Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2007, Az. IX ZB 6/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5580

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[X.][X.]/06 vom 25. Januar 2007 in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 4a; BGB § 1360a; ZPO § 644 Der Stundungsantrag eines Schuldners, dem ein Kostenvorschussanspruch gegen seinen Ehepartner zusteht, ist auch dann unbegründet, wenn der Ehepartner die Zahlung verweigert, der Schuldner aber nicht versucht hat, den Anspruch durch ei-nen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durchzusetzen. [X.], [X.]uss vom 25. Januar 2007 - [X.] - [X.]AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Ganter und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] am 25. Januar 2007 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der [X.]uss der 3. Zivilkammer des Landgerichts [X.] vom 1. Dezember 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des [X.] - an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Der Wert des [X.] wird auf 4.000 Euro festgesetzt. Gründe: [X.] Die seit 1983 verheiratete Schuldnerin übte in den Jahren 1988 bis 1996 eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit aus; seither ist sie zahlungsunfähig. Sie ließ sich zur [X.] ausbilden und war fortan als solche tätig. Am 21. Juli 2004 beantragte der weitere Beteiligte die Eröffnung des [X.] - 3 - verfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Am 14. September 2004 stellte die Schuldnerin einen entsprechenden Antrag und beantragte zusätzlich Rest-schuldbefreiung sowie die Stundung der Verfahrenskosten. Nach Einholung eines Gutachtens forderte das Insolvenzgericht die Schuldnerin auf, die Vermögensverhältnisse ihres Ehemannes offen zu legen, um eine Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf einen Prozesskos-tenvorschuss (§ 1360a Abs. 4 BGB) zu ermöglichen, oder aber den vom Sach-verständigen errechneten Vorschuss von 5.600 Euro einzuzahlen. Die Schuld-nerin berief sich demgegenüber auf einen Ehevertrag aus dem Jahre 2004, in dem Unterhaltsansprüche ausgeschlossen worden seien. Sie erklärte, ihrem Ehemann sei es gleichgültig, ob sie Restschuldbefreiung erlange oder nicht. Sein Einkommen reiche nicht aus, den angeforderten Vorschuss von 5.600 Euro zu zahlen, zumal er selbst Verbindlichkeiten in Höhe von 160.000 Euro zu bedienen habe; Ersparnisse habe er nicht. 2 Mit [X.]uss vom 25. Januar 2005 hat das Insolvenzgericht die Anträge auf Stundung der Verfahrenskosten, auf Restschuldbefreiung und auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Schuldne-rin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin die Anträge auf Stundung der Verfahrenskosten, auf Restschuldbefreiung und auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter. 3 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6, 4d Abs. 1, § 34 Abs. 1 Fall 2, § 289 Abs. 2 Satz 1 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 4 - 4 - ZPO). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]usses und zur [X.] an das Beschwerdegericht. 1. Die Kosten des Insolvenzverfahrens sind auf Antrag zu stunden, so-weit das Vermögen des Schuldners nicht ausreicht, diese Kosten zu decken (§ 4a [X.]). Hat der Schuldner einen Anspruch auf Leistung eines Kostenvor-schusses nach § 1360a Abs. 4 BGB, so ist sein Stundungsantrag unbegründet; denn der Gesetzgeber wollte öffentlich-rechtliche Mittel zur Durchführung des Insolvenzverfahrens nur zur Verfügung stellen, sofern für den Schuldner keine Möglichkeit besteht, auf andere Weise die Verfahrenskosten aufzubringen ([X.] 156, 92, 95). Das Beschwerdegericht hat die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 1360a Abs. 4 BGB für gegeben erachtet, weil die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb der Schuldnerin, aus dem deren Schulden resultier-ten, auch dem Familienunterhalt gedient hätten. Dagegen ist aus [X.] nichts zu erinnern. 5 2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist der (weder durch Tatsachen unterlegte noch glaubhaft gemachte) Vortrag der Schuldnerin dazu, ihr Ehemann sei nicht bereit, einen Prozesskostenvorschuss zu leisten, nicht erheblich. 6 a) Eine Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 4a [X.]) setzt voraus, dass der Schuldner keinen Anspruch auf Zahlung eines Prozesskos-tenvorschusses gegen seinen Ehepartner hat. Liegen die Anspruchsvorausset-zungen des § 1360a Abs. 4 BGB vor, weigert sich der Ehepartner aber, den geschuldeten Vorschuss zu leisten, hat der Schuldner den Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Die Entscheidung über den Stundungsantrag und damit über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Voraussetzung einer [X.] - 5 - freiung ist, bis zum Abschluss des [X.] über den [X.] hinauszuschieben, würde zwar dem Anliegen des Gesetzgebers des § 4a [X.] zuwiderlaufen, mittellosen Personen den Zugang zu Insolvenzverfah-ren und Restschuldbefreiung unter zumutbaren Bedingungen zu eröffnen (vgl. [X.], [X.]. v. 25. September 2003 - [X.] ZB 459/02, [X.], 2389, 2390; v. 3. Februar 2005 - [X.] ZB 37/04, [X.] 2005, 119, 120; v. 21. September 2006 - [X.] ZB 24/06, [X.] 2006, 511, 512). Der Schuldner hat jedoch die Möglichkeit, mit Einreichung der Klage oder des Antrags auf Prozesskostenhilfe eine einst-weilige Anordnung zu beantragen (§§ 644, 621 Abs. 1 Nr. 5, § 620a Abs. 2 ZPO). Die Bescheidung dieses Antrags abzuwarten, ist dem Schuldner zumut-bar. Erst wenn ein ordnungsgemäß beim Familiengericht gestellter und [X.] begründeter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erfolglos bleibt, kann der Anspruch als uneinbringlich behandelt und bei der Entschei-dung über die Stundung der Verfahrenskosten vorerst außer [X.] gelassen werden (zu stundungsbegleitenden Anordnungen vgl. [X.]/[X.], [X.] § 4a Rn. 31). b) Die Schuldnerin hat nicht versucht, ihren Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gegen ihren Ehemann gerichtlich durchzusetzen. Sie hat stets auf den ihrer Ansicht nach im Jahre 2004 vereinbarten Unterhalts-verzicht verwiesen. Die behauptete Vereinbarung hätte einer Durchsetzung des Anspruchs aus § 1360a Abs. 4 BGB jedoch nicht entgegengestanden. Sie war wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot, für die Zukunft auf Familienun-terhalt zu verzichten, nichtig (§§ 397, 134, 1614 Abs. 1, § 1360a Abs. 3 BGB). 8 3. Es fehlen jedoch ausreichende Feststellungen des [X.] dazu, ob ein Vorschussanspruch der Schuldnerin gegen ihren Ehemann aus § 1360a Abs. 4 BGB besteht. Das Beschwerdegericht hat diese Frage für 9 - 6 - "offen" gehalten, weil die Schuldnerin zwar Einkommensnachweise bis ein-schließlich März 2005 vorgelegt habe, einer Aufforderung zur Vorlage weiterer Nachweise für den Zeitraum bis einschließlich November 2005 aber nicht [X.] sei. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, hat es damit wesent-liche Teile des Vorbringens der Schuldnerin verfahrensfehlerhaft übergangen. a) Die Verfahrenskosten sind bereits dann zu stunden, wenn der Schuld-ner die in dem maßgebenden [X.] anfallenden Kosten nur im Wege von Ratenzahlungen, nicht aber in einer Einmalzahlung aufbringen kann ([X.], [X.]. v. 25. September 2003 - [X.] ZB 459/02, NJW 2003, 3780). [X.] muss gelten, wenn der Ehepartner grundsätzlich unterhaltspflichtig ist, aber nur Raten zahlen könnte; denn es würde dem unterhaltsrechtlichen Maß-stab der Billigkeit widersprechen, den Unterhaltsverpflichteten in stärkerem Ma-ße in Anspruch zu nehmen, als dies bei eigener Prozessführung der Fall wäre ([X.], [X.]. v. 4. August 2004 - [X.] 6/04, NJW-RR 2004, 1662, 1663). Im Verfahren über die Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens sind Raten-zahlungen erst in dem [X.] nach Erteilung der [X.] vorgesehen (§ 4b Abs. 1 Satz 1 [X.]; vgl. [X.], [X.]. v. 25. [X.] 2003, aaO). 10 b) Auf das genaue Einkommen des Ehemannes der Schuldnerin im [X.] wäre es deshalb nur dann angekommen, wenn tatsächliche [X.] dafür bestanden hätten, dass der pfändbare Betrag den vom Sach-verständigen errechneten Vorschuss von 5.600 Euro (deutlich) überstieg. Nur dann hätte der Ehemann der Schuldnerin den Vorschuss in einer Summe aus dem laufenden Einkommen zahlen können. Nach den von der Schuldnerin vor-gelegten Nachweisen war dies bis einschließlich März 2005 nicht der Fall. Die pfändbaren Beträge beliefen sich im Durchschnitt auf etwa 650 Euro monatlich. 11 - 7 - c) Ob der Ehemann der Schuldnerin in der Lage gewesen wäre, den Vorschuss von 5.600 Euro aus seinem Vermögen zu zahlen, hat das Be-schwerdegericht nicht geprüft. Die Schuldnerin hatte vorgetragen, ihr Ehemann habe keine Ersparnisse und müsse selbst Verbindlichkeiten in Höhe von 160.000 Euro bedienen. War das richtig, hätte er den Vorschuss nicht leisten können. Die Schuldnerin hatte außerdem ein von ihrem Ehemann ausgefülltes Formular über dessen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse eingereicht. Ob sich daraus ein ausreichendes Vermögen oder aber die fehlende Leistungs-fähigkeit ihres Ehemannes der Schuldnerin ergab, lässt der angefochtene Be-schluss nicht erkennen. Es fehlen jegliche Ausführungen zu diesem Punkt. 12 4. Der angefochtene [X.]uss kann damit keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO). Nach der Zurückverweisung wird zu prüfen sein, ob der Ehemann der Schuldnerin den vom Sachverständigen errechneten 13 - 8 - Vorschuss entweder aus seinem laufenden Einkommen oder aus seinem sons-tigen Vermögen in einer Summe aufbringen könnte. Ist das nicht der Fall, sind die Verfahrenskosten nach § 4a [X.] zu stunden. Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 14.02.2005 - 11 IN 2494/04 - LG [X.], Entscheidung vom 01.12.2005 - 3 [X.]/05 -

Meta

IX ZB 6/06

25.01.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2007, Az. IX ZB 6/06 (REWIS RS 2007, 5580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5580

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