Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2002, Az. III ZR 259/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 1048

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:24. Oktober 2002F r e i t a gJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja BGB § 839 FeEine amtliche Auskunft, in der ein Bauvorhaben fälschlicherweise grundsätz-lich für zulässig erklärt, zugleich aber ausdrücklich auf die Erfordernisse einerBaugenehmigung und einer Beteiligung der Nachbarn hingewiesen wird, [X.] für den Bauherrn kein schutzwürdiges Vertrauen dahin, mit den [X.] vor Erhalt der Baugenehmigung beginnen zu dürfen. Dies gilt bei ei-nem insgesamt genehmigungspflichtigen Vorhaben auch für solche Einzel-maßnahmen, die - isoliert betrachtet - einer Genehmigung nicht bedurft [X.].[X.], Urteil vom 24. Oktober 2002 - [X.]/01 -OLG [X.] [X.] ([X.] 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 16. Zi-vilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 2. Oktober 2001 auf-gehoben und das Grundurteil der 8. Zivilkammer des [X.] ([X.]) vom 2. August 2000 abgeändert.Die Klage wird insgesamt abgewiesen.Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.Von Rechts [X.] Klägerin ist Eigentümerin eines im Gebiet der beklagten Stadt bele-genen Grundstücks, das mit einem Haupt- und einem rückwärtigen, bis [X.] reichenden Nebengebäude bebaut ist. Mit einem als "Bauvoranfrage"bezeichneten Schreiben vom 20. August 1992 erbat sie vom Bauamt der [X.] Stadt Auskünfte, die die Außensanierung des Hauptgebäudes und ei-- 3 -nen Umbau des Nebengebäudes betrafen. Zu diesem letzteren Punkt hieß [X.] dem [X.]/Auflagen wären für das [X.] beachten, damit der beauftragte Architekt nicht von [X.] der Realität vorbeiplant und kalkuliert? (Die bestehendeGrenzbebauung soll erhalten bleiben, das Mauerwerk jedoch voninnen isoliert, verstärkt und wärmegedämmt werden, von außenist momentan noch nichts festgelegt. Es sollen zwei [X.] ca. 80 qm geschaffen werden oder nur eine Wohnung von ca.80 qm und im Erdgeschoss [X.] Beklagte beantwortete diese Fragen mit Schreiben vom [X.] 1992 wie [X.] hintere Nebengebäude wurde zuletzt als Werkstatt und [X.] genutzt. Bei einem Umbau zu einer Wohnung ist in [X.] eine Baugenehmigung erforderlich. Da das Gebäude un-mittelbar auf der Grenze steht, wäre eine Beteiligung der Nach-barn erforderlich.[X.] wären zu klären, ebenso Fragen des Wärme- undBrandschutzes, falls das Obergeschoß genutzt werden soll."Ab September 1993 begann die Klägerin, in dem Nebengebäude [X.] vorzunehmen. Diese wurden aufgrund einer Stillegungsverfügungdes Bauamts der Beklagten vom 1. August 1995 eingestellt. Die Verfügungwurde damit begründet, daß durch die ohne Baugenehmigung durchgeführtenBaumaßnahmen die Standsicherheit des Nebengebäudes nicht mehr gewähr-leistet sei und Einsturzgefahr bestehe. Am 12. September 1995 beantragte [X.] eine Baugenehmigung für die "Sanierung eines Nebengebäudes". [X.] erteilte ihr am 15. November 1995 eine Teilbaugenehmigung, die- 4 -unter anderem die Bestimmungen enthielt, daß (1) die Grenzwände als Brand-wände ohne Öffnungen herzustellen seien und (2) das Dach im Abstand vonzwei Metern von der östlichen Grundstücksgrenze von innen nach außen [X.] ohne Öffnungen herzustellen sei. Gegen diese Nebenbestimmun-gen legte die Klägerin unter dem 21. Dezember 1995 Widerspruch ein. [X.] nahm die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 1996 die - nach [X.] beider Parteien rechtswidrige - Teilbaugenehmigung zurück. Der ge-gen die Rücknahme eingelegte Widerspruch der Klägerin wurde durch [X.] der Bezirksregierung vom 17. März 1997 zurückgewiesen. Die hierge-gen gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage nahm die Klägerin zurück.Sie nimmt nunmehr die Beklagte aus Amtshaftung auf Ersatz des [X.] die Umbaumaßnahmen entstandenen Schadens in Anspruch. Die Amts-pflichtverletzung von Bediensteten der Beklagten erblickt sie darin, daß [X.] am 28. September 1992 auf ihr Schreiben vom 20. August 1992 erteilteAuskunft sowie in folgenden Gesprächen der unzutreffende Eindruck erwecktworden sei, der Umbau des Nebengebäudes zu Wohnzwecken oder für einegewerbliche Nutzung sei grundsätzlich möglich. Eine weitere [X.] in der Erteilung der rechtswidrigen Teilbaugenehmigung. Ihren biszum 1. März 1996 entstandenen Schaden hat sie auf 165.190,30 [X.] außerdem die Feststellung begehrt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihralle weiterhin entstehenden Schäden zu ersetzen, die aus den Amtspflichtver-letzungen bezüglich des Nebengebäudes resultierten, insbesondere Zinszah-lungen für die zur Finanzierung der Bauarbeiten aufgenommenen Darlehen.Das [X.] hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt; dieBerufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt [X.] ihren Klageabweisungsantrag [X.] 5 -- 6 -EntscheidungsgründeDie Revision ist begründet. Der Klägerin steht nach dem von den [X.] festgestellten Sachverhalt der geltend gemachte Amtshaftungsan-spruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) gegen die Beklagte nicht zu. Daher istdie Sache im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif, ohne daß es ei-ner Zurückverweisung bedarf.1.[X.]dings mag - insoweit in Übereinstimmung mit dem Berufungsge-richt - zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, daß die schriftlicheErklärung der Beklagten vom 28. September 1992 zu dem Mißverständnis [X.] geben konnte, dem geplanten Umbau des Nebengebäudes stünden grund-sätzlich keine öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegen. Insbesondere fehlteein Hinweis darauf, daß das Vorhaben - wenn überhaupt - nur bei [X.] Baulasten seitens der betroffenen Nachbarn verwirklicht werden konnte.Dementsprechend konnte die Beklagte gegen ihre Amtspflicht verstoßen ha-ben, der Klägerin eine deren Anfrage gerecht werdende unmißverständlicheund vollständige Antwort zu [X.] Berufungsgericht kann jedoch insoweit nicht gefolgt werden, als esannimmt, diese Auskunft habe für die Klägerin ein schutzwürdiges Vertrauendahin begründet, das Bauvorhaben in [X.] nehmen zu können und diejeni-gen Aufwendungen zu tätigen, deren Ersatz sie nunmehr beansprucht.a) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, daß selbst dann,wenn einem Bauherrn eine rechts- und amtspflichtwidrige [X.] worden ist, er doch den Ersatz nur solcher Schäden verlangen kann, de-- 7 -ren Ausgleich vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht gedeckt ist. In [X.] Fällen richtet sich, soweit es um öffentlich-rechtliche Genehmigungen [X.] Baugenehmigung geht, die inhaltliche Bestimmung und sachliche Begren-zung der Haftung unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks nach dem [X.], das die Maßnahme begründen soll. Das bedeutet, daß Aufwendungen,die ein Bauherr im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit einer in Wahrheit [X.] Baugenehmigung macht, nur ersatzfähig sein können, wenn sie [X.] der Baugenehmigung erfolgen. Dagegen liegen Aufwendungen,die auf wesentlichen Abweichungen von der genehmigten Planung beruhen,grundsätzlich nicht mehr im Schutzbereich der verletzten Amtspflicht. In derar-tigen Fällen genügt es deshalb für die Haftungsbegründung nicht, daß zwi-schen der rechtswidrigen Erteilung der Baugenehmigung und den vom Bau-herrn getätigten Aufwendungen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. DerBauherr kann sich dann auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß ohne die [X.] Genehmigung das Bauvorhaben überhaupt unterblieben wäre (s. ins-besondere Senatsurteil vom 27. Januar 1994 - [X.] = [X.]R BGB § [X.]. 1 Satz 1 Schutzzweck 11 = NVwZ 1994, 821 = [X.], 560 m.w.[X.]) Diese Grundsätze müssen auch - und erst recht - für den hier zu be-urteilenden Fall einer bloßen Auskunft gelten. Dies bedeutet, daß eine [X.]shaftung der öffentlichen Hand für eine unrichtige Auskunft nur für sol-che Aufwendungen in Betracht kommen kann, die der Auskunft "kongruent"sind. [X.] sich der Empfänger dagegen nicht an die in der Auskunft enthaltenenVorgaben und Hinweise, so handelt er auf eigenes Risiko, das er nicht auf dieauskunfterteilende Körperschaft abwälzen kann. Insoweit ist hier von aus-schlaggebender Bedeutung, daß in der Erklärung der Beklagten ausdrücklichauf die Erfordernisse einer Baugenehmigung und einer Beteiligung der [X.] 8 -barn hingewiesen worden war. Dementsprechend hatte die Klägerin geradekeinen Freibrief erhalten, die Arbeiten auf eigene Faust, ohne eine Genehmi-gung, in [X.] zu nehmen. Dies gilt auch, soweit der geplante Umbau lediglicheine Nutzung als Büroräume betraf. Eine derartige Nutzung war nicht Gegen-stand der Anfrage der Klägerin vom 20. August 1992 gewesen; deswegen [X.] für die Beklagte kein Anlaß, überhaupt dazu Stellung zu nehmen. [X.] ist, daß nach dem Sachvortrag der Klägerin die Umbauarbeiten zumweitaus größten Teil, mit Ausnahme der Treppen, nicht [X.] sein sollen. Jedenfalls bestand die Genehmigungsbedürftigkeit hin-sichtlich der Treppen, von denen die Durchführbarkeit des Vorhabens insge-samt abhing. Ein Bauherr, der ein insgesamt genehmigungsbedürftiges Vorha-ben in [X.] nimmt, handelt vor Erteilung der Genehmigung grundsätzlichauch bei solchen Maßnahmen auf eigenes Risiko, die - isoliert betrachtet -nicht genehmigungsbedürftig gewesen wären. Ebenso wurde durch den [X.] auf die erforderliche Beteiligung der Nachbarn für die Klägerin erkennbardie Möglichkeit und damit das Risiko angesprochen, daß diese nachbarrecht-lich begründete Einwände gegen das Vorhaben vorbringen konnten. Endlich istnicht ohne Bedeutung, daß auch die Fragen des Brandschutzes angesprochenworden waren, die sich dann später in den die Klägerin belastenden und vonihr angefochtenen Nebenbestimmungen niedergeschlagen [X.]) Dies hat die Konsequenz, daß ein Vertrauenstatbestand frühestensdurch die Teilbaugenehmigung vom 15. November 1995 hatte geschaffen wer-den können. Alle zuvor getätigten Aufwendungen gehören daher von [X.] nicht zu dem zu ersetzenden Schaden. Die Aufwendungen im [X.] werden von einer etwaigen Ersatzpflicht nur insoweit umfaßt, als siein Ausnutzung der Teilbaugenehmigung getätigt worden sind. Dies gilt indes-- 9 -sen nur für das Vorhaben in seiner genehmigten Form, d.h. unter [X.] belastenden Nebenbestimmungen, die untrennbarer Bestandteil der [X.] waren. Soweit die Klägerin dagegen mit ihren Aufwendungen [X.] verfolgte, den Umbau in der von ihr geplanten Gestalt zu verwirklichen,liegt wiederum eine wesentliche Abweichung von der genehmigten Planungvor, die nach Maßgabe der oben dargestellten Grundsätze dazu führen muß,daß insoweit eine Ersatzpflicht von vornherein ausscheidet.d) Eine derartige Beziehung zu dem Bauvorhaben in seiner genehmig-ten Form ist bei keiner der in die Schadensberechnung der Klägerin einge-stellten bezifferten Positionen hinreichend dargetan. Im übrigen muß die Kläge-rin sich entgegenhalten lassen, daß sie selbst die Teilbaugenehmigung wegender Nebenbestimmungen als rechtswidrig angesehen und angefochten hat.Dadurch hatte sie sich selbst eine etwaige Vertrauensgrundlage entzogen. [X.] mußte sie - auch ohne daß die Beklagte gehalten gewesen wäre,ihr diesbezügliche Rechtsbelehrungen oder Hinweise zu erteilen - damit rech-nen, daß die Genehmigung ohne die Nebenbestimmungen insgesamt keinenBestand haben konnte. Deshalb sind die bezifferten Schadenspositionenennicht ersatzfähig. Auch der Feststellungsantrag ist unbegründet, da als weitereSchadenspositionen, die noch nicht in dem bezifferten Antrag enthalten sind,lediglich Zinsmehrbelastungen in Betracht kommen und sonstige nach [X.] der vorstehend entwickelten Grundsätze ersatzfähige Schäden nicht er-kennbar sind.3.Der Senat ist befugt, über den gesamten Streitgegenstand, einschließ-lich des Feststellungsantrags, zu entscheiden. Zwar hatte das [X.] ein"Grundurteil" erlassen, ohne den Feststellungsantrag ausdrücklich mitzube-- 10 -scheiden. Andererseits ist den Entscheidungsgründen mit hinreichender Deut-lichkeit zu entnehmen, daß der gesamte [X.] erledigt werden unddie Entscheidung über das Feststellungsbegehren nicht etwa ausgeklammertsein sollte. Unter diesen Umständen sieht der Senat keine durchgreifendenBedenken dagegen, das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe der Grundsätzedes Senatsurteils vom 7. November 1991 ([X.] = [X.]R ZPO § [X.]. 1 Feststellungsantrag 2) dahin auszulegen, daß das [X.] seineEntscheidung nicht lediglich auf den [X.] beschränken, sondernzugleich auch - durch stattgebendes [X.] (§ 301 ZPO) - über [X.] befinden wollte. Das Berufungsurteil hat dieses [X.] und alle Schäden für ersatzfähig gehalten, "deren Ursache in der [X.] 28. September 1992 bis zum 1. März 1996 gesetzt worden" ist. Auch dieseEntscheidung kann dahin ausgelegt werden, daß sie den [X.], soweit die mit ihm geltend gemachten Schadenspositionen ihreGrundlage in dem vom Berufungsgericht angenommenen Zeitraum finden. [X.] spricht nicht entscheidend, daß das Berufungsgericht durch [X.] 30. November 1990 den Wert des Streitgegenstandes nach Maßgabe desbezifferten Antrags auf 165.190 DM festgesetzt und diese Festsetzung [X.] geändert hat (vgl. Senatsurteil vom 7. November 1991 aaO).RinneWurm[X.]Richter am [X.] ist im Urlaub und [X.] nicht unterschreiben.[X.]Rinne

Meta

III ZR 259/01

24.10.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2002, Az. III ZR 259/01 (REWIS RS 2002, 1048)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1048

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