Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2000, Az. III ZR 119/00

III. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 32

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[X.]R: [X.] 119/00vom21. Dezember 2000in dem [X.] [X.] hat am 21. Dezember 2000 durchden Vorsitzenden [X.] und [X.], [X.], [X.]:Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. Januar 2000 - 1 U2766/99 - wird nicht angenommen.Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97Abs. 1 ZPO).Streitwert: 249.886,00 DM.GründeDie Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554 b ZPO).Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.[X.] Kläger reichte im Januar 1992 beim Landratsamt einen Antrag aufUm- und Anbau seines [X.] zu einem Schweinemaststall ein. [X.] vom 4. August 1992 teilte das Landratsamt der beklagten [X.]- 3 -mit, daß das Bauvorhaben auch unter immissionsschutzrechtlichen [X.] genehmigungsfähig sei; es ersuchte die [X.] unter Hinweis aufmögliche Schadensersatzansprüche um Erteilung des Einvernehmens.Die [X.], die schon im Dezember 1991 ihr Einvernehmen ([X.]) nicht erteilt hatte, verweigerte in der Sitzung des [X.]rats [X.] ihr Einvernehmen erneut. In einem vom Kläger ange-strengten verwaltungsgerichtlichen Verfahren, zu dem die [X.] [X.] worden war, gelangte das Verwaltungsgericht durch rechtskräftig gewor-denes Urteil zu der Auffassung, daß das Vorhaben genehmigungsfähig sei.Daraufhin erteilte die [X.] am 7. November 1995 das Einvernehmen. [X.] des Landratsamtes erging am 23. Januar 1996.Der Kläger begehrt Ersatz des Schadens, der ihm durch die verzögerteAufnahme des [X.] entstanden ist. Das [X.] hat [X.] dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das [X.] Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Scha-densersatzanspruch auf den Zeitraum vom 4. September 1992 bis zum 1. Juni1995 beschränkt ist. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag aufvollständige Klageabweisung weiter.II.Bei der Beantwortung der Frage, ob die Amtspflichtverletzung den gel-tend gemachten Schaden verursacht hat, kommt es nach der ständigen Recht-sprechung darauf an, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem [X.] genommen hätten und wie dann die Vermögenslage des [X.] wäre ([X.], 157, 171; Senatsurteil vom 7. Dezember 2000- III ZR 84/00 - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). In diesem Zusam-menhang unterstellt das Berufungsgericht zugunsten der Beklagten, daß [X.] rechtzeitigen (pflichtgemäßen) Erteilung des gemeindlichen Einverneh-mens zu der beantragten Baugenehmigung der [X.] dagegen - undauch gegen eine etwaige Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit durch [X.] - vorgegangen wäre, und sich dann das Vorhaben ingleicher Weise verzögert haben würde. Das Berufungsgericht hält indessendiese Erwägung für nicht durchgreifend, weil in diesem Falle zwischen demwidersprechenden Nachbarn und der ihr Einvernehmen versagenden Gemein-de eine "deliktsrechtliche Gesamtschuldnerschaft" anzunehmen sei, wie [X.] auch zwischen [X.] und Bauaufsichtsbehörde bestehen könne (vgl.Senatsurteil [X.] 118, 263).1.Diese Begründung ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, nichthaltbar. Ein Grundstückseigentümer, der in der - hier keineswegs fernliegenden(geplante Errichtung eines Schweinemaststalles mit 684 Mastplätzen) - [X.], ein Bauvorhaben bringe für ihn erhebliche und unzumutbare Ge-ruchsbelästigungen mit sich, die nach der [X.]ordnung vorge-sehenen Rechtsbehelfe gegen die seinem Nachbarn erteilte [X.], begeht grundsätzlich - wenn nicht die besonderen Voraussetzungendes § 826 [X.] vorliegen - keine unerlaubte Handlung zum Nachteil des [X.] im Sinne der §§ 823 ff [X.] Gesamtschuldnerschaft zwischen Nachbar und [X.] im Sinnedes § 840 Abs. 1 [X.] ist daher nicht [X.] 5 -2.Gleichwohl erweist sich das Berufungsurteil im Ergebnis als richtig.a) Die Revisionserwiderung macht geltend, schon nach allgemeinenGrundsätzen der Haftungszurechnung könne sich die beklagte [X.] [X.] berufen, bei eigenem pflichtgemäßen Verhalten wäre der gleiche Scha-den durch den Rechtsbehelf eines Nachbarn verursacht worden. In [X.] und Schrifttum sei einhellig anerkannt, daß der Schädiger sich nicht aufdie hypothetische Schadensverursachung durch einen Dritten berufen könne,wenn dem Geschädigten gegen diesen ebenfalls ein Schadensersatzanspruchzugestanden hätte (vgl. [X.], Urteil vom 13. Oktober 1966 - [X.]/64 -NJW 1967, 551, 552; [X.]/[X.], 13. Bearb., § 249 Rn. 95; Pa-landt/[X.], [X.], 60. Aufl., [X.] vor § 249 Rn. 100). Dieser Grundsatzsei dahin zu erweitern, daß das hypothetische schädigende Verhalten einesDritten immer unberücksichtigt bleiben müsse, und zwar ohne Rücksicht dar-auf, ob hieraus für den Geschädigten ein Ersatzanspruch gegen den Drittenhätte entstehen können. Jedenfalls sei das hypothetische Verhalten des Nach-barn im vorliegenden Fall deshalb unerheblich, weil dessen Berücksichtigungmit dem Schutzzweck der verletzten Amtspflicht nicht zu vereinbaren sei. [X.] könne sich der Amtsträger unter Hinweis auf das Verhalten einesDritten, der anders als die Behörde keine besonderen Amts- oder Sorgfalts-pflichten gegenüber dem Geschädigten zu beachten hat, seiner [X.]) Ob diesen Ausführungen in dieser Allgemeinheit zu folgen ist, kannvorliegend dahinstehen. Die Revision hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weilzugunsten des [X.] der Grundsatz zum Tragen kommt, daß im [X.] 6 -tungsprozeß bei der Beantwortung der Frage, wie sich die (hypothetische)Einlegung eines Rechtsbehelfs und die daraufhin ergehenden behördlichenoder gerichtlichen Entscheidungen auf das Entstehen oder die Entwicklungeines Schadens ausgewirkt hätte, auf die rechtliche Sicht des über den [X.] entscheidenden Gerichts abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 16.Januar 1986 - [X.] - NJW 1986, 1924, 1925 zur Frage, ob ein Rechts-behelf des Geschädigten den aus einer Amtspflichtverletzung herrührendenSchaden hätte abwenden [X.] ist weiter zu berücksichtigen, daß aufgrund des rechtskräftigenUrteils des [X.] für den [X.] bindend feststeht,daß der Kläger von Anfang an einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmi-gung hatte.Hieraus ergibt sich:[X.]) Die Bauaufsichtsbehörde ist nach eingehender Prüfung des [X.] zu dem Ergebnis gelangt, daß das Bauvorhaben des [X.] insbe-sondere unter Berücksichtigung immissionsschutzrechtlicher Gesichtspunktegenehmigungsfähig ist und die von den Nachbarn erhobenen Einwände [X.] Geruchsbelästigungen nicht stichhaltig sind. Sie hat ihre [X.] Sach- und Rechtslage der Beklagten mit dem Ersuchen mitgeteilt, das er-forderliche Einvernehmen zu erteilen.Vor diesem Hintergrund kann es nicht ernsthaft zweifelhaft sein, daß [X.], wenn die Beklagte ihr Einvernehmen erteilt hätte, [X.] auf die - zu erwartenden - [X.] entweder gleich nach- 7 -§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehbarkeit der Baugenehmi-gung angeordnet oder eine dahingehende Anordnung jedenfalls sofort nachEinlegung des Widerspruchs auf Antrag des [X.] nach § 80 a Abs. 1 Nr. 1VwGO erlassen hätte. [X.] Sachvortrag des [X.] ist die [X.] in den Tatsacheninstanzen nicht entgegengetreten. Die Revision kommthierauf auch nicht mehr zurück.bb) Wenn bei Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der [X.]- wovon aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist -nach § 80 a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO beim [X.] hätte, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederher-zustellen, so hätte das Verwaltungsgericht prüfen müssen, ob das Vollzugsin-teresse des Bauherrn oder das [X.] des Nachbarn höher zuveranschlagen sei. Bei dieser Prüfung stellen die Erfolgsaussichten [X.] ein bedeutsames Gewichtungselement dar. Das hat zur Folge,daß ein schutzwürdiges privates Nachbarinteresse daran, von der [X.] offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts verschont zu bleiben, nichtanzuerkennen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vollzug dringlich istoder nicht (vgl. [X.]/[X.], VwGO, 11. Aufl., § 80 Rn. 73 ff).Nach dem zuvor Gesagten ist im [X.] davon auszuge-hen, daß das Verwaltungsgericht auch im Aussetzungsverfahren die Rechtmä-ßigkeit der erteilten Baugenehmigung erkannt und dementsprechend einemAussetzungsantrag des Nachbarn B. nicht entsprochen hätte.c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann deshalb zu-gunsten der Beklagten nicht unterstellt werden, das Bauvorhaben des [X.]- 8 -hätte sich aufgrund der von dem Nachbarn B. eingelegten Rechtsbehelfe ingleicher Weise verzögert, wie dies tatsächlich wegen der rechtswidrigen Ver-sagung des gemeindlichen Einvernehmens durch die Beklagte geschehen ist.3.Auch im übrigen weist das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler [X.] der Beklagten auf.[X.] [X.] Kapsa Galke

Meta

III ZR 119/00

21.12.2000

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2000, Az. III ZR 119/00 (REWIS RS 2000, 32)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 32

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