Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. V ZR 91/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2076

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZR 91/13

vom

10. Oktober 2013

in dem Rechtsstreit

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 10. Oktober 2013
durch d[X.]
Vorsitzende Richterin
Dr. [X.], [X.] Czub, d[X.] Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und [X.] Kazele

beschlossen:

Auf d[X.] Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten
wird das Urteil des 15.
Zivilsenats des [X.] vom 27. [X.] 2013 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über d[X.] Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverw[X.]sen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens
beträgt 35.000

Gründe:

I.
D[X.] Parte[X.]n sind Eigentümer von Grundstücken in R.
im Bezirk des Amtsgerichts M. . Auf dem Grundstück des Beklagten ist in [X.] eine Belastung mit folgendem Inhalt eingetragen:

[X.] Eigentümer der Parzellen 6 [X.]. [X.] und 31, der Parz.
6 Nr.
70/25 pp., 71/26 pp. und 72/27 pp. sow[X.] .... haben das Recht, das Grundstück [X.]. 2 Nr. 2 als [X.], dessen [X.] auf gemeinschaftliche Kosten gesch[X.]ht, zu benutzen und das Wasser zu ihrem Mühlenbetr[X.]be daraus zu entnehmen. [X.] auf Grund der Bewilligung vom 20.09.1889
... am

D[X.] Kläger haben im Jahre 2009 das Grundstück Blatt 1216, zu dessen Bestand d[X.] Flurstücke 70/25
und
71/26 gehören, mit der darauf befindlichen 1
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Stammsmühle erworben. Dem Mühlenbesitzer war im Jahre 1925 neben dem bereits im Wasserbuch eingetragenen alten Wasserentnahmerecht aus der [X.] ein weiteres Recht zur Ableitung des Wassers durch eine Druckrohrlei-tung mit einer Weite von 300 mm zum Antr[X.]b einer Turbine für d[X.] [X.] verl[X.]hen worden. Der frühere Eigentümer stellte Jahrzehnte später den Mühlenbetr[X.]b ein und schloss d[X.] Zuleitung auf seinem Grundstück mit Beton. Im Jahre 2007 verfüllte der Beklagte den vor der Druckrohrleitung zum Grund-stück der Kläger
l[X.]genden Teil des Teiches
mit Schotter.
D[X.] Kläger beabsichtigen, d[X.] [X.] w[X.]der in Betr[X.]b zu [X.]; zu welchem Zweck ist zwischen den Parte[X.]n streitig. S[X.] haben von dem Beklagten verlangt, d[X.] Verfüllung am Rande des Teiches zu beseitigen und d[X.] [X.] w[X.]der mit dem Teich zu verbinden sow[X.] künftige Be-einträchtigungen der eingetragenen Grundd[X.]nstbarkeit zu unterlassen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben; das [X.] hat s[X.] abge-w[X.]sen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wollen d[X.] Kläger d[X.] W[X.]derher-stellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.
II.
Das Berufungsgericht meint, Ansprüche der Kläger auf Beseitigung und Unterlassung bestünden schon deshalb nicht, weil d[X.] von dem
Beklagten vor-genommene Verfüllung d[X.] Grundd[X.]nstbarkeit nicht beeinträchtige. D[X.] Kläger wollten das belastete Grundstück zu Zwecken nutzen, d[X.] der Beklagte nach dem Inhalt der D[X.]nstbarkeit nicht zu dulden habe. D[X.] D[X.]nstbarkeit sei für ei-nen Mühlenbetr[X.]b bestellt worden;
d[X.]se Zweckbestimmung gehöre zu ihrem Inhalt. D[X.] von den Klägern beabsichtigte Gewinnung elektrischer Energ[X.] für den eigenen Gebrauch l[X.]ge außerhalb des Inhalts des dinglichen Rechts.
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III.
Das angefochtene Berufungsurteil ist auf d[X.] [X.] der Beklagten aufzuheben,
weil das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise ver-letzt hat.
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet d[X.] Gerichte, d[X.] Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung in Er-wägung zu z[X.]hen ([X.] 64, 1, 12; 87, 1, 33). Daraus folgt zwar nicht, dass d[X.] Gerichte jedes Vorbringen der Parte[X.]n in den Entscheidungsgründen aus-drücklich bescheiden müssten ([X.] 88, 366, 375); geht ein Gericht aber auf [X.] des [X.] zu einer Frage, d[X.] für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den [X.] nicht ein, so lässt d[X.]s grundsätzlich auf d[X.] Nichtberücksichtigung des [X.] schl[X.]ßen ([X.] 47, 182, 189;
86, 133, 146). Da Art. 103 Abs. 1 GG einen Anspruch darauf gewährt, sich vor einer gerichtlichen Entscheidung so-wohl zum Sachverhalt als auch zur Rechtslage zu äußern, gelten d[X.] vorste-henden Maßstäbe für beide Aspekte ([X.], Beschluss vom 14. August 2013 -
1 BvR 3157/11, juris Rn. 14).
H[X.]rnach hat das Berufungsgericht das Verfahrensgrundrecht der Kläger dadurch verletzt, dass es ihr Vorbringen über das Bestehen eines selbständi-gen Abwehranspruchs analog §
1004 Abs. 1 Satz 1 BGB aus einem dem [X.] Mühlenbesitzer verl[X.]henen Wasserrecht nicht besch[X.]den hat. D[X.] [X.] verweist zur Begründung ihrer Rüge zutreffend auf das Vorbringen der Kläger gegenüber dem Berufungsgericht, in dem d[X.]se unter Bezugnahme auf Entscheidungen des [X.] (Urteil vom 15. März 2001 -
III ZR 154/00, [X.], 125 ff.) und des [X.]s Celle 5
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(NJW 1966, 1758 f.) ausgeführt haben, dass ihnen neben der Grundd[X.]nstbar-keit eine wasserrechtliche Befugnis zustehe, auf Grund derer ebenso eine Be-seitigung der Störung
verlangt werden könne. Auf d[X.]sen Vortrag über das Be-stehen eines
nach §§ 46 ff.
des [X.]n Wassergesetzes ([X.])
im Jah-re 1925 verl[X.]henen, trotz Einstellung des Mühlenbetr[X.]bs fortbestehenden und mit dem Erwerb des Grundstücks auf d[X.] Kläger übergegangenen [X.] und d[X.] sich daraus ergebenden Ansprüche ist das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen mit keinem Wort eingegangen.
2. Das übergangene Vorbringen ist entscheidungserheblich.
D[X.] Kläger hätten gegen den Beklagten einen Anspruch auf Beseitigung der Verfüllung und auf Verbindung der [X.] mit dem [X.], wenn ihnen das dem damaligen Mühlenbesitzer
verl[X.]hene Wasserrecht zustünde.
D[X.] nach §§ 46 ff.
[X.] verl[X.]henen Rechte sind nämlich von [X.] zu beachtende absolute Rechte, d[X.] Abwehr und [X.] nach §§ 1004, 823 BGB begründen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Okto-ber
1975 -
VI ZR 43/74, NJW 1976, 46; [X.], Öffentliches und privates Was-serrecht, 3. Aufl., Rn. 1069).
Von dem Bestehen eines verl[X.]henen Wasserbe-nutzungs-
und Wasserleitungsrechts
wäre h[X.]r auf Grund der Eintragungen im Wasserbuch auszugehen. D[X.]se erzeugen zwar
nach § 87 Abs. 4 [X.] keine rechtsbegründende oder rechtsändernde Wirkung, aber eine tatsächliche [X.] für das Bestehen des gebuchten Rechts (vgl. [X.], Urteil vom 2. Okto-ber 1978 -
III ZR 151/76, [X.] 1978, Nr. 222; BVerwGE 37, 103, 104), so dass es Sache des Beklagten wäre, gegen d[X.] Richtigkeit der Eintragungen im [X.] sprechende Tatsachen vorzutragen.
3. Der Rechtsstreit ist auch nicht im Hinblick auf einen Abwehranspruch aus der Grundd[X.]nstbarkeit (§§ 1027, 1004 BGB) entscheidungsreif, da d[X.] 8
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Kläger nicht dargelegt haben, dass d[X.] Aufschüttung, deren Beseitigung s[X.] verlangen, auch

Wasserrechts darstellt.
a) Der Betr[X.]b einer Turbine über eine eigens dafür angelegte [X.] (statt eines Wasserrades an einem Mühlgraben) führte bei kleineren Gewässern ([X.]) in der Regel zu einer Veränderung des [X.], welche d[X.] Rechte der anderen Nutzungsberechtigten an dem Gewässer beeinträchtigte. Das für d[X.] Turbine erforderliche Wasserbezugs-recht ging damit über ein
durch eine [X.] gesichertes
Recht zur Wasserent-nahme
(zu dem Inhalt der [X.]en: [X.], [X.], S.
60, 64) hinaus und bedurfte unter Geltung des [X.] der
Verleihung
eines geänderten Benutzungsrechts ([X.], Das [X.] Wassergesetz, 3. und 4. Aufl., §
379 Anm.
6.d., S. 587).
b) Der Umstand, dass 1925 ein solches Wasserrecht verl[X.]hen worden ist, sow[X.] dessen -
aus der in Ablichtung vorgelegten Verleihungsurkunde er-sichtlicher -
Inhalt sprechen dafür, dass es sich h[X.]r ebenso verhalten hat. [X.] ist jedenfalls nicht festgestellt.
Dann aber ist der von den Klägern [X.] allein aus dem verl[X.]henen Wasserrecht begründet, so dass es auf d[X.] den Inhalt der [X.] betreffende Frage (zu deren Auslegung nach dem früheren Recht: Senat, Urteil vom 24. Juni 1964

V
ZR
162/61, [X.]Z 42, 63, 66) nicht ankommt, ob das als Grundd[X.]nstbarkeit anzusehende Recht nur für d[X.] Zwecke eines bestimmten Mühlenbetr[X.]bs be-stellt war (spez[X.]ll zu d[X.]ser Frage: [X.], aaO, S. 588 mwN aus
der damaligen Rechtsprechung).

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IV.
Der Wert der Beschwer ist nach den durch ein Gutachten belegten Aus-führungen der Kläger zu den Werten des Grundstücks -
mit und ohne Grund-d[X.]nstbarkeit -

Vorinstanzen kann -
entgegen den Ausführungen der Erwiderung -
für das Re-visionsgericht schon deshalb nicht verbindlich sein, weil s[X.] auf einer falschen Rechtsgrundlage beruhte.
Auch bei Streitigkeiten über Ansprüche nach §§
1027, 1004 BGB ist der Wert nicht nach § 3
ZPO, sondern nach § 7 ZPO festzusetzen, wenn -
w[X.] h[X.]r -
der Bestand der Grundd[X.]nstbarkeit im Streit ist (vgl. KG, [X.], 73; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 3 Rn. 5; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 7 Rn. 7).

[X.]

Czub

Brückner

Weinland

Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.11.2011 -
2 O 41/11 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 27.02.2013 -
15 U 12/12 -

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Meta

V ZR 91/13

10.10.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2013, Az. V ZR 91/13 (REWIS RS 2013, 2076)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2076

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 91/13

1 BvR 3157/11

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