Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.12.2023, Az. 2 B 39/22

2. Senat | REWIS RS 2023, 9339

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Disziplinarklage gegen einen vorläufig vom Dienst enthobenen Beamten eines Postnachfolgeunternehmens


Leitsatz

1. Während einer vorläufigen Dienstenthebung bleibt ein einem Postnachfolgeunternehmen zugewiesener Beamter dort beschäftigt i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG und § 2 Abs. 1 Satz 1 PBNUBestV, weil er weiterhin im aktiven Beamtenverhältnis steht.

2. Bei der der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost nach § 1 Abs. 5 Satz 1 und 2 PostPersRG obliegenden Prüfung handelt es sich nicht um eine personelle Angelegenheit der Bundesanstalt i. S. v. § 27 Abs. 1 Nr. 1 BGleiG.

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 16. August 2022 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Der Rechtsstreit betrifft ein beamtenrechtliches [X.]verfahren.

2

1. Der ... geborene [X.] stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand wegen des Erreichens der gesetzlichen Altersgrenze mit Ablauf des Monats Januar 2021 im Dienst der Klägerin, zuletzt als Posthauptsekretär. Seit Februar 1990 gehörte er der [X.] Postdienst an, ab Januar 1995 war er nach deren Umwandlung in die [X.] bei dieser beschäftigt. Nach weiteren Verwendungen schloss sich im [X.] die Versetzung zur [X.] an. Diese wurde in der Folgezeit auf die [X.] (später umfirmiert in [X.]) verschmolzen und letztere zum [X.] bestimmt. Mit Wirkung vom Mai 2020 wurde die [X.] zum [X.] bestimmt.

3

Aufgrund von zuletzt 2015 festgestellten Inventurdifferenzen wurden in der Filiale, in der auch der [X.] tätig war, im Zeitraum 7. bis 9. Oktober 2015 Testkäufe durchgeführt. Hierbei kam es im Zusammenhang mit dem Verkauf von Paketmarken an der Kasse des [X.]n zu einem Fehlbetrag in Höhe von 129,80 € am 8. Oktober 2015 sowie tags darauf in Höhe von 101,94 €. Entgegen der [X.] unterließ es der [X.] zudem am 7. und 8. Oktober 2015, einen [X.] zum Vergleich von [X.] und Ist-[X.]eständen durchzuführen. Dem [X.]n wurde daraufhin im November 2015 die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Im Januar 2016 wurde er vorläufig des Dienstes enthoben und ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft nach Zahlung einer Geldbuße ein.

4

Auf die im November 2018 von der Klägerin, vertreten durch den Vorstand der [X.], erhobene [X.] hat das Verwaltungsgericht den [X.]n aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt. Das [X.]erufungsgericht hat - nach Ablehnung einer (weiteren) Zeugeneinvernahme - die [X.]erufung des zwischenzeitlich im Ruhestand befindlichen [X.]n zurückgewiesen. Zur [X.]egründung hat es u. a. ausgeführt, zuständig zur Erhebung der [X.] sei der Vorstand der [X.] gewesen. Die Prüfung durch die [X.] ([X.]) habe stattgefunden. Im [X.]erufungsverfahren sei die Klägerin zulässigerweise durch den Vorstand der [X.] vertreten worden. Mit Eintritt des [X.]n in den Ruhestand sei die Vertretungsbefugnis wegen der spezielleren Regelung im [X.]esdisziplinargesetz nicht auf die [X.] übergegangen; übergegangen sei jedoch das Dienstverhältnis des [X.]n, zunächst auf die [X.]. Denn ungeachtet des ihm gegenüber im November 2015 ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte und der vorläufigen Dienstenthebung im Januar 2016 sei er weiterhin "beschäftigt" gewesen, wenngleich er für das [X.] nicht (mehr) tätig gewesen sei.

5

Das Disziplinarverfahren weise keine wesentlichen Mängel auf. Insbesondere sei die Gleichstellungsbeauftragte nicht zu beteiligen gewesen, weil das [X.]esgleichstellungsgesetz auf die Nachfolgeunternehmen der [X.] keine Anwendung finde. Das Dienstvergehen des [X.]n erfordere die Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis. Die Entscheidung gelte als Aberkennung des Ruhegehalts, weil der [X.] vor ihrer Unanfechtbarkeit in den Ruhestand getreten sei. Der [X.] habe im Kernbereich seiner Pflichten als Mitarbeiter im Verkauf und Kassenverwalter versagt, weil er in zwei Fällen die von ihm verkauften Paketmarken und das dafür eingenommene [X.]argeld nicht verbucht, sondern das [X.]argeld an sich genommen habe, um es für eigene Zwecke zu verwenden. Zudem habe er es in zwei Fällen entgegen der [X.] unterlassen, einen [X.] durchzuführen. Milderungsgründe bestünden nicht.

6

2. Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte [X.]eschwerde des [X.]n gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

7

a) Eine grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache [X.] § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

8

Dies ist nur dann der Fall, wenn die [X.]eschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (vgl. etwa [X.], [X.]eschlüsse vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 m. w. N., vom 15. Januar 2020 - 2 [X.] 38.19 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 99 Rn. 6 und vom 14. Februar 2023 - 2 [X.] 3.22 - juris Rn. 7). Die Prüfung des [X.] ist dabei auf die mit der [X.]eschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

9

aa) Die von der [X.]eschwerde bezeichneten Fragen,

ob die [X.] als [X.] in einem auf die Entfernung eines [X.]eamten aus dem [X.]eamtenverhältnis gerichteten Klageverfahren klagebefugt ist, wenn der [X.]eamte zum Zeitpunkt des Tags vor der Verschmelzung [X.] § 2 Abs. 1 S. 1 [X.] vorläufig dienstenthoben war,

bzw.

kann § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] dahingehend ausgelegt werden, dass auch solche [X.]eamte als bei der [X.] [X.] § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] beschäftigt gelten, die am Tag vor der Eintragung der Verschmelzung der [X.] auf die [X.] vorläufig des Dienstes enthoben waren, mit der Folge, dass solche [X.]eamte ab diesem Datum bei der [X.] beschäftigt werden?,

vermögen die Zulassung der Revision nicht zu begründen. Sie lassen sich bei Auslegung der normativen Vorgaben im Sinne des [X.]erufungsurteils eindeutig beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

§ 1 der Verordnung zur [X.]estimmung der [X.] als [X.] (- [X.] 2018 -) in der hier maßgeblichen Fassung der [X.]ekanntmachung vom 18. Mai 2018 ([X.]) bestimmte mit Wirkung vom 1. Januar 2018 die [X.] als [X.]. § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2018 sah vor, dass mit der Eintragung der Verschmelzung der [X.] auf die [X.] in das Handelsregister des Sitzes der [X.] die [X.]eamtinnen und [X.]eamten, die am Tag zuvor bei der [X.] beschäftigt waren, bei der [X.] beschäftigt werden.

Den [X.]egriff der [X.]eschäftigung greift bereits § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Personalrecht der [X.]eschäftigten der früheren [X.] (Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) vom 14. September 1994 ([X.] I S. 2325, 2353), zuletzt geändert durch Art. 14 Abs. 1 des Gesetzes vom 28. Juni 2021 ([X.] I [X.]50), auf, wonach die [X.] ermächtigt werden, die dem Dienstherrn [X.] obliegenden Rechte und Pflichten gegenüber den bei ihnen beschäftigten [X.]eamten wahrzunehmen, soweit im Einzelnen nichts anderes bestimmt ist. Mit diesem Kriterium sollte ausweislich der Gesetzesbegründung jedoch nur eine Unterscheidung zwischen [X.]eamten im aktiven [X.]eamtenverhältnis und Ruhestandsbeamten markiert werden (vgl. [X.]. 115/94 S. 91 und [X.]. 18/3512 [X.]). Eine Einführung des sozialversicherungsrechtlichen [X.]eschäftigungsbegriffs (vgl. § 7 SG[X.] IV) war hiermit offensichtlich nicht beabsichtigt.

In [X.]ezug auf § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2018 kann nichts anderes gelten. Vielmehr bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2018 folgerichtig, dass bei dem nach Eintragung der Verschmelzung entstehenden neuen [X.] jene [X.]eamte nicht ([X.] sind, die mit Wirkung vom Tag der Eintragung versetzt worden sind oder deren [X.]eamtenverhältnis mit Ablauf des Vortages geendet hat. Dies deckt sich mit der Zielrichtung des Verordnungsgebers, der eine Ausnahme vom Grundsatz der Weiterbeschäftigung nur für solche [X.]eamten vorsehen wollte, deren [X.]eschäftigungsverhältnis aus anderweitigen Gründen am Tag vor der Eintragung der Verschmelzung endete (vgl. Referentenentwurf des [X.], Entwurf einer Verordnung zur [X.]estimmung der [X.] als [X.] [- [X.]-E -], Stand: 19. März 2018, S. 7).

Aufgrund dieser Regelung war auch der [X.] (vorübergehend) bei der [X.] beschäftigt. Denn er war mit Wirkung vom Tag der Eintragung weder versetzt worden noch endete sein [X.]eamtenverhältnis mit Ablauf des Vortages (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2018). Er befand sich auch zu diesem Zeitpunkt in einem aktiven [X.]eamtenverhältnis.

Dem steht die vorläufige Dienstenthebung des [X.] (vgl. § 38 [X.]) ab Januar 2016 nicht entgegen. Diese hatte (lediglich) zur Folge, dass die aktive Dienstleistungspflicht des [X.]n ruhte. Denn der Zweck der Dienstenthebung besteht gerade darin, einem aktiven [X.]eamten die weitere Erfüllung seiner Dienstgeschäfte zu untersagen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 11. Februar 2013 - 2 [X.] 58.12 - [X.] 235.1 § 48 [X.] Nr. 2 Rn. 11). Der [X.]eamtenstatus des [X.]etroffenen mit seinen übrigen Rechten und Pflichten bleibt von ihr unberührt (vgl. [X.], in: ders./Wittkowski, [X.], 2. Aufl. 2017, § 38 Rn. 4).

Auf die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2018, wonach beschäftigt [X.] § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2018 auch solche [X.]eamte sind, die durch Entscheidung der [X.] beurlaubt oder abgeordnet worden sind oder denen eine Tätigkeit bei einem privaten Unternehmen oder einer Einrichtung ohne Dienstherrenfähigkeit zugewiesen worden ist, kommt es nach alledem nicht an. Der Vorschrift kommt lediglich klarstellende (vgl. [X.]-E S. 7), nicht aber eine den weiten Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2018 beschränkende Funktion zu. Fehl geht zudem der Einwand der [X.]eschwerde, das [X.]erufungsgericht habe das Fortbestehen der [X.]eschäftigung über eine - nicht zulässige - analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2018 bejaht. Einer Analogie hat sich lediglich die erstinstanzliche Entscheidung bedient.

Unabhängig davon ist mit der Klägerin darauf hinzuweisen, dass sich die Frage der Klagebefugnis der [X.] nicht stellt, weil diese nicht Klägerin des vorliegenden Verfahrens ist. Kläger eines [X.]verfahrens ist vielmehr der jeweilige Dienstherr des [X.]eamten; der nachgeordnete Dienstvorgesetzte, auf den die [X.]efugnis zur Erhebung der [X.] nach § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] übertragen worden ist, ist nicht Kläger, sondern - wie im Rubrum aufgeführt - lediglich Vertreter des klagenden Dienstherrn (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 11. März 2021 - 2 [X.] 76.20 - [X.] 235.1 § 34 [X.] Nr. 7 Rn. 9).

bb) Die weiteren von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Fragen,

ob nicht die [X.] seit der Versetzung in den Ruhestand des [X.]n zur Wahrnehmung der dienstrechtlichen [X.]efugnisse zuständig war, und damit auch im vorliegenden Verfahren zu beteiligen gewesen wäre, sondern die [X.]

bzw.

ob § 84 Satz 1 [X.] gegenüber § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 [X.]APostG die speziellere Regelung ist mit der Folge, dass in einem Disziplinarverfahren gegenüber einem Ruhestandsbeamten, der zuletzt bei einem [X.] beschäftigt war, nicht die [X.] zuständig ist, sondern das [X.]?,

rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, denn sie lassen sich mit dem vorhandenen [X.] eindeutig beantworten.

Rechtsfehlerfrei ist die Annahme des [X.]erufungsgerichts, § 84 Satz 1 [X.] gehe § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Errichtung einer [X.] ([X.]-Post-Gesetz - [X.]APostG) in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 14. September 1994 ([X.] I S. 2325), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 16. Juli 2021 ([X.] I S. 3372) als speziellere Norm mit der Folge vor, dass die [X.] durch die [X.] auszuüben sind.

Aufgrund von § 1 der Verordnung zur [X.]estimmung der [X.] als [X.] (- [X.] 2020 -) in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 27. Mai 2020 ([X.] I S. 1208) ist die [X.] zum [X.] bestimmt worden. Sie nimmt die Dienstherrenbefugnisse grundsätzlich jedoch nur für die [X.]eamten wahr, die bei ihr beschäftigt sind, mithin in einem aktiven [X.]eamtenverhältnis stehen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG). Demgegenüber fallen der [X.] nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]APostG für den Personenkreis der Ruhestandsbeamten die dem Dienstherrn [X.] obliegenden Aufgaben und [X.]efugnisse zu.

In Abweichung hierzu bestimmt § 84 Satz 1 [X.], dass bei Ruhestandsbeamten die [X.] durch die zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand zuständige oberste Dienstbehörde ausgeübt werden, die - Satz 2 Halbs. 1 - ihre [X.]efugnisse wiederum durch allgemeine Anordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte übertragen kann. Die Disziplinarbefugnis übt folglich die [X.]ehörde aus, die für den Ruhestandsbeamten vor dessen Eintritt in den Ruhestand zuständig war (ausführlich Weiß, in: [X.], Stand Januar 2013, § 84 [X.] Rn. 2 ff., 10). § 84 Satz 1 [X.] hindert - bezogen auf die Ausübung der Disziplinargewalt - den mit dem Eintritt in den Ruhestand im Übrigen einhergehenden Zuständigkeitswechsel.

cc) Nicht zur Zulassung der Revision führen die ebenfalls benannten Fragen,

ob das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil berücksichtigen durfte, dass der [X.] in den Jahren 1981, 1984 und 2011 wegen angeblicher Kassenfehlbestände in Regress genommen worden war, obgleich der [X.] die Tilgung dieser ihn betreffenden nachteiligen personenbezogenen Daten aus der Personalakte beantragt hatte,

bzw.

darf das Gericht in einem Disziplinarverfahren Vorgänge aus der Personalakte des beschuldigten [X.]eamten berücksichtigen, wenn diese bereits mehr als zwei Jahre alt sind und der [X.]eamte die Entfernung aus der Personalakte beantragt hat, also die Voraussetzungen des § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] vorliegen?

Diese Fragen begründen mangels Entscheidungserheblichkeit nicht die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache.

Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei der [X.]emessung der Disziplinarmaßnahme allein daran orientiert, dass der [X.] in zwei Fällen die von ihm verkauften Paketmarken und das dafür eingenommene [X.]argeld nicht verbucht und das [X.]argeld an sich genommen hat, um es für eigene Zwecke zu verwenden. Der Umstand, dass der [X.] im Jahr 1981, 1984 und 2011 wegen angeblicher Kassenfehlbestände in Regress genommen worden war, ist bei der [X.]emessungsentscheidung nicht zum Nachteil des [X.]n berücksichtigt worden.

dd) Schließlich bedarf auch die [X.]eantwortung der weiteren mit der [X.]eschwerde bezeichneten Fragen,

ob die Gleichstellungsbeauftragte der [X.] vor Erhebung der [X.] nach § 27 Abs. 1 [X.] zu beteiligen gewesen wäre, weil die Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung nach § 1 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG durch die [X.] an den Vorstand des [X.]s eine personelle Angelegenheit [X.] § 27 Abs. 1 [X.] ist,

bzw.

ist vor der Erhebung einer [X.] die [X.] verpflichtet, vor Abgabe ihrer Erklärung über die Prüfung nach § 1 Abs. 5 PostPersRG an den Vorstand des [X.]s die bei ihr gebildete Gleichstellungsbeauftragte gemäß § 27 Abs. 1 [X.] zu beteiligen?

nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sie sich anhand von Wortlaut und Systematik der gesetzlichen Regelungen beantworten lassen. Das [X.] in der [X.]esverwaltung und in den Gerichten des [X.]es ([X.]esgleichstellungsgesetz - [X.]) in der Fassung der [X.]ekanntmachung vom 24. April 2015 ([X.] I S. 642, 643), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 7. August 2021 ([X.] I S. 3311), findet auf das privatrechtlich organisierte Unternehmen [X.] keine Anwendung. Es gilt nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 3 Nr. 5 [X.] nur für [X.]esgerichte, für [X.]ehörden und Verwaltungsstellen der unmittelbaren [X.]esverwaltung sowie für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts des [X.]es (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 27. Juni 2023 - 2 [X.] 35.22 - juris Rn. 13).

Danach gilt das [X.]esgleichstellungsgesetz für die [X.] als solche. Geht es um einen [X.]eamten der [X.], ist deren Gleichstellungsbeauftragte bei der Einleitung und dem Abschluss eines Disziplinarverfahrens nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.]uchst. d [X.] frühzeitig zu beteiligen. Durch die gesetzlich geregelte Mitwirkung der [X.] vor Erhebung einer [X.] durch den Vorstand eines [X.]s oder eines ihm nachgeordneten Stelleninhabers mit den [X.]efugnissen eines Dienstvorgesetzten gegen einen bei einem [X.] beschäftigten [X.]eamten nach § 1 Abs. 5 Satz 1 und 2 PostPersRG werden aber der Anwendungsbereich des [X.]esgleichstellungsgesetzes und der Tätigkeitsbereich der Gleichstellungsbeauftragten der [X.] nicht auf Vorgänge in dem vom [X.]esgleichstellungsgesetz nicht erfassten privatrechtlich organisierten [X.] erweitert. [X.]ei der der [X.] nach § 1 Abs. 5 Satz 1 und 2 PostPersRG obliegenden Prüfung handelt es sich nicht um eine personelle Angelegenheit der [X.] i. S. v. § 27 Abs. 1 Nr. 1 [X.].

[X.]eabsichtigt der Vorstand des [X.]s oder ein ihm nachgeordneter Stelleninhaber mit den [X.]efugnissen eines Dienstvorgesetzten, durch Disziplinarverfügung eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen oder einem [X.]eamten in einer Einstellungsverfügung ein Dienstvergehen zur Last zu legen, hat er nach § 1 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG die Verfügung vor ihrem Erlass unverzüglich unter Vorlage der Akten von der [X.] auf Rechtmäßigkeit und sachgerechte Ausübung des Ermessens prüfen zu lassen. Entsprechendes gilt nach § 1 Abs. 5 Satz 2 PostPersRG vor Erhebung der [X.].

Aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Prüfverfahrens ergibt sich, dass die [X.] erst nach Abschluss des gesamten [X.] vor Einreichung der [X.]schrift bei Gericht einzuschalten ist. Zweck des Prüfverfahrens ist es, im [X.]ereich der privatisierten Postunternehmen das Vertrauen der [X.]eamten in die Rechtmäßigkeit des Disziplinarverfahrensganges und in die sachgerechte Ausübung des disziplinarischen Ermessens dadurch zu stärken, dass diese in jedem Einzelfall vorab von der [X.] als einer unabhängigen [X.]ehörde geprüft werden (vgl. [X.]. 12/8060 [X.]). Um dem gerecht werden zu können, hat die [X.] den gesamten bisherigen Disziplinarverfahrensgang auf Rechtmäßigkeit in formeller und materieller Hinsicht sowie auf sachgerechte Ermessensausübung zu überprüfen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn zuvor alle [X.] einschließlich des [X.]eteiligungsverfahrens abgeschlossen sind; erst dann sind die Akten und der Entwurf der Klageschrift der [X.] vorzulegen (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 [X.] 11.05 - [X.] 235.1 § 34 [X.] Nr. 2 Rn. 22 m. w. N.; [X.], Urteil vom 8. Juni 2022 - 3 LD 151/21 - juris Rn. 81).

b) Die Revision ist nicht wegen den von der [X.]eschwerde geltend gemachten Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

aa) Mit dem Vorbringen zu einem "Verfahrensmangel wegen fehlender Klagebefugnis der [X.]" wird kein Verfahrensmangel i. S. v. § 69 [X.] und § 133 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dargelegt.

Denn, wie oben ausgeführt, geht es in [X.]ezug auf die Erhebung der [X.] gegen den [X.]n nicht um die Frage, ob die Klagebefugnis der [X.] oder der [X.] zusteht. Zur Erhebung der [X.] ist allein der Dienstherr des [X.]eamten befugt. Auch kann die Relevanz des - behaupteten - [X.] nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die [X.] unter Umständen einen anderen Antrag gestellt hätte als die [X.]. Im gerichtlichen Disziplinarverfahren kommt es bei Erhebung einer [X.] nicht auf den Sachantrag des Dienstherrn an, weil die Disziplinargerichte bei der Ausübung der ihnen obliegenden Disziplinarbefugnis nicht an die Wertungen und Einschätzungen des Dienstherrn gebunden sind (vgl. [X.], Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 [X.] 3.12 - [X.]E 146, 98 Rn. 20).

bb) Dem [X.]erufungsgericht ist auch hinsichtlich der Ablehnung der vom [X.]n gestellten [X.]eweisanträge kein Verfahrensmangel vorzuwerfen.

(1) Ein solcher ist zunächst nicht darin zu sehen, dass das [X.]erufungsgericht über die beiden in der mündlichen Verhandlung gestellten [X.]eweisanträge des [X.]n in (nur) einem [X.]eschluss entschieden hat.

Nach § 86 Abs. 2 VwGO kann ein in der mündlichen Verhandlung gestellter [X.]eweisantrag nur durch einen Gerichtsbeschluss, der zu begründen ist, abgelehnt werden. Ziel des § 86 Abs. 2 VwGO ist es, einerseits das Gericht zu veranlassen, sich vor dem Erlass der Sachentscheidung über die Entscheidungserheblichkeit eines [X.]eweisantrags schlüssig zu werden. Andererseits sollen die [X.]eteiligten auf die durch die Ablehnung eines [X.]eweisantrags entstandene prozessuale Lage hingewiesen werden (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 15. Mai 2008 - 2 [X.] 77.07 - NVwZ 2008, 1025 Rn. 16, vom 3. September 2015 - 2 [X.] 29.14 - [X.] 449.4 § 53 [X.] Rn. 17 und vom 27. März 2023 - 1 [X.] 74.22 - juris Rn. 5). Die [X.]eteiligten sollen sich nach der Entscheidung über die [X.]eweisanträge auf die dadurch gegebene neue Prozesssituation einstellen und neue Tatsachen vortragen und Anträge stellen können (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschlüsse vom 25. August 1986 - 2 [X.]vR 823/86 - NVwZ 1987, 785 und vom 30. Juli 2008 - 5 [X.] 59.08 - juris Rn. 4; [X.], [X.]eschluss vom 30. August 2023 - 1 A 1662/21.A - juris Rn. 41). Es ist nicht ersichtlich, dass dieses Ziel durch die Zusammenfassung der Ablehnung mehrerer unbedingter [X.]eweisanträge in einem [X.]eschluss bei Gleichheit des Ablehnungsgrundes vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

(2) Im Übrigen genügen die Ausführungen in der [X.]eschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 69 [X.] und § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn die [X.]eschwerdebegründung setzt sich jeweils nicht ausreichend mit der vom [X.]erufungsgericht gegebenen [X.]egründung für die Ablehnung der [X.]eweisanträge auseinander.

Im Hinblick auf den [X.]eweisantrag zu 1 des Schriftsatzes vom 15. August 2022 hat das Oberverwaltungsgericht insbesondere ausgeführt, dass der [X.] die vorgetragene übliche Praxis des "Austauschs von Postwertzeichen und Geldern" zwischen den Kassenmitarbeitern im Verfahren bisher nicht geltend gemacht hatte, eine solche Praxis der zeitverzögerten [X.]uchung und Einlegung an einer anderen Kasse gegen [X.]" verstieße, wonach jede Einnahme und Ausgabe unverzüglich verbucht werden muss, und es zudem auf den konkreten Vorgang und nicht auf eine "übliche Praxis" ankomme.

In [X.]ezug auf den [X.]eweisantrag zu 2 des Schriftsatzes vom 15. August 2022 hat das [X.]erufungsgericht die Einschätzung, der Antrag sei "ins [X.]laue hinein" gestellt, damit begründet, es werde nicht ansatzweise ersichtlich, wie es dazu gekommen sei, dass die vom [X.]n bei den [X.] eingenommenen [X.]eträge in einer anderen Kasse nicht genannter Kollegen verbucht worden seien.

Mit diesen konkreten Ausführungen des [X.] befasst sich die [X.]eschwerdebegründung (S. 31 bis 34) nicht ausreichend.

cc) Schließlich beanstandet die [X.]eschwerde, das [X.]erufungsgericht habe keinen Hinweis erteilt, dass es - anders als die Staatsanwaltschaft - nicht von einer geringen Schuld des [X.]n ausgehe. Der damit erhobene Vorwurf einer Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO) geht fehl.

Lediglich die tatsächlichen Feststellungen eines - soweit hier von Relevanz - rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Gericht bindend (vgl. § 57 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Aus der [X.]egrenzung auf "tatsächliche Feststellungen" folgt, dass Wertungen im Strafurteil nicht bindend sind (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 11. Februar 2014 - 2 [X.] 37.12 - juris Rn. 39 und vom 15. Dezember 2017 - 2 [X.] 59.17 - [X.] 235.1 § 57 [X.] Nr. 11 Rn. 19). Demnach kommt einer im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens stehenden Wertung der Staatsanwaltschaft, wonach die Schuld des [X.]n "nicht als schwer" zu bewerten sei, hinsichtlich des [X.]verfahrens ebenfalls keine entscheidungserhebliche [X.]edeutung zu. Einer hierauf bezogenen Gewährung rechtlichen Gehörs bedurfte es daher nicht.

3. [X.] folgt aus § 77 Abs. 1 [X.] und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das [X.]eschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 [X.] erhoben werden.

Meta

2 B 39/22

14.12.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 16. August 2022, Az: OVG 82 D 1/21, Urteil

§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 BAPostG, § 112 Abs 1 S 1 Nr 2 BBG 2009, § 38 BDG, § 84 S 1 BDG, § 27 Abs 1 BGleiG 2015, § 1 Abs 1 S 1 PostPersRG, § 1 Abs 5 PostPersRG, § 86 Abs 2 VwGO, § 2 Abs 1 S 1 PBNUBestV, § 2 Abs 1 S 2 PBNUBestV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.12.2023, Az. 2 B 39/22 (REWIS RS 2023, 9339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9339

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 B 43/22 (Bundesverwaltungsgericht)

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis; Verpflichtung zur frühzeitigen Einleitung eines Disziplinarverfahrens


2 C 62/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten im beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren; Wahrheitspflicht; Bemessungsentscheidung


6 C 4/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost; Kosten der Nachversicherung ausscheidender Beamter


6 C 5/14 (Bundesverwaltungsgericht)


6 C 6/14 (Bundesverwaltungsgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.