Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.03.2018, Az. 9 AZR 508/17

9. Senat | REWIS RS 2018, 12031

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Gegenstand

Arbeitnehmerüberlassung - Fiktion eines Arbeitsverhältnisses - Verwirkung des Rechts, sich auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu berufen


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 4. Juli 2017 - 15 [X.]/16 - teilweise aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. November 2016 - 16 [X.]/16 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch darüber, ob der Kläger das Recht verwirkt hat, sich für die [X.] ab dem 1. April 2014 auf das Bestehen [X.] nach § 10 Abs. 1 [X.]atz 1 iVm. § 9 Nr. 1 [X.] begründeten Arbeitsverhältnisses mit der [X.] zu berufen.

2

Der Kläger schloss am 27. November 2007 einen Arbeitsvertrag mit der [X.] über eine Tätigkeit als Kalibrier-/[X.]ervicetechniker. Er nahm seine Tätigkeit zum vereinbarten Vertragsbeginn am 1. Dezember 2007 im Betrieb der [X.] auf. Diese setzte ihn vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2014 bei der [X.], einem Unternehmen der Automobilindustrie, an deren [X.]tandort in [X.] ein. Ab April 2014 arbeitete der Kläger auf Anweisung der [X.] wieder in deren Betriebsräumen. [X.]eit dem 5. [X.]eptember 2014 verfügt die [X.] über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

3

Die [X.] kündigte ihr Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 28. Februar 2017. Dagegen erhob dieser Kündigungsschutzklage.

4

Mit seiner am 30. Dezember 2015 bei Gericht eingegangenen und der [X.] am 11. Januar 2016 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, zwischen ihm und der [X.] bestehe nach § 10 Abs. 1 [X.]atz 1 iVm. § 9 Nr. 1 [X.] seit dem 1. Januar 2008 ein Arbeitsverhältnis, da er für die Beklagte nicht im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrags tätig geworden, sondern dieser zur Arbeitsleistung überlassen worden sei. Er sei vollständig in den Betrieb der [X.] eingegliedert gewesen und habe ihrem Weisungsrecht unterstanden.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 1. Januar 2008 ein Arbeitsverhältnis besteht.

6

Die Beklagte hat ihren Antrag auf Abweisung der Klage ua. darauf gestützt, dass der Kläger seine Rechte, sich auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ihr kraft gesetzlicher Fiktion zu berufen, verwirkt hat. Der Kläger habe sich erstmals durch die Klageerhebung im vorliegenden Verfahren knapp ein Jahr und neun Monate nach Beendigung seiner Tätigkeit in ihrem Betrieb auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit ihr berufen. [X.]ie habe nicht damit rechnen müssen, nach Ablauf dieses [X.]raums noch als Arbeitgeberin in Anspruch genommen zu werden.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, dass zwischen den Parteien vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2014 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Es hat angenommen, der Kläger habe sein Recht verwirkt, sich für die [X.] ab 1. April 2014 auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der [X.] zu berufen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, dass der Kläger sein Recht verwirkt hat, sich auch für die [X.] ab dem 1. April 2014 auf das (Fort-)Bestehen eines gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 [X.] zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses zu berufen. Das der Klage insgesamt stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts war deshalb wieder herzustellen.

9

A. Die Revision ist entgegen der Auffassung der [X.] zulässig. Sie genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen.

I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des [X.]s so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Revisionskläger darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügt hierfür nicht (vgl. [X.] 23. Januar 2018 - 1 [X.] - Rn. 9 mwN).

II. Die Revisionsbegründung setzt sich mit den Gründen des angefochtenen Urteils hinreichend auseinander.

1. Das [X.] hat angenommen, das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment ergäbe sich daraus, dass sich der Kläger ab dem 1. April 2014 widerspruchslos in den Betrieb der [X.] habe eingliedern lassen. Dies habe bei der [X.] das berechtigte Vertrauen begründet, der Kläger akzeptiere, ab diesem [X.]punkt nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zu ihr zu stehen.

2. Gegen diese selbstständig tragende Argumentation hat der Kläger sinngemäß eingewendet, dass jemand, der keine Kenntnis von einer Rechtsposition eines Dritten habe, nur allgemein darauf vertrauen könne, dass sich niemand auf ein solches Recht berufe. Hinsichtlich der konkreten Rechtsposition bestehe dieses Vertrauen dagegen nicht. Das [X.] habe nicht geprüft, bei wem auf [X.]seite ein solches - konkretes - Vertrauen bestanden habe. Tatsächlich sei der Kläger keiner zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Person bei der [X.] bekannt gewesen. Deshalb habe auch niemand konkret darauf vertrauen können, der Kläger werde sich nicht darauf berufen, Arbeitnehmer der [X.] zu sein.

B. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

1. Soweit das [X.] festgestellt hat, dass zwischen den Parteien in der [X.] vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2014 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist das Urteil des [X.]s rechtskräftig.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann ein Arbeitnehmer mit der allgemeinen Feststellungsklage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu einem Entleiher auf Grundlage der Vorschriften des [X.] geltend machen ([X.] 20. September 2016 - 9 [X.] - Rn. 22; 23. Juni 2015 - 9 [X.] - Rn. 15, [X.]E 152, 59).

3. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der [X.] auch für einen in der Vergangenheit liegenden [X.]raum bestanden hat. Nach § 256 Abs. 1 ZPO muss eine Feststellungsklage grundsätzlich den gegenwärtigen Bestand eines Rechtsverhältnisses betreffen. Trotz des Vergangenheitsbezugs des Antrags besteht das besondere Feststellungsinteresse dann, wenn sich - wie im Streitfall - aus ihm Rechtsfolgen für die Gegenwart und Zukunft, insbesondere mögliche Ansprüche auf Vergütung ergeben können ([X.] 20. September 2016 - 9 [X.] - Rn. 23 mwN).

4. Der Kläger hat das Recht, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der [X.] auch über den 31. März 2014 hinaus klageweise geltend zu machen, nicht nach den für eine Prozessverwirkung geltenden Grundsätzen verwirkt.

a) Das Recht, eine Klage zu erheben, kann verwirkt werden mit der Folge, dass eine dennoch angebrachte Klage unzulässig ist. Dies kommt jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht. Das Klagerecht kann ausnahmsweise verwirkt sein, wenn der Anspruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren [X.]raums erhebt und zusätzlich ein Vertrauenstatbestand beim Anspruchsgegner geschaffen worden ist, er werde gerichtlich nicht mehr belangt werden. Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an der sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die nicht innerhalb angemessener Frist erhobene Klage nicht mehr zumutbar ist. Durch die Annahme einer prozessualen Verwirkung darf der Weg zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Dies ist im Zusammenhang mit den an das [X.]- und Umstandsmoment zu stellenden Anforderungen zu berücksichtigen ([X.] 21. September 2017 - 2 [X.] - Rn. 29; 20. April 2011 - 4 [X.] - Rn. 23 mwN).

b) Die Voraussetzungen der Prozessverwirkung liegen im Streitfall nicht vor. Es kann dahinstehen, ob die Untätigkeit des [X.] ein ausreichendes [X.]moment begründet. Jedenfalls fehlt es an dem für die Prozessverwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Die Beklagte hat keine besonderen Umstände vorgetragen, aufgrund derer es ihr aus Vertrauensgesichtspunkten nicht zugemutet werden könnte, sich im Rahmen eines Rechtsstreits auf das Klagebegehren einzulassen und sich hiergegen zu verteidigen. Sie hat sich insbesondere nicht darauf berufen, sie habe aufgrund eines bei ihr entstandenen Vertrauens, der Kläger werde keine Klage mehr erheben, Beweismittel nicht gesichert oder habe sonstige Schwierigkeiten bei der Verteidigung ihrer Rechtsposition im Prozess, die ihr bei früherer Klageerhebung nicht entstanden wären.

II. Der Feststellungsantrag ist begründet. Das zwischen den Parteien nach § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 [X.] zustande gekommene Arbeitsverhältnis besteht auch über den 31. März 2014 hinaus fort. Der Kläger hat sein Recht, sich auch auf ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über dieses Datum hinaus zu berufen, nicht materiell verwirkt.

1. Zwischen den Parteien ist kraft gesetzlicher Fiktion gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 9 Nr. 1 [X.] mit Wirkung zum 1. Januar 2008 ein Arbeitsverhältnis begründet worden, das jedenfalls bis zum 31. März 2014 bestanden hat. Dies ergibt sich aus der den Senat bindenden Rechtskraft des Teils des zweitinstanzlichen Urteils, der nicht Revisionsgegenstand geworden ist.

2. Das so begründete Arbeitsverhältnis besteht über den 31. März 2014 hinaus fort. Die Beklagte hat insoweit keine Beendigungstatbestände vorgetragen.

3. Der Kläger hat das Recht, sich auf das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der [X.] über den 31. März 2014 hinaus zu berufen, nicht materiell verwirkt (§ 242 BGB). Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob das Recht, sich auf den (Fort-)Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, überhaupt verwirken kann (so [X.] 30. Januar 1991 - 7 [X.] - zu II 1 der Gründe; bezweifelnd [X.] 18. Februar 2003 - 3 [X.] - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 105, 59; offengelassen von [X.] 20. September 2016 - 9 [X.] - Rn. 47). Denn die Voraussetzungen für die Verwirkung wären nicht erfüllt. Es ist der [X.] nicht unzumutbar, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. März 2014 hinaus gegen sich gelten zu lassen.

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere [X.] nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der [X.]ablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen ([X.]moment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die spätere Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar anzusehen ([X.] 21. September 2017 - 2 [X.] - Rn. 33; 22. März 2017 - 5 [X.] - Rn. 23). Der Berechtigte muss unter solchen Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen wolle, sodass sich der Verpflichtete darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden ([X.] 20. September 2016 - 9 [X.] - Rn. 48).

b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich dem Gericht der Tatsacheninstanz. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt allein, ob es alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird ([X.] 21. April 2016 - 2 [X.] - Rn. 24; vgl. auch [X.] 24. August 2017 - 8 [X.] - Rn. 20).

c) Es kann offenbleiben, ob im Streitfall ein hinreichendes [X.]moment gegeben wäre. Das [X.] hat jedenfalls zu Unrecht angenommen, die Voraussetzungen für das Vorliegen eines [X.] seien erfüllt.

aa) Das [X.] hat die besonderen Umstände, die ein Vertrauen der [X.] hätten begründen können, der Kläger werde den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr geltend machen, darin gesehen, dass sich dieser ab dem 1. April 2014 wieder den arbeitstechnischen Weisungen der [X.] unterworfen und sich von dieser widerspruchslos in ihren Betrieb eingliedern lassen habe. Nach seiner Abberufung habe für den Kläger die Veranlassung bestanden, seine Rechte gegenüber der [X.] alsbald geltend zu machen.

bb) Dies hält auch einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

(1) Die widerspruchslose Wiederaufnahme der Arbeit durch den Kläger im Betrieb der [X.] nach Beendigung seiner Tätigkeit bei der [X.] stellt keinen Gesichtspunkt dar, durch den das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment erfüllt wurde. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände durfte die Beklagte nicht darauf vertrauen, dass der Kläger das Zustandekommen und das Fortbestehen eines Arbeitsverhältnisses mit ihr nicht geltend machen würde. Die bloße Nichtergreifung von Maßnahmen durch den Kläger gegen seine Abberufung von der [X.] konnte bei dieser nicht die begründete Erwartung hervorrufen, sie werde nicht mehr auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen. Selbst eine jahrelange Untätigkeit reicht für sich allein genommen für den Verwirkungseinwand nicht aus (vgl. [X.] 17. Januar 2007 - 7 [X.] - Rn. 33). Weder aus den Feststellungen des [X.]s noch aus dem Vorbringen der [X.] ergibt sich, dass die Beklagte es auch nur in Erwägung gezogen hat, es könne ein Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen haben und deshalb ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger fingiert worden sein. Wer überhaupt keine Kenntnis von einer möglichen Rechtsposition eines Dritten hat, kann auf das Ausbleiben einer entsprechenden Forderung allenfalls allgemein, nicht aber konkret hinsichtlich einer bestimmten Rechtsposition vertrauen (vgl. [X.] 25. September 2013 - 5 [X.] - Rn. 27; 18. Februar 2003 - 3 [X.] - zu [X.] 2 b bb der Gründe, [X.]E 105, 59).

(2) Der Einwand der [X.], sie habe auch deshalb nicht davon ausgehen müssen, als Arbeitgeberin des [X.] in Anspruch genommen zu werden, weil dieser aufgrund einer Kündigung nicht mehr bei der [X.] beschäftigt werde, ist nicht geeignet, das erforderliche Umstandsmoment zu begründen. Der Kläger hat seine Tätigkeit bei der [X.] nicht aufgrund der Kündigung der [X.] eingestellt. Die [X.] hat die Kündigung mit Schreiben vom 14. November 2016 und damit erst zu einem [X.]punkt ausgesprochen, als der Kläger seine Tätigkeit bei der [X.] längst eingestellt und er seine Rechtsposition gegenüber der [X.] bereits mit seiner am 30. Dezember 2015 bei Gericht eingegangenen und dieser am 11. Januar 2016 zugestellten Klage geltend gemacht hatte.

(3) Auch die die Erhebung der Kündigungsschutzklage gegen seine Vertragsarbeitgeberin vermag das Umstandsmoment nicht zu erfüllen (vgl. [X.] 26. Mai 2011 - 8 [X.] - Rn. 33). Ob Dispositionen des Arbeitnehmers über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber seinem Vertragsarbeitgeber überhaupt das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment begründen können, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. [X.] 30. Januar 1991 - 7 [X.] - zu III 2 der Gründe). Als Dispositionen über den Bestand des Arbeitsverhältnisses sind jedenfalls nur solche Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers anzusehen, durch die es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt (vgl. [X.] 26. Mai 2011 - 8 [X.] - Rn. 32). Hierfür ergeben sich im Streitfall aus den Feststellungen des [X.]s und dem Vorbringen der Parteien keine Anhaltspunkte.

(4) Es sind auch keine weiteren Umstände festgestellt oder von der [X.] behauptet worden, die es ihr unzumutbar gemacht hätten, einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegen sich gelten zu lassen. Die Beklagte hat sich insbesondere nicht auf Dispositionen berufen, die sie ihrerseits wegen der Einstellung der Tätigkeit des [X.] zum 31. März 2014 und im Vertrauen darauf getroffen habe, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nicht zustande gekommen sei.

C. Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

   Brühler    

        

  Krasshöfer    

        

  Zimmermann    

        

        

        

  Kranzusch    

        

   Anthonisen    

                 

Meta

9 AZR 508/17

20.03.2018

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Stuttgart, 22. November 2016, Az: 16 Ca 7/16, Urteil

§ 9 Nr 1 AÜG, § 10 Abs 1 S 1 AÜG, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.03.2018, Az. 9 AZR 508/17 (REWIS RS 2018, 12031)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12031

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