Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.02.2024, Az. AK 2/24

3. Strafsenat | REWIS RS 2024, 619

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Tenor

Die Untersuchungshaft hat [X.].

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den [X.] findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.

Gründe

[X.]

1

Der Beschuldigte wurde am 9. März 2023 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund eines Haftbefehls des [X.] vom 8. März 2023 (42 [X.] 499/23). Gegenstand dieses Haftbefehls war der Vorwurf, der Beschuldigte habe - jeweils gewerbsmäßig und gemeinsam mit anderen handelnd - zum einen über sein Unternehmen [X.]                     ([X.]  ) zwischen Januar 2020 und Oktober 2021 in 14 Fällen Gegenstände im Gesamtwert von 161.954,49 € ohne Genehmigung nach [X.] ausgeführt, obwohl diese, wie er gewusst habe, Anhang I der [X.] unterfielen, strafbar gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Abs. 7 Nr. 2 [X.] aF und nF in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 beziehungsweise Art. 3 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 2021/821 des [X.] und des Rates vom 20. Mai 2021, § 25 Abs. 2, § 53 StGB. Zum anderen habe er Ende Februar 2023 Elektronikbauteile im Wert von 133.861,66 €, die in Anhang VII der [X.]-Embargo-Verordnung gelistet gewesen seien, an einen [X.] Abnehmer verkauft und am 1. März 2023 einem [X.] Kurier zum Transport übergeben, strafbar gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 5, Abs. 7 Nr. 2 [X.], Art. 2a Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014.

2

Im Folgenden haben sich Hinweise auf zusätzliche Embargoverstöße ergeben. Auf Antrag des [X.], der das zuvor von der Staatsanwaltschaft [X.] geführte Ermittlungsverfahren übernommen hatte, hat der Ermittlungsrichter des [X.] den Haftbefehl des Amtsgerichts am 28. August 2023 aufgehoben und durch einen neuen Haftbefehl ersetzt (1 B[X.] 1134/23). Der dem Beschuldigten am selben Tag verkündete neue Haftbefehl wirft ihm neben den präzisierten bereits zuvor bekannten Taten vor, in 13 weiteren Fällen zwischen August 2022 und Februar 2023 im Gesamtwert von 482.087,27 € gewerbsmäßig Elektronikbauteile mit potentieller militärischer Verwendung nach [X.] verkauft und ausgeführt zu haben, die von [X.] der [X.]-Embargo-Verordnung erfasst seien, strafbar gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 7 Nr. 2 [X.] in Verbindung mit Art. 2a Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 in der zu den [X.] jeweils gültigen Fassung.

3

Der [X.] hat mit [X.]ick auf den neuen Haftbefehl am 30. August 2023 beantragt festzustellen, dass eine Haftprüfung nach den §§ 121, 122 StPO durch den Senat zum damaligen Zeitpunkt nicht veranlasst gewesen ist. Diesem Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 20. September 2023 ([X.], NStZ-RR 2023, 349) entsprochen und den Ablauf der durch den neuen Haftbefehl in Gang gesetzten Sechsmonatsfrist auf den 20. Januar 2024 datiert. Rechtlich hat er das dem Beschuldigten im Sinne eines dringenden Tatverdachts zusätzlich angelastete Verhalten wie im Haftbefehl gewertet und offengelassen, ob es zugleich die Voraussetzungen einer Bandentat nach § 18 Abs. 7 Nr. 2, Abs. 8 [X.] erfüllt.

I[X.]

4

Die Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft und deren Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.

5

1. Gegenstand des [X.] ist der nach § 122 Abs. 1 StPO vorgelegte vollzogene Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] vom 28. August 2023. Soweit der [X.] ausweislich seiner Zuschrift vom 15. Januar 2024 inzwischen von insgesamt 54 [X.] ausgeht, weil wiederum zusätzliche deliktische Ausfuhren ermittelt worden seien, finden diese keine Berücksichtigung. Gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 StPO ist dem Senat eine Erweiterung des Haftbefehls um neue prozessuale Taten verwehrt (st. Rspr.; s. etwa [X.], Beschluss vom 18. November 2021 - AK 47/21, juris Rn. 8 mwN).

6

2. In Bezug auf die im Haftbefehl erhobenen Tatvorwürfe, die den dringenden Tatverdacht belegenden Umstände, die rechtliche Bewertung und die Haftgründe wird auf die fortgeltenden Ausführungen im Beschluss des Senats vom 20. September 2023 verwiesen. Die weiteren Ermittlungen des Zollkriminalamts haben die bisherigen Tatvorwürfe erhärtet und zum Teil präzisiert. Insoweit wird auf die Antragsschrift des [X.] und die darin in Bezug genommenen zollpolizeilichen Vermerke verwiesen, insbesondere den Schlussvermerk vom 20. Dezember 2023 ([X.], [X.]. 75 ff.).

7

3. Die Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil noch nicht zugelassen.

8

Der Beschuldigte veranlasste [X.] über ein internationales Firmennetzwerk die im Haftbefehl genannten 26 Verkäufe, Ausfuhren und Lieferungen mit zum Teil mehreren unterschiedlichen inkriminierten Einzelpositionen. Somit ist für eine Vielzahl von Gütern eine fachtechnische Stellungnahme des [X.] einzuholen gewesen. Die Auslandsbezüge der Taten haben zeitaufwendige Rechtshilfeersuchen erforderlich gemacht, unter anderem an die [X.] und die [X.]. Zahlreiche Schriftstücke sowie elektronische Speichermedien im Umfang von 1,19 Terrabyte sind auszuwerten und in weiten Teilen zu übersetzen gewesen. Hinzu kommen aufwendige Finanzermittlungen, die eine sechsstellige [X.] durch die Taten erlangte Summe aufgedeckt haben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vermerk des Zollkriminalamts vom 3. Januar 2024 Bezug genommen ([X.], [X.]. 257 ff.), soweit er die Ermittlungen zu den im Haftbefehl aufgeführten Taten betrifft.

9

Die Ermittlungen sind durchweg mit hohem Personalaufwand beschleunigt geführt worden und mittlerweile abgeschlossen. Der [X.] hat mitgeteilt, dass derzeit die Anklageschrift gefertigt wird.

4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach wie vor nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Schäfer                                 [X.]

Meta

AK 2/24

06.02.2024

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend AG Mannheim, 8. März 2023, Az: 42 Gs 499/23

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.02.2024, Az. AK 2/24 (REWIS RS 2024, 619)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 619

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