Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.02.2016, Az. XII ZB 221/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16756

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Gegenstand

Betreuungsverfahren: Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters bei Entscheidung des Beschwerdegerichts durch den Einzelrichter in einer vom Gesetz dem Kollegium zugewiesenen Sache


Leitsatz

Entscheidet das Beschwerdegericht in einer vom Gesetz dem Kollegium zugewiesenen Sache (hier: Betreuungssache) unbefugt durch den Einzelrichter, so liegt darin eine von Amts wegen zu berücksichtigende Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters, die als absoluter Rechtsbeschwerdegrund zur Aufhebung der Entscheidung führt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. November 2015, XII ZB 105/13, FamRZ 2016, 451).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 30. April 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 1.056 €

Gründe

I.

1

Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuer) hat im vorliegenden Verfahren die Festsetzung der Betreuervergütung für die [X.] vom 11. Februar 2014 bis zum 10. Februar 2015 gegen die Staatskasse beantragt.

2

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil die Betroffene mit einem Hausgrundstück über einsetzbares Vermögen verfüge und somit nicht mittellos sei. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen durch den Einzelrichter zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

4

Der angefochtene Beschluss leidet an einem Verfahrensmangel, denn er ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen.

5

Hat das [X.] über eine Beschwerde in einer Betreuungssache nach §§ 58 ff. FamFG zu entscheiden, ist hierzu gemäß § 68 Abs. 4 Halbsatz 1 FamFG i.V.m. § 75 GVG die mit drei Richtern besetzte Zivilkammer berufen (Senatsbeschluss vom 25. November 2015 - [X.] 105/13 - juris Rn. 8; vgl. [X.]/Sternal FamFG 18. Aufl. § 68 Rn. 95). Eine originäre Einzelrichterzuständigkeit (etwa nach § 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG oder § 4 Abs. 7 Satz 1 [X.]) kommt hier nicht in Betracht.

6

Eine Übertragung auf den Einzelrichter nach § 68 Abs. 4 Halbsatz 1 FamFG ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt, so dass dieser zur Entscheidung nicht berufen war. Der sich hieraus ergebende Verfahrensmangel ist von Amts wegen zu berücksichtigen. Zwar ist ein Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters grundsätzlich nur auf eine entsprechende Besetzungsrüge zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des [X.] gilt aber eine Ausnahme im Fall der willkürlichen Zuständigkeitsüberschreitung des originären Einzelrichters, welche einen von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel darstellt (BGHZ 154, 200 = FamRZ 2003, 669, 671; Senatsbeschlüsse vom 25. November 2015 - [X.] 105/13 - juris Rn. 9 und vom 11. September 2003 - [X.] 188/02 - FamRZ 2003, 1922).

7

Nichts anderes gilt, wenn der Einzelrichter in einer dem Kollegium zugewiesenen Sache ohne einen vorausgegangenen Übertragungsbeschluss der Kammer entscheidet. Denn auch in diesem Fall liegt eine willkürliche Zuständigkeitsüberschreitung vor. Da es an jeder Grundlage für eine Einzelrichterentscheidung fehlt, ist der Fall auch nicht mit einer etwa unzulässigen, aber bindenden Übertragung auf den Einzelrichter vergleichbar (dazu vgl. BGHZ 170, 180 = FamRZ 2007, 554).

Dose                                  [X.]

              Nedden-Boeger                                   Guhling

Meta

XII ZB 221/15

03.02.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Hanau, 30. April 2015, Az: 3 T 74/15

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 68 Abs 4 FamFG, § 75 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.02.2016, Az. XII ZB 221/15 (REWIS RS 2016, 16756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16756

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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