Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.01.2014, Az. 3 StR 365/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 8436

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Gegenstand

Betrug: Vermögenschaden bei werthaltigen Sicherheiten des Verfügenden


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. Mai 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) in den Fällen N.La.aa. nebst [X.]., [X.]. nebst 6.a.aa., [X.]., [X.]., [X.]. nebst 10.a.aa., [X.]. und II.1[X.]. der Urteilsgründe,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betruges in 36 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts und drei Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten, mit der er außerdem das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses geltend macht, hat mit der Sachrüge in dem sich aus der [X.] ergebenden Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie aus den in der Antragsschrift des [X.] dargelegten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s übte der Angeklagte den Beruf des Versicherungsmaklers aus. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte er mit mehreren Versicherungsunternehmen sogenannte Courtageverträge abgeschlossen, aufgrund derer er bei Einreichen vermittelter Versicherungsverträge einen Anspruch auf Auszahlung der Provision erwarb, die zu Beginn des [X.] fällig und unter Abzug einer Stornoreserve ausgezahlt wurde. Ab dem [X.] gewann er mit dem Versprechen, die Versicherungsprämien für eine gewisse Zeit zu übernehmen und ihnen zusätzlich eine Geldzahlung zu leisten, eine Vielzahl von Kunden dafür, Anträge auf Abschluss langfristiger Versicherungsverträge - wie Renten- und Lebensversicherungen - zu unterschreiben. Tatsächlich hatten die Kunden nicht den Willen und in den meisten Fällen auch nicht die finanziellen Mittel, den [X.] durchzuführen. Vielmehr wollten sie, wie ihnen vom Angeklagten vorgeschlagen worden war, innerhalb eines Jahres den [X.]sschluss mit der Behauptung, eine bestimmte Verbraucherinformation nicht erhalten zu haben, widerrufen. Obwohl der Angeklagte dies wusste, reichte er bei den jeweiligen Versicherungen die Anträge der Kunden ein, um so in den Genuss der Provision zu gelangen und sich um den Differenzbetrag zwischen den ausgezahlten Versicherungsprovisionen und den von ihm übernommenen Versicherungsprämien zu bereichern. Der Angeklagte konnte so im Tatzeitraum zwischen dem 18. November 2005 und 8. April 2006 nach Abzug der von ihm geleisteten Prämien Provisionen in einer Höhe von insgesamt rund 160.800 € einnehmen. Sämtliche Verträge wurden in der Folge storniert. [X.] leistete der Angeklagte nicht.

3

2. Der Schuldspruch hält in den in der [X.] genannten Fällen rechtlicher Überprüfung nicht stand, in denen die "[X.]" dem Angeklagten Provisionszahlungen aufgrund von ihm - teilweise gleichzeitig - eingereichter [X.] leistete; denn insoweit bleibt nach den Urteilsgründen offen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Versicherung jeweils ein Schaden entstanden ist.

4

a) Der Vermögensschaden beim Betrug ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] durch einen umfassenden Vergleich der Vermögenslage des [X.] vor und nach dessen Vermögensverfügung festzustellen ([X.], Beschluss vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08, [X.], 206; Beschluss vom 18. Februar 1999 - 5 [X.], [X.]St 45, 1, 4; Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98, [X.], 353, 354; Beschluss vom 4. Juni 2013 - 2 StR 59/13, [X.], 13). An einem Vermögensschaden fehlt es etwa dann, wenn der Verfügende seinerseits eine Forderung - insbesondere auf Rückzahlung - geltend machen kann, soweit er über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein diesbezügliches Ausfallrisiko abdecken und die er ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand, namentlich ohne Mitwirkung des Schuldners und ohne Gefährdung durch ihn sofort nach Fälligkeit realisieren kann, wobei hinsichtlich der Bonität der Sicherheiten auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung abzustellen ist ([X.], Urteil vom 4. März 1999 - 5 StR 355/98, [X.], 353, 354; Beschlüsse vom 1. September 1994 - 1 StR 468/94, [X.], 254, 255; vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08, [X.], 206 und vom 4. Juni 2013 - 2 StR 59/13, [X.], 13).

5

b) Danach ist in den genannten Fällen der Eintritt eines Schadens bzw. dessen Höhe nicht hinreichend belegt. Das [X.] hat im Rahmen der Strafzumessung ausgeführt, der Angeklagte habe etwaige Provisionsrückforderungsansprüche der "[X.]", die in den oben genannten sieben Fällen Provisionszahlungen von mehr als 21.700 € leistete, durch die Verpfändung eines Wertpapierdepots mit einem Bestand von rund 55.000 € abgesichert, so dass diese Versicherung ihren Schaden durch die Verwertung der Sicherheit habe "begrenzen" können. Damit besteht aber die Möglichkeit, dass die "[X.]" über werthaltige Sicherheiten verfügte, die die Vermögensminderung bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Provisionszahlung ausglichen oder jedenfalls verringerten. Ob diese Sicherheit vorliegend ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand, namentlich ohne Mitwirkung des Angeklagten und ohne Gefährdung durch ihn sofort nach Fälligkeit realisiert werden konnte, so dass ein Schaden nicht oder nur in "begrenzter" Höhe entstanden ist, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.

6

Das Urteil kann daher hinsichtlich der sieben Taten zum Nachteil der "[X.]" keinen Bestand haben. Die Aufhebung der Verurteilungen in diesen Fällen führt zum Wegfall der hierfür verhängten Einzelstrafen. Damit hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand.

[X.]                    Hubert                    Schäfer

            Gericke                     Spaniol

Meta

3 StR 365/13

23.01.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg), 27. Mai 2013, Az: 5 KLs 31/11

§ 263 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.01.2014, Az. 3 StR 365/13 (REWIS RS 2014, 8436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8436

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 365/13

1 StR 499/20

Zitiert

2 StR 59/13

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