Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2005, Az. IX ZB 74/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4436

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[X.][X.]/04
vom 17. März 2005 in dem Insolvenzverfahren

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und Neıkovi

am 17. März 2005 beschlossen:
Der Antrag des [X.] vom 30. Juni 2004 auf Wiedereinsetzung in die abgelaufene Frist zur Einlegung des [X.] in die abgelaufene Frist zur [X.] der Rechtsbe[X.] gegen den [X.]uß der 1. Zivilkammer des [X.] vom 4. März 2004 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Die Rechtsbe[X.] gegen den vorstehend bezeichneten Be-schluß wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Der Streitwert für das Wiedereinsetzungsgesuch und die Rechts-be[X.] wird auf 12.276,85 • festgesetzt.

Gründe:
[X.]
Die Verfahrensbevollmächtigte des [X.] hat gegen den im Tenor bezeichneten [X.]uß des [X.] Rechtsbe-- 3 - [X.] eingelegt und gleichzeitig darum gebeten, die Frist zur Begründung um zwei Monate zu verlängern. Ihr ist daraufhin eine Fristverlängerung bis zum 11. Juni 2004 eingeräumt worden. Mit am selben Tage hier eingegangenen Schriftsatz vom 30. Juni 2004 hat sie Wiedereinsetzung in die abgelaufene Frist zur Begründung der Rechtsbe[X.] beantragt und gleichzeitig die Rechtsbe[X.] begründet.

Sie hat vorgetragen: Sie habe sich zu Beginn der [X.] mit der Sache befaßt und die zur Bearbeitung erforderlich erscheinende Literatur beigezogen, um sie am Donnerstag, den 10. Juni 2004, zu diktieren. Hieran sei sie jedoch gehindert gewesen, weil an diesem Tag eine Sommergrippe zum Ausbruch gekommen sei, wie sie sie nach ihrer Erinnerung noch nicht erlebt habe. Aufgrund hohen Fiebers, Vereiterung der Stirn- und Nebenhöhlen, beid-seitiger Mittelohrentzündungen sowie massiver Entzündung des [X.]es und der [X.] sei sie bis Anfang der [X.] in vollem Umfang arbeitsunfähig und auch nicht in der Lage gewesen, ihre Kanzlei aufzusuchen. Das Fieber habe erst nach fünf Tagen nachgelassen. In dieser [X.] habe sie kaum zu sprechen vermocht, und auch zu Beginn der [X.] habe sie ihrer beruflichen Tätigkeit nur etwa mit der Hälfte ihrer Arbeitskraft nachge-hen können.

I[X.]
1. Es kann dahinstehen, ob der Antrag auf Wiedereinsetzung in die [X.] der am 11. Juni 2004 abgelaufenen Frist zur Begründung der Rechtsbe[X.] erfolgreich ist, jedenfalls ist der Wiedereinsetzungsantrag - 4 - gegen die Versäumung der zweiwöchigen Antragsfrist gemäß § 234 Abs. 1 ZPO unbegründet. Dabei ist schon zweifelhaft, ob dem Antrag aus dem [X.] vom 30. Juni 2004 auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO entnommen werden kann. Denn im Schriftsatz vom 30. Juni 2004 wird lediglich darum gebeten, "Wiedereinsetzung in die am 11. Juni 2004 abgelaufene Frist zur Begründung der Rechtsbe[X.] zu gewähren". Einen zusätzlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in die ebenfalls abgelaufene Frist gemäß § 234 Abs. 1 ZPO hat die Verfahrensbevollmächtigte des Rechtsbe-[X.]führers nicht gestellt. Aber selbst wenn der gestellte Antrag unter Ein-beziehung der Antragsbegründung, des [X.]punkts der Antragstellung und des [X.] dahin auszulegen wäre, daß hiermit auch die grundsätzlich mögliche Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist des § 234 Abs. 1 (vgl. Musielak/Grundel, ZPO 4. Aufl. § 234 Rn. 1; [X.]/[X.], ZPO 26. Aufl. § 234 Rn. 3) beantragt werde, kommt eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht.

2. Der Rechtsbe[X.]führer hat nicht dargetan, daß seine Verfah-rensbevollmächtigte unverschuldet daran gehindert gewesen ist, die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO zu wahren.

a) [X.] muß alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechts-mittels gewahrt wird. Dementsprechend hat er nach gefestigter [X.] dafür zu treffen, daß im Falle seiner Erkrankung ein [X.] die notwendigen Prozeßhandlungen vornimmt ([X.], Urt. v. 9. Juli 1957 - [X.], [X.] § 234 Nr. 18; [X.]. v. 16. Januar 1980 - [X.], [X.], 386; [X.]. v. 20. Mai 1981 - [X.], [X.], 850; [X.]. v. 6. März 1990 - [X.], [X.]R § 233 ZPO "Erkrankung 1"; - 5 - [X.]. v. 11. März 1991 - [X.], [X.], 1270, 1271; [X.]. v. 2. Februar 1994 - [X.], [X.], 1207,1208; [X.]. v. 8. Februar 2000 - [X.] (n.v.; Umdruck S. 5)). Für den Fall, daß die Krankheit von Anfang an so schwer sein sollte, daß die zur Fristwahrung erforderliche Ein-schaltung eines Vertreters durch den erkrankten Rechtsanwalt selbst oder eine Anordnung an das Büropersonal betreffend die Unterrichtung eines Vertreters nicht möglich oder zumutbar sein sollte, muß der Rechtsanwalt seine Kanzlei allgemein anweisen, zwecks Erledigung fristgebundener Geschäfte um eine Vertretung durch einen Anwaltskollegen bemüht zu sein oder [X.] einen Antrag nach § 53 Abs. 2 [X.] zu stellen ([X.], [X.]. v. 7. Mai 1982 - [X.], [X.], 802 m.w.N.). Die Verpflichtung im [X.] des Prozeßbevollmächtigten, für einen Vertreter zu sorgen, besteht insbesondere dann, wenn der Gesundheitszustand derart ist, daß mit [X.] auftretenden Krankheitsfolgen zu rechnen ist, die den Anwalt außerstande setzen, seinen Berufspflichten in dem erforderlichen Umfang nachzukommen ([X.], [X.]. v. 11. März 1991 aaO 1271; [X.], Urt. v. 9. Juli 1957 aaO) oder der Anwalt seine Kanzlei allein betreibt ([X.], [X.]. v. 6. März 1990 aaO; [X.]. v. 24. Oktober 1985 - [X.], [X.], 1189). Eine Vertretungsregelung darf sich bei der Wahrung von Fristen nicht darauf beschränken, nur Einlegungsfristen zu erfassen und Begründungsfristen auszusparen (vgl. [X.], [X.]uß vom 7. Mai 1982 aaO 802). Da die Versäu-mung von Einlegungs- und Begründungsfristen gleichermaßen den Verlust von Rechten des Mandanten bewirken, muß der Rechtsanwalt für den Fall seiner Erkrankung grundsätzlich für beide Sachverhalte eine Vertretungsregelung schaffen.
- 6 - b) Gemessen an diesen Grundsätzen durfte die Verfahrensbevollmäch-tigte des [X.] nach den von ihr selbst dargetanen [X.] nicht darauf vertrauen, daß sie aufgrund ihrer Erkrankung nur für eine [X.]spanne von acht bis zehn Tagen nicht in der Lage sein würde, den Wie-dereinsetzungsantrag und die Rechtsbe[X.]begründung anzufertigen. Sie hat vorgetragen, am 10. Juni 2004 sei eine derart schwere Sommergrippe zum Ausbruch gekommen, wie sie sie nach ihrer Erinnerung noch nicht erlebt habe. Sie habe nicht nur hohes Fieber gehabt, sondern auch an einer Vereiterung der Stirn- und Nebenhöhlen gelitten. Außerdem seien der [X.], die Bron-chien und beide Mittelohren entzündet gewesen, so daß sie mehr als zwei [X.] arbeitsunfähig gewesen sei. Am Freitag, den 11. Juni habe der Kollege [X.] sie wissen lassen, daß er wegen Arbeitsüberlastung die Rechtsmittelbe-gründung nicht anfertigen könne, und am 15. Juni 2004 habe er mitgeteilt, daß dies auch für die 25. und 26. [X.] gelte. Von einer Niederlegung des Mandats habe sie abgesehen, da sie es nicht für möglich gehalten habe, durch eine Grippe für eine längere [X.]spanne als acht bis zehn Tagen ihre Arbeitsfähigkeit in vollem Umfang zu verlieren.

Wenn die Verfahrensbevollmächtigte des [X.] bei einem derartig massiven Krankheitsbild dennoch darauf setzte, ihre Arbeitsfä-higkeit werde kurzfristig wiederhergestellt sein, handelte sie schuldhaft, weil sie auch damit rechnen mußte, daß sie bei der gegebenen Sachlage länger als zwei Wochen krank sein würde. Sie hätte demnach spätestens am 15. Juni 2004 - als ihr der Kollege [X.] mitgeteilt hatte, er könne wegen Arbeitsüber-lastung auch in der 25. und 26. [X.] die Rechtsmittelbegründung nicht abfassen - für die Bestellung eines anderen Vertreters sorgen müssen. Dieser Verpflichtung ist die Verfahrensbevollmächtigte des Rechtsbe[X.]-- 7 - führers nicht nachgekommen, indem sie es unterlassen hat, entweder selbst einen anderen Vertreter zu suchen oder aber einen entsprechenden Antrag auf Vertreterbestellung beim Präsidenten des [X.] zu stellen (§ 53 Abs. 2, § 173 Abs. 1 und 2, § 224 [X.]). - 8 - II[X.]
Damit erweist sich die eingelegte Rechtsbe[X.] wegen Versäu-mung der Rechtsbe[X.]begründungsfrist gemäß § 575 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unzulässig und ist demnach gemäß § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

[X.] Ganter [X.]

[X.] Neıkovi

Meta

IX ZB 74/04

17.03.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2005, Az. IX ZB 74/04 (REWIS RS 2005, 4436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4436

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