Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2016, Az. I ZR 24/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5501

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:150916BIZR24.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 24/16
vom

15.
September 2016

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 15. September 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff,
Dr.
Löffler und die Richterin Dr.
Schwonke

beschlossen:

Der Gegenstandswert für die Beschwerde der
Klägerin
gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] -
2.
Zivilsenat -
vom 7.
Januar 2016 wird auf 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

[X.] Die
Klägerin
ist die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg
e.V. Die Beklagte mit Sitz in der [X.] bietet [X.] Verbrauchern [X.], Kre-dite ohne Schufa-Eintragungen und sogenannte Finanzsanierungen an. Sie verwendet eine Widerrufsbelehrung, die nach Ansicht der Klägerin
gegen das Deutlichkeitsgebot des Art. 246 Abs. 3 Satz 2 EGBGB verstößt und die sie
au-ßerdem als irreführend beanstandet. Die
Klägerin
hat die Beklagte, gestützt auf die §§ 8, 3, 4 Nr.
2 und 11, § 5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 UWG 2008 auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Be-rufung der
Klägerin
hat das Berufungsgericht zurückgewiesen und die Revision 1
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-
3
-
gegen sein Urteil nicht zugelassen. Den Streitwert für beide Instanzen hat es auf 3.000 Euro festgesetzt.
Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der
Klägerin. Mit der zuzulassenden Revision will sie
ihre Klage weiterverfolgen.
Die Beklagte beantragt, den Gegenstandswert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde festzusetzen.
I[X.] Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer beträgt 30.000 Euro und übersteigt damit den für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderlichen Wert gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO.
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Herabsetzung des vom [X.] auf 30.000 Euro festgesetzten Streitwerts auf 3.000

ausgeführt, dieser Wert sei regelmäßig angemessen, wenn es um die Verbannung unlaute-rer Widerrufsbelehrungen aus dem Geschäftsverkehr gehe. Die für die Streit-wertbemessung von Verbandsklagen maßgeblichen Erwägungen gälten unab-hängig davon, ob eine qualifizierte Einrichtung ihre Klagebefugnis auf das [X.] oder auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbe-werb stütze. Verbraucherschutzverbände müssten bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemes-senen Kostenrisiken geschützt werden. Diesen Ausführungen kann nicht zuge-stimmt werden.
2. [X.] geltend zu machenden Beschwer [X.] sich gemäß §
3 ZPO grundsätzlich nach dem Interesse des [X.] an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Die
Klägerin
will sich mit der Revision dagegen wenden, dass ihre
auf Unterlassung der von der [X.] verwendeten
Widerrufsbelehrung gerichtete Klage abgewiesen worden ist. 3
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6
7
-
4
-
Der Wert der Beschwer richtet sich daher nach dem Interesse der
Klägerin
an einer entsprechenden Verurteilung und entspricht damit dem Streitwert.

Maßgeblich für die Bestimmung des Streitwerts in Verfahren über [X.] nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist seit dem 16.
Juli 2014 die Vorschrift des §
51 Abs.
2 [X.].
Danach ist, soweit nichts [X.] bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des [X.] für ihn ergebenden Bedeutung der Sache
nach Ermessen zu bestimmen. Die Fest-setzung des Streitwerts kann nicht anhand von [X.] erfolgen, weil dies mit den Vorschriften des §
3 ZPO und des §
51 Abs.
2 [X.] nicht vereinbar ist, die eine Ermessensausübung des Gerichts vorsehen ([X.], Beschluss vom 22.
Januar 2015 -
I
ZR 95/14, [X.] 2015,
454 Rn. 2
mwN).
Entscheidend ist bei [X.] das Interesse des [X.] an der Unterbindung wei-terer gleichartiger Verstöße, das maßgeblich durch die Art des Verstoßes, ins-besondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgebli-chen Interessen, bestimmt wird ([X.], Urteil vom 12.
Juli 2012 -
I
ZR 54/11, [X.], 301 Rn. 56 = [X.] 2013, 491 -
Solarinitiative).
Bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklagen von Verbraucherver-bänden im Sinne von §
8 Abs.
3 Nr.
3 UWG kommt es für den Streitwert auf das satzungsmäßig wahrgenommene Interesse der Verbraucher an; maßgebend sind die gerade diesen drohenden Nachteile ([X.], Beschluss vom 17.
März 2011 -
I
ZR 183/09, [X.], 560 Rn. 6
= [X.] 2011, 752 -
Streitwerther-absetzung II; Beschluss vom 6.
Juni 2013 -
I
ZR 128/11, [X.], 528 Rn.
2; [X.]/[X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., §
12 Rn. 5.9).
Wenn Gegenstand des Rechtsstreits die Verbandsklage eines [X.] ist, wird der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots, be-stimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer und des Streitwerts in der Regel allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung [X.]. Dem liegt die Erwägung zugrunde, Verbraucherschutzverbände bei 8
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-
der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen ([X.], Beschluss vom 10.
Dezember 2013

XI
ZR
405/12, [X.], 96 Rn. 5; Beschluss vom 9.
Dezember 2014 -
VIII ZR 160/14, juris Rn. 5, jeweils mwN; Beschluss vom 5.
Februar 2015 -
I
ZR 106/14, juris Rn. 5; Beschluss vom 7.
Mai 2015

I
ZR
108/14, juris Rn. 7).
Die Bewertung von Verbandsklagen, die sich gegen die Verwendung von missbräuchlichen Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen richten, ist für die Bewertung der Interessen in einem [X.] jedoch nicht maßgeblich ([X.], [X.], 528 Rn.
3).
Dem Umstand, dass die finan-zielle Ausstattung der -
ausschließlich im öffentlichen Interesse tätigen -
Ver-braucherverbände in der Regel gering bemessen ist, kann im [X.] dadurch Rechnung getragen werden, dass auf deren Antrag gemäß §
12 Abs.
4 UWG eine Streitwertherabsetzung erfolgt. Dabei ist die Frage, ob ihre Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert nicht tragbar [X.], bei ihnen nach weniger strengen Maßstäben zu beurteilen als bei [X.] ([X.], [X.], 560 Rn. 6 -
Streitwertherabsetzung II). Dies gilt gleichermaßen für die seit dem 9.
Oktober 2013 geltende Neufas-sung des §
12 Abs.
4 UWG, nach der es maßgeblich darauf ankommt, ob die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert die wirtschaftliche Lage einer [X.] erheblich gefährden würde.
3. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sind
der Wert der Beschwer und der Streitwert für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auf 30.000 Euro
festzusetzen.
Da die
Klägerin
im Streitfall keine Verbandsklage nach den Bestimmun-gen des [X.] erhoben hat, sondern eine wettbewerbs-rechtliche Unterlassungsklage, kommt es für die Streitwertbemessung ent-11
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6
-
scheidend auf das von der
Klägerin
satzungsmäßig wahrgenommene Interesse der Verbraucher an.
Die
Klägerin
hat dieses Interesse in der Klageschrift mit 30.000 Euro an-gegeben. Sie
hat vorgetragen, die Beklagte habe sich nach Erteilung eines Kreditvermittlungsauftrags durch einen Verbraucher und nach einem von ihm erklärten Widerruf darauf berufen, ein Widerrufsrecht
sei ausgeschlossen, weil der Verbraucher ausdrücklich verlangt habe, dass sie den erteilten Auftrag be-reits vor Ablauf der gesetzlichen Widerrufsfrist bearbeite. Verbraucher hätten sich in einer Vielzahl identischer Fälle an sie
gewandt. Die Beklagte ist diesem Vortrag und der Streitwertangabe der
Klägerin
nicht entgegengetreten. [X.] hat das [X.] den Streitwert auf 30.000 Euro festgesetzt. Dieser Streitwert erscheint im Hinblick auf die in vergleichbaren Fällen festge-setzten Streitwerte angemessen.
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7
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Bei einer derartigen Sachlage bestand für das Berufungsgericht keine Veranlassung, das Interesse der
Klägerin
an einer Verurteilung der Beklagten anders zu bewerten und den Streitwert auf einen Betrag
herabzusetzen, der der
Klägerin
die Möglichkeit nimmt, die Nichtzulassung der Revision durch das Re-visionsgericht überprüfen zu lassen. Insbesondere kam eine Herabsetzung des Streitwerts unter dem Gesichtspunkt, die
Klägerin
vor einem unangemessenen Kostenrisiko zu schützen, nicht in Betracht. Die
Klägerin hatte das von ihr
ver-folgte Interesse beziffert und keinen Antrag auf Streitwertherabsetzung nach §
12 Abs.
4 UWG gestellt.
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.06.2015 -
36 [X.]/14 KfH -

O[X.], Entscheidung vom 07.01.2016 -
2 [X.] -

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Meta

I ZR 24/16

15.09.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.09.2016, Az. I ZR 24/16 (REWIS RS 2016, 5501)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5501

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 24/16

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