Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2004, Az. IX ZB 70/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 901

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[X.][X.]/03
vom 4. November 2004 in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R ja

[X.] § 4a Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Satz 1, § 26

a) Für die Begründung des [X.] kann die Bezugnahme auf ein zeitnah erstelltes Gutachten genügen, in welchem der Sachverständige ermittelt hat, der Schuldner verfüge über kein die Kosten des Verfahrens deckendes Vermögen. [X.] Hält das Insolvenzgericht die Angaben des Antragstellers für unvollständig, hat es die Mängel konkret zu bezeichnen und dem Antragsteller aufzugeben, sie binnen angemessener Frist zu beheben.

- 2 -
[X.], [X.]uß vom 4. November 2004 - [X.]/03 - LG Bochum
AG Bochum

- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Ganter, [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

am 4. November 2004 beschlossen:
Der Schuldnerin wird auf ihre Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbe[X.] gegen den [X.]uß des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des [X.] vom 18. November 2002 gewährt.

Auf die Rechtsbe[X.] der Schuldnerin wird der vorgenannte [X.]uß hinsichtlich der Kostenentscheidung für das Beschwer-deverfahren und insoweit aufgehoben, als die Ablehnung der [X.] bestätigt worden ist.

Auf die sofortige Be[X.] der Schuldnerin wird der [X.]uß des [X.] vom 25. Juli 2002 aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entschei-dung an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.

Der [X.] wird auf 300 • festgesetzt.

- 4 - Gründe:
[X.]
Die früher selbständig tätige, verheiratete Schuldnerin beantragte im März 2002 beim Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Ge-währung von Restschuldbefreiung, Stundung der Verfahrenskosten, Beiord-nung eines Rechtsanwalts und Einsetzung als [X.]. Zur Begründung des [X.] nahm sie auf ein Gutachten des Rechtsanwalts [X.]Bezug, das dieser in dem Verfahren 80 [X.] (jetzt 80 IN 797/02) erstattet hat. Der Gutachter kommt darin zu dem Ergebnis, daß ein die Kosten des Ver-fahrens deckendes Vermögen der Schuldnerin nicht vorhanden sei.

Das Amtsgericht übersandte der Schuldnerin das gerichtliche Formular "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" mit der [X.], dieses vollständig ausgefüllt einzureichen. Die Schuldnerin erwider-te, dies sei wegen des Ergebnisses des Gutachtens von Rechtsanwalt [X.]nicht erforderlich.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Schuldnerin auf Stundung der [X.] für das Eröffnungsverfahren und das Hauptverfahren zurückge-wiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Be[X.] hatte keinen Erfolg. Das Be[X.]gericht hat auch den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und den Hilfsantrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Be[X.]-verfahren zurückgewiesen. Der Senat hat der Schuldnerin Prozeßkostenhilfe für eine Rechtsbe[X.] bewilligt, soweit ihre sofortige Be[X.] zurück-gewiesen worden ist. Insoweit verfolgt die Schuldnerin mit ihrer Rechtsbe-- 5 - [X.] ihren erstinstanzlichen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten weiter.

I[X.]
Der Schuldnerin ist auf ihren form- und fristgerecht gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur [X.] der Rechtsbe[X.] zu gewähren, weil sie ohne ihr Verschulden ver-hindert war, diese Frist einzuhalten (§ 233 ZPO, § 4 [X.]).

II[X.]
Die Rechtsbe[X.] ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig und begründet.

Die Vorinstanzen haben der Schuldnerin die Stundung der Verfahrens-kosten mit der Begründung versagt, sie habe trotz mehrfacher Aufforderung die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausge-füllt. Diese Erklärung sei nicht mit Rücksicht auf das Sachverständigengutach-ten des Rechtsanwalts [X.]im Parallelverfahren entbehrlich. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Nach § 4a Abs. 1 Satz 1 [X.] ist Voraussetzung einer Stundung, daß das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreicht, die anfallenden Kosten zu decken. Für den Abschnitt des Insolvenzverfahrens müssen die in - 6 - § 54 [X.] genannten Kosten gedeckt sein. Das Vermögen des Schuldners ist nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 35 bis 37 [X.] über die Insolvenzmasse zu bestimmen ([X.] 156, 92, 93 f; [X.], [X.]. v. 25. September 2003 - [X.] ZB 459/02, [X.], 665), so daß auch Neuerwerb, insbesondere also pfändbares Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist. Die Fragestellung, über die das Gericht zu entscheiden hat, entspricht derjenigen des § 26 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.]/[X.], [X.] § 4a Rn. 32; vgl. auch RegE [X.]-ÄndG, BT-Drucks. 14/5680, [X.]).

2. Der Schuldner hat dem Insolvenzgericht die Angaben zu machen, die dieses zur Beurteilung benötigt, ob das Vermögen des Schuldners voraussicht-lich zur Deckung der anfallenden Kosten nicht ausreicht. Dabei genügt eine formlose Darstellung des Schuldners über seine Einkommens- und Vermö-gensverhältnisse. § 117 ZPO ist nicht entsprechend anwendbar ([X.] 156, 92, 94; [X.], [X.]. v. 4. Juli 2002 - [X.] ZB 221/02, NJW 2002, 2793, 2794). Die gemäß § 305 Abs. 5 [X.] ergangene Verordnung vom 17. Februar 2002 ([X.] I 703) betrifft ausschließlich die nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 [X.] im Verbraucherinsolvenzverfahren vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge, Verzeichnisse und Pläne und ist einer analogen Anwendung auf das Stun-dungsverfahren nicht zugänglich. Ergeben die dem § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] entsprechenden Angaben des Schuldners über seine Vermögensverhältnisse, daß die Verfahrenskosten voraussichtlich nicht gedeckt sind, so hat er im Rahmen des § 4a [X.] ausreichend vorgetragen, warum der Stundungsantrag aus seiner Sicht berechtigt ist. Sind die Angaben hingegen unvollständig, hat das Insolvenzgericht die Mängel konkret zu bezeichnen und dem Schuldner aufzugeben, binnen angemessener Frist Darlegung und Nachweise zu ergän-zen. Dies folgt im übrigen auch aus der dem Gericht gemäß § 4a Abs. 2 [X.] - 7 - obliegenden besonderen Fürsorgepflicht. Erst dann, wenn der Schuldner die gebotenen Hinweise unbeachtet läßt, darf der Stundungsantrag zurückgewie-sen werden.

3. [X.] entspricht diesen rechtlichen Anfor-derungen nicht. Allerdings ergab sich aus den Angaben der Antragstellerin nicht, ob die Kosten aus laufenden Einkünften, das heißt dem Neuerwerb nach § 35 Abs. 1 [X.], aufgebracht werden konnten. Insofern war ihr Vorbringen unzureichend. Indes haben Amts- und Landgericht ihr nicht nachvollziehbar mitgeteilt, wieso das Gutachten von Rechtsanwalt [X.]nicht zur Darstellung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse ausreiche. Sie haben lediglich auf der formularmäßigen Abgabe der "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" bestanden, die - wie von der Antragstellerin [X.] gemacht - nicht verlangt werden kann. In ihrem Standpunkt mußte sich die Antragstellerin überdies durch die richterliche Verfügung vom 7. Mai 2002 be-stätigt fühlen, daß das Insolvenzgericht von einer die Kosten des Verfahrens nicht deckenden Masse ausgehe. In dem Parallelverfahren hat es zudem mit Schreiben vom 19. März 2002 angekündigt, daß es im Blick auf das Ergebnis des Gutachtens beabsichtige, den Eröffnungsantrag mangels Masse abzuwei-sen, falls kein Kostenvorschuß gezahlt werde (§ 26 Abs. 1 [X.]). Die zum Stundungsantrag - und nicht zum Eröffnungsantrag - vertretene Ansicht des Be[X.]gerichts, die Ausführungen des Gutachters seien nicht mehr "aktu-ell", hat den Sachvortrag der Schuldnerin nicht erschöpft. Diese hat ersichtlich geltend gemacht, ihre Vermögensverhältnisse hätten sich seitdem nicht [X.] verbessert. Soweit das Be[X.]gericht in diesem Zusammenhang bemerkt hat, die Darlegung der aktuellen Einkommensverhältnisse sei [X.], weil nur so festgestellt werden könne, ob eine ratenweise Zahlung der - 8 - Verfahrenskosten in Betracht komme, ist zudem darauf hinzuweisen, daß von einer mangelnden [X.] bereits dann auszugehen ist, wenn der Schuldner nicht in einer Einmalzahlung die Verfahrenskosten [X.] kann ([X.], [X.]. v. 25. April 2003 - [X.] ZB 459/02, [X.], 665). Die Vorinstanzen haben auch nicht die nach ihrer Auffassung vorliegenden Mängel konkret bezeichnet und der Schuldnerin aufgegeben, binnen [X.] Frist Darlegung und Nachweise zu ergänzen (vgl. [X.] 156, 92, 94 f).

[X.]
Die Sache ist noch nicht im Sinne von § 577 Abs. 5 ZPO zur Endent-scheidung reif. Mit Rücksicht auf die seit der Antragstellung verstrichene [X.] wird die Schuldnerin eine aktuelle Darstellung ihrer Einkommens- und Vermö-gensverhältnisse, die insbesondere auch den Neuerwerb berücksichtigt, ab-zugeben haben. Ferner wird die Schuldnerin - die erklärt hat, "daß von dritter Seite die Verfahrenskosten nicht übernommen werden" - darzulegen haben, daß sie keinen Anspruch auf Leistung eines Kostenvorschusses nach § 1360a Abs. 4 BGB hat. Andernfalls wäre der Stundungsantrag unbegründet (vgl. [X.] 156, 92, 95 f). - 9 - V.

Der Senat hält es für angezeigt, die Zurückverweisung in die erste In-stanz auszusprechen (vgl. [X.], [X.]. v. 22. Juli 2004 - [X.] ZB 161/03, [X.], 1717, 1721, z.[X.]. in [X.]).

[X.][X.]

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZB 70/03

04.11.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2004, Az. IX ZB 70/03 (REWIS RS 2004, 901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 901

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