Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2017, Az. 1 StR 573/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 6719

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:100817B1STR573.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 573/16

vom
10. August
2017
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen
zu 1.: Betruges u.a.

zu 2.: Beihilfe zum Betrug

hier:
Revisionen der Angeklagten R.

und M.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 10. August
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4, § 357
StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten R.

wird das Urteil des [X.] vom 4. Mai 2016 aufgehoben,
a) mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte R.

und der Mitangeklagte G.

wegen Betruges in zwei Fällen verurteilt worden sind;
b) soweit der Angeklagte R.

wegen der Taten zu [X.] 5. b., d. und f. der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist;
c) im den Angeklagten R.

betreffenden Gesamtstraf-ausspruch.
2. Auf die Revision des Angeklagten M.

wird das oben ge-nannte Urteil

soweit es ihn betrifft

mit den Feststellungen
aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten R.

wird verworfen.

-
3
-

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten R.

wegen Betruges in zwei Fällen, wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, wegen beharrlicher Zuwiderhandlung gegen eine Gewerbeunter-sagung in zwei Fällen und wegen vorsätzlich falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verur-teilt. Den Angeklagten M.

hat es wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen

revidierenden Mitangeklagten G.

hat es wegen Betruges in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung,
unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheits-strafe von vier Jahren verurteilt.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten R.

und
M.

mit ihren auf die Verletzung sachlichen Rechts und Verfahrensrügen gestützten Revisionen, die in dem aus der [X.] ersichtlichen Um-fang Erfolg haben. Die Aufhebung war
auf die hier allein
wegen der [X.] erfolgten
Verurteilung des
Mitangeklagten
G.

zu erstrecken. Die weitergehende Revision des Angeklagten R.

war zu verwerfen.

[X.]
Die Revision des Angeklagten R.
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-
1. Die vom Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung des § 229 StPO erweist sich aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift ausge-führten Gründen als unbegründet.

2. Die Sachrüge ist jedoch teilweise begründet.
a) Der Schuldspruch wegen Betruges in zwei Fällen hält der sachlich-
rechtlichen Überprüfung nicht stand.
aa) Nach den
Feststellungen des [X.]s
stellte der Angeklagte
R.

im Januar 2011 gemeinsam mit dem nicht revidierenden
[X.]
G.

über den als Kreditvermittler tätigen Angeklagten
M.

einen Kreditantrag bei der H.

Sparkasse. Hierzu legten sie gefälschte Ausweispapiere und Gehaltsbescheinigungen für eine erfundene Person namens S.

vor, die sie als Kreditnehmer ausgaben. Der [X.] war darauf gestützt, dass der Kreditnehmer plane, ein Doppelhaus auf einem noch zu kaufenden Grundstück zu errichten. Während der Angeklagte M.

spätestens Ende Februar 2011 billigend in Kauf nahm, dass die [X.] gefälscht waren, vertraute das Kreditinstitut auf die Angaben zum Kreditnehmer und dessen Bonität. Im darauf folgenden März und April kam es deswegen zum Abschluss von vier Darlehensverträgen über insgesamt .

hatte schon zuvor mit der von dem Angeklagten R.

geführten Grund-stücksverwaltungsgesellschaft W.

b.R. einen Bauvertrag geschlossen, der errichtet werden sollte. Im Mai 2011 ließ sich das Kreditinstitut eine Buchgrund-schuld in Höhe 2011 und März 2012 wurden

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der Darlehenssumme auf Notaranderkonten
ausgezahlt. Von dort veranlasste der Angeklagte R.

die Weiterleitung der Gelder auf von ihm kontrollierte Konten. Einen Teil des Geldes leitete er an den nicht revidierenden [X.] G.

weiter, auch dem Angeklagten M.

zahlte er eine Summe als Provision aus. Auf das Geld hatten es die Angeklagten abgesehen. egen die [X.] H.

Sparkasse gekündigt wurden. Das Doppelhaus war zu diesem Zeitpunkt zwar errichtet, befand sich aber noch in einem Rohbauzu-stand.
Im September 2012 stellten die Angeklagten R.

und G.

über den Angeklagten M.

als Vermittler erneut einen Kreditantrag bei der H.

Sparkasse. Auch diesem Antrag lag zugrunde, dass auf einem Grundstück ein Doppelhaus errichtet werden sollte. Als Kreditnehmer trat der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche gesondert Verfolgte Wo.

auf, der vom Angeklagten R.

mit einer Legende als gutver-dienender zukünftiger Bauherr versehen worden war. Wo.

legte zu der Legende passende gefälschte Gehaltsbescheinigungen vor, aber auch den von ihm geschlossenen Kaufvertrag über das Grundstück und einen Bauvertrag mit der Grundstücksverwaltungsgesellschaft W.

b.R., wonach diese das [X.] vertraute auf die Bonität des Kreditnehmers und schloss mit ihm im September 2012 zwei Darlehensa-Folgemonat

r Darlehenssumme ausgezahlt. Nachdem keine Tilgung erfolgte, kündigte das Kreditinstitut im Februar 2013 das Darlehen. Das besicherte Grundstück war zu diesem Zeitpunkt nur mit einem Fundament ver-sehen.
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In beiden Fällen konnte durch die Zwangsversteigerung der
Grundstücke durch die H.

Sparkasse nur ein deutlich unter der ausgezahlten [X.] liegender Erlös erzielt werden. In der Differenz zwischen ausge-zahltem Darlehen und Erlös zuzüglich im ersten Fall geleisteter Tilgungen liegt nach
der Wertung des [X.]s der Vermögensschaden.
[X.]) Der [X.] hat in seiner Antragsschrift hierzu ausge-führt:
"Die Urteilsfeststellungen bieten keine ausreichende Grundlage für die Wertung des [X.]s, der H.

Sparkasse sei in den Fällen [X.] 1. und 2. ein Vermögensschaden entstanden.
Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des [X.] bei wirtschaftlicher Betrach-tung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minde-rung des Gesamtwertes seines Vermögens führt (Prinzip der Ge-samtsaldierung;
st. Rspr. vgl. nur Senat, Urteil vom 2. Februar 2016

1 [X.], [X.], 286

288 m.w.N.). Maßgeblich ist der Zeit-punkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswer-tes unmittelbar vor und nach der Verfügung ([X.], Beschluss vom 14.
April 2011

2 [X.], [X.], 638, 639). Ob und in wel-chem Umfang die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden [X.] mit dem Rückzahlungsanspruch des [X.] zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsan-spruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gege-8
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bene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer [X.] oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des [X.] entsteht demnach insoweit kein Schaden, wenn und soweit der ge-täuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein [X.] abdecken und

ohne dass der Schuldner dies vereiteln könn-te

mit unerheblichem
zeitlichen und finanziellen Aufwand
realisierbar sind (vgl. Senat, aaO; [X.], Beschluss vom 21. Oktober 2008

3 [X.], [X.], 150). Ein Minderwert des Rückzahlungsanspruchs, etwa infolge einer Täuschung über die Bonität, kann mithin durch den Wert hinreichend werthaltiger und liquider Sicherheiten kompensiert werden (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Januar 2013

2 [X.], [X.], 268 m.w.N.).
Diesen Maßstäben wird das landgerichtliche Urteil nicht in vollem Um-fang gerecht, wenn es zur Bezifferung der Schäden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB auf den Vermögensverlust abstellt, der dem geschädigten Finanzinstitut durch die Auszahlung der Immobilienkredite (im Fall 1: 277.536 [X.] und im Fall 2: 198.000 [X.]) abzüglich des erzielten [X.] und der geleisteten Tilgungen entstanden ist, und
Wert der [X.] unter Berücksichtigung der Werthal-tigkeit der als Sicherheit bestellteder Darlehensgewährung ermitteln müssen. Nur soweit jeweils ein täu-schungsbedingter Minderwert des gesicherten Darlehensrückzahlungs-anspruchs vorliegt, ist die Annahme eines Schadens

ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf des [X.] (noch) ankommt

gerechtfertigt.
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Nach den Urteilsfeststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die für die H.

Sparkasse in den Fällen [X.] und [X.] im Grundbuch [X.] und der Bank dadurch kein Vermögensschaden entstanden ist.
Gegen das Vorliegen eines Vermögensschadens spricht insbesondere im Fall [X.] 1. der Umstand, dass der Verkehrswert des Objekts im [X.]). Dass die Zwangsversteigerung letztendlich als Erlös nur 143.000,00 ckzahlungsanspruch der H.

Sparkasse gegen den Kreditnehmer nicht werthaltig war.
Auch ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte hin-sichtlich der Vermögensschäden aufgrund nicht ausreichender [X.] überhaupt Tatvorsatz (§ 16 StGB) hatte. Denn die Verkehrswerte [X.] der Grundschulden und im Rahmen der Zwangsversteigerung fest-gesetzt. Das [X.] verhält sich nicht dazu, ob der Angeklagte nicht davon ausgegangen ist, dass die H.

Sparkasse durch die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden ausreichend abgesichert war.
Wegen der [X.] der Feststellung kann deshalb der Schuld-spruch wegen Betrugs in zwei Fällen zum Nachteil der H.

Spar-kasse keinen Bestand haben, so dass es auf die insoweit erhobenen

Um dem neuen Tatgericht
neue, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sind die Urteilsfeststellungen zu den Tatkomplexen [X.] 1. und 2. insgesamt aufzuheben."
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cc) Dem schließt sich der Senat an. Danach kommt es auf die beiden Verfahrensrügen, die nur die Verurteilung wegen Betruges betreffen, nicht mehr
an. Da der aufgezeigte sachlich-rechtliche
Mangel im Hinblick auf das Vorlie-gen eines Vermögensschadens auch den Mitangeklagten G.

be-trifft, war die Aufhebung

entsprechend dem Antrag des [X.]

gemäß § 357 StPO auf dessen Verurteilung zu erstrecken. Damit konn-te aber auch dessen tateinheitliche Verurteilung wegen Urkundenfälschung keinen Bestand haben.
b) Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen, davon zwei Fälle im Versuch, hat hinsichtlich der den Veranlagungszeitraum 2012 be-treffenden Verurteilungen wegen der drei Taten der Hinterziehung von [X.], Gewerbe-
und Umsatzsteuer keinen Bestand. Auf die vom [X.] beantragte Schuldspruchberichtigung, dass vier der sechs Fälle nur versucht waren, wovon das [X.] in den Gründen auch ausgegangen ist, kam es danach nicht mehr an.
aa) Nach den Feststellungen war der Angeklagte
R.

Geschäfts-führer der Firma Grundstücksverwaltungsgesellschaft W.

b.R., die u.a. Bau-leistungen erbrachte und in den Jahren 2011 und 2012 steuerbare Umsätze in Höhe von 205.130,92

,79

r [X.] von geschätzten Pauschbeträgen ergab sich sodann ein zu versteuerndes 2012. Der Angeklagte gab aber jeweils keine Einkommensteuer-, Gewerbe-
oder Umsatzsteuererklärung ab. Vor Abschluss der jeweiligen Veranlagungsar-beiten für die Einkommen-
und Gewerbesteuer wurde dem Angeklagten am 24.
Oktober 2013 die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens betreffend diese 10
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Steuerarten und Veranlagungszeiträume bekannt gegeben. Bereits am 11. Juni

[X.] hat ihrer Würdigung zugrunde gelegt, dass der Ange-klagte mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar nicht mehr selber
[X.]
und Gewerbesteuererklärungen
hätte abgeben können. Er sei aber verpflichtet gewesen, den Insolvenzverwalter bei der Abgabe zu unterstützen. Gegen diese Aufklärungs-
und Mitwirkungspflicht habe er verstoßen, weswegen die Steuererklärungen unterblieben seien. Das sei ihm zuzurechnen.
[X.]) Die Ansicht des [X.]s, der Verstoß gegen eine insolvenz-rechtlich begründete Aufklärungs-
und Mitwirkungspflicht

der im Übrigen be-weiswürdigend durch nichts belegt ist

erfülle ohne weiteres den Tatbestand des §
370 Abs. 1 Nr. 2 [X.], geht fehl. [X.] ist nur pflichtwidriges Unterlassen gegenüber den Finanzbehörden. Nach ständiger Rechtsprechung kann Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß §
370 Abs.
1 Nr.
2 [X.] nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist ([X.], Urteil vom 9. April 2013

1 [X.], Rn. 52, 64, [X.]St 58, 218, 227, 231 mwN) und nicht derjenige, der Tatsachen in Unkenn

Eine eigene Erklärungspflicht gegenüber dem Finanzamt nimmt das [X.] für den Angeklagten nicht an. Dafür, dass der Insolvenzverwalter oder sonst ein nach §
34 Abs. 3 [X.] pflichtwidrig die Ab-gabe der Steuererklärungen unterlassen hat, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Auf die Frage, ob dem Angeklagten eine fremde Pflichtverletzung zuzurechnen wä-re, kommt es danach nicht mehr an.

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(1) Der rechtsfehlerhafte Ansatz wirkt sich aber für die den Veranl[X.]szeitraum 2011 betreffenden ausgeurteilten Steuerhinterziehungen nicht aus. Zur Abgabe der jeweiligen Steuererklärungen war der Angeklagte bis zum 31.
Mai 2012 und mithin bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst verpflichtet.
Da
er trotz steuerbarer Umsätze keine Umsatzsteuerjahreserklärung ab-gab, ließ er die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsa-chen in Unkenntnis. Mit Ablauf dieser Frist wurde die Umsatzsteuer verkürzt, weil die Umsatzsteuerjahreserklärung als Steueranmeldung einer Steuerfest-setzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, § 168 Satz
1 [X.]. Mit dem Verstreichenlassen dieses Fälligkeitszeitpunktes
ist die Umsatzsteuerhin-terziehung vollendet und zugleich beendet ([X.], Beschluss vom 8. Dezember 2016

1 [X.], [X.], 82 mwN).
Für die Einkommen-
und Gewerbesteuer war der Angeklagte ebenfalls noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst zur Abgabe der Erklärungen verpflichtet. Mit dem Verstreichenlassen der Erklärungsfrist am 31. Mai 2012 ist er in das Stadium des Versuchs der Einkommen-
bzw. [X.] eingetreten. Der vom [X.] angenommene Übergang der Erklä-rungspflicht auf den Insolvenzverwalter ist nach den Feststellungen erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 11. Juni 2012 und mithin vor Vollendung der Taten (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Januar 2002

5 [X.] Rn. 11, [X.], 437) eingetreten. Das [X.] hat insoweit auch nur wegen Versuchs verurteilt. Rechtlich zutreffend ist es davon ausgegangen, dass vor dem Abschluss der Veranlagungsarbeiten am 1.
November 2013 und mithin ebenfalls noch vor Vollendung der Taten, die strafbewehrten [X.] durch die Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens suspen-diert worden sind (vgl. [X.], Beschlüsse vom 26. April 2001

5 StR 587/00,
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Rn. 28, [X.]St 47, 8, 13 f.
und
vom 23. Januar 2002

5 [X.], Rn. 9 ff., [X.], 437).
(2) Für den Veranlagungszeitraum 2012 wirkt sich der Rechtsfehler aber aus. Denn es gilt Folgendes:
Die [X.] liefen erst mit Ablauf des
31. Mai 2013 und somit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab. Zwar bleibt offen, ob es sich bei dem eröffneten Insolvenzverfahren um ein Regelinsolvenzverfahren handel-te, worauf die Erwähnung des Insolvenzverwalters und § 80 Abs. 1 [X.] hin-deutet. Dann hätte der Insolvenzverwalter die steuerlichen Pflichten des hand-lungsunfähigen Schuldners zu erfüllen (vgl. [X.], Urteil vom 6.
November 2012

VII R 72/11, [X.]E 239, 15; [X.]/Rüsken, Abgabenordnung, 13. Aufl., §
34 Rn. 22; [X.], Amtliches [X.]-Handbuch, 2017, AE[X.] zu § 251 Nr. 4.2; vgl. auch [X.], Urteil vom 23. August 1994

VII R 143/92, [X.]E 175, 309, [X.], 1995, 194 zum Konkursverwalter). Die Be-zeichnung als "Privatinsolvenzverfahren"
und die offen zu Tage getretenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten zum Zeitpunkt der Insolvenzer-öffnung weisen allerdings eher auf das Verbraucherinsolvenzverfahren nach §§
304 ff. [X.] hin. In diesem vereinfachten
Insolvenzverfahren
kam dem ge-mäß § 313 Abs. 1 aF [X.]
mit Eröffnung des Verfahrens zu bestellenden Treu-händer jedoch eine dem Insolvenzverwalter entsprechende Stellung zu ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/FGO, 243. Lieferung, § 34 [X.]
Rn.
80a; [X.]/[X.] in MünchKomm [X.], 3. Aufl.,
§ 313 Rn. 9) und er hatte die [X.] Pflichten des handlungsunfähigen Schuldners zu übernehmen ([X.], Urteil vom 28. August 2014

8 K 3677/13 E, Z[X.] 2015, 323; [X.] in [X.]/
[X.]/[X.] aaO; [X.]/Rüsken, Abgabenordnung, 13. Aufl.,
§
34 Rn.
22; [X.], Amtliches [X.]-Handbuch, 2014, 19
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AE[X.] zu § 251 Nr. 12.3 [X.]. Nr. 4.2,
vgl. ebenso in der früheren Fassung des AE[X.]).
Die Erklärungspflichten oblagen damit zum Abgabezeitpunkt
nicht mehr dem im Rechtssinne handlungsunfähigen Angeklagten
R.

als Schuld-ner, sondern

abhängig von der Art des Insolvenzverfahrens

entweder dem Insolvenzverwalter oder dem Treuhänder als Vermögensverwalter nach § 34 Abs.
3 [X.]. Das gilt auch für Steuerabschnitte, die vor der Eröffnung des [X.] liegen ([X.], Beschluss vom 19. November 2007

[X.]/07, [X.]/NV 2008, 334; Urteil vom 23. August 1994

VII R 143/92, [X.]E 175, 309, [X.], 1995, 194).
Ob den Angeklagten
R.

selbst bis zur Bekanntgabe der [X.] eine Erklärungspflicht getroffen hat, kann nach den Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Danach bleibt offen, ob das Insolvenzverfahren abgeschlossen bzw. bereits in das Restschuldbe-freiungsverfahren übergegangen ist. Für dieses Verfahren nimmt der Treuhän-der nicht die Stellung eines Vermögensverwalters nach § 34 Abs. 3 [X.] ein ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/FGO, 243. Lieferung, § 34 [X.], Rn.
80a; [X.]/Rüsken, Abgabenordnung, 13. Aufl.,
§
34 Rn.
22; vgl. auch [X.] aaO).
Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs wegen der den
Veranl[X.]szeitraum 2012 betreffenden Steuerhinterziehungstaten. Davon wird auch die Verurteilung wegen unterlassener Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung erfasst, denn nach den Feststellungen ist nicht auszuschließen, dass die [X.] für die vom Angeklagten statuarisch und faktisch beherrschte Grundstücksverwaltungsgesellschaft
W.

b.R. auch den Wirkungen des In-solvenzverfahrens unterlag.
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[X.]
Revision des Angeklagten M.
Wie vom [X.] beantragt, bleibt die Rüge der Verlet-zung des § 229 StPO zwar ohne Erfolg, jedoch führt die Sachrüge zur Aufhe-bung des Urteils.
Das Vorliegen eines Vermögensschadens für beide Fälle ist aus den oben dargelegten Gründen nicht belegt, so dass es jeweils schon am [X.] als Haupttat fehlt. Weiterhin hat der [X.] Folgendes ausgeführt:
"Auch ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte überhaupt vorsätzlich gehandelt hat. Eine
Strafbarkeit wegen Beihilfe (§
27 StGB) setzt auf subjektiver Seite einen doppelten Gehilfenvorsatz voraus. Dieser muss die Unterstützungshandlung umfassen und sich auf die Vollendung einer vorsätzlich begangenen Haupttat richten, wobei es genügt, dass der Gehilfe erkennt und billigend in Kauf nimmt, dass sein Beitrag sich als unterstützender Bestandteil in einer Straftat manifestie-ren wird ([X.], Beschluss vom 3.
Februar 2016

4 StR 379/15 m.w.N.). Hier ist weder festgestellt noch belegt, dass der Angeklagte wusste oder für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass die gewährten [X.] nicht werthaltig waren."
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Dem schließt sich der Senat an. Er hebt die Feststellungen insoweit ins-gesamt auf, um dem neuen Tatgericht neue widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

Ri[X.] Bellay ist aufgrund

urlaubsbedingter Abwe-

senheit an einer Unter-

schriftsleistung gehindert.

[X.] Graf

Cirener Hohoff
26

Meta

1 StR 573/16

10.08.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2017, Az. 1 StR 573/16 (REWIS RS 2017, 6719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6719

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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