Bundespatentgericht, Urteil vom 08.03.2023, Az. 4 Ni 22/21 (EP)

4. Senat | REWIS RS 2023, 3122

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Gegenstand

Patentnichtigkeitssache – „Vorrichtung zum Verschließen eines Gehäuses eines Steckverbinders“ – patentfähiger Hilfsantrag


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 2 820 721

([X.] 2013 009 946)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 8. März 2023 durch [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.]. Univ. Dr. Haupt sowie Dipl.-Ing. Tischler

für Recht erkannt:

[X.] Das europäische Patent 2 820 721 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:

1. Vorrichtung zum Verschließen eines ein erstes Gehäuseteil (1) und ein zweites Gehäuseteil (1) aufweisendes aufweisendes Gehäuse eines Steckverbinders, mit

einem [X.] (3), welches einen länglich ausgebildeten Griff (4) und zwei [X.] (5), welche jeweils mit dem Griff (4) verbunden sind, aufweist, wobei

die [X.] (5) jeweils ein erstes [X.] (6) und ein zweites [X.] (7) aufweisen, welche V-förmig zueinander angeordnet sind und welche jeweils einen freien Endabschnitt (8, 9) zum Befestigen an an dem ersten Gehäuseteil (1) und an dem zweiten Gehäuseteil (2) ausgebildeten Lagerzapfen (10, 11) aufweisen,

wobei zwischen dem ersten [X.] (6) und dem zweiten [X.] (7) mindestens ein drittes [X.] (14) derart angeordnet ist, dass die [X.] (5) jeweils eine Durchgangsöffnung (19) aufweisen, welche durch das erste [X.] (6), das zweite [X.] (7) und das dritte [X.] (14) begrenzt ist,

wobei das erste [X.] (6), das zweite [X.] (7) und das dritte [X.] (14) einstückig miteinander ausgebildet sind und dass das dritte [X.] (14) eine bogenförmige Krümmung aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass wobei das dritte [X.] (14) mit dem freien Endabschnitt (8) des ersten [X.]es (6) und mit dem freien Endabschnitt (9) des zweiten [X.]es (7) verbunden ist , und wobei sich das dritte [X.] (14) unterbrechungsfrei zwischen dem freien Endabschnitt (8) des ersten [X.]es (6) und dem freien Endabschnitt (9) des zweiten [X.]es (7) erstreckt .

2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das dritte [X.] (14) einen ersten Endabschnitt (15) und einen zweiten Endabschnitt (16) aufweist, wobei das dritte [X.] (14) mit seinem ersten Endabschnitt (15) mit dem ersten [X.] (6) und mit seinem zweiten Endabschnitt (16) mit dem zweiten [X.] (7) verbunden ist, wobei der erste Endabschnitt (15) und der zweite Endabschnitt (16) eine geringere Querschnittsfläche aufweisen als ein Bereich (17) des dritten [X.]es (14), welcher zwischen dem ersten Endabschnitt (15) und dem zweiten Endabschnitt (16) ausgebildet ist.

3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das dritte [X.] (14) eine oder mehrere Einschlitzungen aufweist.

4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das [X.] (3) aus einem kohlefaserverstärkten oder einem glasfaserverstärkten Kunststoff ausgebildet ist.

5. Steckverbinder, umfassend ein ein erstes Gehäuseteil (1) und ein zweites Gehäuseteil (2) aufweisendes Gehäuse und eine Vorrichtung zum Verschließen des Gehäuses nach einem der Ansprüche 1 bis 4.

I[X.] Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II[X.] Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen 90 % und die Beklagte 10 %.

[X.] Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des [X.] 721 (Streitpatent), das – unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.] 2012 101 614 vom 28. Februar 2012 – am 1. Februar 2013 angemeldet worden ist. Die Erteilung des [X.]n Patents ist am 18. April 2018 veröffentlicht worden. Das in [X.] gefasste Streitpatent ist in Kraft.

2

Das [X.] führt das Streitpatent unter dem Aktenzeichen 50 2013 009 946.6. Es trägt die Bezeichnung

3

„Vorrichtung zum Verschließen eines Gehäuses eines Steckverbinders“

4

und umfasst in der erteilten Fassung fünf Patentansprüche, die die Klägerinnen mit ihrer Nichtigkeitsklage vom 14. Dezember 2020 in vollem Umfang angreift.

5

Der die Vorrichtung betreffende Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung:

6

1. Vorrichtung zum Verschließen eines ein erstes Gehäuseteil (1) und ein zweites Gehäuseteil (1) aufweisendes Gehäuse eines Steckverbinders, mit einem Verriegelungselement (3), welches einen länglich ausgebildeten Griff (4) und zwei [X.] (5), welche jeweils mit dem Griff (4) verbunden sind, aufweist, wobei

7

die [X.] (5) jeweils ein erstes [X.] (6) und ein zweites [X.] (7) aufweisen, welche V-förmig zueinander angeordnet sind und welche jeweils einen freien Endabschnitt (8, 9) zum Befestigen an an dem ersten Gehäuseteil (1) und an dem zweiten Gehäuseteil (2) ausgebildeten Lagerzapfen (10, 11) aufweisen,

8

wobei zwischen dem ersten [X.] (6) und dem zweiten [X.] (7) mindestens ein drittes [X.] (14) derart angeordnet ist, dass die [X.] (5) jeweils eine Durchgangs-öffnung (19) aufweisen, welche durch das erste [X.] (6), das zweite [X.] (7) und das dritte [X.] (14) begrenzt ist,

9

wobei das erste [X.] (6), das zweite Steg-element (7) und das dritte [X.] (14) einstückig miteinander ausgebildet sind und dass das dritte [X.] (14) eine bogenförmige Krümmung aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass das dritte [X.] (14) mit dem freien Endabschnitt (8) des ersten [X.]es (6) und mit dem freien Endabschnitt (9) des zweiten [X.]es (7) verbunden ist.

Die Patentansprüche 2 bis 5 sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen, wobei Patentanspruch 5 nebengeordnet ist; wegen ihres Wortlauts wird auf die Akte verwiesen.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 sei wegen des [X.] der mangelnden Patentfähigkeit für nichtig zu erklären. Der Gegenstand nach Anspruch 1 sei gegenüber dem Stand der Technik bereits nicht neu. Darüber hinaus seien auch die Gegenstände der angegriffenen abhängig formulierten Patentansprüche neuheitsschädlich vorweggenommen oder beruhten zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dabei stützen die Klägerinnen ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:

NK6     

[X.]: lndustrie-Steckverbinder Han®, Titelseite, Seiten 31·08 bis 31·10, Liste der Tochtergesellschaften,
[X.]/08.05.09/9.5 98 41 002 0101

NK7A   

Knoblauch, Günter u. a.: [X.], 3., erweiterte Auflage 2006, [X.], [X.], Titelseite mit drei Folgeseiten
(ohne Seitenzahlen), sowie Seiten 154 bis 193

NK7B   

H...: Technische Zeichnung Han 3A-eg-QB-Pg13,5, 28.03.11

NK8     

[X.] 2004 011 509 [X.]

[X.]     

EP 1 691 454 [X.]

NK10   

EP 2 234 219 [X.]

[X.]   

[X.]0 06 433 [X.]

[X.]   

[X.]

[X.]   

[X.]

Im Prüfungsverfahren zur [X.] hat die Prüfungsstelle des [X.] u. a. die Druckschrift

D1    

[X.] 2008 059 583 [X.]

entgegengehalten.

Die Klägerinnen beantragen,

das [X.] Patent 2 820 721 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Klage abzuweisen,

soweit sie sich auch gegen eine der Fassungen des Streitpatents nach den [X.] 1 bis 15, überreicht mit [X.] vom 15. März 2022, richtet,

weiter hilfsweise, die Klage abzuweisen,

soweit sie sich auch gegen die Fassung des Streitpatents nach dem Hilfsantrag, überreicht mit [X.] vom 28. Juni 2021, richtet,

wobei die Anträge in der genannten Reihenfolge geprüft werden sollen und alle Anträge als geschlossene Anspruchsätze gestellt sind.

Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen und ist der Auffassung, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Gegenstand des Streitpatents sei wenigstens in einer der verteidigten Fassungen nach den eingereichten [X.] schutzfähig.

Wegen des Wortlauts von Hilfsantrag 1 wird auf den [X.] Bezug genommen. Wegen des Wortlauts der Ansprüche nach den weiteren [X.] wird auf die Akte verwiesen.

Die Klägerinnen treten auch den [X.] entgegen und sehen auch die Gegenstände nach Patentanspruch 1 in der Fassung der jeweiligen Hilfsanträge als nicht neu an. Der Gegenstand des [X.] sei bereits unzulässig, da er den ursprünglichen Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen und zudem unklar sei. Im Übrigen sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 auch mit dem ergänzenden Merkmal nicht neu und nicht erfinderisch.

Der Senat hat den Parteien einen Hinweis vom 10. Januar 2022 zugeleitet und hierin Fristen zur Stellungnahme gesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2023 sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage hat in der Sache nur teilweise Erfolg, und zwar hinsichtlich der erteilten Fassung des [X.]s. Denn insoweit ist jedenfalls der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 56 EPÜ gegeben.

In der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 erweist sich das [X.] hingegen als schutzfähig, so dass die Klage, soweit sie sich auch gegen diese Fassung richtet, abzuweisen ist. Auf die Frage, ob das [X.] auch in der Fassung nach den weiteren Hilfsanträgen Bestand hätte, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

I. Zum Gegenstand des [X.]s

1. Das [X.] betrifft eine Vorrichtung zum Verschließen eines zweiteiligen Gehäuses eines Steckverbinders sowie einen Steckverbinder mit einer solchen Vorrichtung (Absatz 0001).

Hintergrund des [X.]s sind sogenannte Steckverbinder insbesondere für den industriellen Bereich, die daher auch als Industriesteckverbinder bezeichnet werden. Da derartige Industriesteckverbinder häufig unter härtesten Bedingungen eingesetzt werden, müssen die Steckverbinder hohen Dichtigkeitsanforderungen genügen, wozu die beiden Gehäuseteile auch bei starken Vibrationen und hoher mechanischer Belastung sicher miteinander verriegelt sein müssen. Hierzu ist mindestens ein (häufig zwei) Verriegelungsbügel vorgesehen, der an einem der beiden Gehäuseteile schwenkbar gelagert ist und in der verriegelten Position zwei an dem anderen Gehäuseteil angeordnete Verriegelungsvorsprünge bzw. Verriegelungszapfen übergreift, wodurch die beiden Gehäuseteile zusammengehalten werden.

Dem Fachmann sind dabei zwei grundsätzliche Ausführungsformen von Verriegelungsbügeln bekannt (vgl. [X.], Seite 163, letzter Absatz bis Seite 164, erster Absatz): Zum einen ist dies der ungefederte Verriegelungsbügel, bei dem der notwendige Federweg beim Ver- und Entriegeln durch die Elastizität einer Dichtung zwischen den beiden Steckverbinderteilen erreicht wird. Zum anderen gibt es den gefederten Verriegelungsbügel. Hierbei wird der größte Teil des benötigten Federweges durch eine im Verriegelungsbügel integrierte Feder aufgebracht. Auf diese Weise werden die [X.] gleichmäßiger verteilt und weniger Stoßbelastung auf die Dichtung ausgeübt.

Der technische Hintergrund ist in der Beschreibung nicht genannt, allerdings indirekt durch die Bezugnahme auf die Druckschrift [X.] (Absatz 0002) einbezogen. Die Patentansprüche sind ausschließlich auf eine Vorrichtung zum Verschließen eines Gehäuses eines Steckverbinders sowie auf einen Steckverbinder gerichtet.

Laut [X.] ist aus dem Stand der Technik ([X.] 39 37 022 C1) weiter eine Vorrichtung bekannt, bei welcher die [X.] eines in Form eines Bügels ausgebildeten Verriegelungselementes vollflächig ausgebildet sind und jeweils an einem Lagerzapfen des ersten [X.] und an einem Lagerzapfen des zweiten [X.] angeordnet werden können, um das erste Gehäuseteil mit dem zweiten Gehäuseteil möglichst sicher verschließen zu können. Nachteilig bei einer derartigen Ausbildung der [X.] eines Verriegelungselementes ist laut [X.], dass die [X.] aufgrund ihrer vollflächigen Ausbildung sehr steif sind und dadurch die, insbesondere beim Schließen und Öffnen der Verriegelung der beiden Gehäuseteile, auftretenden Spannungen im Bereich der Befestigung der [X.] an den Lagerzapfen besonders groß sind und dadurch in diesem Bereich besonders hohe Belastungen auftreten, welche schnell zu einer Materialermüdung führen können, bei welcher im schlimmsten Fall ein Teil des [X.]s abbrechen kann und dadurch das Verriegelungselement nicht mehr funktionstüchtig ist (Absatz 0003).

Das [X.] nennt deshalb als Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung zum Verschließen eines Gehäuses und einen Steckverbinder zur Verfügung zu stellen, welche sich durch eine höhere Stabilität und eine längere Einsatzfähigkeit auszeichnen (Absatz 0004).

Gelöst werde diese Aufgabe mit einer Vorrichtung zum Verschließen eines Gehäuses eines Steckverbinders gemäß Patentanspruch 1 sowie mit einem Steckverbinder gemäß Patentanspruch 5.

2. Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur (FH) oder Bachelor der Fachrichtung Feinwerk- oder Fertigungstechnik, der über mehrjährige Erfahrungen in der Entwicklung von elektrischen Steckverbindern verfügt und die dafür einschlägigen Normen kennt.

3. Patentanspruch 1 lautet in einer gegliederten Form:

Vorrichtung zum Verschließen eines ein erstes Gehäuseteil (1) und ein zweites Gehäuseteil (1 [sic!]) aufweisendes Gehäuse eines Steckerverbinders, mit

1. einem Verriegelungselement (3), welches

1.1. einen länglich ausgebildeten Griff (4) und

1.2. zwei [X.] (5), welche

1.2.1 jeweils mit dem Griff (4) verbunden sind, aufweist, wobei

2. die [X.] (5) jeweils ein erstes [X.] (6) und ein zweites [X.] (7) aufweisen, welche

2.1. V-förmig zueinander angeordnet sind und

2.2. welche jeweils einen freien Endabschnitt (8, 9) zum Befestigen an an dem ersten Gehäuseteil (1) und an dem zweiten Gehäuseteil (2) ausgebildeten Lagerzapfen (10, 11) aufweisen, wobei

3. zwischen dem ersten [X.] (6) und dem zweiten [X.] (7) mindestens ein drittes [X.] (14) derart angeordnet ist, dass

3.1. die [X.] (5) jeweils eine Durchgangsöffnung (19) aufweisen, welche

3.2. durch das erste [X.] (6), das zweite [X.] (7) und das dritte [X.] (14) begrenzt ist, wobei

4. das erste [X.] (6), das zweite [X.] (7) und das dritte [X.] (14) einstückig miteinander ausgebildet sind und dass

5. das dritte [X.] (14) eine bogenförmige Krümmung aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

6. das dritte [X.] (14) mit dem freien Endabschnitt (8) des ersten [X.]es (6) und mit dem freien Endabschnitt (9) des zweiten [X.]es (7) verbunden ist.

4. Der Fachmann versteht die Lehre des [X.]s und die Merkmale des Anspruchs 1 wie folgt:

4.1 Die Erfindung ist zwar als Vorrichtung zum Verschließen eines [...] Gehäuses eines Steckerverbinders bezeichnet. Da das Gehäuse aus zwei Gehäuseteilen besteht erkennt der Fachmann jedoch, dass damit zwei Steckverbinder gemeint sind, beispielsweise ein Stecker (= erstes Gehäuseteil) und eine Buchse (= zweites Gehäuseteil), die zu einer Steckverbindung zusammengefügt und in der gesteckten Position miteinander verriegelt werden (Absatz 0003).

4.2 Die Merkmale 1 bis 6 des Patentanspruchs 1 sind ausschließlich auf das Verriegelungselement gerichtet. Lediglich in Merkmal 2.2 sind Lagerzapfen genannt, die an den beiden Gehäuseteilen ausgebildet sind. Die Lagerzapfen müssen nach dem Verständnis des Fachmannes selbstverständlich so dimensioniert sein, dass die freien [X.] des Verriegelungselements bestimmungsgemäß mit diesen zum Verschließen (Verriegeln) der beiden Gehäuseteile zusammenwirken können.

4.3 Gemäß Merkmal 2.2 sollen das erste und das zweite [X.]e jeweils einen freien Endabschnitt 8, 9 aufweisen. Das mag für das Verriegelungselement 3 vor dessen Montage an einem der beiden Gehäuseteile 1, 2 gelten. Im montierten Zustand des [X.] ist der Endabschnitt 9 des zweiten [X.]s 7 jedoch nach der Montage am zweiten Gehäuseteil 2 nach fachmännischem Verständnis nicht frei, sondern auf dem Lagerzapfen 11 festgelegt.

4.4 In Merkmal 2.1 ist angegeben, die beiden [X.]e sollen V-förmig zueinander angeordnet sein. Wie groß der Öffnungswinkel sein soll und wie groß der Krümmungsradius, d. h. wie „spitz“ das V an seiner Wurzel sein soll, bleibt jedoch offen. Hinsichtlich der beiden Schenkel ist daher der Angabe V-förmig lediglich die Bedeutung zuzubilligen, dass diese nicht über ihre gesamte Erstreckung zueinander parallel angeordnet sein dürfen.

4.5 Laut Merkmal 3 soll zwischen dem ersten [X.] und dem zweiten [X.] mindestens ein drittes [X.] angeordnet sein. Diese Formulierung schließt zwei zueinander alternativen Ausführungsformen ein:

1. Es können ein oder mehrere gleichartige dritte [X.]e vorhanden sein, die jeweils zwischen dem ersten und dem zweiten [X.] angeordnet sind.

2. Zwischen dem ersten und dem zweiten [X.] ist ein drittes [X.] angeordnet ist, das aus mehreren Teilen besteht.

Auch die Merkmale 3.2, 5 und 6 lassen sowohl das Verständnis zu, dass jedes dritte [X.] eine bogenförmige Krümmung aufweist und mit den beiden freien [X.]n verbunden ist, als auch das Verständnis, dass ein mehrteiliges drittes [X.] insgesamt die in den Merkmalen 3.2, 5 und 6 genannten Eigenschaften aufweist.

4.6 In Merkmal 3.1 sind Durchgangsöffnungen genannt, die gemäß Merkmal 3.2 jeweils von den drei [X.]en begrenzt sind. Über die Größe und die Kontur der Durchgangsöffnungen besagt dies jedoch nichts.

Lediglich der Beschreibung und der Zeichnung ist zu entnehmen, dass „die [X.] im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet ist“ (Spalte 6, Zeilen 34-35) und „möglichst groß ausgebildet“ (Spalte 6, Zeilen 41-42) sein soll.

4.7 Die Bezeichnung „[X.]“ in den Merkmalen 2 sowie 3 dient nach Verständnis des Fachmanns dazu, die Einzelheiten des Verriegelungselements zu bezeichnen, ohne dass in den Merkmalen 2 und 3 selbst beschränkend eine bestimmte Funktion angegeben wäre.

Die zeichnerische Darstellung lässt jedoch erkennen, dass die Breite der Stege im Verhältnis zu ihrer Längserstreckung relativ gering ist. In der Beschreibung ist als vorteilhafte Wirkung genannt, dass sich „die [X.]e in Abhängigkeit der auf den jeweiligen Befestigungsabschnitt wirkenden Belastung frei verformen“ können (Spalte 3, Zeilen 10-12) und durch „die Krümmung ... das dritte [X.] 14 ähnlich wie eine Tellerfeder“ wirkt (Spalte 6, Zeilen 39-40).

Die Angabe in Merkmal 5, wonach das dritte [X.] eine bogenförmige Krümmung aufweist, versteht der Fachmann aufgrund der Bezeichnungen „Krümmung“ sowie „bogenförmig“ dahingehend, dass das (mindestens eine) dritte [X.] insgesamt als Bogen geformt ist und nicht etwa nur eine einzelne äußere Konturlinie und/oder nur ein einzelner (beliebig kurzer) Abschnitt des dritten [X.]s. Zudem soll durch die bogenförmige Krümmung laut Spalte 3, Zeilen 17-25 eine einstellbare federnde Wirkung erzielt werden. Daher handelt es sich bei der bogenförmigen Krümmung nicht lediglich um ein Gestaltungselement, sondern um eine technisch begründete Maßnahme.

4.8 Das Merkmal 6 besagt über die Merkmale 3 und 4 hinaus, dass das (mindestens eine) dritte [X.] mit den jeweiligen freien [X.]n der beiden [X.]e verbunden ist. Dem misst der Fachmann in Zusammenschau mit dem Merkmal 2.2 die Bedeutung zu, dass das (mindestens eine) dritte [X.] funktionell mit den freien [X.]n zusammenwirkt, die ihrerseits zum Befestigen an den Lagerzapfen dienen, die an den beiden Gehäuseteilen ausgebildet sind.

4.9 Die Angabe im ergänzten Merkmal nach Hilfsantrag 1 (Merkmal 7.Hi1), wonach sich das (mindestens eine) dritte [X.] unterbrechungsfrei zwischen dem freien Endabschnitt des ersten [X.]es und dem freien Endabschnitt des zweiten [X.]es erstreckt, versteht der Fachmann dahingehend, dass es durch das, bzw. jedes dritte [X.] eine durchgehende stoffliche Verbindung zwischen den beiden anderen [X.]en gibt.

II. Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)

Die zulässige Klage hat in der Sache teilweise Erfolg, und zwar hinsichtlich der erteilten Fassung des [X.]s. Denn insoweit ist jedenfalls der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 54, 56 EPÜ gegeben.

Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist jedenfalls nicht erfinderisch gegenüber der Druckschrift [X.] ([X.] 10 2004 011 509 [X.]) in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns.

1. Aus der Druckschrift [X.] ist, in Worten des Patentanspruchs 1 ausgedrückt, Folgendes bekannt: Eine

Abbildung

Vorrichtung zum Verschließen eines ein erstes Gehäuseteil (Gehäuseoberoberteil 2) und ein zweites Gehäuseteil (Gehäuseunterteil 1) aufweisendes Gehäuse eines Steckerverbinders, mit

1. einem Verriegelungselement (Verriegelungseinheiten 4), welches

1.1. einen länglich ausgebildeten Griff (Handhabe 6, Griffstück 10) und

1.2. zwei [X.] ([X.] 5), welche

1.2.1 jeweils mit dem Griff 6 verbunden sind, aufweist, wobei

Wiedergabe der Figur 5a aus der [X.], Seite 15, betreffend [X.]

2. die [X.] 5 jeweils ein erstes [X.] (Schenkel 12) und ein zweites [X.] (Schenkel 11) aufweisen, welche

2.1. V-förmig U-förmig zueinander angeordnet sind und

2.2. jeweils einen freien Endabschnitt zum Befestigen an dem ersten Gehäuseteil 2 und an dem zweiten Gehäuseteil 1 ausgebildeten Lagerzapfen (Rastzapfen 15, Gelenkzapfen 13) aufweisen (Absätze 0037, 0038), wobei

3. zwischen dem ersten [X.] 12 und dem zweiten [X.] 11 mindestens ein drittes [X.] (Stege 16, 17) derart angeordnet ist, dass

3.1. die [X.] 5 jeweils eine Durchgangsöffnung (vgl. insbesondere Figuren 5a, 5b) aufweisen, welche

3.2. durch das erste [X.] 12, das zweite [X.] 11 und das dritte [X.] 16, 17 begrenzt ist, wobei

4. das erste [X.] 12, das zweite [X.] 11 und das dritte [X.] 16, 17 einstückig miteinander ausgebildet sind (z. B. Figur 5a [X.] 0035 bis 0039) und dass

5. das dritte [X.] 16, 17 eine bogenförmige Krümmung aufweist (z. B. Figur 5a),

wobei

6. das dritte [X.] 16, 17 mit dem freien Endabschnitt des ersten [X.]es 12 und mit dem freien Endabschnitt des zweiten [X.]es 11 verbunden ist (Absatz 0039).

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 von der aus der Druckschrift [X.] bekannten Verriegelungsvorrichtung allenfalls durch das Merkmal 2.1, wonach das erste und das zweite [X.] zueinander V-förmig angeordnet sind, während die beiden [X.]e 11 und 12 der aus der Druckschrift [X.] bekannten Verriegelungsvorrichtung eher U-förmig ineinander übergehen. In der Druckschrift [X.] selbst sind die [X.] 5 als „Omegafedern“ bezeichnet (vgl. Absatz 0036).

Zur Überzeugung des [X.]s ist es funktionell nicht von Bedeutung, ob die beiden Schenkel wie in der Zeichnung dargestellt in einem spitzen Winkel [X.] oder gerundet stetig ineinander übergehen.

Vielmehr handelt es sich bei der konkreten geometrischen Form der Zuordnung der beiden [X.]e zueinander um eine Maßnahme, die keine besondere technische Wirkung hat, sofern damit die allgemeine federnde Wirkung gewährleistet ist (vgl. obigen Punkt 4.7 zur Auslegung), und die somit ins Belieben des Fachmanns gestellt ist. Damit einhergehend beruht die V-förmige Anordnung des ersten und des zweiten [X.]es gemäß dem Merkmal 2.1 gegenüber der in der Druckschrift [X.] gezeigten U-förmigen Anordnung der beiden [X.]e, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 5, der ebenfalls ein Gehäuse mit einem ersten Gehäuseteil (1) und einem zweiten Gehäuseteil (2) und eine Vorrichtung zum Verschließen des Gehäuses nach einem der Ansprüche 1 bis 4 aufweist, ist demnach aus den zum Patentanspruch 1 dargelegten Gründen ebenfalls nicht patentfähig.

III. Zur Fassung nach Hilfsantrag 1

In der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 erweist sich das [X.] hingegen als schutzfähig, so dass die Klage, soweit sie sich auch gegen diese Fassung richtet, abzuweisen ist. Auf die Frage, ob das [X.] auch in der Fassung nach den weiteren Hilfsanträgen Bestand hätte, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

1. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass am Ende das Merkmal 7.Hi1 angefügt ist:

und wobei sich das dritte [X.] (14) unterbrechungsfrei zwischen dem freien Endabschnitt (8) des ersten [X.]es (6) und dem freien Endabschnitt (9) des zweiten [X.]es (7) erstreckt.

2. Entgegen der Ansicht der Klägerinnen geht das Merkmal 7.Hi1 nicht in unzulässiger Weise über die ursprünglich eingereichten Unterlagen oder den Schutzbereich des erteilten Patents hinaus und lässt auch hinreichend erkennen, was unter Schutz gestellt werden soll.

Wie bereits erläutert, versteht der Fachmann das Merkmal 7.Hi1 dahingehend, dass es durch das, bzw. jedes dritte [X.] eine durchgehende stoffliche Verbindung zwischen den beiden anderen [X.]en gibt.

Diesem Verständnis steht auch der Patentanspruch 3 nicht entgegen, wonach das dritte [X.] eine oder mehrere Einschlitzungen aufweist. Vielmehr können sich diese Schlitze in der im Merkmal 7.Hi1 genannten Richtung zwischen den beiden freien [X.]n erstrecken, ohne die beanspruchte stoffliche Verbindung zu unterbrechen.

Die von den [X.] aus dem Kontext gelöste Betrachtung des Begriffes „unterbrechungsfrei“ wird dagegen dem Sinngehalt des Merkmals 7.Hi1 nicht gerecht, da in diesem nicht beansprucht ist, dass das dritte [X.] keinerlei Unterbrechungen aufweisen darf, vielmehr ist lediglich die Unterbrechungsfreiheit in der [X.] zwischen den beiden freien [X.]n beansprucht, welche eine Teilung des dritten [X.]s in [X.] in zwei (oder mehrere) nicht stofflich verbundene Teile ausschließt.

Der Begriff „unterbrechungsfrei“ ist zwar nicht wörtlich in der [X.] 2013/127487 [X.] [[X.]] offenbart, implizit liest der Fachmann dies jedoch bei der Beschreibung der Wirkung des dritten [X.]es „ähnlich wie eine Tellerfeder“ (Seite 10, Zeilen 28 bis 29) mit, da eine Tellerfeder zwar meist aus einer Mehrzahl einzelner Blattfedern besteht, die sich jedoch jeweils unterbrechungsfrei zwischen zwei Auflagestellen erstrecken.

Zudem lassen die Angaben auf Seite 6 der Druckschrift [X.] wonach „die [X.] des dritten [X.]es eine um im Wesentlichen 20 % reduzierte Querschnittsfläche zu der Querschnittsfläche mittig entlang des dritten [X.]es zwischen den beiden [X.]n aufweisen“ (Zeilen 20-24), sowie „[X.] ... erstrecken sich vorzugsweise über die Länge des dritten [X.]es“ (Zeilen 28-31), nur das Verständnis zu, dass das dritte [X.] eine ununterbrochene stoffliche Verbindung zwischen seinen beiden [X.]n hat.

Auch die zeichnerische Darstellung des dritten [X.]es stützt dessen sich aus der Beschreibung ergebende Eigenschaft als sich unterbrechungsfrei zwischen den beiden freien [X.]n der beiden anderen [X.]e erstreckend.

Soweit die [X.] argumentieren, die Unterbrechungsfreiheit des dritten [X.]es sei in den ursprünglichen Unterlagen sowie der Patentschrift allenfalls untrennbar mit der Dreiecksform der [X.] offenbart, führt dies ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung.

Es trifft zwar zu, dass die Durchgangsöffnung in der ursprünglichen Beschreibung als „im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet“ beschrieben (Seite 10, Zeilen 23-24) und zeichnerisch entsprechend dargestellt ist. Ein unauflösbarer kausaler Zusammenhang zwischen der Unterbrechungsfreiheit des dritten [X.]s und der Kontur der Durchgangsöffnung ist aber an keiner Stelle genannt und wird vom Fachmann im Übrigen auch nicht mitgelesen.

3. Das [X.] in der Fassung nach Hilfsantrag 1 erweist sich auch als patentfähig.

3.1 Wie aus den Ausführungen zur erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 ersichtlich ist, ist bei der aus der Druckschrift [X.] bekannten Vorrichtung das dritte [X.] 16, 17 nicht unterbrechungsfrei im Sinne des Merkmals 7.Hi1 ausgestaltet, sondern durch einen [X.] 18 unterbrochen.

Somit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber dem Inhalt der Druckschrift [X.] neu.

Außerdem gibt die Druckschrift [X.] keinen Anlass, die beiden [X.]e 16, 17 zu einem stofflich durchgehenden [X.] zu verbinden, da der [X.] 18 für die Erfindung, die durch die Druckschrift [X.] unter Schutz gestellt werden soll, unabdingbar ist. In den [X.] 18 greift nämlich ein Spreizelement 20 ein, das mit einer Handhabe 6 als Teil des Griffs 6, 10 derart in Wirkverbindung steht, dass die beiden [X.]e 11 und 12 jeweils aufgespreizt werden und damit die freien Enden der ersten [X.]e 12 ohne wesentliche Kraftausübung über die an dem ersten Gehäuseteil 2 angebrachten Lagerzapfen 15 gleiten können.

Auch wenn der Mechanismus der Vorrichtung gemäß Druckschrift [X.] ersichtlich aufwändig ist, gibt sie dem Fachmann keinen Anlass sich von der dortigen Lehre abzuwenden und die dortigen erfindungswesentlichen Einzelheiten, den [X.] 18 sowie das Spreizelement 20 zu verwerfen, zumal nur mithilfe dieser Ausgestaltungen die in der Druckschrift [X.] genannte Aufgabe, eine einfachere Handhabung beim Verbinden und Trennen der Gehäuseteile zu schaffen (Absatz 0007), gelöst werden soll.

3.2 Auch durch die weiteren von den Klägerinnen entgegengehaltenen Druckschriften ist die Vorrichtung mit den im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 genannten Merkmalen nicht vorweggenommen:

3.2.1 So ist die Zuordnung der im [X.] genannten Merkmale zu dem aus dem Produktkatalog [X.] bekannten Verriegelungsbügel, der auch in der Figur 1 der Druckschrift [X.] 200 05 860 U1 [[X.]] dargestellt ist, nur in Kenntnis des [X.]s möglich.

Abbildung

Wiedergabe aus der Klageschrift, Seite 9, betreffend [X.]

Dabei ist nämlich bereits fraglich, ob der Fachmann die beiden von den [X.] als zweites bzw. drittes [X.] bezeichneten Einzelheiten nicht vielmehr als ein einziges [X.] mit einer Einschlitzung wahrnimmt.

Weiter ist der zeichnerischen Darstellung keineswegs unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass die von den [X.] als drittes [X.] bezeichnete Einzelheit im Sinne des Merkmals 6 mit dem freien Endabschnitt der von den [X.] als erstes [X.] bezeichneten Einzelheit verbunden ist. Jedenfalls ist keine funktionale Verbindung erkennbar.

Schließlich ist die farbliche Verlängerung des sogenannten zweiten [X.]es bis zum zweifellos vorhandenen Griff ersichtlich durch das Bemühen motiviert, eine dem [X.] gemäße V-förmige Anordnung (Merkmal 2.1) des sogenannten ersten mit dem sogenannten zweiten [X.] nachzugestalten. Der Fachmann würde die dargestellte Anordnung der [X.]e eher als T-förmig beschreiben, vor allem wenn er sich die dazu spiegelbildliche Variante auf der anderen Seite des Griffes vor Augen führt, die in der Zeichnung durch das Gehäuse verdeckt ist.

Selbst wenn der Fachmann in der unkolorierten Figur drei [X.]e wahrnehmen sollte, wäre der Zeichnung nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Durchgangsöffnung durch alle drei [X.]e begrenzt ist, wie in Merkmal 3.2 beansprucht. Vielmehr lässt sich der zeichnerischen Darstellung gleichermaßen entnehmen, dass die Durchgangsöffnung durch das zweite sowie das dritte [X.] begrenzt ist, da das zweite [X.] die Durchgangsöffnung an ihrem oberen Ende gleichermaßen umgreifen dürfte, wie an deren unterem Ende.

Somit sind aus der Druckschrift [X.] zumindest die Merkmale 2.1, 3.2 sowie 6 nicht zweifelsfrei bekannt.

3.2.2 Aus der Druckschrift [X.] [[X.]] ist zwar eine gattungsgemäße Vorrichtung bekannt, die zweifellos drei [X.]e aufweist. Allerdings ist der dem dritten [X.] entsprechende [X.] in der Druckschrift [X.] selbst weder als bogenförmig gekrümmt beschrieben noch derart dargestellt.

Abbildung

Wiedergabe aus der Klageschrift, Seite 21, betreffend [X.]

Somit ist aus der Druckschrift [X.] zumindest das Merkmal 5 nicht bekannt.

Außerdem geht daraus nicht zweifelsfrei hervor, dass der [X.] im Sinne des Merkmals 6 mit seinem unteren Ende mit dem freien Ende des zweiten [X.]es 14 verbunden ist, da der [X.] und das zweite [X.] 14 zwar am selben Lagerzapfen 5 befestigt sind, sich aber dennoch aufgrund eines [X.] im [X.] gegeneinander bewegen können (Spalte 10, Zeilen 3-9).

Zudem liegen gemäß Druckschrift [X.] das erste und zweite [X.] 16, 14 einerseits und der [X.] andererseits nicht in [X.], sondern sind durch Kunststoffteile 18 voneinander beabstandet (vgl. Figuren 4 und 5 [X.] 0027-0028). Eine durch drei [X.]e begrenzte Durchgangsöffnung gibt (Merkmal 3.2) kann der [X.] darin nicht erkennen.

3.2.3 Die Druckschriften [X.] [[X.]] sowie [X.] 100 06 433 [X.] [[X.]] kommen dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht näher als der Inhalt der Druckschriften [X.], [X.] oder [X.]; die Klägerinnen haben dies auch weder behauptet noch dargelegt.

Auch der [X.] sieht in keiner dieser Druckschriften eine Vorrichtung mit einer Kombination einer V-förmige Anordnung zweier [X.]e (Merkmal 2.1), eines bogenförmig gekrümmten dritten [X.]es (Merkmal 5) sowie einer aus drei [X.]en begrenzten Durchgangsöffnung (Merkmal 3.2).

3.3 Auch der Inhalt der Druckschrift [X.] 10 2008 059 583 [X.] [[X.]] die von der Prüfungsstelle des [X.] der Prioritätsanmeldung als neuheitsschädlich entgegengehalten worden ist, geht hinsichtlich des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht über Folgendes hinaus:

Abbildung

Figur 2 der Druckschrift [X.] mit Kolorierung und Kommentierung durch den [X.]

Vorrichtung zum Verschließen eines ein erstes Gehäuseteil 14 und ein zweites Gehäuseteil 12 aufweisendes Gehäuse 10 eines Steckerverbinders, mit

1. einem Verriegelungselement 16, welches

1.1. einen länglich ausgebildeten Griff („Längsbügel“ 52) und

1.2. zwei [X.] (Figur 2 i. V. m. Absatz 0034: Schenkel des U-förmigen Längsbügels 26), welche

1.2.1 jeweils mit dem Griff 52 verbunden sind, aufweist, wobei

2. die [X.] 26 jeweils ein erstes [X.] (siehe die oben wiedergegebene kolorierte und kommentierte Figur 2 der Druckschrift [X.]) und ein zweites [X.] (Figur 2) aufweisen, welche

2.1. V-förmig zueinander angeordnet sind (Figur 2) und

2.2. jeweils einen freien Endabschnitt (Rastvorsprung 34a, Lagerbuchse 28) zum Befestigen an dem ersten Gehäuseteil 14 und an dem zweiten Gehäuseteil 12 ausgebildeten Lagerzapfen 18 aufweisen, wobei

Abbildung

Ausschnitt aus Figur 2
der Druckschrift [X.]
mit Kolorierung
durch den [X.]

3. zwischen dem ersten [X.] und dem zweiten [X.] mindestens ein drittes [X.] (Figur 2) derart angeordnet ist, dass

3.1. die [X.] (Schenkel des Befestigungsbügels 26) jeweils eine Durchgangsöffnung (Figur 2) aufweisen, welche

3.2. durch das erste [X.], das zweite [X.] und das dritte [X.] begrenzt ist, wobei

4. das erste [X.], das zweite [X.] und das dritte [X.] einstückig miteinander ausgebildet sind (Dies entnimmt der Fachmann der zeichnerischen Darstellung) und

wobei

6. das dritte [X.] mit dem freien Endabschnitt 34a des ersten [X.]es und mit dem freien Endabschnitt 28 des

zweiten [X.]es verbunden ist (Figur 2),

7.Hi1 und wobei sich das dritte [X.] unterbrechungsfrei zwischen dem freien Endabschnitt 34a des ersten [X.]es und dem freien Endabschnitt 28 des zweiten [X.]es erstreckt.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von der aus der Druckschrift [X.] bekannten Vorrichtung durch die bogenförmige Krümmung des dritten [X.]s (Merkmal 5) und gilt daher gegenüber dieser als neu.

3.4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise aufgrund einer Zusammenschau der Druckschrift [X.] mit den Druckschriften [X.] oder [X.].

Nach Erkenntnis des [X.]s hatte der Fachmann bereits keinerlei Veranlassung in Kenntnis der in der Druckschrift [X.] gezeigten, mit geringem Kraftaufwand zu schließende sowie zu öffnende Verriegelungsvorrichtung nach einer alternativen Lösung Ausschau zu halten.

Selbst unter der zweifellos berechtigten Annahme, dass dem Fachmann Verriegelungsbügel geläufig sind, wie er in der Druckschrift [X.] gezeigt ist, sowie von den [X.] in vielen Varianten nachgewiesen worden sind, gab es für den Fachmann keinen Anlass zu einer Umkonstruktion der in der Druckschrift [X.] offenbarten Verriegelungsvorrichtung.

Vielmehr hätte die naheliegende Lösung bei einer bereits auf Spekulation beruhenden Suche nach einer kostengünstigeren Alternative darin bestanden, eine der bereits vorhandenen Vorrichtungen vollständig zu übernehmen.

Auch ausgehend von der Druckschrift [X.] oder der Druckschrift [X.] gelangt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zur Erfindung:

Der Druckschrift [X.] ist bereits nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob die für die dauerhafte Verriegelung erforderliche Federkraft von der Dichtung 30 (vgl. Absatz 0026: „elastomeren Werkstoff“) oder von der Verriegelungsvorrichtung aufgebracht werden soll. Sofern der Längsbügel 26 als abschnittsweise flexibel oder federnd verformbar beschrieben ist (Absätze 0022 sowie 0038), dient dies jedenfalls der Montage des Längsbügels an dem zweiten Gehäuseteil 12 und nicht der Verriegelung mit dem anderen, ersten Gehäuseteil 14.

Weiter lassen die Umkantungen im Bereich der [X.] 34a sowie der jeweilige Kragen an den Durchgangsöffnungen in den [X.] 26 eher darauf schließen, dass eine Elastizität in Schwenkrichtung der Vorrichtung, wie sie gemäß Druckschrift [X.] vorgesehen ist, gerade vermieden werden soll.

Somit handelt es sich um zwei gegenläufige Konzepte, die der Fachmann nicht miteinander kombiniert ohne erfinderisch tätig zu werden.

Gemäß Druckschrift [X.] sollen zwar die [X.], 12, die dem ersten und dem zweiten [X.] entsprechen, derart flexibel ausgestaltet sein, dass sie sich geringfügig aufweiten können (Spalte 8, Zeilen 8-11). Anders als der Fachmann der [X.]schrift entnimmt, soll jedoch der [X.], der dem dritten [X.] entspricht, nicht federnd, sondern ausdrücklich starr ausgebildet sein, um ein [X.] des Bügelelements zu verhindern (Spalte 10, Zeilen 5-9).

Dies beachtend wird der Fachmann davon weggeführt, den [X.] dem Vorbild der Druckschrift [X.] folgend, bogenförmig gekrümmt auszuführen.

Somit gilt der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß [X.] gegenüber dem verfahrensgegenständlichen Stand der Technik als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

B.
Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. §§ 92 Abs. 1, 100 ZPO.

Dabei hat der [X.] berücksichtigt, dass der als schutzfähig verbleibende Patentgegenstand in der beschränkt verteidigten Fassung nach Hilfsantrag 1 gegenüber demjenigen der erteilten Fassung nur unwesentlich eingeschränkt ist. Das [X.] erfährt in der Fassung nach Hilfsantrag 1 durch die Beschränkung mit Aufnahme des Merkmals 7.Hi1 in Patentanspruch 1, das nun zur Annahme der patentgemäßen Lehre nach dem [X.] erfüllt sein muss, nur eine geringfügige Einschränkung. Denn die Ausgestaltung, nach der sich das dritte [X.] 14 unterbrechungsfrei zwischen dem freien Endabschnitt 8 des ersten [X.]es 6 und dem freien Endabschnitt (9) des zweiten [X.]es 7 erstreckt, ist an sich gebräuchlich, wie durch die überwiegende Zahl der verfahrensgegenständlichen Druckschriften belegt ist.

Da somit der Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1 gegenüber der erteilten Fassung durch eine beim größten Teil der aus dem Stand der Technik ohnehin gegebene Ausgestaltung beschränkt ist, hat die vorgenommene Einschränkung ersichtlich nur einen geringen Umfang.

Diese Einschränkung macht nach der Schätzung des [X.]s daher ein Zehntel der wirtschaftlichen Verwertbarkeit des von den [X.] angegriffenen [X.]s aus.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

4 Ni 22/21 (EP)

08.03.2023

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜbkG, Art 138 Abs 1 Buchst a IntPatÜbkG, Art 52 EuPatÜbk, Art 54 EuPatÜbk, Art 56 EuPatÜbk, § 4 PatG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 08.03.2023, Az. 4 Ni 22/21 (EP) (REWIS RS 2023, 3122)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3122

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