Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2003, Az. 3 StR 60/03

3. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2794

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[X.] DES VOLKESUrteil3 StR 60/03vom5. Juni 2003in der Strafsachegegenwegen Vergewaltigung- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 5. Juni 2003,an der teilgenommen haben:[X.] am [X.]. [X.],[X.] am [X.],von [X.],[X.],[X.]als [X.],Staatsanwältin in der Verhandlung,Oberstaatsanwalt beim [X.]bei [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,[X.]als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil [X.] vom 11. Oktober 2002 im gesamtenRechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen [X.].Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die [X.] dadurch entstandenen notwendigen [X.], an eine andere [X.] des [X.].Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung unter Ein-beziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des [X.] vom4. April 2002 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und wegen einerweiteren Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. [X.] Nachteil des Angeklagten eingelegte, wirksam auf den [X.] beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet die Verlet-zung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.1. Im Fall 1 der Urteilsgründe hat die [X.] den [X.] § 177 Abs. 4 [X.] schuldig gesprochen und aus dem Strafrahmen des§ 177 Abs. 5 [X.] eine Einzelstrafe von zwei Jahren acht Monaten festgesetzt.Sie ist dabei von der Verwirklichung des [X.] des § 177- 4 -Abs. 4 Nr. 1 [X.] ausgegangen, hat die Voraussetzungen des § 177 Abs. 1Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] bejaht, die Tat jedoch als minder schwerenFall gewertet, weil "nach der Gesamtwürdigung der Tatumstände die Tat imUnrechtsgehalt deutlich unter den Taten (liege), für die der Gesetzgeber [X.] des § 177 Abs. 4 [X.] (Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren) ge-schaffen" habe. Trotz der Verwirklichung des [X.] nach § 177 Abs. 2Satz 2 Nr. 1 [X.] sei ein besonders schwerer Fall "entgegen der Regelwirkungvorliegend nicht anzunehmen".Diese Bestimmung des Strafrahmens hält rechtlicher Prüfung [X.]) Zwar ist ein minder schwerer Fall nach § 177 Abs. 5 [X.] auch dannnicht ausgeschlossen, wenn der Täter den Qualifikationstatbestand des § 177Abs. 4 [X.] und ein [X.] gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 [X.] verwirk-licht hat. Vielmehr kommt es für die entsprechende Bewertung auch dannmaßgeblich darauf an, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektivenMomente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vor-handenen Fälle so sehr abweicht, daß die Anwendung des Ausnahmestraf-rahmens geboten erscheint. Hierzu ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich,bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die [X.] der Tat und des [X.] in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der [X.] innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (st. Rspr.;BGHSt 26, 97, 98 f.; BGHR [X.] § 177 Abs. 2 Strafrahmenwahl 5, 6). In diegebotene Abwägung sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden Ge-sichtspunkte einzubeziehen (vgl. [X.], 246). Diesen [X.] das angefochtene Urteil hinsichtlich der schulderhöhenden [X.] 5 -nicht. Zwar hat die [X.] die Verwirklichung des [X.] nach§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.], die die Annahme eines minder schweren Fal-les nach § 177 Abs. 5 2. Halbs. [X.] nicht grundsätzlich ausschließt, ihr abervielfach entgegenstehen wird, als schulderschwerenden Gesichtspunkt in [X.] einbezogen (vgl. [X.], 306). Das Urteil läßt [X.] die hier gebotene Berücksichtigung der besonders erniedrigenden Begleit-umstände der Tat vermissen.b) Auch die Bestimmung der Untergrenze des Strafrahmens ist rechts-fehlerhaft. Da der Angeklagte das [X.] des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2[X.] verwirklicht hat, wäre die Strafe, wenn die Tat nicht nach § 177 Abs. 4[X.] qualifiziert wäre, grundsätzlich dem Strafrahmen dieser Vorschrift zu [X.]. Dessen Untergrenze von zwei Jahren Freiheitsstrafe hat der Tatrich-ter auch dann zu beachten, wenn er einen minder schweren Fall nach § 177Abs. 5 2. Halbs. [X.] annimmt (vgl. [X.], 646), weil die Strafdro-hungen der zugleich verwirklichten Qualifikationstatbestände der Absätze [X.] der Vorschrift für eine angemessene Ahndung der Tat zu hoch erschei-nen. Allerdings kann die Regelwirkung des § 177 Abs. 2 Satz 1 [X.] entfallen,wenn das vom Täter verwirklichte [X.] nach Satz 2 dieser Vorschriftmit gewichtigen Milderungsgründen zusammentrifft und nach dem gesamtenTatbild einschließlich aller subjektiven Merkmale sowie der [X.] werden kann, daß die Milderungsgründe überwiegen und sich [X.] der Tat als besonders schwerer Fall als unangemessen erwiese(vgl. BGHR [X.] § 177 Abs. 2 - i. d. F. d. 6. [X.] - Strafrahmen 13). In [X.], in denen der Täter, wie hier der Angeklagte, neben einem [X.]nach § 177 Abs. 2 Satz 2 [X.] zugleich den Qualifikationstatbestand des§ 177 Abs. 4 [X.] - wenn auch als minder schwerer Fall nach § 177 Abs. 5- 6 -[X.] - verwirklicht, in denen er also (durch die Verwendung einer Waffe odereines gefährlichen Werkzeugs oder dadurch, daß er das Opfer körperlichschwer mißhandelt oder es in die Gefahr des Todes gebracht hat) zusätzlichesgravierendes Unrecht auf sich geladen hat, wird ein Abgehen von dem Regel-strafrahmen des § 177 Abs. 2 Satz 1 [X.] allerdings nur bei Vorliegen ganzaußergewöhnlich mildernder Umstände in Betracht kommen können. [X.] sind, will der Tatrichter in einem solchen Fall die Untergrenze [X.] des § 177 Abs. 2 Satz 1 [X.] unterschreiten, an die geboteneGesamtwürdigung besonders strenge Anforderungen zu stellen; dabei hat ererkennbar zum Ausdruck zu bringen, daß er auch die besondere Schwere [X.], das in der Verwirklichung der Voraussetzungen des Absatzes 4 be-gründet ist, berücksichtigt hat. Diesen gesteigerten Anforderungen wird dasangefochtene Urteil schon deswegen nicht gerecht, weil bei der Abwägung so-wohl der Einsatz des Messers als auch die besonders erniedrigenden Umstän-de der Tat außer Betracht gelassen sind.2. Die Fall 2 der Urteilsgründe betreffende Strafzumessung hält rechtli-cher Prüfung ebenfalls nicht stand. Die Beschwerdeführerin beanstandet [X.], daß das [X.] den Strafrahmen gemäß § 21, § 49 Abs. 1 [X.]gemildert hat.a) Keinen Erfolg kann diese Rüge allerdings mit dem Vorbringen haben,die Milderung hätte bereits deshalb unterbleiben müssen, weil der [X.] zu einem Zeitpunkt zur Tat entschlossen hat, als seine Schuldfähigkeitnoch nicht infolge seiner Alkoholisierung erheblich vermindert war. Nach [X.] hatte der Angeklagte zu dem Zeitpunkt, auf den die [X.] (Taxifahrt zur Wohnung des Angeklagten), zwar "die Hoffnung, daß es- 7 -zu sexuellen Handlungen mit der Nebenklägerin kommen könnte" ([X.] bedeutet indes nicht, daß er zu diesem Zeitpunkt schon den [X.] gefaßt hatte. Vielmehr stellt die Kammer insoweit im weiterenfest, daß der Angeklagte dies "spätestens" (mit Blick auf die Frage der actiolibera in causa also "erst") in seiner Wohnung tat. Für diesen späteren Zeit-punkt hat das [X.] aber eine Blutalkoholkonzentration von 2,98 › er-rechnet und gestützt hierauf eine erhebliche Verminderung der [X.] des Angeklagten angenommen.b) Rechtlichen Bedenken begegnen indes die Feststellungen zu der [X.]. Bei der in den Urteilsgründen mitgeteilten Be-rechnung der Blutalkoholkonzentration aus den Trinkmengen des [X.] die Angabe seines Körpergewichts, so daß die Berechnung des Sachver-ständigen, die das [X.] übernommen hat, revisionsrechtlich nicht über-prüfbar ist (vgl. [X.]/[X.], [X.] 51. Aufl. § 20 Rdn. 16 m. w. N.). [X.] hat das [X.] nicht erkennbar berücksichtigt, daß der Berech-nung aus Trinkmengen als Beweisanzeichen für die Beurteilung der [X.] wegen des langen Trinkzeitraums - hier etwa 12 Stunden - regelmäßigein geringerer Indizwert zukommt (vgl. BGHR [X.] § 21 Blutalkoholkonzen-tration 36).c) Zu vermissen ist mit Blick auf die nur fakultative Strafmilderung des§ 21 [X.] auch die Prüfung, ob die auf der Alkoholisierung des Angeklagtenberuhende Minderung seiner Tatschuld dadurch aufgewogen wird, daß er dieunter Fall 1 der Urteilsgründe festgestellte gleichartige Tat bereits unter [X.] von Alkohol begangen hat und daher bei Begehung der späterenzweiten Tat wußte oder sich hätte bewußt sein können, daß er in einem [X.] 8 -chen Zustand zur Begehung weiterer vergleichbarer Straftaten neigt (vgl. [X.] 1986, 114, 115). Zu näherer Erörterung hätte zudem die [X.] das [X.] wegen vorsätzlichen Vollrausches Anlaß ge-geben, der gewalttätiges Verhalten des betrunkenen Angeklagten gegenübermehreren Frauen zugrunde lag, auch wenn die Taten bereits im [X.] begangen worden waren und somit längere Zeit zurücklagen.Auf die weitere Frage, ob die Milderung nach den §§ 21, 49 [X.] beiselbstverschuldeter Trunkenheit nicht ohnehin zu versagen wäre (Senat, [X.] 27. März 2003 - 3 [X.]), kommt es daher nicht mehr [X.] Der Rechtsfolgenausspruch kann auch insoweit nicht bestehen [X.], als das [X.] von der Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt nach § 64 [X.] abgesehen hat. Angesichts der getroffenenFeststellungen des Urteils zum Umgang des Angeklagten mit alkoholischenGetränken während seines bisherigen Lebens ([X.]) ist die zusammenfas-sende Wertung, bei ihm habe ein Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu- 9 -sich zu nehmen, nicht festgestellt werden können ([X.]), ohne nähere [X.] nicht nachvollziehbar. Der neue Tatrichter wird daher unter Hinzu-ziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) auch über die Frage der Un-terbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt erneut zu [X.] haben.[X.] [X.][X.] am [X.] von [X.] ist urlaubsbedingt an der Unterzeichnung gehin- dert. [X.] [X.] [X.]

Meta

3 StR 60/03

05.06.2003

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2003, Az. 3 StR 60/03 (REWIS RS 2003, 2794)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2794

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