Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2019, Az. I R 51/16

1. Senat | REWIS RS 2019, 2328

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Gegenstand

Investmentsteuerrecht - DBA-Freistellung für Dividenden - anlegerbezogene Betrachtung


Leitsatz

§ 4 InvStG 2004 ist dahin auszulegen, dass die Frage, ob Dividendenerträge nach einem Doppelbesteuerungsabkommen aufgrund des sog. Schachtelprivilegs steuerbefreit sind, im Einklang mit dem sog. Transparenzprinzip nach Maßgabe der Beteiligungen der Fondsanleger zu beurteilen ist.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21.06.2016 - 4 K 960/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

A.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Jahren 2009 und 2010 ein inländisches Immobilien-Spezial-Sondervermögen i.S. von § 2 Abs. 1 und 3 des [X.] ([X.]) i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 des [X.] 2004 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008 ([X.], 2794, [X.], 74) --InvStG 2004--. Er hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das jeweils zum 31. August endete. Der Kläger wurde von einer inländischen GmbH als Kapitalanlagegesellschaft i.S. von § 6 des [X.] verwaltet. Während des gesamten Geschäftsjahrs 2009/2010 und zum Zeitpunkt der [X.] am [X.] hielten die Anleger X-Bank und [X.] jeweils mehr als 10 % der Anteile am Kläger. Alle anderen Anleger waren mit jeweils weniger als 10 % am Kläger beteiligt.

2

Zum investmentrechtlichen Sondervermögen des [X.] gehörten im Geschäftsjahr 2009/2010 alle Anteile an einer [X.] Kapitalgesellschaft [X.], deren wesentliche Tätigkeit in der Vermietung eines in [X.] belegenen Geschäftsgrundstücks bestand. Diese Gesellschaft schüttete im Dezember 2009 aus ihrer Kapitalrücklage ... € aus. Der Kläger verbuchte die Zahlung in seinem Jahresabschluss als gewinnneutrale Herabsetzung des [X.]. Da die Verwalterin keinen Antrag auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 8 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Jahren 2009 und 2010 geltenden Fassung ([X.]) gestellt hatte, berücksichtigte der Kläger die Zahlung in der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 13 Abs. 2 InvStG 2004 als eine gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zwar steuerbare, aber gemäß § 4 Abs. 1 InvStG 2004 i.V.m. dem sog. [X.] nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 des Abkommens zwischen der [X.] und der Republik [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 14.05.2003 ([X.] 2004, 1305, [X.], 350) --DBA-[X.] 2003-- bei allen Anlegern steuerfreie Ausschüttung.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) war demgegenüber unter Berufung auf das Schreiben des [X.] ([X.]) vom 18.08.2009 ([X.], 931, Rz 75a) der Auffassung, die Steuerbefreiung nach dem abkommensrechtlichen [X.] gelte nur für jene Anleger, die zu mindestens 10 % am Kläger und damit mittelbar auch an der [X.] beteiligt gewesen seien. Das [X.] erließ dementsprechend einen zuletzt am 09.11.2015 geänderten Feststellungsbescheid, in dem es die Dividenden der [X.] nur hinsichtlich der X-Bank und der [X.] als nach § 4 Abs. 1 InvStG 2004 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Buchst. a DBA-[X.] 2003 steuerfrei behandelte. Im Hinblick auf alle anderen Anleger stellte das [X.] insoweit (weitere) Erträge i.S. des § 8b Abs. 1 [X.] bzw. § 3 Nr. 40 EStG fest. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg; das [X.] ([X.]) hat sie mit Urteil vom 21.06.2016 – 4 K 960/15 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2016, 1535) als unbegründet abgewiesen.

4

Gegen das [X.]-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des [X.].

5

Der Kläger beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Feststellungsbescheid dahin zu ändern, dass die von der [X.] ausgeschütteten ... € als bei sämtlichen Anlegern nach § 4 Abs. 1 InvStG 2004 steuerfreie Erträge festgestellt werden.

6

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B.

7

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

8

I. Die Klage ist entgegen der vom [X.] geäußerten Zweifel in vollem Umfang zulässig. Bei verständiger Würdigung des in erster Instanz gestellten Klageantrags ist die zusätzlich zur beantragten Erhöhung der nach § 4 Abs. 1 [X.] 2004 festzustellenden Einkünfte, für die die [X.] ([X.]) aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ([X.]) auf die Ausübung des [X.] verzichtet hat, geforderte --gegenläufige-- Reduzierung der festzustellenden Erträge gemäß § 8b [X.] bzw. § 3 Nr. 40 EStG nicht als Bestandteil des eigentlichen Klagebegehrens, sondern lediglich als Hinweis auf die im Falle des Obsiegens des [X.] vom [X.] gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung [X.]) vorzunehmenden Gegenkorrekturen zu verstehen. Aus diesem Grund ist in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Revisionsantrag auch keine teilweise Rücknahme der Klage zu sehen.

9

II. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die nach § 4 Abs. 1 [X.] 2004 steuerfreien Erträge sind in dem angefochtenen Änderungsbescheid nicht mit einem zu niedrigen Betrag festgestellt worden.

1. Die Investmentgesellschaft hat gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] 2004 spätestens vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahrs eine Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen abzugeben, die gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2004 einer gesonderten Feststellung gleichsteht. Bei inländischen Spezial-Sondervermögen wie dem Kläger gilt für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] entsprechend; die Feststellungserklärung steht einer gesonderten und einheitlichen Feststellung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 15 Abs. 1 Satz 3 [X.] 2004).

2. Zu den festzustellenden Besteuerungsgrundlagen gehören grundsätzlich auch die zugeflossenen ausländischen Einkünfte. § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2004 sieht allerdings vor, dass die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen Erträge bei der Veranlagung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer insoweit außer Betracht zu lassen sind, als sie aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte enthalten, für die [X.] aufgrund eines [X.] auf die Ausübung des [X.] verzichtet hat.

3. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich bei der im Dezember 2009 von der [X.] empfangenen Zahlung um Einkünfte aus Dividenden handelt, auf die das abkommensrechtliche [X.] des Art. 24 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 [X.]-[X.] 2003 Anwendung findet. Ob dies zutrifft, kann anhand der vorinstanzlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

a) Gemäß Art. 24 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 [X.]-[X.] 2003 werden bei einer in [X.] ansässigen Person von der Bemessungsgrundlage der [X.] Steuer (vorbehaltlich des Buchstabens b der Norm) die Einkünfte aus [X.] sowie die in [X.] gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach diesem Abkommen in [X.] besteuert werden können. Die Regelung des Art. 24 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 [X.]-[X.] 2003 schränkt diese Steuerfreistellung in Bezug auf Dividenden dahin ein, dass sie nur dann gilt, wenn die Dividenden an eine in [X.] ansässige Gesellschaft (jedoch nicht an eine Personengesellschaft) von einer in [X.] ansässigen Gesellschaft gezahlt werden, deren Kapital zu mindestens 10 % unmittelbar der [X.] Gesellschaft gehört, und die Dividenden bei der Ermittlung der Gewinne der ausschüttenden Gesellschaft nicht abgezogen worden sind.

b) Die Anwendung der Freistellungsmethode auf aus [X.] stammende Einkünfte setzt nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 [X.]-[X.] 2003 voraus, dass die betreffenden Einkünfte nach diesem Abkommen in [X.] besteuert werden können. Daran könnte es hier fehlen, weil es sich nach den vorinstanzlichen Feststellungen bei der Leistung der [X.] der Sache nach nicht um eine Gewinnausschüttung, sondern um eine Einlagenrückgewähr gehandelt hat.

c) Als Quellenbesteuerungsrecht [X.]s kommt im Streitfall nur jenes nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 [X.]-[X.] 2003 in Betracht. Danach können Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden. Der in Art. 10 [X.]-[X.] 2003 verwendete Ausdruck "Dividenden" bedeutet gemäß Abs. 3 der Vorschrift (1.) Einkünfte aus Aktien, Genussrechten oder Genussscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder (2.) anderen Rechten --ausgenommen [X.] mit Gewinnbeteiligung sowie (3.) sonstige Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind, sowie (4.) Ausschüttungen auf Anteilscheine an einem Investmentvermögen.

d) Die [X.] Rechtsform der [X.]. dürfte nicht der der [X.] AG, sondern der Rechtsform der GmbH entsprechen (vgl. [X.] in [X.], [X.]. [X.] [X.] 54). In diesem Fall wäre die dritte Fallgruppe der Dividendendefinition des Art. 10 Abs. 3 [X.]-[X.] 2003 einschlägig (sonstige Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind). Danach wäre die Einlagenrückgewähr durch die [X.] auch für [X.] als Anwenderstaat nur dann als Dividende i.S. von Art. 10 Abs. 1 und 3 [X.]-[X.] 2003 anzusehen, wenn sie nach Maßgabe des [X.]n Steuerrechts wie eine Gewinnausschüttung zu behandeln wäre (sog. Qualifikationsverkettung, vgl. Senatsurteil vom 06.06.2012 - I R 6, 8/11, [X.], 346, [X.], 111 zur vergleichbaren Regelung des Art. 10 Abs. 5 des Abkommens zwischen der [X.] und der [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom [X.]). In Ermangelung entsprechender tatrichterlicher Feststellungen zum [X.]n innerstaatlichen Recht ist dem Senat als Revisionsgericht die Beurteilung dieser Frage nicht möglich.

4. Gleichwohl bedarf es keiner Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.]. Zum einen ist dem Senat eine Verringerung des im angefochtenen Bescheid festgestellten Betrags der nach § 4 Abs. 1 [X.] 2004 steuerfreien Einkünfte aufgrund des verfahrensrechtlichen Verböserungsverbots verwehrt. Zum anderen fehlt es für die vom Kläger angestrebte Erhöhung des festzustellenden Betrags an einer rechtlichen Grundlage. Die Auffassung des [X.], der zufolge das [X.] des Art. 24 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 [X.]-[X.] 2003 gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2004 nur hinsichtlich jener Anleger des [X.] in Betracht kommt, die durchgerechnet mit 10 % an der [X.]n Gesellschaft beteiligt waren, ist zutreffend.

a) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2004 sind die auf Investmentanteile ausgeschütteten Erträge bei der Veranlagung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer insoweit außer Betracht zu lassen, als sie aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte enthalten, für die [X.] aufgrund eines [X.] auf die Ausübung des [X.] verzichtet hat.

aa) Der Wortlaut der Vorschrift lässt --anders als § 15 Abs. 1a Satz 1 [X.] 2004 i.d.[X.] zur Umsetzung des Urteils des Gerichtshofs der [X.] vom 20.10.2011 in der Rechtssache [X.]/09 vom 21.03.2013 ([X.], 561, [X.], 344) in Bezug auf die Besteuerung von Streubesitzdividenden bei den Anlegern von [X.]-- keinen eindeutigen Schluss darauf zu, aus wessen Perspektive das Tatbestandsmerkmal des Verzichts auf die Ausübung des [X.] zu beurteilen ist.

Die Wendung "verzichtet hat" könnte dahin gedeutet werden, dass es ausschließlich um jenen Besteuerungsverzicht geht, der sich aus der Anwendung des jeweiligen Abkommens auf die Konstellation des inländischen Investmentfonds mit lediglich indirekt an den dem Fonds zuzurechnenden Wirtschaftsgütern beteiligten Anlegern ergibt. Auf der Grundlage dieses --im vorliegenden Rechtsstreit vom Kläger vertretenen-- [X.] (fondsbezogene Betrachtungsweise, so auch Stock/Oberhofer in Berger/ [X.]/Lübbehüsen, [X.]/[X.], § 4 [X.] [X.] 25; ebenso noch BMF-Schreiben vom 02.06.2005, [X.], 728, [X.]ang 1 zu [X.] 39, [X.]. 14, 15) wäre zu prüfen, welches Steuersubjekt sich nach dem jeweiligen Abkommen auf die betreffende [X.]-Vorschrift berufen kann, wem mithin insoweit die Abkommensberechtigung zukommt. Im Falle des [X.]s des Art. 24 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 [X.]-[X.] 2003, das nur den zu mindestens 10 % unmittelbar an der [X.]n Gesellschaft beteiligten Personen zusteht, wären dies nicht die Anleger des [X.], sondern allenfalls dieser selbst.

bb) Hierauf sowie auf die Folgerungen dieser fondsbezogenen Betrachtung für die Besteuerung der Fondsanleger ist vorliegend jedoch mangels Entscheidungserheblichkeit nicht einzugehen, da das Tatbestandsmerkmal des Besteuerungsverzichts in § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2004 dahin zu interpretieren ist, dass es nicht auf die tatsächliche Abkommensberechtigung in der Fondskonstellation ankommt, sondern im Rahmen einer fiktiven Betrachtung ausschließlich auf die Prüfung gerichtet ist, ob der jeweilige Anleger, wäre er unmittelbar an der [X.] beteiligt, sich auf einen abkommensrechtlichen Besteuerungsverzicht berufen könnte (anlegerbezogene Sichtweise, vgl. BMF-Schreiben in [X.], 931, [X.] 75a; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], § 4 [X.] 28; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Investment, § 4 [X.] [X.] 13; [X.] in [X.], [X.], 2. Aufl., § 4 [X.] 57; [X.]/[X.], § 4 [X.] 2004 [X.] 2).

aaa) Für dieses Normverständnis spricht, dass § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2004 [X.] der Besteuerung der Anleger betrifft ("… bei der Veranlagung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer"…). Darüber hinaus entspricht diese Sichtweise sowohl dem verlautbarten Willen des historischen Gesetzgebers als auch dem Normzweck.

bbb) Die Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2004 war --nahezu [X.] bereits in § 2 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung steuerrechtlicher Vorschriften des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften vom [X.] ([X.] 1958, 381) i.d.F. der Verordnung vom 24.05.1961 ([X.] 1961, 617) enthalten. Sie wurde sodann mit dem Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile, über die Besteuerung ihrer Erträge sowie zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften vom 28.07.1969 ([X.] 1969, 986) in § 37 Abs. 3 des vormaligen Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften ([X.]) überführt, an dessen Stelle später das Investmentsteuergesetz getreten ist. In der Begründung des [X.] (BTDrucks V/3494, S. 30, zu § 23c Abs. 3 [X.] der Entwurfsfassung) heißt es hierzu:

"Absatz 3 entspricht § 2 Abs. 4 der Durchführungsverordnung und regelt ohne Änderung des geltenden Rechtszustandes den Fall, daß die ausländischen Einkünfte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der [X.] Steuer freizustellen wären, wenn sie dem Anteilscheininhaber anstatt über das Sondervermögen unmittelbar zufließen würden. Entsprechend dem Grundsatz der ‘Transparenz‘ wird bestimmt, daß die Steuerfreistellung auch dann gilt, wenn die ausländischen Einkünfte dem Anteilscheininhaber über ein Sondervermögen bei einer Kapitalanlagegesellschaft zufließen."

Diese Begründung zeigt unmissverständlich den Willen des historischen Gesetzgebers auf, mit der später in § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2004 überführten Bestimmung den einzelnen Anleger in abkommensrechtlicher Hinsicht so behandeln zu wollen, als wäre er selbst anteilig unmittelbarer Empfänger der jeweiligen ausländischen Einkünfte.

ccc) Dieser erkennbare Wille deckt sich überdies mit dem im Investmentsteuergesetz seinerzeit angelegten (eingeschränkten) Transparenzprinzip, das darauf abzielte, Erträge des Fonds unmittelbar beim Anleger zu erfassen; der Anteilscheininhaber sollte damit steuerlich weitgehend so behandelt werden wie bei einer Direktanlage (z.B. Senatsurteil vom 03.03.2010 - I R 109/08, [X.], 351; Urteile des [X.] vom 03.08.1976 - VIII R 101/71, [X.], 574, [X.] 1977, 65, und vom 07.04.1992 - VIII R 79/88, [X.], 111, [X.] 1992, 786; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], Einl. [X.] 5).

ddd) Die vom Kläger gegen die anlegerbezogene Sichtweise erhobene Einwendung, diese könne in den Fällen der Publikumsfonds nicht zu einer Steuerfreistellung von Anlegern führen, weil dem Publikumsfonds die Identität und der Beteiligungsumfang der Anleger regelmäßig nicht bekannt seien, ist nicht stichhaltig. Das [X.] hat dem zu Recht entgegengehalten, dass bei den Publikumsfonds die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 13 Abs. 1 [X.] 2004 verfahrensrechtlich "gegenüber der Investmentgesellschaft" gewirkt hat, nicht aber auch gegenüber den Anlegern (BMF-Schreiben in [X.], 931, [X.] 229; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 13 [X.] 25; [X.]/[X.], § 13 [X.] 2004 [X.] 4). Jene Anleger, bei denen die Voraussetzungen einer Begünstigung nach einem [X.] vorgelegen haben, waren daher nicht aus Rechtsgründen gehindert, die im Feststellungsverfahren unberücksichtigt gebliebene Begünstigung im Rahmen der individuellen Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer noch geltend zu machen.

III. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 51/16

23.10.2019

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 21. Juni 2016, Az: 4 K 960/15, Urteil

§ 4 InvStG vom 19.12.2008, § 15 InvStG vom 20.12.2007, Art 10 Abs 3 DBA POL 2003, Art 24 Abs 1 Buchst a DBA POL 2003

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2019, Az. I R 51/16 (REWIS RS 2019, 2328)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2328

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