugegangen ist, ist Prof. Dr.-Ing. [X.]

, zum gerichtlichen Sachverständigen im vorliegen- den Patentnichtigkeitsverfahren bestellt worden. Mit Ablehnungsgesuch vom 9. September 2005 hat die Klägerin geltend gemacht, im parallelen Verlet-zungsverfahren vor dem [X.] habe die Beklagte ein Gutach-ten des [X.]

vorgelegt, das sich neben Messungen von Eigenschaften der dort angegriffenen Gegenstände auch allgemein mit Fragen der Auslegung des Streitpatents und dortigen [X.] befasse und von dem sie - die Klägerin - annehme, dass es vom [X.] Sachverständigen oder einem seiner Mitarbeiter verfasst, wenn auch von ihm nicht unterschrieben sei. Die Besorgnis der Befangenheit sei auch 1 - 3 - deshalb begründet, weil im [X.] Informationen des [X.]veröffentlicht seien, wonach das Institut eine laufende Kooperation mit der [X.] Patentinhaberin direkt im technischen Bereich des Klagepatents unter-halte. 2 Die Beklagte hat bestätigt, dass im parallelen [X.] ein Gutachten des [X.]

vorgelegt worden ist. Dieses habe je- doch nicht Prof. [X.]angefertigt. Bei dem [X.]

handle es sich um ein großes Institut mit vier Professuren, vier Abteilungen und insge-samt 45 Mitarbeitern, wobei das gemeinsame Projekt von Prof. [X.]betreut worden sei, eine Kooperation mit Prof. H.

und der von ihm betreuten Ab- teilung habe es zu keiner [X.] gegeben. Der gerichtliche Sachverständige hat sich dahin geäußert, dass er für keine der [X.]en gutachterlich oder beratend tätig geworden sei und für die Beklagte keine Aufträge durchgeführt habe. Die im Ablehnungsgesuch geschil-derten Tätigkeiten seien nicht von der Arbeitsgruppe "O.

" durchgeführt worden, sondern ausschließlich durch Prof. [X.]und [X.] der Arbeitsgruppe "E.

". Dasselbe gelte für die Kooperation der Beklagten mit dem [X.]

. Darüber hin- aus sei nicht er, der Sachverständige, Leiter des [X.] , sondern Prof. [X.]. Dessen Arbeitsgruppe habe ebenso wie die [X.] von Prof. [X.]einen anderen Forschungsschwerpunkt, die [X.] arbeiteten unabhängig voneinander. Auf Nachfrage bei Prof. [X.] sei ihm mitgeteilt worden, das Gutachten im parallelen [X.] sei von diesem erstattet worden; der Inhalt des Gutachtens sei ihm nicht bekannt, derartige Gutachten würden ebenso wie Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Auftrag von Firmen vertraulich behandelt. 3 - 4 - I[X.] Das gemäß § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Ablehnungsgesuch der [X.] ist begründet. 4 5 Die gesetzliche Regelung über die Ablehnung eines gerichtlichen Sach-verständigen (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO) dient ebenso wie die den [X.] betreffenden Vorschriften (§§ 41, 42 ZPO) der Sicherung der Unparteilichkeit der Rechtsprechung. Das Gesetz will mit diesen Vorschriften der Neutralität und Distanz des [X.]s wie des Sachverständigen gegenüber den [X.]en gewährleisten und so die Voraussetzungen für ein faires Verfahren schaffen (vgl. [X.].Beschl. v. 10.12.1998 - [X.], [X.], Nichtigkeitsrechtspre-chung in Patentsachen, 1994-1998, 551 f. m.w.N.). Deshalb ist entscheidend, ob objektive Gründe vorliegen, die einer besonnenen und vernünftig denkenden [X.] Anlass geben können, an der Unvoreingenommenheit und Unparteilich-keit des Sachverständigen zu zweifeln. Dies ist grundsätzlich vom Standpunkt des [X.] aus zu beurteilen. Darauf, ob der gerichtliche Sachverständi-ge tatsächlich befangen ist oder sich befangen fühlt, kommt es nicht an. Es bedarf keiner Entscheidung der Frage, ob eine mit Fördergeldern ver-bundene Kooperation einer [X.] eines Patentnichtigkeitsverfahrens mit einem Institut einer technischen Universität, dem der Lehrstuhl eines gerichtlichen Sachverständigen zugeordnet ist, für sich und in jedem Fall die Besorgnis der Befangenheit ohne Rücksicht darauf begründen kann, ob es sich bei dem [X.] um ein solches handelt, bei dem mehrere unabhängig voneinander arbei-tende Abteilungen oder Lehrstühle unterschiedlicher Forschungsbereiche an-gesiedelt sind, oder ob in derartigen Fällen eine Einzelfallprüfung unter Berück-sichtigung weiterer Umstände angezeigt sein kann (zur Problematik vgl. [X.].Beschl. v. 10.12.1998 - [X.], [X.], aaO, S. 551 ff.). Denn nach der Rechtsprechung des [X.]ats sind die vorgetragenen Ablehnungsgründe in ihrer Gesamtheit zu würdigen ([X.].Beschl. v. 25.02.1997 - [X.], 6 - 5 - [X.], aaO, S. 559 ff.). Zwar kann im Streitfall auch allein aus dem Umstand, dass ein Institutskollege des gerichtlichen Sachverständigen in einem parallelen [X.] ein Gutachten für den Patentinhaber erstellt hat, noch nicht ohne weiteres hergeleitet werden, dass der im [X.] zum gerichtlichen Sachverständigen Bestellte aus der Sicht einer be-sonnenen und vernünftigen [X.] Anlass zu der Besorgnis biete, in seiner Un-abhängigkeit und Unparteilichkeit beeinflusst zu sein. Wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, wird das Forschungsprojekt der mit der [X.] verbundenen [X.]

zwar in Kooperation mit einer anderen unabhängigen Arbeitsgruppe des [X.] durchgeführt, an der die Arbeitsgruppe des gerichtlichen Sachverständigen nicht beteiligt ist; die Kooperation wird jedoch auf einer [X.] des Instituts dargestellt. Bei dieser Sachlage ist die Besorgnis der Klä-gerin, die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem der Beklagten [X.] Unternehmen und dem Hochschulinstitut, an dem der [X.] tätig ist, könne seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit beeinflussen, - 6 - weil die mit der Kooperation verbundenen Fördergelder dem gesamten Institut zukommen und damit auch der Arbeitsgruppe des gerichtlichen Sachverständi-gen, auch aus der Sicht einer besonnenen und vernünftigen [X.] nicht von der Hand zu weisen. Melullis [X.] Mühlens

Meier-Beck [X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] - 2 Ni 1/03 ([X.]) -

Meta

X ZR 103/04

21.02.2006

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.02.2006, Az. X ZR 103/04 (REWIS RS 2006, 4910)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4910

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