Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.02.2016, Az. 2 AZR 613/14

2. Senat | REWIS RS 2016, 16125

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Gegenstand

Betriebsbedingte Änderungskündigung - Bestimmtheit des Änderungsangebots


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 15. Juli 2014 - 7 [X.] - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 14. Januar 2014 - 3 Ca 1440/13 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der Beklagten vom 8. Juli 2013 unwirksam ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Die Klägerin war bei der [X.] unter Anrechnung von Beschäftigungszeiten seit August 1987 zuletzt im Betrieb „T“ (nachfolgend [X.]) beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden [X.] die für den Betrieb oder Betriebsteil betrieblich bzw. fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung. Bei der [X.] sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Unter dem 21. Juni 2011 vereinbarte die Beklagte mit der [X.] [X.] den „Tarifvertrag Bereichsausnahme [X.]“. Er sah für Beschäftigte im Betrieb [X.] vor, dass auf diese - mit Ausnahme von drei hier nicht interessierenden Regelwerken - nicht die bei der [X.] geltenden Tarifverträge Anwendung fänden, sondern diejenigen der [X.] ([X.]) in der jeweils aktuellen Fassung. Die Regelungen des TV Ratio sollten dabei mit der Maßgabe Anwendung finden, dass die Beschäftigungs- und Qualifizierungseinheit ([X.]) im Sinne des TV Ratio diejenige im Sinne des TV Ratio der [X.] (V) sei.

4

Ein TV Ratio der [X.] war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags Bereichsausnahme [X.] noch nicht geschlossen. Die Unterzeichnung des „Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung“ zwischen der [X.] und der [X.] [X.] erfolgte erst im Juli 2013. Die Unterschriftszeile trägt das Datum „01.04.2010“. Nach den Regelungen des TV Ratio [X.] sind alle Arbeitnehmer, die vom Wegfall gleicher Arbeitsplätze in ihrer Gesamtheit betroffen werden, in die [X.] der [X.] zu versetzen. Sie erhalten ein Angebot auf Abschluss eines entsprechenden [X.]. Als Alternative zum Abschluss eines [X.] können sie einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. [X.] ein Arbeitnehmer diese Angebote ab, erfolge eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen in der [X.]. Abweichend von den Bestimmungen des Manteltarifvertrags gelte dafür eine Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats. Es werde auf die am 1. April 2010 geltenden gesetzlichen, steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen abgestellt. Sollten sich diese ändern, so seien die Tarifvertragsparteien verpflichtet, Verhandlungen über eine entsprechende Anpassung des Tarifvertrags zu führen. In § 17 des Tarifvertrags heißt es, er trete am 1. April 2010 in Kraft.

5

Die Beklagte legte den Betrieb [X.] zum 31. Juli 2013 still. Zuvor hatte sie am 2. Mai 2013 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen. Sie bot der Klägerin sowohl einen Änderungsvertrag als auch einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung an. Die Klägerin nahm keines der Angebote an.

6

Nach Anhörung des Betriebsrats und Erstattung einer Massenentlassungsanzeige gegenüber der [X.] kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 8. Juli 2013 „unter Beachtung der Kündigungsfrist von drei Wochen zum 15. eines Monats oder zum Monatsende mit Wirkung zum Ablauf des 31.07.2013, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin“. Zugleich bot sie der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V … zu den in Abschnitt 1 des TV Ratio [X.] (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“ an. Die Kündigung ging der Klägerin am 10. Juli 2013 zu. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 11. Juli 2013 unter dem Vorbehalt der [X.] Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen an.

7

Die Klägerin hat sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen gewandt. Sie ist der Ansicht gewesen, die Änderungskündigung sei mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe kein wirksamer Tarifvertrag vorgelegen, aus dem sich die angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen hätten ergeben können. Rückwirkung komme dem TV Ratio [X.] trotz der Bestimmung zu seinem Inkrafttreten am 1. April 2010 nicht zu. Dementsprechend sei die Kündigung überdies mit einer zu kurzen Kündigungsfrist erklärt worden und daher unverhältnismäßig. Eine Auslegung bzw. Umdeutung dahingehend, dass die Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt wirken solle, komme nicht in Betracht. Im Übrigen kürze der TV Ratio [X.] die gesetzlichen Kündigungsfristen in unzulässiger Weise ab. Darüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei.

8

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung der [X.] vom 8. Juli 2013 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderungskündigung für wirksam, insbesondere für hinreichend bestimmt gehalten. Der TV Ratio [X.] habe rückwirkend seit dem 1. April 2010 Wirkung entfaltet. Die Beklagte hat behauptet, eine „finalisierte Fassung“ des Tarifvertrags sei für die Beschäftigten seit dem 19. Juni 2013 in ihrem Intranet abrufbar gewesen. Der TV Ratio [X.] sei zunächst von der [X.] und sodann am 4. Juli 2013 von der [X.] unterzeichnet worden. In der von beiden Parteien unterschriebenen Fassung sei er an die [X.] zurückgesandt worden. Dort sei er laut Auskunft von [X.] am 10. Juli 2013, nach Auskunft des [X.] am 11. Juli 2013 zugegangen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision ist begründet. [X.]as [X.] hätte der [X.] auf die Berufung der Klägerin hin stattgeben müssen.

I. [X.]ie Revision ist entgegen der von der [X.] geäußerten Zweifel nicht deshalb unbegründet, weil die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen wäre.

1. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. [X.]ie Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen ([X.] 13. Mai 2015 - 2 [X.] - Rn. 18; 11. November 2014 - 3 [X.] - Rn. 18).

2. [X.]ie Berufungsbegründung der Klägerin genügt diesen Anforderungen. Sie zeigt ausreichend deutlich auf, in welchen Punkten die Klägerin das erstinstanzliche Urteil für fehlerhaft hält.

a) [X.]ie Klägerin hat gerügt, der [X.] sei erst nach Zugang der Kündigung wirksam geworden und entfalte keine Rückwirkung. Vor Eintritt der Wirksamkeit des [X.] sei es rechtlich nicht möglich gewesen, ihr ein Angebot gemäß dessen § 5 Abs. 1 zu unterbreiten. Ohne ein solches Angebot wiederum sei die Kündigung unwirksam. [X.]arüber hinaus sei Folge des erst späteren Wirksamwerdens des Tarifvertrags, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß informiert worden sei. [X.]ie Kündigung verstoße daher gegen § 102 [X.]. Mangels eines wirksamen Tarifvertrags sei auch das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt gewesen.

b) [X.]amit hat sich die Klägerin in ausreichendem Maße gegen das arbeitsgerichtliche Urteil gewandt. Sie hat dargelegt, aus welchen Gründen die Kündigung ihrer Ansicht nach unwirksam sei. Zwar beruhten ihre Ausführungen ausschließlich auf der erst mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Tatsache, dass der [X.] zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht wirksam zustande gekommen sei. Ob dieser Vortrag nach § 67 ArbGG vom [X.] zu berücksichtigen war, ist aber keine Frage der Zulässigkeit der Berufung, sondern ihrer Begründetheit (vgl. GMP/Germelmann 8. Aufl. § 64 Rn. 76). Es kann offenbleiben, ob es für die Zulässigkeit der Berufung zumindest der [X.]arlegung bedurfte, weshalb das neue Vorbringen nach Auffassung der Klägerin gemäß § 67 ArbGG zuzulassen sei. [X.]ie Klägerin hat sich für die fragliche Tatsache auf Ausführungen in dem Urteil eines Arbeitsgerichts berufen, welches erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im vorliegenden Rechtsstreit verkündet worden war.

II. [X.]ie [X.] (§ 4 Satz 2 [X.]) ist begründet. [X.]as mit der Kündigung der [X.] vom 8. Juli 2013 verbundene Änderungsangebot war nicht hinreichend bestimmt. [X.]ie Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung ist damit unwirksam. Ob sie dies auch aus anderen Gründen ist, bedarf keiner Entscheidung.

1. [X.]ie Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest [X.] und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen ([X.] 20. Februar 2014 - 2 [X.] - Rn. 38, [X.]E 147, 237; 16. [X.]ezember 2010 - 2 [X.] - Rn. 21). [X.]as Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen. Er muss von Gesetzes wegen innerhalb einer recht kurzen Frist auf das Vertragsangebot des Arbeitgebers reagieren und sich entscheiden, ob er es ablehnt, ob er es mit oder ob er es ohne Vorbehalt annimmt. Schon im Interesse der Rechtssicherheit muss deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen soll. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Sie führen zur Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen ([X.] 20. Juni 2013 - 2 [X.] - Rn. 18; 29. September 2011 - 2 [X.] - Rn. 29).

2. [X.]iesen Anforderungen genügte das der Klägerin mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht.

a) [X.]as Änderungsangebot lautete auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „ab dem 01.08.2013, hilfsweise ab dem nächst zulässigen Termin … in der Vermittlungs- und Qualifizierungseinheit V der [X.] zu den in Abschnitt 1 des [X.] (nebst Anlagen) genannten Bedingungen“. Es nahm damit Bezug auf die sich aus dem näher bezeichneten Tarifvertrag ergebenden Bedingungen.

b) [X.]iese Bedingungen waren zu dem für die Beurteilung der Wirksamkeit der Änderungskündigung maßgeblichen Zeitpunkt ihres Zugangs nicht hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar. Ein „[X.]“ existierte noch nicht. [X.]a er bei [X.] nicht unter Wahrung des Schriftformerfordernisses des § 1 Abs. 2 [X.] zustande gekommen war, lag allenfalls ein abgestimmter Entwurf vor, aber kein Tarifvertrag.

aa) [X.]as Zustandekommen eines Tarifvertrags als eines privatrechtlichen Vertrags richtet sich nach den Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts ([X.] 7. Juli 2010 - 4 [X.] - Rn. 14). Es bedarf übereinstimmender Willenserklärungen - Antrag und Annahme -, gerichtet auf Abschluss eines Tarifvertrags. [X.]arüber hinaus stellt § 1 Abs. 2 [X.] für Tarifverträge ein Schriftformerfordernis iSd. § 126 BGB auf. Tarifverträge müssen schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet werden. [X.]ie nötige Schriftform dient der Klarstellung des [X.] und damit dem Gebot der Normenklarheit ([X.] 10. November 1982 - 4 [X.] - [X.]E 40, 327; 9. Juli 1980 - 4 [X.] - [X.]E 34, 42).Wird der Antrag auf Abschluss eines Tarifvertrags gegenüber einem Abwesenden erklärt, ist dessen Annahmeerklärung erforderlich. [X.]iese ist wie der Antrag eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist für einen Vertrag gesetzlich die Schriftform vorgesehen, wird die Annahmeerklärung erst in dem Zeitpunkt wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), in dem sie dem anderen Teil in der vorgeschriebenen Form zugeht ([X.] 7. Juli 2010 - 4 [X.] - aaO). Es reicht nicht aus, dass der Empfänger des Antrags die Vertragsurkunde unterzeichnet und den anderen Teil hierüber in einer Form, die die Voraussetzungen des § 126 BGB nicht wahrt, in Kenntnis setzt ([X.] 7. Juli 2010 - 4 [X.] - aaO; [X.] 30. Mai 1962 - [X.]/61 - zu II 2 der Gründe; 30. Juli 1997 - [X.] - zu II 2 b bb der Gründe mwN; vgl. auch [X.] 16. Oktober 1991 - 2 [X.] - zu II 4 d der Gründe). Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine Annahmeerklärung entbehrlich ist ([X.] 7. Juli 2010 - 4 [X.] - aaO).

bb) Solange der „[X.]“ nicht [X.] zustande gekommen war, stand nicht zweifelsfrei fest, ob und mit welchem Inhalt er wirksam würde. Solange wiederum war das auf ihn verweisende Änderungsangebot zu unbestimmt.

(1) Gegen die Unbestimmtheit des [X.] im Zeitpunkt seines Zugangs bei der Klägerin am 10. Juli 2013 lässt sich nicht mit Erfolg anführen, in einem Arbeitsvertrag könne ggf. auch auf nichtige oder nicht mehr wirksame Tarifverträge Bezug genommen werden, soweit nicht deren inhaltliche Festlegungen auch als arbeitsvertragliche Regelungen nichtig seien (vgl. dazu [X.] 14. [X.]ezember 2011 - 4 [X.] - Rn. 43). [X.]ies besagt nicht, dass die in Bezug genommenen Regelungen nicht jedenfalls hinreichend bestimmt sein müssten. [X.]as wiederum sind sie nicht, solange ihr Inhalt mangels wirksamen Abschlusses noch geändert werden kann.

(2) Keiner Entscheidung bedarf, ob das Änderungsangebot hinreichend bestimmt gewesen wäre, wenn darin auf eine genau bezeichnete Entwurfsfassung eines noch nicht [X.] zustande gekommenen Tarifvertrags verwiesen worden wäre. Ein solches Änderungsangebot hat die Beklagte nicht unterbreitet. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob eine von der [X.] so bezeichnete „finalisierte“ Fassung des Tarifvertrags in ihrem Intranet einsehbar war.

(3) Es wäre auch nicht ausreichend, wenn der Tarifvertrag zwar nach Zugang der Änderungskündigung, aber noch innerhalb der Frist zur Annahme des [X.] durch die Klägerin zustande gekommen wäre. [X.]as Änderungsangebot muss bereits im Kündigungszeitpunkt hinreichend bestimmt sein. [X.]ie Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der ein Gestaltungsrecht ausgeübt wird ([X.], vgl. nur APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen [X.] Rn. 10). Nur dann, wenn alle Voraussetzungen für die Ausübung des Gestaltungsrechts im Zeitpunkt ihres Zugangs beim [X.] vorliegen, kann die - dann wirksame - Kündigung ihr [X.] erreichen (APS/Preis aaO Rn. 11). [X.]er Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist daher der ihres Zugangs, ihre Wirksamkeit bestimmt sich nach den in diesem Zeitpunkt gegebenen objektiven Verhältnissen ([X.] 23. Oktober 2014 - 2 [X.] - Rn. 21, [X.]E 149, 367; 27. Februar 1997 - 2 [X.] - zu II 2 c der Gründe, [X.]E 85, 194; APS/Preis aaO Rn. 11; für die [X.] Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 [X.] KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 [X.] Rn. 235 mwN).

cc) [X.]er [X.] war in dem Zeitpunkt, als die Änderungskündigung der Klägerin zuging, noch nicht [X.] zustande gekommen.

(1) Unstreitig ist, dass die Originalurkunde des [X.] „im Juli 2013“ von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnet wurde.

(2) Nach dem Vorbringen der [X.] war die Vertragsurkunde schon am 4. Juli 2013 von beiden Seiten unterschrieben. [X.]ie schriftliche Annahme durch die T[X.]G war aber nicht in Anwesenheit des anderen Teils erfolgt und musste daher, um formwahrend zu sein, der [X.] noch zugehen. [X.]ie Beklagte hat vorgetragen, laut Auskunft von [X.] sei dies am 10. Juli 2013 der Fall gewesen, nach Auskunft des beauftragten [X.] am 11. Juli 2013. [X.]amit hat die Beklagte als sicher feststehend nur behauptet, die von beiden Seiten unterschriebene Urkunde sei jedenfalls nicht nach dem 11. Juli 2013 bei [X.] eingegangen. [X.]as schließt einen Eingang bei [X.] erst nach Zugang des Kündigungsschreibens bei der Klägerin nicht aus. [X.]iese hat die Änderungskündigung bereits am 10. Juli 2013 erhalten.

(3) Einer Zurückverweisung der Sache an das [X.], um der [X.] Gelegenheit zu geben, ggf. zu einem früheren Zugang vorzutragen, bedurfte es nicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der [X.]vertreter auf Nachfrage erklärt, der Zeitpunkt des Zugangs der Vertragsurkunde bei [X.] sei nicht weiter aufklärbar.

c) [X.]er Umstand, dass der [X.] nach seinem § 17 bereits zum 1. April 2010 in [X.] treten sollte, ändert nichts an der Unbestimmtheit des [X.] im Zeitpunkt der Kündigung. Es liegt zwar grundsätzlich - soweit Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht entgegenstehen - in der [X.] der Tarifvertragsparteien, eine rückwirkende Begründung oder Einschränkung tariflicher Ansprüche vorzusehen (vgl. [X.] 24. Oktober 2007 - 10 [X.] 878/06 - Rn. 18; 17. Juli 2007 - 9 [X.] 1089/06 - Rn. 16; 22. Oktober 2003 - 10 [X.] 152/03 - zu II 2 a der Gründe, [X.]E 108, 176). [X.]er maßgebliche Zeitpunkt für die Wirksamkeit der Kündigung als Ausübung eines Gestaltungsrechts durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist aber nicht tarifdispositiv.

III. [X.]ie Kosten des Rechtsstreits hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

Meta

2 AZR 613/14

17.02.2016

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Potsdam, 14. Januar 2014, Az: 3 Ca 1440/13, Urteil

§ 2 KSchG, § 4 S 2 KSchG, § 126 BGB, § 130 Abs 1 S 1 BGB, § 145 BGB, § 1 Abs 2 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.02.2016, Az. 2 AZR 613/14 (REWIS RS 2016, 16125)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16125

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