Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.09.2012, Az. 30 W (pat) 29/11

30. Senat | REWIS RS 2012, 3029

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Mac Taurus/Tharus" – Warenidentität - Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung - für die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung genügt die Übernahme der älteren Marke in ähnlicher Form


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 304 26 750

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die [X.] der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 12. Oktober 2005 und vom 10. Januar 2011 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 304 26 750 wegen des Widerspruchs aus der Marke 302 30 359 wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 10. Mai 2004 angemeldete Wortmarke

2

[X.] [X.]

3

ist am 3. August 2004 unter der Nummer 304 26 750 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden für die Waren

4

„Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Lautsprecher; Magnetaufzeichnungsträger, Datenträger, [X.], DVDs“.

5

Die Veröffentlichung erfolgte am 3. September 2004.

6

Gegen die Eintragung ist am 3. Dezember 2004 Widerspruch erhoben worden aus der Marke 302 30 359

7

[X.]

8

die seit dem 5. September 2002 in das Markenregister eingetragen ist für die Waren

9

„Geräte und daraus zusammengestellte Systeme zur Aufnahme, Aufzeichnung, Übertragung, Bearbeitung und/oder Wiedergabe von analogen und/oder digitalen [X.] und/oder analogen und/oder digitalen Tonsignalen und/oder Daten, jeweils auch zur Verbindung an das/mit dem [X.], insbesondere Geräte der Unterhaltungselektronik, einschließlich Antennen, Autoradios, [X.], Bilderzeugungs- und/oder Darstellungseinheiten zur Darstellung und/oder Visualisierung von Bewegtbildern, Standbildern, Animationen und/oder multimedialen Daten, insbesondere für Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder Telekommunikation, wie Geräte mit [X.], LCD-, Plasma- oder TFT-Technologie, Bildschirmen bzw. Bildröhren, Camerarecorder, CD-Spieler, Digitalcameras, Displays, DVD-Spieler, Fernsehgeräten mit Bildröhre oder Plasmabildschirm oder LCD-Bildschirm, Festplattenrecorder, HiFi-Anlagen, Mobiltelefone und leitungsgebundene Telefone, Monitoren, Projektoren, Rundfunkgeräte mit oder ohne Kassettenspieler oder CD-Spieler, Set-Top-Boxen, Uhrenradios, Videorecorder; Geräte für die Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe elektronischer bzw. digitaler Musik, Rundfunk- und Datensignale, Geräte und Anlagen der [X.], einschließlich Antennen, Receivern, Set-Top-Boxen und Zubehör hierfür, nämlich Abzweiger, Adapter, Antennensteckdosen, Descrambler, Filter, Halterungen, Kabel, Konverter, LNCs, Modems, Module, Multischalter, Umsetzer, Verstärker, Verteiler; Telematikgeräte (soweit in Klasse 9 enthalten) und hieraus zusammengestellte Systeme; Navigationsgeräte (soweit in Klasse 9 enthalten) und hieraus zusammengestellte Systeme, insbesondere satellitengestützt und für Fahrzeuge; Multimediageräte, einschließlich Modems und interaktiver Geräte; band-, scheiben- oder flächenförmige magnetische, elektronische (insbesondere Halbleiterspeicher), digitale und/oder optische Aufzeichnungs- bzw. Datenträger (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte der Kommunikationstechnik, einschließlich Geräte der [X.] und [X.] sowie der Bürokommunikationstechnik (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte der Bürotechnik, nämlich Abspielgeräte, Anrufbeantworter, Diktiergeräte, Kopfhörer, Ohrhörer für Diktiergeräte, Scanner und Telefaxgeräte sowie Teile dieser Waren; Module und/oder Endgeräte für das [X.] und Geräte für sprachgesteuerte Informationsverarbeitung; Geräte der Telekommunikation, insbesondere drahtgebundene und drahtlose Teilnehmereinrichtungen; Videospiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate, einschließlich Software; Zubehör, für die vorgenannten Waren, nämlich Abzweiger, Adapter, Akkus, Akustikkoppler, Batterien, Card-Stations, Datenübertragungseinheiten, Filter, Halterungen, Kabel, Kopfhörer, Ladegeräte, Löschmagnete, Magnetbandkassetten, Magnetkarten, Mikrofone, Mischpulte, Modems, Module, Netzteile, Schalter, Speicherchips, Speicherkarten, Stecker, Steckkarten, Umsetzer; Verstärker, Verteiler; Teile aller vorgenannten Waren; Fernbedienungssender und Fernbedienungsempfänger für die vorgenannten Waren; Kombinationen der genannten Waren“.

Die Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s hat mit zwei Beschlüssen, einer davon im Erinnerungsverfahren ergangen, eine [X.] verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass das allein für eine [X.] in Betracht kommende Wort „[X.]“ die angegriffene Marke nicht präge, weil das weitere Wort „[X.]“ schutzfähig sei; beide Markenwörter seien gleichgewichtig. Zudem sei das Wort „[X.]“ den Verkehrskreisen als Namensbestandteil von [X.] oder [X.] Namen bekannt; gerade bei Namen neige der Verkehr nicht dazu, Teile wegzulassen. Da es sich bei „[X.]“ um den Wortanfang handele, werde der Verkehr ihm erhöhte Aufmerksamkeit schenken und ihn nicht vernachlässigen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält mit näheren Ausführungen angesichts teils identischer, teils hochgradig ähnlicher Waren [X.] wegen Prägung der angegriffenen Marke durch das Wort „[X.]“ für gegeben, zumal der Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukomme. Auch unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Elements „[X.]“ sei [X.] gegeben. „[X.]“ trete als Unternehmenskennzeichen und als Stammbestandteil einer Markenserie der Inhaberin der angegriffenen Marke zurück. Wie sich aus der Markendatenbank des [X.]s ergebe, sei eine Vielzahl von Wortmarken mit dem Stammbestandteil „[X.]“ für die Inhaberin der angegriffenen Marke eingetragen. Zwischen „[X.]“ und „[X.]“ bestehe hochgradige Markenähnlichkeit.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle des [X.]s aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Äußerung zur Sache ist im Beschwerdeverfahren nicht zu den Akten gelangt. Sie hat im Patentamtsverfahren bei Vergleich der Marken in der Gesamtheit eine [X.] nicht für gegeben erachtet. Die angegriffene Marke werde nicht durch „[X.]“ geprägt, weil es sich bei „[X.] [X.]“ um einen Gesamtbegriff handele. Aber auch die Worte „[X.]“ und „[X.]“ seien nicht ähnlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle und zur Anordnung der Löschung der jüngeren Marke.

Ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren oder Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 387 - Sabèl/[X.]; [X.], 343, Nr. 48 - [X.]; [X.], 413 ff., Nr. 17 - [X.]/SIR; [X.], 237 ff., Nr. 18 - [X.]/[X.]; BGH [X.], 903, Nr. 10 - [X.]; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl. § 9 Rdn. 40, 41). Soweit allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware oder den Dienstleistungen befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. [X.], 140 - ATTA-CHÉ/[X.]; [X.], 942, 943 li. Spalte - [X.]; [X.] [X.] 1999, 236, 239, Nr. 24 - [X.]/Loint's).

Was zunächst die zum Vergleich stehenden Waren angeht, so ist teils schon nach dem Wortlaut der [X.] Identität gegeben. Aber auch die weiteren von der angegriffenen Marke erfassten Waren (Lautsprecher) können entweder als Teile von Systemen zur Wiedergabe von Tonsignalen, wie in der Widerspruchsmarke enthalten, oder als Speichermedien (Magnetaufzeichnungsträger, Datenträger, [X.], DVDs) identisch sein mit den im Oberbegriff im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke aufgeführten Aufzeichnungs-/Datenträgern.

[X.] über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, wie geltend gemacht, kann dahingestellt bleiben; zu Gunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke geht der Senat davon aus, dass die Widerspruchsmarke von Haus aus über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt. Dafür, dass diesem Wort im maßgeblichen Warenbereich eine beschreibende, die Kennzeichnungskraft schwächende Bedeutung zukommen könnte, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH [X.], 258, Nr. 26 - [X.]; [X.], 905, Nr. 12 - [X.]; [X.], 909, Nr. 13 - Pantogast), wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. [X.]/[X.] a. a. O., § 9 Rdn. 211). Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante [X.] begründen können (vgl. [X.] BGH [X.], 772, 776, Nr. 57 - [X.]). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass eine ältere Marke, die als Bestandteil in eine jüngere zusammengesetzte Marke aufgenommen wird, dort eine zur [X.] führende selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass dieser Bestandteil das Erscheinungsbild der jüngeren zusammengesetzten Marke dominiert bzw. allein prägt (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 30; [X.]; [X.], 729, 731, Nr. 31 - [X.]; [X.], 1055, 1056, Nr. 23 - airdsl). Dabei setzt die Annahme einer [X.] unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung nicht voraus, dass die ältere Marke in identischer Form übernommen wird. Eine Übernahme in ähnlicher Form kann genügen (vgl. BGH [X.], 859, 860, Nr. 18 - Malteserkreuz; [X.], 729, 731, Nr. 31 - [X.]; [X.], 833, 835, Nr. 20 - [X.]; [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 416).

Jedenfalls unter letzterem Gesichtspunkt lässt sich im vorliegenden Fall eine [X.] nicht verneinen.

[X.] [X.] als Firmenkennzeichnung erkennt und als gleichbleibenden Hinweis auf den Hersteller versteht. Damit kommt dem produktbezogenen Bestanteil „[X.]“ eine selbständig kennzeichnende Stellung zu.

[X.] [X.] und [X.], so liegt die Gefahr einer betrieblichen Herkunftsverwechslung auf der Hand. Gerade ein halbwegs aufmerksamer Verbraucher, der sich auf die jeweiligen, als unterschiedlich erkannten Marken gedanklich einlässt (vgl. [X.], 773 - [X.]/[X.]; [X.], 668 - go seven), wird geneigt sein, beide Marken demselben [X.] zuzuordnen. Zwar ist die Widerspruchsmarke nicht identisch in die jüngere Marke übernommen (vgl. [X.] GRUR 2005, 1042, 1044 [X.] LIFE); die Annahme einer [X.] unter dem Gesichtspunkt einer selbständig kennzeichnenden Stellung setzt - wie schon ausgeführt - aber nicht voraus, dass die ältere Marke in identischer Form übernommen wird; eine Übernahme in ähnlicher Form genügt (vgl. BGH [X.], 859, 860, Nr. 18 - Malteserkreuz; [X.], 729, 731, Nr. 31 - [X.]; [X.], 833, 835, Nr. 20 - [X.]; Ströbele/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 416). Mit dem Wort „[X.]“ ist die Widerspruchsmarke sehr ähnlich in die ältere Marke übernommen worden. Der fehlende Buchstabe „h“ wirkt sich im Klang nicht aus; der Hinzufügung des Vokals „u“ in der Anfangssilbe kommt angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen in fünf Buchstaben bei gleicher Silbenzahl und Betonung keine hinreichend differenzierende Wirkung zu.

[X.] [X.] kein Gesamtbegriff; dass die [X.] im Sinngehalt aufeinander bezogen sind, ist nicht feststellbar; auch die sprachliche Ausgestaltung der Marke legt dies nicht nahe. Soweit die Markenstelle meint, dass „[X.]“ als Namensbestandteil [X.] oder [X.] Namen nicht weggelassen werde, ist schon nicht feststellbar, dass die Bezeichnung [X.] [X.] als [X.] oder [X.] Name erkannt und verstanden wird.

Die Beschwerde ist nach alledem von Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 [X.]).

Meta

30 W (pat) 29/11

20.09.2012

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.09.2012, Az. 30 W (pat) 29/11 (REWIS RS 2012, 3029)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3029

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

24 W (pat) 527/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Triflex ProThan/Protan (Gemeinschaftsmarke)" - Warenidentität – klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr - zur Kennzeichnungskraft


24 W (pat) 526/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Triflex ProThan Detail/Protan (Gemeinschaftsmarke)" - Warenidentität – klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr - zur …


24 W (pat) 65/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – „UNIT01/UNIT 4“ – Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit und -identität – keine klangliche, schriftbildliche und …


24 W (pat) 29/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – „FOXyHUNTER (Wort-Bildmarke)/FOX“ – teilweise Warenidentität und Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit - keine klangliche, schriftbildliche …


30 W (pat) 517/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Malteser KUCHLER Apotheke Alles Gute zur Gesundheit. (Wort-Bild-Marke)/Malteserkreuz im Wappen (Bildmarke)/Malteser (Wort-Bild-Marke)/MALTESER" – …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.