Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2002, Az. V ZR 253/01

V. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 1015

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:25. Oktober 2002K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB §§ 1149, [X.] wenn der dinglich nicht gesicherte Gläubiger die Darlehenssumme an [X.] nur deswegen auszahlen kann, weil er seinerseits ein Darlehen in [X.] von einem Dritten erhalten und die Rückzahlungspflicht durch die Eintra-gung von Grundpfandrechten auf dem Grundstück seines Schuldners abgesicherthat, ist das Verbot einer Verfallabrede auf die Vereinbarung der Übertragung [X.] auf ihn für den Fall der nicht rechtzeitigen Rückzahlung desdem Schuldner gewährten Darlehens nicht analog anwendbar (im Anschluß an [X.], [X.], 101).[X.], Urt. v. 25. Oktober 2002 - [X.]/01 - [X.] LG Köln- 2 -- 3 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 25. Oktober 2002 durch [X.], Prof. Dr. [X.], [X.],[X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 11. Juni 2001 aufgehoben. DieBerufung der [X.] gegen das Urteil der 2. Zivilkammer [X.] vom 28. September 2000 wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.Von Rechts [X.]:Die Beklagte ist Eigentümerin eines Grundstücks in [X.]-W. , dasmit einem Einfamilienhaus bebaut ist und von ihr bewohnt wird. [X.] sie das Grundstück zum Preis von 480.000 DM an einen Bauträger.Einen Teilbetrag von 290.000 DM erhielt sie vorab und verwandte ihn zur [X.] von Hypotheken und anderen Verpflichtungen. Da der Bauträger in [X.] fiel und der Kaufvertrag nicht durchgeführt wurde, mußte die Beklagte [X.] zurückzahlen. Um das Geld aufbringen zu können, entschloß siesich Ende 1997, das Einfamilienhaus zu einem Dreifamilienhaus auszubauenund zu [X.] 4 -Zur Durchführung des Bauvorhabens erwarb die Beklagte mit [X.] vom 20. November 1998 eine ihrem Grundstück be-nachbarte Parzelle von ca. 288 qm für 86.400 DM. Da sie für den Erwerb [X.] keine Barmittel besaß, zudem die Rückzahlung des Betrags von290.000 DM drängte und weitere Verbindlichkeiten aus dem in Angriff genom-menen Bauvorhaben bereits entstanden waren, gewährte ihr der Kläger, der ihrals Architekt empfohlen worden war, ein Darlehen von 410.000 DM zu [X.] von 5 % p.a. Der Darlehensvertrag wurde ebenfalls am 20. November1998 beurkundet. Für den Fall, daß die Rückzahlung des Darlehens nicht frist-gemäß (31. Oktober 1999) erfolgte, erhielt der Kläger einen Anspruch [X.] des Grundstücks eingeräumt. Weiter bevollmächtigte die [X.] den Kläger, das Grundstück mit Grundpfandrechten bis zur Höhe [X.] DM zuzüglich Zinsen zu belasten, soweit dies der Sicherung des andie Beklagte ausgezahlten [X.] diente. Von dieser Möglichkeitmachte der Kläger noch an demselben Tag Gebrauch; er bestellte zugunstender [X.] bank M. für ein von ihm aufgenommenes Darlehen [X.] DM eine Grundschuld. Die Darlehenssumme leitete er an die [X.].Die Beklagte erbrachte keine Zahlungen auf das ihr vom Kläger ge-währte Darlehen. Deswegen verlangt der Kläger die Übertragung des [X.] an dem Grundstück. Das [X.] hat der Klage stattgegeben; die aufErteilung der [X.] für die zugunsten des [X.] im Grund-buch eingetragene Auflassungsvormerkung gerichtete Widerklage der [X.]n hat es abgewiesen. Auf die Berufung der [X.] hat das Oberlan-desgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage [X.] -Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, be-gehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.Entscheidungsgründe:I.Nach Auffassung des Berufungsgerichts entfällt der Anspruch des [X.] auf Rückzahlung des Darlehens und damit sein Eigentumsübertragungs-anspruch nicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage.Jedoch sei die Vereinbarung der Eigentumsübertragung nach § 134 BGB nich-tig, weil sie als eine unzulässige Verfallabrede zu werten sei. [X.] die Vereinbarung auch wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nach§ 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil der Grundstückswert mehr als doppelt so hochwie die der [X.] vom Kläger zur Verfügung gestellte Darlehenssummesei. Schließlich bestünden auch erhebliche Bedenken gegen die [X.] unter dem Gesichtspunkt der Herabsetzung einer unan-gemessenen Vertragsstrafe (§ 343 Abs. 1 BGB).Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.[X.] Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Be-rufungsgerichts, die Geschäftsgrundlage für den [X.] -spruch des [X.] sei nicht entfallen. Das greift die Revision als ihr günstignicht an.2. Zu Unrecht wendet das Berufungsgericht jedoch die Vorschriften überdas Verbot einer Verfallabrede auf die Vereinbarung der Eigentumsübertra-gung entsprechend an.a) Nach §§ 1149, 1192 BGB kann der Grundstückseigentümer, solangenicht die durch die Grundschuld gesicherte Forderung ihm gegenüber fälliggeworden ist, dem Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum Zweck der Be-friedigung die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück zu verlangen.Danach liegt eine unzulässige Verfallvereinbarung dann vor, wenn das [X.] Gläubiger vor Fälligkeit seiner Forderung eingeräumt wird und ihm geradeunter der Bedingung zustehen soll, daß er trotz Fälligkeit seiner Forderungnicht ordnungsgemäß befriedigt wird; ferner muß die Eigentumsverschaffungzum Zweck der Befriedigung des Gläubigers erfolgen und der Zwang zurSachverwertung durch die vereinbarte Sachübertragung ersetzt werden (Senat,[X.], 101, 105 m.w.N.). Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor.Der Kläger ist nicht Grundschuldgläubiger, sondern nur Gläubiger der [X.]. Bei der Zwangsvollstreckung könnte er nicht bevorzugt auf [X.] der [X.] zugreifen, weil er daran kein Pfandrecht besitzt. [X.] Eigentumsübertragung stellt deswegen keine Umgehung einerzwingend notwendigen Sachverwertung dar.b) Die entsprechende Anwendung des § 1149 BGB ist entgegen [X.] des Berufungsgerichts nicht möglich, weil der vorliegende Sach-verhalt trotz ggf. ähnlicher Interessenlage auf der Seite der [X.] nicht mitdem im Gesetz geregelten vergleichbar ist (vgl. [X.], 140, 143).- 7 -aa) Das Verbot der Verfallabrede kann nicht losgelöst von der [X.] dinglichen Sicherungsrechts als Schutznorm für jeden Eigentümer ge-genüber seinen Gläubigern verstanden und ausgeweitet werden; es [X.] nämlich auf Fälle angewendet, die dem im Gesetz entschiedenen geradenicht rechtsähnlich sind, weil sie sich in einem maßgeblichen Punkt nicht glei-chen. Das hat der Senat bereits in seinem in [X.], 101 ff. veröffentlichtenUrteil ausgesprochen. Davon abzuweichen, besteht trotz der in der Literaturgeäußerten Kritik ([X.]/[X.], 3. Aufl., § 1149 Rdn. 12;Schulz, [X.] 1996, 245, 246; [X.], ZIP 1995, 57 ff.) kein Anlaß. Sie verkenntnämlich, daß der in § 1149 BGB auch zum Ausdruck kommende Schutz [X.] vor der Gefahr, sein Grundstückseigentum aus Unerfahrenheit oderaus einer Notlage heraus lediglich gegen die Tilgung von Schulden, die unterUmständen erheblich geringer sein können als der Wert des Grundstücks, zuverlieren (vgl. [X.] aaO, 59), nicht der maßgebliche Gesetzeszweck ist.Dieser Schutz wird dem Grundstückseigentümer nämlich bereits über § [X.] und, falls die Verfallabrede als eine wirksame Vertragsstrafenvereinba-rung anzusehen ist, über § 343 BGB gewährt. Das Verbot der Verfallabrede istvielmehr ein sachenrechtliches Instrument zur Regelung der Art der Realisie-rung eines Pfandrechts (vgl. Senat aaO, 106).bb) Der von dem Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, daß hierdie Kreditbeschaffung und die Kreditsicherung in zwei Geschäfte aufgespaltensind, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Der Kläger steht einemdurch Grundpfandrechte gesicherten Gläubiger nicht gleich, obwohl er zur [X.] des der [X.] zur Verfügung gestellten [X.] seiner-seits ein Darlehen aufgenommen hat und zugunsten seines Kreditgebers eine- 8 -Grundschuld an dem verfallsbedrohten Grundstück bestellt wurde. Die [X.] [X.] zur Eigentumsübertragung stellt sich deswegen nicht als ein [X.] vereinbarter Verfall unter Umgehung der gesetzlich angeordneten [X.] (§§ 1147, 1192 BGB) dar. Es ist nicht ersichtlich, daß ein rechtlich er-heblicher innerer Zusammenhang zwischen der Verpfändung des [X.] der Verfallabrede besteht. Sie berührt die Verwertung des Grundstücksdurch die Grundschuldgläubigerin in keiner Weise, sondern beinhaltet die [X.] über die Ersetzung der Rückzahlungsverpflichtung durch eine [X.] als die nach § 607 Abs. 1 BGB a.F. geschuldete Leistung (§ 364 Abs. 1BGB). Der [X.] des [X.] entsteht somit unab-hängig von dem Schicksal der für die [X.] eingetragenen [X.]. Damit haftet das Grundstück nicht in gleicher Weise als Sicherheit fürdie Zahlungsverpflichtung der [X.] wie im Fall der direkten Kreditbe-schaffung bei der Grundschuldgläubigerin.3. Rechtlich nicht haltbar ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts,die Vereinbarung der Eigentumsübertragung sei nach § 138 Abs. 1 BGB nich-tig. Zwar verkennt es nicht die Voraussetzungen, unter denen nach der ständi-gen Rechtsprechung des [X.], insbesondere auch des [X.]s, eine vertragliche Regelung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein kann,wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein besonders grobes Mißverhält-nis besteht (siehe nur Senat, [X.], 298, 301 f.). Aber es stellt schon nichtfehlerfrei das Vorliegen eines solchen Mißverhältnisses fest. Die übereinstim-menden Vorstellungen der Parteien, durch die Baumaßnahmen habe eineWertsteigerung des Grundstücks bis zu einem Betrag von ca. 900.000 DM ein-treten können, entbindet das Berufungsgericht nicht von der Verpflichtung [X.] des tatsächlichen Verkehrswerts. Sie kann jedoch ohne [X.] 9 -hebung nur bei eigener Sachkunde des Berufungsgerichts erfolgen, welche indem Berufungsurteil darzulegen ist ([X.]. v. 11. Dezember 1992, [X.], NJW-RR 1993, 396, 397; vgl. auch [X.], Urt. v. 21. März 2000, [X.], [X.], 1946, 1947). Daran fehlt es hier. Somit kann vom [X.] besonders groben Mißverhältnisses zwischen dem Darlehensbetrag unddem Grundstückswert im Zeitpunkt der Vereinbarung der Verfallabrede (vgl.[X.]. v. 26. Januar 2001, [X.] 408/99, [X.]-Report 2001, 448 m.w.[X.] ausgegangen werden. Auch erkennt das Berufungsgericht nicht, daß [X.] dem besonders groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleis-tung beruhende tatsächliche Vermutung der verwerflichen Gesinnung des [X.] durch die übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien von demspäteren Grundstückswert erschüttert wird (vgl. Senat, [X.], 298, 305).Es wäre deswegen Sache der [X.] gewesen, im einzelnen Umständedarzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, welche die Annahme einer ver-werflichen Gesinnung des [X.] rechtfertigen. Daran fehlt es [X.] Unbegründet sind schließlich die Bedenken des [X.] das Klagebegehren unter dem Gesichtspunkt der Herabsetzung einerunangemessenen Vertragsstrafe (§ 343 Abs. 1 BGB). Zwar können [X.] dem Versprechen einer Vertragsstrafe gleichzusetzen sein, so daß [X.] der §§ 339 ff BGB zumindest entsprechend anzuwenden sind([X.], Urt. v. 8. Oktober 1992, [X.], NJW-RR 1993, 243, 246 m.w.[X.] das kommt hier nicht in Betracht; denn die Übertragung des [X.] sollte nicht Druckmittel zur rechtzeitigen Darlehensrückzahlung sein,sondern dazu dienen, gegebenenfalls den Rückzahlungsanspruch des [X.]zu befriedigen.- 10 -5. Besteht der [X.] des [X.] nach wievor, hat die zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragene Auflassungsvor-merkung weiter Bestand. Die Widerklage der [X.] ist deswegen unbe-gründet.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.Tropf[X.]KleinLemkeSchmidt-Räntsch

Meta

V ZR 253/01

25.10.2002

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2002, Az. V ZR 253/01 (REWIS RS 2002, 1015)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 1015

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