Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.10.2013, Az. 4 B 29/13

4. Senat | REWIS RS 2013, 1928

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Gegenstand

Anforderungen an ein "gewachsenes" Einkaufszentrum


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 24. April 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 135 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die Klägerin beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des [X.]undesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>; siehe auch [X.]eschluss vom 1. Februar 2011 - [X.]VerwG 7 [X.] - juris Rn. 15). Daran fehlt es hier.

4

Die [X.]eschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

5

„ob bei der Frage nach dem Vorliegen eines [X.]. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] eine funktionale [X.]etrachtung hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen des Standorts vorzunehmen ist und ob die in der Rechtsprechung des [X.] für das Vorliegen eines Einkaufszentrums entwickelten Kriterien lediglich Indizien für die genannten städtebaulichen Auswirkungen sind."

6

Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, denn sie lässt sich, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des [X.] verneinen. In dem von den [X.]eteiligten zitierten [X.]eschluss vom 18. Dezember 2012 - [X.]VerwG 4 [X.] 3.12 - ([X.] 2013, 558 = Zf[X.]R 2013, 277) hat der Senat seine Rechtsprechung zum [X.]egriff des [X.]. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] nochmals zusammenfassend dargestellt. Es entspricht damit gesicherter Erkenntnis, dass ein - vorliegend allein in [X.]etracht kommendes - „gewachsenes" Einkaufszentrum neben der erforderlichen räumlichen Konzentration weiter voraussetzt, dass die einzelnen [X.]etriebe aus der Sicht der Kunden als aufeinander bezogen, als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander in Erscheinung treten (vgl. z.[X.]. Urteil vom 1. August 2002 - [X.]VerwG 4 [X.] 5.01 - [X.]VerwGE 117, 25 <34>). Nur durch solche äußerlich erkennbaren Merkmale ergibt sich die für die Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] notwendige planvolle Zusammenfassung mehrerer [X.]etriebe zu einem „[X.]" und damit zugleich die erforderliche Abgrenzung zu einer beliebigen Häufung von jeweils für sich planungsrechtlich zulässigen Läden auf mehr oder weniger engem Raum (Urteil vom 27. April 1990 - [X.]VerwG 4 [X.] 16.87 - [X.]uchholz 406.12 § 11 [X.] Nr. 16 = juris Rn. 21, [X.]eschluss vom 15. Februar 1995 - [X.]VerwG 4 [X.] 84.94 - juris Rn. 4). Zur [X.]eantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen davon auszugehen ist, dass aus der Sicht der Kunden einzelne [X.]etriebe in der für ein Einkaufszentrum erforderlichen Form als aufeinander bezogen angesehen werden können, hat der Senat auf organisatorische oder betriebliche Gemeinsamkeiten abgestellt und dafür [X.]eispiele genannt (siehe [X.]eschluss vom 18. Dezember 2012 a.a.[X.]). Er hat dabei auch entschieden, dass die Ausstrahlung einer vorhandenen „Magnetwirkung" eines oder mehrerer [X.]etriebe auf einen hinzukommenden [X.]etrieb für sich allein nicht genügt, um diesen zusammen mit dem/den bereits vorhandenen [X.]etrieb(en) als Teil eines Einkaufszentrums zu behandeln (Urteil vom 27. April 1990 a.a.[X.] Rn. 22). Entscheidend für das Vorliegen eines „gewachsenen" Einkaufszentrums sind also eine enge räumliche Konzentration sowie ein Mindestmaß an äußerlich in Erscheinung tretender gemeinsamer Organisation und Kooperation, welche die Ansammlung mehrerer [X.]etriebe zu einem planvoll gewachsenen und aufeinander bezogenen Ganzen werden lässt (Urteil vom 3. April 2008 - [X.]VerwG 4 [X.]N 3.07 - [X.]VerwGE 131, 86 = [X.]uchholz 406.12 § 1 [X.] Nr. 33, jeweils Rn. 25), und nicht „die städtebaulichen Auswirkungen des Standorts". Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab. Die insofern entscheidungserheblichen Umstände festzustellen und zu würdigen ist Sache der Tatsachengerichte und entzieht sich einer rechtsgrundsätzlichen Klärung.

7

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Abweichung des angefochtenen Urteils von dem [X.]eschluss des Senats vom 12. Juli 2007 - [X.]VerwG 4 [X.] 29.07 - (Zf[X.]R 2007, 684 = [X.] 2007, 2023) zuzulassen.

8

Die Klägerin macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe zwar die Rechtsprechung des [X.] zum [X.]egriff des Einkaufszentrums (zutreffend) referiert, ihm aber im Wege der Subsumtion einen davon abweichenden Inhalt gegeben. In dem [X.]eschluss vom 12. Juli 2007 (a.a.[X.]) habe das [X.]undesverwaltungsgericht betont, dass nicht alle in der Rechtsprechung einmal genannten Kriterien vorliegen müssten, um von einem Einkaufszentrum ausgehen zu können. Das gelte namentlich für das Fehlen einer gemeinsamen Werbung und eines gemeinsamen [X.]enter-Managements. Das Oberverwaltungsgericht habe jedoch das Nichtvorliegen eines Einkaufszentrums gerade auf diese beiden Aspekte gestützt, obwohl im vorliegenden Fall alle weiteren in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien erfüllt seien. Die [X.]ehauptung der Klägerin trifft indessen nicht zu. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass es vorliegend an den äußerlich von Kunden erkennbaren Merkmalen eines Einkaufszentrums fehle. So mangele es an einem geschlossenen Auftreten der angesiedelten Einzelhandelsbetriebe in Form eines gemeinsamen Konzepts, an einheitlichen Öffnungszeiten, an gemeinsamer Werbung, an gemeinsamen sonstigen Aktionen (verkaufsoffene Sonntage/Feiertage; jahreszeitbedingte Sonderaktionen wie z.[X.]. Weihnachtsmarkt/Ostermarkt etc.) sowie an einem solchen Zusammenwirken gewährleistenden „[X.]enter-Management". Ferner existiere keine einheitliche [X.]ezeichnung des [X.]ereichs als Einkaufszentrum. Die [X.]ezeichnungen „Lochermühle" und „[X.]" eigneten sich nicht als verbindende Sammelbezeichnung, da sie jeweils das gesamte Gewerbegebiet erfassten und nicht nur für die hier zu betrachtenden Einzelhandelsnutzungen stünden. Die gemeinsamen Parkplatzflächen alleine genügten zur [X.]egründung der [X.] nicht. Soweit die Klägerin auf eine einheitliche „Verwaltung" durch die [X.]odengesellschaft bzw. den Zwangsverwalter abstelle, stehe dies vorstehender Einschätzung nicht entgegen. Es sei nicht ersichtlich und seitens der Klägerin auch nicht vorgetragen, dass die Verwaltung die für die Annahme eines Einkaufszentrums erforderliche Qualität eines [X.]enter-Managements aufweise. Eine gemeinsame Hausverwaltung genüge nicht den dargestellten Anforderungen ([X.]). Diese Ausführungen stehen mit der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Senats in Einklang. Vor diesem Hintergrund erschöpfen sich die Ausführungen der [X.]eschwerde in einer inhaltlichen Kritik an der vorinstanzlichen [X.]ewertung der tatsächlichen Verhältnisse. Hiermit lässt sich jedoch der Tatbestand einer Divergenz nicht begründen ([X.]eschluss vom 6. März 2013 - [X.]VerwG 4 [X.] 39.12 - UPR 2013, 277 = [X.] 2013, 1072 = juris Rn. 16).

9

3. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 29/13

16.10.2013

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 24. April 2013, Az: 7 A 1726/10, Urteil

§ 11 Abs 3 S 1 Nr 1 BauNVO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.10.2013, Az. 4 B 29/13 (REWIS RS 2013, 1928)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1928

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde


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4 A 1974/16 SN

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