Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2000, Az. 1 StR 479/00

1. Strafsenat | REWIS RS 2000, 434

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]/00vom22. November 2000in der Strafsachegegenwegenunerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht [X.] des [X.] hat am 22. November 2000 gemäß §349 Abs. 2 und 4 StPO [X.] Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. Juli 2000 mit den Feststellungen aufge-hoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung [X.] in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.] Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit [X.] von Betäubungsmitteln, zu vier Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.Zudem hat es gemäß §§ 73, 73a StGB im Hinblick auf die vom [X.] diese Straftaten (Kokainverkäufe) erlangten Bruttoerlöse einen Werter-satzverfall in Höhe von 70.000 DM angeordnet. Das auf den [X.] beschränkte Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung [X.], soweit eine Entscheidung hinsichtlich einer Maßregelanordnung unter-blieben ist.- 3 -1. [X.] hat nicht geprüft, ob der Angeklagte gemäß § 64StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Diese Erörterung drängtesich hier auf: Nach den Feststellungen war der Angeklagte, der seit [X.], [X.] und Kokain konsumierte, abhängig. Der Betäubungsmittel-handel diente u.a. der Finanzierung des eigenen Drogenkonsums. Daß beimAngeklagten eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgsnicht besteht, kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden. Vielmehr hatsich der Angeklagte in der Untersuchungshaft selbst an einen Drogenberatergewandt und einer stationären Therapie zugestimmt. Das [X.] hättedaher darlegen müssen, warum es gleichwohl von der Unterbringung, derenAnordnung beim Vorliegen der Voraussetzungen zwingend ist, abgesehen hat.Die Sache bedarf somit insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung unter Hinzuzie-hung eines Sachverständigen (§ 246a StPO).Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, da angesichts der [X.] auszuschließen ist, daß der Tatrichter bei Anordnung [X.] eine niedrigere Strafe verhängt hätte.Auf die Verfahrensrügen, die ausschließlich die nicht erfolgte Maßrege-lanordnung betreffen, kommt es daher nicht mehr [X.] Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler [X.] des Angeklagten ergeben.Die Revision beanstandet ohne Erfolg, daß die Anordnung des [X.] der Strafzumessung unberücksichtigt geblieben ist, obwohl dem [X.] vom Angeklagten gezahlten Einkaufspreise gegenüberstünden und [X.] daher lediglich etwa 20.000 DM betrage. Daß dieser mit demBrutto-Wertersatzverfall verbundene Nachteil bei der Strafzumessung nicht- 4 -berücksichtigt wurde, stellt keinen Rechtsfehler dar, da die Verfallanordnunggemäß §§ 73, 73a StGB nicht zu einer Strafmilderung führen muß ([X.]NStZ 1995, 491; [X.] NStZ-RR 1996, 129, 130; [X.] Urteil vom [X.] - 5 StR 542/96; [X.] NJW 1998, 1723, 1728; [X.] NStZ 2000, 137;[X.] 11. Aufl. § 73 [X.]. 7 und 11 ff.). Die hiergegen von der Revisionund Teilen der Literatur (vgl. [X.]/[X.] StGB 23. Aufl. § 73 [X.]. 4b f.m.w.N.) vorgebrachten Bedenken, wonach zumindest bei über den [X.] hinausgehenden Vermögensverlusten wegen des strafähnli-chen Charakters der Verfallanordnung eine Strafmilderung vorzunehmen sei,greifen nicht durch.Der [X.] verkennt nicht, daß es beim Verfall des Wertersatzes [X.] kommen kann. Dies hat der Gesetzgeber bedacht und in § 73c StGBeinen Härteausgleich vorgesehen; in Ausnahmefällen (vgl. [X.] NStZ 1995,495 und 2000, 481) kann demnach ganz oder teilweise von der Verfallanord-nung abgesehen werden. [X.] hat sich mit dieser Härtevorschriftauseinandergesetzt, dabei bedacht, daß es sich um nicht mehr im [X.] Angeklagten vorhandene Bruttoerlöse handelt, und im Hinblick auf die [X.] zumutbare Einschränkung bei der Lebensführung das Vorliegeneiner unbilligen Härte verneint.Lag die Anwendbarkeit der Härtevorschrift nahe und hat der Tatrichtermit rechtsfehlerfreien Ausführungen ihr Eingreifen verneint, so muß er [X.] auch nicht mehr im Rahmen der Strafzumessung erörternund berücksichtigen.Dem steht nicht entgegen, daß die Einziehung als Nebenstrafe im Rah-men der Strafzumessung zu berücksichtigen ist (vgl. [X.] StV 1987, 389). [X.] als etwa bei der Einziehung eines mit legalen Einkünften finanzierten- 5 -Tatfahrzeuges gemäß § 74 StGB betrifft der Verfall des [X.] ei-nen unrechtmäßig erlangten Vermögensbestandteil. Hinzu kommt, daß der An-geklagte aufgrund der Nichtigkeit der Kaufpreisübereignung gemäß § 134 BGB([X.] NJW 1983, 636; [X.]/[X.] BGB 59. Aufl. § 134 [X.]. 13) keinEigentum an dem für das Kokain erhaltenen Geld erworben hat (was nach§§ 73 Abs. 4, 73a StGB dem Verfall des Wertersatzes nicht entgegensteht).Die Abschöpfung betrifft mithin Vermögensbestandteile, hinsichtlich der einrechtlich schützenswertes Vertrauen, sie behalten zu dürfen, beim Angeklagtennie bestanden hat. Außerdem hätte auch das seinerseits vom Angeklagtenaufgewandte Kaufgeld, wenn er bereits beim Einkauf des Kokains festgenom-men worden wäre, eingezogen werden können (vgl. [X.] NStZ 1995, 491).Anders als die der Einziehung unterliegenden Gegenstände sind diedem Verfall unterliegenden Vermögensbestandteile auch häufig zuvor nichtsichergestellt worden, so daß im Zeitpunkt der Urteilsverkündung - wie hier -noch nicht feststeht, ob der Staat den Zahlungsanspruch überhaupt durchset-zen kann (eine Ersatzfreiheitsstrafe droht dem Täter insoweit nicht). Die straf-mildernde Berücksichtigung des Verfalls bei [X.], die später nicht zahlen,wäre ebenso ungerechtfertigt wie die Beschränkung auf im Zeitpunkt [X.] wohlhabende Angeklagte.Die Auffassung des [X.] steht auch mit dem Gesetzes-zweck im Einklang. Die vor dem 7. März 1992 gültigen Regelungen über [X.] waren wegen ihrer Kompliziertheit heftiger Kritik ausgesetzt (vgl. [X.], Praxis der Strafzumessung 2. Aufl. [X.]. 166). So unterlag ursprünglich nurder Nettogewinn des [X.] dem Verfall, was den Tatrichter dazu zwang, sämt-liche gewinnmindernden Unkosten des Straftäters (Reisekosten, Hotelkosten,Einkaufspreis, Kurierlohn, Schmiergelder usw.) festzustellen und [X.] 6 -Dem trug der Gesetzgeber durch die Neufassung dieser Vorschriften und [X.] der [X.]. Der Rechtsgedanke des§ 817 Satz 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwie-derbringlich verloren ist, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers auch beimVerfall Anwendung finden ([X.] 11. Aufl. § 73 [X.]. 5 f. mit [X.] würde es entgegenstehen, wenn [X.] nunmehr bei der Strafzumessung die dem [X.] [X.] seiner kriminellen und daher im Verborgenen abgewickelten Ge-schäfte entstandenen (zunächst verschleierten und später dann häufig unüber-prüfbar aufgeblähten) Unkosten feststellen und berücksichtigen müßte.Schäfer [X.]Schluckebier Kolz [X.]

Meta

1 StR 479/00

22.11.2000

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2000, Az. 1 StR 479/00 (REWIS RS 2000, 434)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 434

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.